Beschlussvorschlag:
Der Jugendhilfeausschuss des Rates der Stadt Bergkamen nimmt die Vorlage Nr. 11/1308 über die Durchführung von Kinderfrüherkennungsuntersuchungen zur Kenntnis.
Sachdarstellung:
Im September 2008
trat die Verordnung zur „Datenmeldung der Teilnahme an Kinderfrüherkennungsuntersuchung/U-Untersuchung
(UTeilnahmeDatVO)“
als Teil des Handlungskonzeptes der Landesregierung für einen besseren und
wirksamen Kinderschutz in Nordrhein-Westfalen in Kraft. Seitdem erhalten die
Jugendämter über das „Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen“ Meldung
über versäumte U-Untersuchungen und sollen in eigener Zuständigkeit
entscheiden, ob gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung
vorliegen und welche Maßnahmen ggf. geeignet und notwendig sind.
Datengrundlage für
das Landeszentrum sind die Meldungen der Kinderärzte, über durchgeführte
U-Untersuchungen, die mit den Meldedaten der Einwohnermeldeämter abgeglichen
werden.
Liegt keine
U-Untersuchung für ein gemeldetes Kind vor, werden die Eltern von der
Landesstelle angeschrieben und auf die U-Untersuchung aufmerksam gemacht,
danach erfolgt die Meldung an das Jugendamt. In diesem Zusammenhang ist wichtig
zu wissen, dass eine Teilnahmepflicht an
Früherkennungsuntersuchungen in Nordrhein-Westfalen nicht besteht. Nach Eingang der Meldung beim Jugendamt der
Stadt Bergkamen werden die Eltern erneut angeschrieben mit dem Hinweis auf die
Notwendigkeit der U-Untersuchung. Erfolgt dann kein Nachweis oder keine
Reaktion wird ein Hausbesuch durch den Allgemeinen Sozialen Dienst durchgeführt.
Ein bereits 2012
vom „Deutschen Institut für Jugendhilfe und Familienrecht (DIJuF)“ erstelltes
Gutachten bezeichnet die bisherige Praxis als rechtlich nicht vertretbar und
auch vom Aufwand her unangemessen. Eine landesweite Untersuchung von 26.400
Fällen ergab, dass in 0,08 % der Fälle (20 Fälle) eine Kindeswohlgefährdung
angenommen werden konnte. Bei einer näheren Auswertung dieser 20 Fälle wurde
festgestellt, dass nur in 3 Fällen die Gefährdungssituation ausschließlich über
die Meldung nach der Teilnahme der DatVO bekannt geworden ist. Nach einer
Risikoeinschätzung wurde in allen 3 Fällen lediglich ein Beratungsangebot
gemacht. Das bedeutet, dass in keinem der nachgegangenen Fälle eine
tatsächliche Kindeswohlgefährdung vorlag. Weitergehende Untersuchungen in den
Bundesländern Hessen und Rheinland-Pfalz ergaben eine Quote von ca. 0,0002 % an
möglichen Kindeswohlgefährdungen. Die statistischen Auswertungen in drei
Bundesländern haben somit ergeben, dass Kinder, bei denen eine Teilnahme an
einer Früherkennungsuntersuchung nicht festgestellt werden kann, kein höheres
Risiko tragen von ihren Eltern misshandelt oder vernachlässigt zu werden als
alle anderen Kinder.
Einladungs- und
Erinnerungsschreiben mit Überprüfung bei nicht festgestellter Teilnahme an
einer Früherkennungsuntersuchung sind somit kein taugliches und somit
zulässiges Mittel zur Erkennung von Kindeswohlgefährdung, da die Quote unter
einer Zufallsstichprobe in der Gesamtpopulation von Familien mit Kindern liegt.
Auch in Bergkamen
ist der Aufwand, der zur Durchführung der UTeilnahme DatVO bisher betrieben
wurde, recht hoch und lag bei 322 Fällen im Jahr 2016, 388 Fällen in 2017 und
bereits 244 Fällen im Jahr 2018. Die meisten Eltern reichen den Nachweis über
die durchgeführte U-Untersuchung zeitnah ein, einige reagieren ungehalten, wenn
die Untersuchung längst durchgeführt worden ist und erkennbar ist, dass
lediglich die Kommunikation zwischen den beteiligten Stellen nicht ausreichend
greift. Ärzte geben teilweise die Untersuchungsergebnisse nicht weiter, viele
Eltern, insbesondere von Asylbewerbern, wissen nicht um die U-Untersuchungen
und werden trotzdem so negativ unter Generalverdacht gestellt.
Aus den
vorgenannten Gründen wird das Jugendamt zukünftig die Eltern aufgrund der
eingegangenen Meldung lediglich schriftlich daran erinnert, die Möglichkeit der
U-Untersuchung für
ihr Kind zu nutzen.
Bestandteile dieser Vorlage sind:
1. Das Deckblatt
2. Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung
Der Bürgermeister In Vertretung Busch Beigeordnete |
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Amtsleiter Harder |
Sachbearbeiter Beckmann |
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