Beschlussvorschlag:
Der Ausschuss für öffentliche Sicherheit und Ordnung des Rates der Stadt Bergkamen nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.
Sachdarstellung:
Im Sachgebiet für
öffentliche Sicherheit und Ordnung im Amt für Bürgerdienste, Ordnung und
Soziales wurde, nach den Ereignissen bei der Loveparade in Duisburg und in
Übereinstimmung mit dem Orientierungsrahmen „Sicherheit von Großveranstaltungen
im Freien“, des nordrhein-westfälischem Innenministeriums die Stelle eines zentralen
Ansprechpartners (ZAP) für Veranstaltungen geschaffen.
In der Folge steht
dem Veranstalter ein Ansprechpartner zur Verfügung, der verwaltungsseitig den
Prozess von der Planung bis zur Realisierung begleitet, die internen
Verwaltungsstellen beteiligt, die Genehmigungen zusammenträgt und versendet.
Es gibt kleine und
unproblematische, aber auch größere Veranstaltungen, die aus verschiedenen
Gründen und Perspektiven Probleme aufwerfen können.
Im Folgenden werden
die verwaltungsseitigen Abläufe und Grundsätze für die Bewertung einer
Großveranstaltung dargestellt.
Zunächst ist zu
definieren, was eine Veranstaltung ist und was diese zu einer Großveranstaltung
macht.
Eine Veranstaltung
ist „ein zeitlich begrenztes und geplantes Ereignis mit einer definierten
Zielsetzung oder Absicht, einer Programmfolge mit thematischer, inhaltlicher
Bindung oder Zweckbestimmung in der abgegrenzten Verantwortung eines
Veranstalters, einer Person, Organisation oder Institution, an dem eine Gruppe
von Menschen teilnimmt“. Nicht von dem Veranstaltungsbegriff erfasst sind
Versammlungen im Sinne des Art. 8 GG.
Eine verbindliche
Definition des Begriffs „Großveranstaltung“ gibt es nicht. Er findet Erwähnung
in § 6 Abs. 1 Nr. 13 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) und in § 34 a Abs. 1a
Satz 2 Nr. 5 der Gewerbeordnung (GewO).
Eine
Großveranstaltung ist dadurch gekennzeichnet, dass sie die Leistungsfähigkeit
der vorhandenen Infrastruktur überschreitet (Wege, Energieversorgung, Parkraum,
Rettungsdienst,…). Es handelt sich also nicht um eine definierte Zahl an
Teilnehmern die ausschlaggebend ist, sondern um eine individuelle Bewertung, ob
die Veranstaltung eine über den Regelbetrieb hinausgehende Betrachtung
erfordert.
Gemäß des alten
Orientierungsrahmens für die Sicherheit von Veranstaltungen im Freien mit
erhöhtem Gefährdungspotenzial war eine Großveranstaltung wie folgt definiert:
1.
Täglich
mehr als 100.000 Besucher oder
2.
die
zeitgleich erwartete Besucherzahl beträgt mindestens 5.000 Personen und
übersteigt ein Drittel der Einwohnerzahl der Kommune oder
3.
die
Veranstaltung verfügt über ein erhöhtes Gefährdungspotential
Der aktuelle Orientierungsrahmen aus 2022 verzichtet auf den Begriff der
Großveranstaltung.
Die Besucherzahl allein hat sich nicht als geeigneter Parameter erwiesen,
führte sie doch oftmals einerseits zu rein formalen Betrachtungen und
verleitete andererseits zu zielorientierter Schätzung durch die
unterschiedlichen Beteiligten.
Stattdessen erfasst der Orientierungsrahmen nunmehr Veranstaltungen, die
unabhängig von der Besucherzahl über ein erhöhtes Gefährdungspotenzial
verfügen.
Eine erste Einschätzung des Gefährdungspotenziales nimmt der ZAP für
Veranstaltungen vor.
Der ZAP ist die erste Anlaufstelle für Veranstalter und nimmt für diese
eine Wegweiserfunktion innerhalb der Kommune und weiteren beteiligten Behörden
und Stellen bei der Vorbereitung, Planung und Genehmigung wahr.
Das Gefährdungspotenzial wird mittels der Risikomaßzahl prognostisch
eingeschätzt.
Die Risikomaßzahl berechnet sich nach der Formel:
R= Gefährlichkeit (G) x Eintrittswahrscheinlichkeit (W).
Um die oben genannten Werte einzuschätzen, werden verschiedene Faktoren
berücksichtigt:
·
Wetter
·
Zuschauerverhalten
·
sanitäts-
und rettungsdienstliche Ereignisse
·
technische
Gefährdungen
·
Brandgefährdungen
·
Gefährdungen
für die (besucherrelevante) Infrastruktur innerhalb/außerhalb der Veranstaltung
inklusive der Verkehrswege
·
Grundgefährdungen
bei besonderen Veranstaltungstypen
·
Gefährdungen
durch Anschläge und Drohungen
Die Wahrscheinlichkeit berücksichtigt die Erfahrungswerte vergangener,
respektive ähnlicher Veranstaltungen.
