Beschlussvorschlag:
Der Ausschuss für
Stadtentwicklung, Strukturwandel und Wirtschaftsförderung nimmt die
Ausführungen zum Sachstand beim Grundstück des Albert-Schweitzer-Hauses zur
Kenntnis.
Die Verwaltung wird
beauftragt, für die künftige Entwicklung des Grundstücks des
Albert-Schweitzer-Hauses ein Konzept zu erarbeiten, das die verschiedenen
Ansprüche, die an den Standort gestellt werden, berücksichtigt. Die
Konzepterarbeitung soll unter Beteiligung der Bürgerschaft und der politischen
VertreterInnen erfolgen.
Sachdarstellung:
In der Diskussion
über die weitere Entwicklung von Grundstück und Gebäude des
Albert-Schweitzer-Hauses in Weddinghofen sind in den vergangenen Wochen und
Monaten verschiedene Ideen und Forderungen aus Stadtgesellschaft und Politik
benannt worden. Neben der Realisierung von Einzelhandel zur dringenden Deckung
des Nahversorgungsbedarfs für Weddinghofen, wird auch ein Erhalt des Gebäudes,
des dortigen Wohnraums und des KiTa-Standorts sowie die Schaffung eines
Treffpunkts für Weddinghofen diskutiert. Da es sich um das letzte städtische
Grundstücke in zentraler Lage in Weddinghofen handelt, soll dieses einer bestmöglichen
Nutzung zugeführt werden, die möglichst viele Bedarfe berücksichtigt. Dabei
gilt es auch, die planungsrechtlichen, verkehrlichen und ökologischen
Rahmenbedingungen des Standorts zu berücksichtigen, d. h. die umgebende
Wohnbebauung, die Erschließungssituation im Bereich der Schulstraße und der zum
Teil hochwertige Baumbestand.
Aktuelle
Grundstückssituation
Das Grundstück des
Albert-Schweitzer-Hauses, Schulstraße 6-10, hat eine Gesamtgröße von knapp
10.100 m² und steht im Eigentum der Stadt Bergkamen. Der Standort liegt in
integrierter Lage im südlichen Bereich von Weddinghofen und ist sehr gut
verkehrlich angebunden.
Eine Erschließung des Grundstücks ist über die Schulstraße gegeben. Die
Schulstraße ist hier eine Gemeindestraße mit beidseitigen Gehwegen. In
unmittelbarer Nähe befindet sich die Bushaltestelle „Im Alten Dorf“. Hier
verkehren die Linien S 30 (Bergkamen – Dortmund), R 11 (Bergkamen –
Lünen) sowie R8 1 (Werne – Bergkamen Kamen – Unna) und bieten eine sehr
gute ÖPNV-Anbindung.
Das ehemalige
Schulgebäude auf dem Grundstück wurde in den 1950er Jahren gebaut. Es besteht
neben dem Hauptgebäude, das zentral auf dem Grundstück steht, aus zwei
kleineren Gebäuden direkt an der Schulstraße. Das Hauptgebäude wird vor allem
von der Kindertageseinrichtung (KiTa) „Vorstadtstrolche“ in Trägerschaft der
AWO genutzt. Bis zum vergangenen Jahr war hier außerdem das kommunale
Integrationszentrum des Kreises Unna beheimatet. Zudem gibt es eine Wohnung.
Die beiden Gebäude an der Schulstraße werden ebenfalls in Teilen durch die AWO
für die KiTa genutzt (u. a. als Turnraum). Hier befinden sich zudem das
Büro des Weddinghofer Ortsvorstehers, ein Vereinstreff und weitere fünf
Wohnungen.
Die
Gebäudegrundrisse sind nur bedingt für die heutigen Nutzungen geeignet, zudem
gibt es nach dem Auszug des Kreises Unna Leerstände. Die Gebäudesubstanz stellt
sich als überaltert und in Teilen sehr marode dar, sodass ein Erhalt
voraussichtlich unwirtschaftlich ist.
Der Platz zwischen
den Gebäuden wird als Parkplatz genutzt und dient zudem für Veranstaltungen,
insbesondere für den jährlichen Weihnachtsmarkt.
Auf dem Areal
befindet sich ein großer, zum Teil schützenswerter Baumbestand mit insgesamt 91
Bäumen. Im vorderen Bereich, vor dem Hauptgebäude, befinden sich 28 Bäume
verschiedener Arten. Diese sind vereinzelt als besonders erhaltenswert
einzustufen. Mittelfristig ist allerdings davon auszugehen, dass einzelne Bäume
abgängig sind. Im Bereich hinter dem Hauptgebäude befinden sich insgesamt 63
Bäume, vorwiegend Linden. Diese sind als besonders erhaltenswert einzustufen.
