Beschlussvorschlag:
Der Ausschuss für
Stadtentwicklung, Strukturwandel und Wirtschaftsförderung nimmt die Vorlage -
Drucksache Nr. 10/1074 - zur Kennntnis und beauftragt die Verwaltung mit der
Umsetzung des vorgeschlagenen Ausbaukonzeptes.
Sachdarstellung:
1. Ausgangslage
In der
fahrradfreundlichen Stadt Bergkamen gab es seit längerem Diskussionen zur
Errichtung einer Radstation. Radstationen werden als Bindeglieder zwischen
Schiene, Bus und Fahrrad gesehen mit folgendem Dienstleistungsangebot:
-
Fahrradparken
-
Bewachung
-
Reparatur
-
Verleih
-
Informationen
zu Radwegen, ÖPNV und Tourismus
-
weitere
Serviceangebote, wie z.B. Gepäckaufbewahrung
Radstationen sind
vorhanden in Bönen, Fröndenberg, Kamen, Lünen, Schwerte, Selm, Unna und Werne.
Nachdem eine Prüfung
für einen möglichen Standort im Stadtgebiet erfolgt ist, wurden in den Doppelhaushalt 2012/2013 Gesamtkosten in Höhe von €
150.000,00 für den Bau einer Radstation am ZOB Bergkamen eingestellt, wobei
eine Förderung in Höhe von € 112.500,00 in Aussicht gestellt war. Mit dem Bau
der Radstation sollten folgende Ziele verfolgt werden:
-
Förderung des
Radverkehrs (Fahrradfreundliche Kommune)
-
Förderung der
Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs
-
Verbesserung
der touristischen Infrastruktur in Bergkamen.
Für den Betrieb der
geplanten Station wurden Verhandlungen mit der AWO DasDies Service GmbH
geführt, die im Mai 2011 ein Betreiberkonzept vorlegte. In diesem wurde ein
erheblicher jährlicher Personalkostenzuschussbedarf in Höhe von rund €
38.000,00 ausgewiesen. Darauf hin stellte das Planungsteam, bestehend aus
Mitarbeiter/-innen der StÄ 66 und 13/80 folgende Überlegungen an:
-
Rechtfertigt
der vorhandene Bedarf Ausgaben in der o.g. Höhe?
-
Können die
definierten Ziele möglicherweise auf andere Art und Weise mit deutlich
geringerem Kostenaufwand erreicht werden?
Um hier zu einer
Lösung zu kommen, wurde zwecks Beratung Kontakt zum Kreis Unna, Planung &
Mobilität, aufgenommen. Der Kreis Unna hatte inzwischen beschlossen, die
wirtschaftliche Tragfähigkeit von Radstationen im Kreisgebiet durch einen
Gutachter analysieren zu lassen und beauftragte Ende 2011 die Agentur
Horschler. In Gesprächen zwischen Kreis Unna und Stadt Bergkamen wurden
alternative Lösungsansätze diskutiert, insbesondere da es keine Erfahrung mit
Radstationen an Standorten ohne Schienenanbindung gibt. In diesem Zusammenhang
entschloss sich der Kreis Unna, eine weitere Untersuchung „Erstellung einer Expertise, Entwicklung des Konzeptes
Mobile Radstation“ bei der Agentur Horschler in Auftrag zu geben, in der die
Machbarkeit und die Realisierungs- sowie Finanzierungschancen von Radstationen
an zentralen Busbahnhöfen im Kreis Unna geprüft werden sollte.
2. Bedarfsermittlung
Die Stadt Bergkamen verständigte sich mit dem
Kreis Unna zum Ende des Jahres 2011 darauf, ein Modellprojekt
"Mobile Radstation" bestehend aus zwei Modulen durchzuführen, einer
Bedarfsermittlung durch Befragung sowie einer Bedarfsermittlung durch einen
zeitlich befristeten Testlauf "Mobile Radstation".
Modul 1: Bedarfsermittlung durch
Befragung
Im
April/Mai 2012 wurde durch die Wirtschaftsförderung der Stadt Bergkamen eine
Befragung der Betriebe rund um den Busbahnhof durchgeführt. Daneben führte die
Agentur Horschler im Auftrag des Kreises Unna in Kooperation mit der
Verkehrsgesellschaft Kreis Unna mbH eine Stichprobenbefragung der ÖPNV-Nutzer
durch.
