Betreff
Bericht der Verwaltung zum Thema "Großveranstaltung"
Vorlage
12/0741
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Ausschuss für öffentliche Sicherheit und Ordnung des Rates der Stadt Bergkamen nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.

 

Sachdarstellung:

 

Im Sachgebiet für öffentliche Sicherheit und Ordnung im Amt für Bürgerdienste, Ordnung und Soziales wurde, nach den Ereignissen bei der Loveparade in Duisburg und in Übereinstimmung mit dem Orientierungsrahmen „Sicherheit von Großveranstaltungen im Freien“, des nordrhein-westfälischem Innenministeriums die Stelle eines zentralen Ansprechpartners (ZAP) für Veranstaltungen geschaffen.

 

In der Folge steht dem Veranstalter ein Ansprechpartner zur Verfügung, der verwaltungsseitig den Prozess von der Planung bis zur Realisierung begleitet, die internen Verwaltungsstellen beteiligt, die Genehmigungen zusammenträgt und versendet.

 

Es gibt kleine und unproblematische, aber auch größere Veranstaltungen, die aus verschiedenen Gründen und Perspektiven Probleme aufwerfen können.

 

Im Folgenden werden die verwaltungsseitigen Abläufe und Grundsätze für die Bewertung einer Großveranstaltung dargestellt.

 

Zunächst ist zu definieren, was eine Veranstaltung ist und was diese zu einer Großveranstaltung macht.

 

Eine Veranstaltung ist „ein zeitlich begrenztes und geplantes Ereignis mit einer definierten Zielsetzung oder Absicht, einer Programmfolge mit thematischer, inhaltlicher Bindung oder Zweckbestimmung in der abgegrenzten Verantwortung eines Veranstalters, einer Person, Organisation oder Institution, an dem eine Gruppe von Menschen teilnimmt“. Nicht von dem Veranstaltungsbegriff erfasst sind Versammlungen im Sinne des Art. 8 GG.

 

Eine verbindliche Definition des Begriffs „Großveranstaltung“ gibt es nicht. Er findet Erwähnung in § 6 Abs. 1 Nr. 13 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) und in § 34 a Abs. 1a Satz 2 Nr. 5 der Gewerbeordnung (GewO).

 

Eine Großveranstaltung ist dadurch gekennzeichnet, dass sie die Leistungsfähigkeit der vorhandenen Infrastruktur überschreitet (Wege, Energieversorgung, Parkraum, Rettungsdienst,…). Es handelt sich also nicht um eine definierte Zahl an Teilnehmern die ausschlaggebend ist, sondern um eine individuelle Bewertung, ob die Veranstaltung eine über den Regelbetrieb hinausgehende Betrachtung erfordert.

 

Gemäß des alten Orientierungsrahmens für die Sicherheit von Veranstaltungen im Freien mit erhöhtem Gefährdungspotenzial war eine Großveranstaltung wie folgt definiert:

1.    Täglich mehr als 100.000 Besucher oder

2.    die zeitgleich erwartete Besucherzahl beträgt mindestens 5.000 Personen und übersteigt ein Drittel der Einwohnerzahl der Kommune oder

3.    die Veranstaltung verfügt über ein erhöhtes Gefährdungspotential


Der aktuelle Orientierungsrahmen aus 2022 verzichtet auf den Begriff der Großveranstaltung.
Die Besucherzahl allein hat sich nicht als geeigneter Parameter erwiesen, führte sie doch oftmals einerseits zu rein formalen Betrachtungen und verleitete andererseits zu zielorientierter Schätzung durch die unterschiedlichen Beteiligten.

 

Stattdessen erfasst der Orientierungsrahmen nunmehr Veranstaltungen, die unabhängig von der Besucherzahl über ein erhöhtes Gefährdungspotenzial verfügen.

 

Eine erste Einschätzung des Gefährdungspotenziales nimmt der ZAP für Veranstaltungen vor.

 

Der ZAP ist die erste Anlaufstelle für Veranstalter und nimmt für diese eine Wegweiserfunktion innerhalb der Kommune und weiteren beteiligten Behörden und Stellen bei der Vorbereitung, Planung und Genehmigung wahr.

 

Das Gefährdungspotenzial wird mittels der Risikomaßzahl prognostisch eingeschätzt.

 

Die Risikomaßzahl berechnet sich nach der Formel:
R= Gefährlichkeit (G) x Eintrittswahrscheinlichkeit (W).

