Beschlussvorschlag:
Der Jugendhilfeausschuss beschließt, die gemeinsamen Richtlinien der Jugendämter im Kreis Unna über Leistungen für Kindertagespflege nach den Bestimmungen des Sozialgesetzbuches Achtes Buch (SGB VIII), des Gesetzes zur frühen Bildung und Förderung von Kindern (KiBiz) und des Kinderförderungsgesetzes rückwirkend zum 01.08.2020 in Kraft zu setzen.
Die Verwaltung wird beauftragt, Ausführungsrichtlinien zur
pauschalierten Gewährung von Geldleistungen an Kindertagespflegepersonen zu
erstellen und die pauschalierte Auszahlung vorzubereiten. Die Pauschalierung
soll erst nach Beschluss des Jugendhilfeausschusses über die Ausgestaltung in
Kraft treten.
Die Verwaltung wird beauftragt, eine Änderung der Satzung zur Erhebung von Elternbeiträgen für Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege vorzubereiten, in der die in den Richtlinien festgelegten 5-Stunden-Schritte für Elternbeiträge zur Kindertagespflege umgesetzt werden.
Sachdarstellung:
Ausgangslage
Zum 01.01.2009 wurden erstmalig gemeinsame Richtlinien der
Jugendämter des Kreises Unna speziell für Leistungen der Kindertagespflege
beschlossen. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Regelungen über die
Inanspruchnahme von Tagespflege in den gemeinsamen wirtschaftlichen Richtlinien
der Jugendämter des Kreises Unna zur öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe eingebunden
(Drucksache 9/1450).
Auf Grund gesetzlicher Änderungen erfolgte zum 01.08.2013
eine Anpassung der Richtlinien (Drucksache 10/1221), die in dieser Form bis
heute gültig sind.
Durch die Reform des Gesetzes zur frühen Bildung und
Förderung von Kindern - Kinderbildungsgesetz (KiBiz) - und der damit
verbundenen neuen Regelungen zur Kindertagespflege ist eine erneute Anpassung
der Kreisrichtlinien notwendig.
Eine Konferenz der Jugendamtsleiter des Kreises Unna zu
diesem Thema konnte coronabedingt erst am 24.07.2020 stattfinden. Die
abgestimmten neuen Richtlinien sind als Synopse in der Anlage 1 beigefügt.
Die Stadt Schwerte hat als einzige Stadt im Kreis Unna bereits vor der Jugendamtsleiterkonferenz am 10.06.2020 eine Satzung zur Förderung in Kindertagespflege ab dem 01.08.2020 ohne Abstimmung mit den anderen Jugendamtsleitern im Kreis verabschiedet.
Änderung des
Kinderbildungsgesetzes
Im Folgenden sind die mit der Reform des
Kinderbildungsgesetztes erfolgten Neuregelungen in der Kindertagespflege im
Überblick dargestellt, die eine Neufassung der Richtlinien erfordern.
Die jährliche Zahlung des Landeszuschusses pro
Tagespflegefall wurde erhöht. Dieser Landeszuschuss wird für Fälle mit einem
Betreuungsumfang von mehr als 15 Stunden geleistet, soweit nicht bereits eine
Kindpauschale für einen gleichzeitigen Besuch einer Kindertageseinrichtung
bewilligt wird. Randzeitenbetreuungen sind somit von dieser Förderung
ausgeschlossen (§ 24 Abs. 2 KiBiz).Die Bewilligung des Landeszuschusses wird
u.a. an folgende Bedingungen geknüpft:
- Die
laufende Geldleistung an die Tagespflegeperson bei Krankheit oder
vorübergehender Abwesenheit des Kindes wird weiter geleistet (§ 24 Abs. 3
Nr. 8 KiBiz).
- Die
Tagespflegeperson nimmt jährliche Fortbildungsangebote mit mindestens fünf
Stunden wahr (§ 24 Abs. 3 Nr. 4 KiBiz).
- Die
Tagespflegeperson erhält für jedes ihr zugeordnete Kind einen Betrag für
mindestens eine Stunde pro Woche für mittelbare Bildungs- und
Betreuungsarbeit (§ 24 Abs. 3 Nr. 6 KiBiz).
- Die
Höhe der Geldleistung wird laufend angepasst (§ 24 Abs. 3 Nr. 9 KiBiz).
- Die
laufende Geldleistung wird bereits während der Eingewöhnungsphase des
Kindes gezahlt (§ 24 Abs. 3 Nr. 7).
