Betreff
Antrag der "Umweltzentrum Westfalen GmbH" auf öffentliche Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe gem. § 75 SGB VIII
Vorlage
12/0888
Aktenzeichen
schy-kunz
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Jugendhilfeausschuss des Rates der Stadt Bergkamen beschließt, der „Umweltzentrum Westfalen GmbH“ die öffentliche Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe auf örtlicher Ebene gem. § 75 SGB VIII auszusprechen. Die Anerkennung bezieht sich auf die Tätigkeiten der Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII) und der Förderung positiver Lebensbedingungen junger Menschen (§ 1 Abs. 3 Nr. 5 SGB VIII). Diese Tätigkeiten werden durch umweltschutzbezogene Aus-, Fort- und Weiterbildungsaktivitäten für Kinder und Jugendliche im Rahmen umweltpädagogischer Angebote durchgeführt.

 

 

 

Sachdarstellung:

 

Die „Umweltzentrum Westfalen GmbH“ (UWZ), vertreten durch den Geschäftsführer Herrn Oliver Wendenkampf, hat mit Schreiben vom 26.10.2022 die Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe gem. § 75 SGB VIII beantragt.

 

Rechtsgrundlagen für die Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe sind § 75 SGB VIII in Verbindung mit § 25 des 1. Gesetzes zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (AG-KJHG) als Ausführungsgesetz des Landes NRW. Diese Rechtsgrundlagen dienen als Leitfaden für die Prüfung des Antrags.

 

Prüfung der örtlichen Zuständigkeit:
§ 25 Abs. 1 Nr. 1-3 AG-KJHG regelt die örtliche Zuständigkeit der Anerkennung. Demnach ist „zuständig für die öffentliche Anerkennung der Träger der freien Jugendhilfe nach § 75 SGB VIII… das Jugendamt nach Beschlussfassung des Jugendhilfeausschusses, wenn der Träger der freien Jugendhilfe seinen Sitz im Bezirk des Jugendamtes hat und dort vorwiegend tätig ist,…“.

 

Das UWZ hat seinen satzungsgemäßen Sitz in der Ökologiestation des Kreises Unna am Dr.-Detlef-Timpe-Weg 1, 59192 Bergkamen und ist mit seinen für die Anerkennung relevanten Tätigkeiten vorwiegend auf dem Bergkamener Stadtgebiet aktiv. Daher obliegt die Entscheidung über den Antrag dem Jugendhilfeausschuss des Rates der Stadt Bergkamen.

  

Voraussetzungen für die Anerkennung:

In § 75 Abs. 1 SGB VIII sind die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe beschrieben:

 

(1)    Als Träger der freien Jugendhilfe können juristische Personen und Personenvereinigungen anerkannt werden, wenn sie

 

  1. auf dem Gebiet der Jugendhilfe im Sinne des § 1 SGB VIII tätig sind,
  2. gemeinnützige Ziele verfolgen,
  3. aufgrund der fachlichen und personellen Voraussetzungen erwarten lassen, dass sie
    einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Erfüllung der Aufgaben der Jugendhilfe zu
    leisten im Stande sind, und
  4. die Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit bieten.

 

 

zu 1. (Tätigkeit auf dem Gebiet der Jugendhilfe):

 

Das UWZ betreibt die Ökologiestation des Kreises Unna in Bergkamen-Heil, in der verschiedene Organisationen des Natur- und Umweltschutzes unter einem Dach zu finden sind. Träger des Umweltzentrums sind der Kreis Unna und der Regionalverband Ruhr (RVR).  