Das Ergebnis R ergibt eine Zahl zwischen 1 und 25:
Um die Einschätzung vornehmen zu können kann der ZAP sich mit der
Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst, Brandschutzdienststelle,
Straßenverkehrsbehörde etc. abstimmen, wenn der Einzelfall dies erforderlich
erscheinen lässt.
Dies ist nicht zu vergleichen mit dem im neuen Orientierungsrahmen
vorgesehenen Koordinierungsgremium, in welchem die oben genannten Behörden auch
involviert sind.
Liegt prognostisch ein erhöhtes Gefährdungspotenzial vor, beruft der ZAP
ein Koordinierungsgremium ein, falls die Behörde nicht ohnehin über ein
ständiges Gremium verfügt.
Weiterhin informiert der ZAP den Veranstalter, dass ein
Sicherheitskonzept erstellt werden muss. Dieses ist Hauptbestandteil der
weiteren Bearbeitung des Antrages und muss schriftlich vorliegen.
Das Sicherheitskonzept basiert auf individuellen Gefährdungs- und
Risikoanalysen. Es identifiziert Schwachstellen und benennt die zur Abwehr der
hiermit verbundenen Gefährdungen und Risiken zu treffenden Maßnahmen. Für jedes
im Sicherheitskonzept geplante Szenario sowie die dazu vorgesehenen Maßnahmen
sind Verantwortlichkeiten zu benennen.
Bei dem Koordinierungsgremium fungiert der ZAP als Geschäftsstelle und
steht anderen Stellen in der Kommune als Anlaufstelle zur Verfügung und stellt
dem Veranstalter so bald wie möglich sämtliche Informationen zur Verfügung,
über die die Kommune allein verfügt und die für das Sicherheitskonzept des
Veranstalters benötigt werden, z.B. über das Veranstaltungsgelände und die
Zuwegung (Baustellen etc.) sowie etwaige Parallelveranstaltungen.
Der Leiter des Koordinierungsgremiums wird durch den
Hauptverwaltungsbeamten (HVB) benannt und sollte mit dem ZAP identisch sein.
Die Befugnisse des Leiters des Kontrollgremiums werden durch den HVB
festgelegt. Ebenfalls legt dieser HVB fest, ab wann, bzw. in welchem Stadium er
zu beteiligen ist. Er kann sich auch bestimmte Befugnisse vorbehalten.
Der Leiter des Koordinierungsgremiums koordiniert seitens der Kommune
die Planungsphase der Veranstaltung und wirkt darauf hin, dass der Veranstalter
den für Sicherheit und Ordnung zuständigen Behörden, dem Ordnungsamt, der
Feuerwehr, dem Rettungsdienst, der Brandschutzdienststelle und bei Bedarf
weiteren Stellen die Informationen zur Verfügung stellt, die für das zu
erzielende Einvernehmen erforderlich sind.
Ferner teilt der Leiter dem HVB mit, wenn eine Veranstaltung
voraussichtlich nicht durchgeführt werden kann.
Das Koordinierungsgremium bewertet das Gefährdungspotenzial der
jeweiligen Veranstaltung, erörtert die Stellungnahmen der für Sicherheit oder
Ordnung zuständigen Stellen, insbesondere des Ordnungsamtes, der Polizei, der
Feuerwehr/Brandschutzdienststelle und des Rettungsdienstes, dokumentiert
etwaige Bedenken und berichtet hierüber dem Hauptverwaltungsbeamten, begleitet
in geeigneter Weise die Veranstaltung vor Ort und überwacht die Einhaltung der
festgesetzten Nebenbestimmungen.
Ziel des Gremiums ist es, „Einvernehmen“ zwischen den Akteuren
herzustellen. Dies bedeutet, dass die jeweiligen Stellen dem Sicherheitskonzept
für deren Zuständigkeitsbereich zustimmen.
Ist das Einvernehmen hergestellt worden, kann die Veranstaltung
durchgeführt werden. Wird das Einvernehmen nicht erreicht, ist die
Veranstaltung nicht genehmigungsfähig. In beiden Fällen ist der HVB durch den
Leiter des Gremiums zu informieren.
Als nächstes plant der Leiter des Gremiums nach der Herstellung des
Einvernehmens die Anwesen-heiten / Rufbereitschaften der erforderlichen
Mitglieder am Veranstaltungstag, stimmt die notwendige Logistik für das Gremium
ab und ist verantwortlich für die Dokumentation.