Die Qualifizierung der Tagespflegepersonen wird neu geregelt. Bisher mussten Tagespflegepersonen zur Erlangung einer Pflegeerlaubnis eine Qualifikation im Umfang von 160 Unterrichtsstunden absolvieren. Zukünftig wird diese Qualifikation nach dem vom Deutschen Jugendinstitut entwickelten Qualifizierungshandbuch (QHB) einen Umfang von 300 Stunden haben. Diese QHB-Qualifikationen sollen ab dem Kindergartenjahr 2022/2023 für alle Tagespflegepersonen, die erstmalig ihre Tätigkeit aufnehmen, verpflichtend werden und werden derzeit von den jeweiligen Fachberatungsstellen organisiert.
Erläuterung der
Synopse
Die einheitlichen Kreisrichtlinien sollen den Rahmen für die
Gewährung von Leistungen für Kindertagespflege darstellen und insbesondere die
Punkte betreffen, die nicht gesetzlich geregelt sind. Die detaillierte Ausgestaltung ist im Rahmen des in § 23 Abs.
2a SGB VIII eingeräumten Gestaltungsspielraumes den jeweiligen Jugendämtern
vorbehalten.
Nach Abstimmung durch die Jugendamtsleiter des Kreises
wurden die neu geplanten Richtlinien vom Rechtsamt der Stadt Lünen geprüft,
diese von dort noch erfolgten Änderungen sind eingearbeitet.
Die wichtigste Änderung betrifft den Aufwendungsersatz, der
im Punkt 2.1 der Synopse geregelt und im Folgenden erläutert wird:
Der Stundensatz in Höhe von 5,56 € pro Stunde und pro Kind
ist der Satz, der auch nach den bisherigen Richtlinien ab dem 01.08.2020 an die
Tagespflegepersonen zu zahlen gewesen wäre. Dieser Stundensatz wird
kreiseinheitlich - auch von der Stadt Schwerte - ab dem 01.08.2020 gewährt. Die
Dynamisierung der Pauschale soll der in § 37 KiBiz festgelegten Anpassung der
Kindpauschalen entsprechen. Die Höhe der Fortschreibungsrate wird jährlich im
Dezember bekannt gegeben und setzt sich zu neun Teilen aus der
Kostenentwicklung für pädagogisches Personal nach dem Tarifvertrag für den
öffentlichen Dienst, Sozial- und Erziehungsdienst (TVöD - SuE) auf Grundlage
der Berichte zu Kosten eines Arbeitsplatzes der Kommunalen Gemeinschaftsstelle
für Verwaltungsmanagement und zu einem Teil aus der Steigerung der Kosten des
allgemeinen Verbraucherpreisindex für Deutschland des Statistischen Bundesamtes
zusammen.
Kreiseinheitlich soll die Bezahlung pauschaliert werden.
Derzeit wird in Bergkamen spitz abgerechnet, d.h. nur die tatsächlich
geleisteten und mit monatlich vorzulegendem Abrechnungsbogen nachgewiesenen
Betreuungsstunden werden vergütet. Bei einer pauschalen Abrechnung wird anhand
des ermittelten Betreuungsbedarfes ein monatlicher Durchschnittswert berechnet,
für den die Tagespflegeperson im Betreuungszeitraum monatlich pauschal bezahlt
wird. Die Leistung des wöchentlichen Betrages für eine Stunde pro Kind für
mittelbare Bildungs- und Betreuungsarbeit ist gesetzlich geregelt und für die
Gewährung eines Landeszuschusses notwendig (§ 24 Abs. 3 Nr. 6 KiBiz).
Eine Spitzabrechnung soll und muss auch in Einzelfällen
möglich bleiben, wenn z.B. die Betreuungsstunden auf Grund von Schichtarbeit so
stark differieren, dass eine gerechte Durchschnittszeit nicht gefunden werden
kann.
Die Umstellung von Spitz- auf Pauschalabrechnung wird in
Bergkamen nicht unmittelbar nach Verabschiedung der Kreisrichtlinien möglich
sein. Es muss eine umfassende und abschließende Regelung zur Berechnung der
Pauschalen erstellt werden, die alle möglichen Fallkonstellationen umfasst. Die
notwendigen Verwaltungsvorgänge müssen abgesprochen und Formulare neu gestaltet
werden. Das genutzte EDV-Programm muss angepasst werden. Außerdem ist geplant,
mit den Tagespflegepersonen in Dialog zu treten, um Anregungen von dieser Seite
ggf. berücksichtigen zu können. Eine Änderung der Zahlungsweise soll vor der
Durchführung so vorbereitet sein, dass sie für alle Beteiligten transparent ist
und nachträglicher Regelungsbedarf vermieden wird.
