Beschlussvorschlag:
Der Rat der
Stadt Bergkamen beauftragt die Verwaltung, die Vereinbarung zwischen dem Kreis
Unna als örtlichem Träger der Sozialhilfe und seinen kreisangehörigen Städten
und Gemeinden über die Beteiligung der Kommunen an dem durch Satzung
delegierten Sozialhilfeaufwand fristgerecht zum 31.12.2014 schriftlich zu
kündigen.
- Ausgangslage:
Die Kreise und kreisfreien Städte sind
seit jeher Träger der Sozialhilfe. Soweit die Sozialhilfe bis zum 31.12.2004 über
das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) geregelt wurde, ergeben sich die Leistungen
seit dem 01.01.2005 nunmehr aus dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Der Kreis Unna hat die Durchführung der
Aufgaben der Sozialhilfe außerhalb von Einrichtungen an die kreisangehörigen
Kommunen mittels Satzung delegiert, womit die Stadt Bergkamen in eigenem Namen
über die Leistungsgewährung entscheidet. Kostenträger bleibt grundsätzlich auch
bei der Delegation der Aufgaben zunächst der Kreis Unna.
Im Hinblick darauf, dass der überwiegende
Teil der sozialhilferechtlichen Entscheidungen durch die Kommunen getroffen
wurde, hat das Land NRW im Rahmen des 2. Modernisierungsgesetzes NRW vom
09.05.2000 den § 6 des Ausführungsgesetzes zum BSHG (AG BSHG) dahingehend formuliert,
dass die Gemeinden gesetzlich verpflichtet waren 50 % der (Netto-) Aufwendungen
zu tragen, soweit die Kreise sie zur Durchführung der Sozialhilfe durch Satzung
heranziehen. Über die Beteiligung an den Kosten sollte bei den Kommunen eine
stärkere Verbundenheit mit der Aufgabe erzielt werden, weil jede
(Einzel-)Entscheidung eine direkte finanzielle Auswirkung nach sich zog.
Dementsprechend sollten die Bemühungen der Kommunen gefördert werden, die
Unabhängigkeit der Hilfeempfänger von Sozialhilfeleistungen zu fördern.
In diesem Rahmen wurde zur Erprobung der
Zusammenführung von Aufgaben- und Finanzverwaltung die „Vereinbarung zwischen
dem Kreis Unna als örtlichem Träger der Sozialhilfe und seinen kreisangehörigen
Städten und Gemeinden über die Beteiligung der Kommunen an dem durch Satzung
delegierten Sozialhilfeaufwand“ für den Zeitraum ab dem Haushalts-/Budgetjahr
2001 geschlossen. Nach einer – abweichend zur gesetzlichen Regelung – 25%-igen
Beteiligung der kreisangehörigen Kommunen an den Sozialhilfe- aufwendungen in
den Jahren 2001 und 2002 erfolgte ab 2003 die gesetzlich vorgesehene 50%-ige
Beteiligung.
Im Gegenzug zur Beteiligung der
kreisangehörigen Kommunen erfolgte im Ergebnis aus der Entlastung des Kreises
Unna eine Senkung der allgemeinen Kreisumlage in 2001/2002 um 3,08 %-Punkte
bzw. ab 2003 um insg. 6,15 %-Punkte. Aus der Differenz der Mehraufwendungen für
die Finanzierungsbeteiligung bzw. den Minderaufwendungen bei der Kreisumlage
ergab sich ab 2003 eine kalkulatorische Mehrbelastung der Stadt Bergkamen von
knapp 530.000 € / Jahr.
Ab dem 01.01.2005 wurde eine gesetzliche
Neuregelung der Sozialleistungen dahingehend geschaffen, dass grundsätzlich
erwerbsfähige Personen Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) durch das
Jobcenter Kreis Unna (bis 2011 ARGE Kreis Unna) erhalten. Daneben werden für diejenigen
Leistungsempfänger, die dauerhaft erwerbsunfähig sind oder das
Renteneintrittsalter überschritten haben, Grundsicherung nach dem 4. Kapitel
SGB XII ge-währt. Vorübergehend Erwerbsunfähige erhalten Leistungen nach dem 3.
Kapitel SGB XII.