Bei der
Befragung von 28 Betrieben in ZOB-Nähe wurde erhoben, in wieweit Beschäftigte und Kunden bereits
heute mit dem Fahrrad als umweltfreundlichem Verkehrsmittel unterwegs sind und
bereit wären, gegen Gebühr eine geschützte und saubere Abstellanlage mit
Bewachung und Servicefunktion am ZOB für das Abstellen ihres Rades zu nutzen.
36 % der Betriebe schätzten eine Radstation an dem Standort als sinnvoll ein
und waren davon überzeugt, dass Beschäftigte oder Kunden sie nutzen würden. Für
64 % der Betriebe macht eine Radstation am ZOB keinen Sinn, sie sahen kein
Nutzerpotenzial.
Die Befragung von
120 Buskunden in den frühen Morgenstunden im Zeitraum 14.-16.05.2012 ergab,
dass 76 % der Personen, die zu Fuß oder mit dem Rad zum ZOB gelangt sind, eine
Radstation nutzen würden. 53 % der Personen, die mit dem Auto zum ZOB kamen,
könnten sich vorstellen, auf das Rad umsteigen und die Radstation nutzen.
Somit schien durch
die Befragung nachgewiesen, dass es eine nicht unerhebliche Anzahl an
potenziellen Nutzern gibt, die die Kombination der Verkehrsmittel Fahrrad und
Bus bei Vorhandensein einer Radstation am ZOB für ihre individuellen
Wegstrecken umsetzen würden.
Modul 2: Bedarfsermittlung durch Testphase
Mit einer mobilen
Radstation testete die Stadt Bergkamen in einem bundesweit einmaligen Projekt
drei Monate lang vom 02.07.-05.10.2012 den Bedarf für einen stationären
Radservice. Geöffnet wurde die mobile Radstation montags bis freitags von
05:30-18:00 Uhr. Der Kreis Unna und die Verkehrsgesellschaft Kreis Unna mbH
(VKU) unterstützten den Testlauf, bei dem ohne großen Investitionsaufwand für
einen begrenzten Zeitraum getestet werden sollte, ob ein solches Serviceangebot
an diesem Standort seine Kunden findet und welche Nutzerzahlen realistisch
sind.
Die "mobile Radstation" bestand aus dem Infobus
der VKU, einem Niederflurbus mit umgebautem Innenraum, der als Werkstatt und
Büro diente. Die Fahrräder wurden in den bereits am Busbahnhof vorhandenen
Abstellanlagen geparkt, die durch Zaunanlagen geschützt wurden.
Den
Zeitraum 05:30-08:00 Uhr deckte die VKU mit einem Mitarbeiter ab, den Zeitraum
08:00-18:00 Uhr die Stadt Bergkamen mit zwei eigens dafür eingestellten
Mitarbeitern, die im Schichtdienst eingesetzt wurden. Hierfür konnte eine
Förderung durch das Jobcenter Kreis Unna in Anspruch genommen werden.
Das
Dienstleistungsangebot umfasste neben der reinen Bewachung der eingestellten
Räder auch Fahrradreinigung und einfache Reparaturarbeiten. Zudem informierten
die Mitarbeiter der mobilen Radstation über die Busverbindungen, die Stadt
Bergkamen, ihre touristischen Besonderheiten und die vorhandenen
Radwegeverbindungen. Weitere Dienstleistungen wie z.B. Fahrradverleih nach
Vorbestellung oder Gepäckaufbewahrung wurden nicht in Anspruch genommen.
Ein Ticket für das
Tagesparken wurde für € 1,00 (ermäßigt € 0,50) angeboten, ein Monatsticket für
€ 10,00 (ermäßigt € 5,00) und ein Saisonticket für den gesamten Zeitraum für €
25,00 (ermäßigt € 12,50).
Für die Testphase
hatte die Stadt Bergkamen insgesamt Kosten in Höhe von 7.969,62 € zu tragen.