 

Um die oben genannten Werte einzuschätzen, werden verschiedene Faktoren berücksichtigt:

·         Wetter

·         Zuschauerverhalten

·         sanitäts- und rettungsdienstliche Ereignisse

·         technische Gefährdungen

·         Brandgefährdungen

·         Gefährdungen für die (besucherrelevante) Infrastruktur innerhalb/außerhalb der Veranstaltung inklusive der Verkehrswege

·         Grundgefährdungen bei besonderen Veranstaltungstypen

·         Gefährdungen durch Anschläge und Drohungen


Die Wahrscheinlichkeit berücksichtigt die Erfahrungswerte vergangener, respektive ähnlicher Veranstaltungen.

Das Ergebnis R ergibt eine Zahl zwischen 1 und 25:

 

bild vorlage

 

Um die Einschätzung vornehmen zu können kann der ZAP sich mit der Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst, Brandschutzdienststelle, Straßenverkehrsbehörde etc. abstimmen, wenn der Einzelfall dies erforderlich erscheinen lässt.

 

Dies ist nicht zu vergleichen mit dem im neuen Orientierungsrahmen vorgesehenen Koordinierungsgremium, in welchem die oben genannten Behörden auch involviert sind.

 

Liegt prognostisch ein erhöhtes Gefährdungspotenzial vor, beruft der ZAP ein Koordinierungsgremium ein, falls die Behörde nicht ohnehin über ein ständiges Gremium verfügt.

 

Weiterhin informiert der ZAP den Veranstalter, dass ein Sicherheitskonzept erstellt werden muss. Dieses ist Hauptbestandteil der weiteren Bearbeitung des Antrages und muss schriftlich vorliegen.

 

Das Sicherheitskonzept basiert auf individuellen Gefährdungs- und Risikoanalysen. Es identifiziert Schwachstellen und benennt die zur Abwehr der hiermit verbundenen Gefährdungen und Risiken zu treffenden Maßnahmen. Für jedes im Sicherheitskonzept geplante Szenario sowie die dazu vorgesehenen Maßnahmen sind Verantwortlichkeiten zu benennen.

 

Bei dem Koordinierungsgremium fungiert der ZAP als Geschäftsstelle und steht anderen Stellen in der Kommune als Anlaufstelle zur Verfügung und stellt dem Veranstalter so bald wie möglich sämtliche Informationen zur Verfügung, über die die Kommune allein verfügt und die für das Sicherheitskonzept des Veranstalters benötigt werden, z.B. über das Veranstaltungsgelände und die Zuwegung (Baustellen etc.) sowie etwaige Parallelveranstaltungen.


Der Leiter des Koordinierungsgremiums wird durch den Hauptverwaltungsbeamten (HVB) benannt und sollte mit dem ZAP identisch sein. Die Befugnisse des Leiters des Kontrollgremiums werden durch den HVB festgelegt. Ebenfalls legt dieser HVB fest, ab wann, bzw. in welchem Stadium er zu beteiligen ist. Er kann sich auch bestimmte Befugnisse vorbehalten.

 

Der Leiter des Koordinierungsgremiums koordiniert seitens der Kommune die Planungsphase der Veranstaltung und wirkt darauf hin, dass der Veranstalter den für Sicherheit und Ordnung zuständigen Behörden, dem Ordnungsamt, der Feuerwehr, dem Rettungsdienst, der Brandschutzdienststelle und bei Bedarf weiteren Stellen die Informationen zur Verfügung stellt, die für das zu erzielende Einvernehmen erforderlich sind.

 

Ferner teilt der Leiter dem HVB mit, wenn eine Veranstaltung voraussichtlich nicht durchgeführt werden kann.

 

Das Koordinierungsgremium bewertet das Gefährdungspotenzial der jeweiligen Veranstaltung, erörtert die Stellungnahmen der für Sicherheit oder Ordnung zuständigen Stellen, insbesondere des Ordnungsamtes, der Polizei, der Feuerwehr/Brandschutzdienststelle und des Rettungsdienstes, dokumentiert etwaige Bedenken und berichtet hierüber dem Hauptverwaltungsbeamten, begleitet in geeigneter Weise die Veranstaltung vor Ort und überwacht die Einhaltung der festgesetzten Nebenbestimmungen.

 

Ziel des Gremiums ist es, „Einvernehmen“ zwischen den Akteuren herzustellen. Dies bedeutet, dass die jeweiligen Stellen dem Sicherheitskonzept für deren Zuständigkeitsbereich zustimmen.

 

Ist das Einvernehmen hergestellt worden, kann die Veranstaltung durchgeführt werden. Wird das Einvernehmen nicht erreicht, ist die Veranstaltung nicht genehmigungsfähig. In beiden Fällen ist der HVB durch den Leiter des Gremiums zu informieren.

 

Als nächstes plant der Leiter des Gremiums nach der Herstellung des Einvernehmens die Anwesen-heiten / Rufbereitschaften der erforderlichen Mitglieder am Veranstaltungstag, stimmt die notwendige Logistik für das Gremium ab und ist verantwortlich für die Dokumentation.