Gleichzeitig trat auch das BSHG sowie das
AG BSHG außer Kraft, so dass der Vereinbarung aus dem Jahr 2000 zur
Finanzierungsbeteiligung die Rechtsgrundlage entzogen war.
Mit der Neuregelung der Leistungen wurden
daher durch das Land auch die Regelungen zur Ausführung der Sozialhilfe
überarbeitet. Der Kreis Unna ist seit dem 01.01.2005 auch weiterhin Träger der
Sozialhilfe, die seit diesem Zeitpunkt über das SGB XII abgebildet wird.
Während zuvor eine Beteiligung der kreisangehörigen Kommunen an den
Netto-aufwendungen zwingend gesetzlich vorgeschrieben war, sieht § 6 des
Ausführungsgesetzes zum SGB XII (AG SGB XII) allerdings nur noch optional vor,
dass Kreise und kreisangehörige Kommunen eine abweichende Verteilung der
Sozialhilfeaufwendungen vereinbaren können, um die Zusammenführung der
Aufgaben- und Finanzverantwortung zu erproben.
Auf Grund dessen wurde für den Zeitraum
ab dem 01.01.2005 zwischen dem Kreis Unna und den kreisangehörigen Kommunen
eine Vereinbarung geschlossen, die sich inhaltlich als Anschluss zu der zuvor
getroffenen Vereinbarung versteht und die Kommunen wie in den Vorjahren mit 50
% an den Nettoaufwendungen der Sozialhilfekosten beteiligt. Inhaltlich umfasst
die Vereinbarung derzeit primär die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3.
Kapitel SGB XII, sowie die Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer
Schwierigkeiten nach dem 8. Kapitel SGB XII und Bestattungskosten aus dem 9.
Kapitel SGB XII.
Anlage
1:
Vereinbarung zwischen dem Kreis Unna
als örtlicher Träger der Sozialhilfe und den kreisangehörigen Städten und
Gemeinden über die Beteiligung der
Kommunen
an dem durch Satzung delegierten Sozialhilfeaufwand
Auf der Grundlage dieser Vereinbarung
ergaben sich in den letzten vier Jahren die in Anlage 2 dargestellten Anteile
der Stadt Bergkamen an den Nettoaufwendungen der Sozialhilfe. Ebenso ist eine
Prognose für 2014 abgebildet.
Anlage
2: Diagramm
- Entwicklung der Finanzierungsbeteiligung in Bergkamen 2010 - 2014
Dort ist eindeutig erkennbar, dass der
überwiegende Teil der Finanzierungsbeteiligung im Bereich der Hilfe zum
Lebensunterhalt anfällt. Der Umfang der Hilfen in diesem Bereich ist stark
davon geprägt, wie viele Personen sich im Leistungsbezug befinden. Die Anzahl
der Leistungsempfänger in den letzten vier Jahren sowie die Prognose für 2014
sind daher in Anlage 3 dargestellt.
Anlage
3:
Diagramm – Anzahl der Personen im Leistungsbezug 3. Kap. SGB XII 2010 - 2014
- Evaluation:
Aus Sicht der Verwaltung ist die
Beteiligung der Kommunen an den Nettoaufwendungen der Sozialhilfe fachlich
obsolet, da die Vereinbarung die Entwicklung der seit dem 01.01.2005 geänderten
Rahmenbedingungen verkennt.
Primär handelt es sich hierbei um
Leistungen an Personen, die nach Feststellung des medizinischen Dienstes der
Agentur für Arbeit, des Rententrägers oder des amtsärztlichen Dienstes des
Kreises Unna vorübergehend nicht erwerbsfähig sind. Daneben werden Leistungen
an Personen erbracht, die aufgrund ihres Alters (jünger als 15 Jahre) oder
aufgrund eines Rentenbezuges vor Erreichen des regulären Renteneintrittsalters
vom Bezug von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sind. Die Zugänge im
Bereich der Hilfe zum Lebensunterhalt erfolgten im Berichtszeitraum vorwiegend
aus dem Leistungskomplex SGB II (Jobcenter Kreis Unna).
Im Rahmen der Durchführung des 3.