Die Richtlinien sehen weiterhin eine Anpassung des
Elternbeitrages in 5-Stunden-Schrittten vor. Dies macht es notwendig, die
Beitragssatzung der Stadt Bergkamen zu ändern. Bislang werden die Beiträge für
Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege für Betreuungszeiten von 25
Stunden, 35 Stunden oder 45 Stunden erhoben. Zukünftig soll es möglich sein,
Buchungszeiten für Kindertagespflege individueller zu buchen. Das würde bei
einer Pauschalierung der Betreuungszeiten ermöglichen, die Pauschale genauer
und bedarfsgerechter zu berechnen. Die Beiträge für 25, 35 oder 45 Stunden
sollen weiterhin für Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege
übereinstimmen, nur die Zwischenschritte müssen für die Kindertagespflege neu
definiert werden. Diese Satzungsänderung muss vorbereitet und mit der
Fachberatung des Vereins für Familiäre Kinder-Tagesbetreuung und dem Rechtsamt
abgestimmt werden.
Der Bedarf für Betreuungsanträge über 35 Stunden soll von
den Eltern entsprechend der Handhabung bei Kindertageseinrichtungen, z.B. durch
Arbeitgeberbescheinigungen nachgewiesen werden.
Im Hinblick auf das Kindeswohl soll der Rahmen der Fremdbetreuung auf maximal 50 Wochenstunden (ohne Übernachtungszeiten) eingegrenzt werden. Insgesamt sollen nur 12 Übernachtungen monatlich möglich sein. Diese Regelung wird in Bergkamen bereits praktiziert. Darüber hinaus wurden auch für über drei- bis sechsjährige Kinder maximale Fremdbetreuungszeit von 60 Wochenstunden und für Schulkinder von 80 Wochenstunden festgelegt. Beispiel: Ein 4jähriges Kind wird 45 Stunden in einer KiTa betreut. Dann können nur noch ergänzend 15 Wochenstunden Kindertagespflege bewilligt werden.
Ebenfalls neu geregelt wurden die bezahlten Ausfallzeiten für Tagespflegepersonen. Bislang wurde die bezahlte Ausfallzeit auf acht Wochen pro Jahr festgesetzt, unerheblich ob sie durch Krankheit oder Urlaub des Kindes oder der Tagespflegeperson verursacht wurden. Zukünftig soll der Aufwendungsersatz für betreuungsfreie Zeiten, die durch die Tagespflegeperson verursacht werden (Krankheit oder Urlaub) für sechs Wochen weiter gezahlt werden. Ein Urlaub von drei Wochen soll vorher mit den Eltern abgesprochen werden, die restliche Zeit kann durch Urlaub oder Krankheit genutzt werden. Bezahlte Urlaubs- oder Krankheitszeiten der dem Grunde nach selbständigen Tagespflegepersonen sind gesetzlich nicht vorgesehen und somit freiwillige Leistungen der Jugendämter.
Für Abwesenheitszeiten des Kindes sollen die Tagespflegepersonen den Aufwendungsersatz weiterhin erhalten (§ 24 Abs. 3 Nr. 8) mit der Möglichkeit einer grundsätzlichen Überprüfung des Bedarfes nach sechswöchiger Abwesenheit des Kindes.
Die Regelungen zur Randzeitenbetreuung, also die
Kindertagespflege neben anderer institutioneller Betreuung, soll von jedem
Jugendamt selbst ausgestaltet werden.
Die Verwaltung schlägt vor, den in der Synopse festgelegten
kreiseinheitlichen Richtlinien als Rahmen der Gewährung der Kindertagespflege
für Bergkamen in Kraft zu setzen.
Die detaillierte Ausgestaltung, wie sie in den Richtlinien ausdrücklich den einzelnen Jugendämter vorbehalten ist, soll für Bergkamen individuell formuliert und als Ergänzung zu den Kreisrichtlinien für die Entscheidung durch den Jugendhilfeausschuss vorbereitet werden.
Bestandteile dieser Vorlage sind:
1. Das Deckblatt
2. Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung
3. 1 Anlage
Der Bürgermeister In Vertretung Busch Beigeordnete |
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Amtsleiter Kortendiek |
Sachbearbeiterin Hörstrup |
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