3. Auswertung
Während der
Testphase wurden die Nutzer und interessierte Passanten befragt, warum sie die
Radstation nutzen bzw. nicht nutzen und welche weiteren Dienstleistungsangebote
für sie von Bedeutung wären. Folgende Erkenntnisse wurden durch den Testbetrieb
und die Befragung am ZOB Bergkamen gewonnen:
- Es zeigte sich wenig Bedarf am
Fahrradparken unter den vorgegebenen Rahmenbedingungen.
Zwar wuchs die durchschnittliche tägliche Nutzerzahl von 3 Parkern im ersten Monat über 4,4 Parker im zweiten Monat auf 4,8 Parker im dritten Monat, sie blieb aber deutlich hinter den Erwartungen zurück.
Durch die Befragung wurde festgestellt, dass die Bewachungszeiten nicht den Nutzerbedürfnissen entsprechen. Insbesondere in den Abendstunden wurde ein Zugriff auf die abgestellten Fahrräder eingefordert. Auf diese Nachfrage nach deutlich verlängerten Öffnungszeiten wurde dahin gehend reagiert, dass den Stammkunden ein Schlüssel für das Tor ausgehändigt wurde und sie damit von den personell besetzten Servicezeiten unabhängig wurden. Weiterhin wurde geäußert, dass eine solche Abstellanlage zwingend überdacht sein muss, um auch hochwertige Fahrräder wettergeschützt abstellen zu können. Zudem wurde Unzufriedenheit darüber geäußert, dass PKWs in Bergkamen gebührenfrei geparkt werden können und für das Fahrradparken ein Entgelt zu entrichten war.
Gespräche mit der Bayer AG ergaben, dass dort der Fahrradfuhrpark derzeit umgestellt wird und die Kombination der Nutzung des ÖPNV mit dem Firmenfahrrad gefördert werden soll. Hier ergeben sich möglicherweise Potenziale für eine Radstation am ZOB Bergkamen.
- Das Angebot der Fahrradwäsche und der
Fahrradreparatur wurde gut angenommen. Hier zeigte sich deutlich ein
Bedarf an diesen Serviceleistungen.
Die Monatseinnahmen aus Reparatur, Reinigung und Ersatzteilverkauf betrugen im ersten Monat € 394,50, im zweiten Monat € 406,30 und im dritten Monat € 512,10.
- Die Radstation wurde täglich als
„Auskunftsbüro“ genutzt für Rückfragen zu Fahrplänen, etc.
- Es war eine gelegentliche Nachfrage nach
kostengünstigen Gebrauchträdern zu verzeichnen.
- Es gab keinen erkennbaren Bedarf nach
Leihrädern.
- Die öffentliche Aufmerksamkeit bezogen
auf die Thematik „Rad fahren“ konnte gesteigert werden.
Diese Erkenntnisse
decken sich auch mit den Erfahrungen der anderen Radstationen im Kreis Unna.
Die Untersuchung, die der Kreis Unna in Auftrag gegeben hatte und deren
Ergebnisse am 30.08.2012 präsentiert wurden, zeigt, dass bei den in den
Radstationen zu erzielenden Einnahmen im Bezug auf das zur Verfügung gestellte
Servicepersonal und die dadurch entstehenden Kosten ein wirtschaftlicher
Betrieb nicht möglich ist und deshalb kommunale Zuschüsse zwingend erforderlich
sind. Zurzeit laufen kreisweit Verhandlungen zwischen den Kommunen und der AWO
DasDies Service GmbH, die die Mehrzahl der Radstationen betreibt, mit dem Ziel,
die Radstationen in der Fläche weitestgehend zu erhalten.
4. Konzept für ein
bedarfsgerechtes Angebot
Auf Grund der
vorgenannten Erkenntnisse wurden nach Beendigung der Testphase der Mobilen
Radstation mehrere Gespräche mit dem Kreis Unna, der VKU sowie der AWO DasDies
Service GmbH zum weiteren Verfahren geführt.
In diesem Kreis
bestand Einigung im Hinblick auf den Wunsch, weiterhin eine gesicherte und
geschützte Abstellanlage am ZOB Bergkamen sowie ein regelmäßiges
Fahrradserviceangebot zur Verfügung zu stellen. Gemeinsam wurde ein Modell
entwickelt, dass zum einen den Nutzerbedürfnissen entspricht, zum anderen aber
für die Stadt Bergkamen bis auf einige förderfähige Investitionen kostenneutral
ist.