Im Anschluss der Veranstaltung führt das Gremium zeitnah eine
Nachbereitung der Veranstaltung durch.
Das Koordinierungsgremium kann bei besonderem Bedarf Arbeitsgruppen für
einzelne Bereiche der Veranstaltung einsetzen.
Ein zeitintensiver Punkt bei der Planung von Veranstaltungen, respektive
bei der Genehmigung ist das Baurecht.
Das Bauordnungsrecht kann bei der Zulassung von Veranstaltungen
allerdings immer nur in den Fällen relevant werden, wenn bauliche Anlagen im Sinne
von § 2 Abs. 1 BauO NRW im Spiel sind. Gegenstand bauaufsichtlicher Prüfung ist
allein die bauliche Anlage und die Frage ihrer Eignung als Versammlungsstätte,
nicht die Veranstaltung als solche.
Hier sind die Veranstaltungsflächen im Freien außerhalb baulicher
Anlagen, fliegende Bauten und Sonderbauten zu nennen.
Besteht eine der oben genannten Konstellationen, erfolgt seitens der
Bauverwaltung eine zeitaufwendige und umfassende Prüfung. In der Folge sind
Veranstaltungen, die eine vorgenannte Prüfung benötigen, entsprechend früher
beim ZAP und der Bauverwaltung anzumelden.
Städtische Veranstaltungen, u.a. die des Stadtmarketings erfolgen i. a.
R. ohne Einlasskontrolle oder Einfriedungen. Hierfür sieht das Bauordnungsrecht
keine Vorgaben vor. Nur in den Fällen, in denen z.B. durch Zugangskontrollen
und Absperrungen eine einheitliche bauliche Anlage entsteht (Stichwort
Entfluchtung), bedarf diese einer Baugenehmigung.
Beispiel
Um die vorherigen Ausführungen an einem Beispiel zu veranschaulichen erfolgt
ein kurzer Abriss der planerischen Phase bei einem hypothetischen Hafenfest in
der Marina Rünthe:
Ø
Stadtmarketing
reicht den Erhebungsbogen für die Durchführung einer Veranstaltung (Antrag)
ein.
Ø
Durch
den ZAP folgt eine prognostische Einschätzung, welches Gefährdungspotenzial die
Veranstaltung hat und fordert ggf. weitere Unterlagen ein und hält, falls
erforderlich, Rücksprache mit der Polizei und Feuerwehr.
Ø
Da
das Hafenfest eine bekannte Größe ist und das Stadtmarketing als Veranstalter
sich den hohen Anforderungen bewusst ist, wird zeitnah ein Sicherheitskonzept
erstellt.
v
Die
Veranstaltung Hafenfest birgt mehrere nicht unerhebliche Risiken:
§
das
Fest findet direkt am Wasser statt
§
das
Gelände ist nach Norden begrenzt
§
es
wird Alkohol ausgeschenkt
§
bei
der Speisenzubereitung werden offene Feuer (z.B. Gasgrill) genutzt
§
bei
gutem Wetter bis zu 25.000 Personen pro Tag
v
Somit
besteht ein erhöhtes Gefährdungspotenzial, welches die Erstellung eines
Sicherheitskonzeptes sowie die Einberufung des Koordinierungsgremiums
erforderlich macht.
Ø
Nach
Rücksprache mit dem Stadtmarketing wird bereits durch den ZAP das
Koordinierungsgremium einberufen, bevor die erste Version des
Sicherheitskonzeptes erstellt ist.
Ø
Dort
wird dann die erste Version des Konzeptes vorgestellt und besprochen.
Ø
In
der Folge finden Anpassungen statt, bis jede Stelle sein Einvernehmen bekundet.
Ø
Sollte
das Einvernehmen ausbleiben, ist dem HVB mitzuteilen, dass die Veranstaltung so
nicht durchgeführt werden kann.
Ø
Besteht
Einvernehmen, kann die Veranstaltung durchgeführt werden.
Ø
Am
Veranstaltungstag erfolgen eine letzte Begehung des Geländes und eine
Sicherheitsbesprechung mit den Mitgliedern des Gremiums.
Ø
Entspricht
das Gelände den Angaben des Sicherheitskonzeptes erfolgt eine Freigabe.
Ø
Während
der Veranstaltung führen die jeweiligen Mitglieder des Gremiums entsprechend
ihres Aufgabenbereiches Kontrollen durch.
Ø
Im
Nachgang der Veranstaltung erfolgt eine Abschlussbesprechung.
Bestandteile dieser Vorlage sind:
1. Das Deckblatt
2. Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung
Der Bürgermeister In Vertretung Busch Erste Beigeordnete |
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Stv. Amtsleiter Brüggenthies |
Sachbearbeiter Müller, B. |
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