Laut Gesellschaftsvertrag führt das UWZ unter anderem umweltschutzbezogene Aus-, Fort- und Weiterbildungsaktivitäten in Zusammenarbeit mit Dritten durch. Das UWZ bietet als außerschulischer Lernort eine Vielzahl von Angeboten zum Erleben und Erfahren für Kinder und Jugendliche an. Das „Be-greifen“ der Natur – eben auch mit den eigenen Händen – steht im Mittelpunkt der umweltpädagogischen Angebote wie „Papier schöpfen“, „Basteln mit dem Naturmaterial Heu“, „Verarbeitung von Schafwolle – Filzen“, „Landwirtschaft: Kartoffeln und Getreide“, der Themen „Insekten“, „Wasser“ und „Boden“ sowie „Wir schauen dem Imker über die Schulter“. Das Inklusionsprojekt „Altes Handwerk, alte Spiele – neu entdecken“ in den Sommerferien bringt Kinder mit und ohne Behinderung auf spielerische, ungezwungene und lehrreiche Art zusammen. Das UWZ organisiert auch Klassenfahrten, Kennenlern- und Themenfahrten für Schulen und Kindergärten.

 

 

Zur Prüfung, ob es sich hierbei um Tätigkeiten auf dem Gebiet der Jugendhilfe handelt, ist
§ 1 SGB VIII heranzuziehen:

 

(1)  Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.

 

(2)  Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

 

(3)  Jugendhilfe soll zur Verwirklichung des Rechts nach Absatz 1 insbesondere

 

1.   junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern und dazu 

beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen,

2.   jungen Menschen ermöglichen oder erleichtern, entsprechend ihrem Alter und ihrer individuellen Fähigkeiten in allen sie betreffenden Lebensbereichen selbstbestimmt zu interagieren und damit gleichberechtigt am Leben in der Gesellschaft teilhaben zu können,

3.   Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung beraten und unterstützen,

4.   Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl schützen,

5.   dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen.

 

 

In der Gesamtbetrachtung der Arbeit des UWZ sind die Vorgaben des § 1 Abs. 3 SGB VIII erfüllt, insbesondere Nr. 1 und 5. Die beschriebenen Aktivitäten erfüllen demnach die Anforderungen des § 75 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII und sind klassische Beispiele für Jugendarbeit nach § 11 SGB VIII.

 

Darüber hinaus gehören zu den Aufgaben des UWZ auch ein Raum- und Dienstleistungsangebot für die Biologische Station Kreis Unna, Raumangebote und Veranstaltungsorganisation für die Arbeit der im Kreis Unna tätigen Umweltschutzgruppen, Öffentlichkeitsarbeit für die Belange des Umweltschutzes und die Unterstützung des Vertriebs von ökologisch verträglich erzeugten Produkten sowie weitere (Bildungs-)angebote für Erwachsene. Dies sind keine Tätigkeiten auf dem Gebiet der Jugendhilfe. 

 

Sofern einzelne Tätigkeiten eines Trägers nicht Aufgaben der Jugendhilfe erfüllen, ist dies allerdings kein Ablehnungsgrund. In den „Grundsätzen für die Anerkennung von freien Trägern der Jugendhilfe nach § 75 SGB VIII der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesjugendbehörden vom 07.09.2016“ heißt es dazu: „Daher ist eine Anerkennung auch dann zulässig, wenn sich die Tätigkeit des freien Trägers nur auf einen bestimmten Teilbereich der Jugendhilfe erstreckt“. Ferner wird hier auch empfohlen, dies im Anerkennungsbescheid zu betonen: „Im Anerkennungsbescheid sollte in diesen Fällen zum Ausdruck kommen, auf welche vom Träger wahrgenommenen Aufgaben der Jugendhilfe sich die Anerkennung bezieht.“    

 

Die entsprechende Formulierung im Beschlussvorschlag dieser Vorlage wird in den Anerkennungsbescheid übernommen.

 

 

zu 2. (Gemeinnützigkeit):

 

Der Verwaltung des Jugendamtes liegt ein aktueller Freistellungsbescheid des Finanzamtes Hamm vor, aus dem die Gemeinnützigkeit des UWZ hervorgeht.