Das vorgeschlagene
Modell besteht aus folgenden Bausteinen
-
Überdachung der
vorhandenen Abstellanlage
-
Einbau einer
Zugangskontrolle über Chipsystem mit Video-Überwachung
-
Regelmäßiges
Service-Angebot durch die AWO DasDies Service GmbH durch eine personell
besetzte mobile Werkstatt
Die Errichtung der
Überdachung und der Zugangskontrolle mit Video-Überwachung sind nach Klärung
mit dem Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe in Münster förderfähig
(Fördersatz 90 %, Förderperiode 2014). Ein vorzeitiger Maßnahmebeginn kann nach
Rücksprache mit dem Fördergeber ab Juli 2013 beantragt werden.
Das
Investitionsvorhaben stellt sich wie folgt dar:
Gesamtinvestitionsvolumen ca. 63.200,00 €
davon zuwendungsfähige Kosten 42.700,00 €
__________
Förderung NWL (90 %) 38.400,00 €
_____________________________________________
Kommunaler Eigenanteil 24.800,00
€
Der kommunale
Eigenanteil kann aus den im Doppelhaushalt 2012/2013 für die Radstation bereit
gestellten Mitteln geleistet werden. Durch diese Maßnahme wird ein Angebot einer kostenlosen, sichereren und wettergeschützten
Abstellmöglichkeit für 37 Räder am ZOB Bergkamen geschaffen, die ohne Personal
betrieben wird.
Für die Zugangschips muss im Bürgerbüro ein Pfand (20,00 €) hinterlegt werden
und es werden dabei die persönlichen Daten erhoben. Die VKU übernimmt für
VKU-Abo-Kunden die Haftung für die Zugangschips und erhält ein eigenes
Kontingent zur Ausgabe an ihre Abo-Kunden.
Die AWO DasDies
Service GmbH hat sich bereit erklärt, im Jahr 2013 von März bis Oktober ohne
kommunalen Zuschuss in regelmäßigen Intervallen einen Servicewagen am ZOB
Bergkamen bereit zu stellen, um Reparaturen durchzuführen. Dieses erfolgt nach
einem Konzept, das bisher in Holzwickede erfolgreich praktiziert wird. In den geraden Kalenderwochen wird an einem fixierten Wochentag
(hier wird der Donnerstag als Markttag vorgeschlagen) wechselweise morgens
(10-12 Uhr) oder nachmittags (16-18 Uhr) der Radservice über den AWO
Werkstattwagen mit Anhänger angeboten. Dieser wird mit zwei Mitarbeitern
besetzt. Bei größeren Reparaturerfordernissen werden die Räder mit zur AWO
Radstation in Kamen genommen und können von den Kunden entweder dort abgeholt
oder nach 14 Tagen beim nächsten Servicetermin vor Ort abgeholt werden. Die VKU
hat verbindlich zugesagt, den Nutzern dieses Angebotes für Rückfahrten von der
Service-Station nach Hause bzw. Abholungsfahrten zur Radstation Kamen ein
ermäßigtes Tagesticket zur Verfügung zu stellen. Bei starker Nachfrage können
die Intervalle auch erweitert werden. Bewährt sich dieses Angebot, ist die AWO
DasDies Service GmbH bereit, dieses auch über 2013 hinaus fortzuführen.
Durch die Umsetzung dieser Maßnahmen
würde ein nutzerorientiertes Angebot im Hinblick auf das sichere Fahrradparken
als auch auf einen regelmäßigen Fahrradservice am ZOB Bergkamen entstehen.
Bestandteile dieser Vorlage sind:
1.
Das Deckblatt
2.
Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung
Der
Bürgermeister Schäfer |
Der
Bürgermeister In
Vertretung: Dr.-Ing.
Peters Technischer
Beigeordneter |
Amtsleiter Turk |
Sachbearbeiterin Höchst |
Sachbearbeiter Irmisch |
Sichtvermerk StA 20 |