Kapitels SGB XII werden auch zukünftig regelmäßig Einzelfallentscheidungen
seitens der Kommunen getroffen werden. Diese Entscheidungen beziehen sich aber
ausschließlich auf die Höhe der Leistungen. Ein Entscheidungsspielraum seitens
der Kommunen, ob eine Person Leistungen nach dem 3. Kapitel SGB XII
erhält, ist praktisch nicht vorhanden, da bereits durch Entscheidungen anderer
Stellen vorgegeben ist, nach welchem Leistungskomplex (SGB II, 3./4. Kapitel
SGB XII) die Person einen Anspruch realisieren kann.
Die gesetzlichen Vorgaben und die
Rechtsprechung in diesem Bereich sind ohnehin so eindeutig, dass Ermessen auch
hinsichtlich der Höhe der Leistungen nur eingeschränkt ausgeübt werden kann.
Die Kommunen haben folglich nur einen
geringen Einfluss auf den Umfang der Leistungen der Sozialhilfe. Insofern ist
eine Zurechnung der Aufwendungen zu einzelnen Kommunen aus fachlicher Sicht
nicht sachgemäß. Daneben ist aus der Vereinbarung von Beginn an keine
Zielsetzung erkennbar, die mit der abweichenden Lastenverteilung verfolgt wird.
- Handlungsalternativen /
Auswirkungen:
Die aktuell gültige Vereinbarung kann
gem. Nr. 9 der Vereinbarung bei gegenseitigem Einvernehmen zwischen dem Kreis
Unna und allen kreisangehörigen Kommunen ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist
außer Kraft gesetzt werden.
Durch die Verwaltung wurde die Thematik
bereits auf verschiedenen Ebenen diskutiert. Auch wenn auf fachlicher Ebene
noch Zustimmung für die dargestellten Defizite der Vereinbarung signalisiert
wurde, konnte auf Kämmererebene mit dem Kreis Unna sowie den anderen
kreisangehörigen Kommunen keine einvernehmliche Sichtweise erzielt werden.
Ungeachtet der fachlichen Situation ist absehbar, dass sich der überwiegende
Teil der anderen Kommunen für eine Weiterführung der Vereinbarung allein aus
wirtschaftlichen Gründen aussprechen wird.
Soweit die Vereinbarung außer Kraft
gesetzt würde, müsste im Gegenzug zur Finanzierung eine Anhebung der
Kreisumlage erfolgen. Der Kreis Unna hat die finanziellen Auswirkungen
dahingehend prognostiziert, dass neben der Stadt Bergkamen nur die Stadt Lünen
von der Aufkündigung der Vereinbarung profitieren würde.
Die Finanzierungsbeteiligung der Stadt
Bergkamen betrug für das Jahr 2013 ca. 248.000 €. Ohne die Vereinbarung über
die Beteiligung an den Nettoaufwendungen hätten diese Aufwendungen den
städtischen Haushalt über die allgemeine Kreisumlage nur mit ca. 175.000 € belastet.
Aus einer Aufkündigung der Vereinbarung würde sich als Nebeneffekt folglich
eine erhebliche Verbesserung für den städtischen Haushalt ergeben. Bei den
genannten Daten aus 2013 betrüge diese Verbesserung hochgerechnet ca. 73.000 €,
wobei angesichts der steigenden Fallzahlen und der daraus prognostizierten
steigenden Finanzierungsbeteiligung zukünftig von einem höheren Wert auszugehen
ist.
Alternativ zur einvernehmlichen
Außerkraftsetzung besteht gem. Nr. 9 der Vereinbarung die Möglichkeit, die
Vereinbarung schriftlich mit einer Frist von drei Monaten zum Ende des
Kalenderjahres zu kündigen. Die schriftliche Kündigung eines einzelnen
Vertragspartners bewirkt die Außerkraftsetzung der Vereinbarung insgesamt.
Bestandteile dieser Vorlage sind:
1.
Das Deckblatt
2.
Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung
3.
3 Anlagen
Der
Bürgermeister In
Vertretung Busch Beigeordnete |
Der
Bürgermeister In
Vertretung Lachmann Beigeordneter
und Kämmerer |
Amtsleiterin Höchst |
Sachbearbeiter Möllmann |
Sichtvermerk
StA 20 Mölle |