 

 

zu 3. (Personelle Vorrausetzungen):

 

Die umweltpädagogischen Angebote des UWZ werden durch ein rund zehnköpfiges Team aus haupt- und nebenamtlich Tätigen durchgeführt. Dazu gehören Lehrer:innen, Pädagog:innen, Psycholog:innen, Biolog:innen, Erzieher:innen und Studierende verschiedener Fachrichtungen. Diese Fachkräftekombination ermöglich dem UWZ den gesetzlich geforderten „nicht unwesentlichen Beitrag zur Erfüllung der Aufgaben der Jugendhilfe“ zu leisten.

 

Das UWZ hat zudem ein Kinderschutzkonzept verabschiedet, das den fachlichen und gesetzlichen Anforderungen entspricht.

 

Die fachlichen und personellen Voraussetzungen sind somit erfüllt.          

 

 

zu 4. (Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit):

 

Der vorliegende Gesellschaftsvertrag, die der Arbeit des UWZ zu Grunde liegende Konzeption und die bisherigen Erfahrungen der Verwaltung des Jugendamtes in der Zusammenarbeit mit dem UWZ geben keinen Anlass zum Zweifel an der Grundgesetzkonformität der verfolgten Ziele und Arbeit des UWZ.

 

 

Die Voraussetzungen für die Anerkennung nach § 75 SGB VIII Abs. 1 sind somit erfüllt.

 

 

Anspruch auf Anerkennung: 

Gemäß § 75 Abs. 2 SGB VIII hat „einen Anspruch auf Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe … unter den Voraussetzungen des Absatzes 1, wer auf dem Gebiet der Jugendhilfe mindestens drei Jahre tätig gewesen ist.“

 

Der Gesellschaftsvertrag zur Gründung des UWZ ist am 09.12.1992 unter notarieller Aufsicht geschlossen worden, so dass das UWZ seit nunmehr drei Jahrzehnten auf dem Gebiet der Jugendhilfe tätig ist.

 

Die notwendige Dreijahresfrist ist somit erfüllt.

 

Rechte des anerkannten Trägers:

Als anerkannter Träger der freien Jugendhilfe verfügt der Antragsteller über folgende Rechte:

 

·        Fördermittel der Stadt Bergkamen nur für anerkannte Träger

·        Wahrnehmung von Leistungen und Aufgaben nach SGB VIII

·        Teilnahme an den Arbeitsgemeinschaften nach § 78 SGB VIII

·        Beteiligung gem. § 80 SGB VIII an der Jugendhilfeplanung

·        Anspruch auf die Beantragung der Mitgliedschaft im Stadtjugendring Bergkamen e. V.

·        Vorschlagsrecht für die Benennung eines stimmberechtigten Mitgliedes im
Jugendhilfeausschuss

 

 

Nach pflichtgemäßem Ermessen schlägt die Verwaltung des Jugendamtes vor, der „Umweltzentrum Westfalen GmbH“, vertreten durch Herrn Oliver Wendenkampf, die Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe auf örtlicher Ebene gem. § 75 SGB VIII auszusprechen, da die rechtlichen, fachlichen und personellen Voraussetzungen erfüllt sind.

 

Die Anerkennung bezieht sich auf die Tätigkeiten der Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII) und der Förderung positiver Lebensbedingungen junger Menschen (§ 1 Abs. 3 Nr. 5 SGB VIII). Diese Tätigkeiten werden durch umweltschutzbezogene Aus-, Fort- und Weiterbildungsaktivitäten für Kinder und Jugendliche im Rahmen umweltpädagogischer Angebote durchgeführt.

 

 

 

 

 

 

Bestandteile dieser Vorlage sind:

1. Das Deckblatt

2. Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung

 

Der Bürgermeister

In Vertretung

 

 

 

Busch

Erste Beigeordnete

 

 

Amtsleiter

 

 

 

 

Kortendiek

Sachbearbeiter

 

 

 

 

Scharwey