 

Im Anschluss der Veranstaltung führt das Gremium zeitnah eine Nachbereitung der Veranstaltung durch.

 

Das Koordinierungsgremium kann bei besonderem Bedarf Arbeitsgruppen für einzelne Bereiche der Veranstaltung einsetzen.

 

Ein zeitintensiver Punkt bei der Planung von Veranstaltungen, respektive bei der Genehmigung ist das Baurecht.

 

Das Bauordnungsrecht kann bei der Zulassung von Veranstaltungen allerdings immer nur in den Fällen relevant werden, wenn bauliche Anlagen im Sinne von § 2 Abs. 1 BauO NRW im Spiel sind. Gegenstand bauaufsichtlicher Prüfung ist allein die bauliche Anlage und die Frage ihrer Eignung als Versammlungsstätte, nicht die Veranstaltung als solche.

 

Hier sind die Veranstaltungsflächen im Freien außerhalb baulicher Anlagen, fliegende Bauten und Sonderbauten zu nennen.


Besteht eine der oben genannten Konstellationen, erfolgt seitens der Bauverwaltung eine zeitaufwendige und umfassende Prüfung. In der Folge sind Veranstaltungen, die eine vorgenannte Prüfung benötigen, entsprechend früher beim ZAP und der Bauverwaltung anzumelden.

 

Städtische Veranstaltungen, u.a. die des Stadtmarketings erfolgen i. a. R. ohne Einlasskontrolle oder Einfriedungen. Hierfür sieht das Bauordnungsrecht keine Vorgaben vor. Nur in den Fällen, in denen z.B. durch Zugangskontrollen und Absperrungen eine einheitliche bauliche Anlage entsteht (Stichwort Entfluchtung), bedarf diese einer Baugenehmigung.

 

Beispiel

Um die vorherigen Ausführungen an einem Beispiel zu veranschaulichen erfolgt ein kurzer Abriss der planerischen Phase bei einem hypothetischen Hafenfest in der Marina Rünthe:

Ø  Stadtmarketing reicht den Erhebungsbogen für die Durchführung einer Veranstaltung (Antrag) ein.

Ø  Durch den ZAP folgt eine prognostische Einschätzung, welches Gefährdungspotenzial die Veranstaltung hat und fordert ggf. weitere Unterlagen ein und hält, falls erforderlich, Rücksprache mit der Polizei und Feuerwehr.

Ø  Da das Hafenfest eine bekannte Größe ist und das Stadtmarketing als Veranstalter sich den hohen Anforderungen bewusst ist, wird zeitnah ein Sicherheitskonzept erstellt.

v  Die Veranstaltung Hafenfest birgt mehrere nicht unerhebliche Risiken:

§  das Fest findet direkt am Wasser statt

§  das Gelände ist nach Norden begrenzt

§  es wird Alkohol ausgeschenkt

§  bei der Speisenzubereitung werden offene Feuer (z.B. Gasgrill) genutzt

§  bei gutem Wetter bis zu 25.000 Personen pro Tag

v  Somit besteht ein erhöhtes Gefährdungspotenzial, welches die Erstellung eines Sicherheitskonzeptes sowie die Einberufung des Koordinierungsgremiums erforderlich macht.

Ø  Nach Rücksprache mit dem Stadtmarketing wird bereits durch den ZAP das Koordinierungsgremium einberufen, bevor die erste Version des Sicherheitskonzeptes erstellt ist.

Ø  Dort wird dann die erste Version des Konzeptes vorgestellt und besprochen.

Ø  In der Folge finden Anpassungen statt, bis jede Stelle sein Einvernehmen bekundet.

Ø  Sollte das Einvernehmen ausbleiben, ist dem HVB mitzuteilen, dass die Veranstaltung so nicht durchgeführt werden kann.

Ø  Besteht Einvernehmen, kann die Veranstaltung durchgeführt werden.

Ø  Am Veranstaltungstag erfolgen eine letzte Begehung des Geländes und eine Sicherheitsbesprechung mit den Mitgliedern des Gremiums.

Ø  Entspricht das Gelände den Angaben des Sicherheitskonzeptes erfolgt eine Freigabe.

Ø  Während der Veranstaltung führen die jeweiligen Mitglieder des Gremiums entsprechend ihres Aufgabenbereiches Kontrollen durch.

Ø  Im Nachgang der Veranstaltung erfolgt eine Abschlussbesprechung.

 

 

Bestandteile dieser Vorlage sind:

1. Das Deckblatt

2. Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung

 

Der Bürgermeister

In Vertretung

 

 

 

 

Busch

Erste Beigeordnete

 

 

Stv. Amtsleiter

 

 

 

 

Brüggenthies

Sachbearbeiter

 

 

 

 

Müller, B.