Im März 2023 ist
eine Verkehrswertermittlung durch den Gutachterausschuss des Kreises Unna
erfolgt. Der Grundstücks- bzw. Bodenwert für das Areal beträgt demnach
1,81 Mio. € bzw. 1,35 Mio. € bei kalkulierten Abrisskosten in Höhe
von 0,46 Mio. €.
Planungsrechtliche
Rahmenbedingungen
Im
Flächennutzungsplan der Stadt Bergkamen ist der Standort als „Fläche für den
Gemeinbedarf“ mit der Zweckbestimmung „Kindergarten“ dargestellt. Westlich und
nordwestlich grenzt Wohnbaufläche, nordöstlich gemischte Baufläche an. Östlich
der Schulstraße grenzt ebenfalls Wohnbaufläche an. Das Grundstück der
evangelischen Kirche südlich des Standortes ist gemeinsam mit den benachbarten
Wohngebäuden und dem Ernst-Flüß-Platz als Fläche für den Gemeinbedarf mit der
Zweckbestimmung „Anlagen und Einrichtungen für kirchliche Zwecke“ dargestellt.
Ein Bebauungsplan
für den Standort existiert derzeit nicht. Angrenzend besteht nur für einen
Teilbereich östlich der Schulstraße und nördlich der Straße Im Burkamp ein
Bebauungsplan, der ein Allgemeines Wohngebiet in zweigeschossiger, offener
Bauweise festsetzt. Alle übrigen angrenzenden Grundstücke entsprechen gemäß
§ 34 Baugesetzbuch (BauGB) einem Allgemeinen Wohngebiet bzw. Mischgebiet
mit zweigeschossiger, offener Bauweise.
Eine vom heutigen
Gemeinbedarf abweichende Nutzung löst ein Planerfordernis aus. Das bedeutet,
dass zum einen ein Bebauungsplan aufgestellt werden muss, der die neuen
Nutzungen festsetzt. Zum anderen muss parallel dazu der Flächennutzungsplan
geändert werden. In die Bauleitplanung können ggf. auch angrenzende Bereiche
aufgenommen werden, wenn sich hier städtebauliche Zusammenhänge ergeben.
Aktuelle
politische Beschlusslage
Der Ausschuss für
Umwelt und Klimaschutz hat im März 2023 einstimmig beschlossen, die Verwaltung
zu beauftragten, bei einer neuen Nutzung der Fläche rund um die Kita
"Vorstadtstrolche" ein Konzept zu erarbeiten, um den Baumbestand auf
dem Grundstück zu erhalten (vgl. Drucksache 12/0834).
Darüber hinaus soll
das Konzept die nachfolgenden Kriterien beinhalten und allgemeingültig für
zukünftige Bauprojekte in Bergkamen angewendet werden soll:
·
Priorisierung
der Kernpunkte:
o
Ökologische
und klimatische Wertigkeit, sowie energetische Standards
o
Nutzungskonzept
(Wohnungsbau, Arbeitsplätze, etc.)
o
Quartiersentwicklung
und städtebauliche Eingliederung
o
Architektonische
Funktionalität
·
Ausrichtung
des Konzeptes / der Kriterien an der Bergkamener „Checkliste Klimaschutz und
Klimaanpassung“ zur Bewertung städtebaulicher Projekte.
·
Die
Deckung für entstehende Kosten soll aus der Kostenstelle 14.56.01.524108
(Klimaschutz) erfolgen.
Dieser Beschluss
sowie die seinerzeit gesetzten Kriterien sind bei der Flächenentwicklung zu
berücksichtigen.
Nutzungsoptionen
Das Grundstück des
heutigen Albert-Schweitzer-Haus bietet nach Abriss der marode Gebäudesubstanz
ein großes Flächenpotenzial, das in dieser Form und in dieser zentralen Lage
einmalig in Weddinghofen ist. Da das Grundstück zudem im städtischen Eigentum
steht, ist hier eine direkte Einflussnahme auf die künftige Nutzung und
Gestaltung möglich.
Bekanntermaßen
besteht in Weddinghofen ein großer Bedarf zur Schaffung einer bedarfsgerechten
Nahversorgung. Derzeit bietet der Nettomarkt an der Schulstraße mit einer Verkaufsfläche
von rund 700 m² die einzige Möglichkeit, sich fußläufig zu den
benachbarten Wohngebieten mit Gütern des täglichen Bedarfs zu versorgen. Die
Pläne zum Neubau und zur Verlagerung des Nettomarktes an einen Standort am
Häupenweg wurden aufgrund artenschutzrechtlicher Restriktionen bislang nicht
weiterverfolgt. Weitere Standorte entlang der Schulstraße als zentraler Achse
im Stadtteil gibt es nicht. Bei der ebenfalls in Weddinghofen befindliche
Fläche der ehemaligen Turmarkaden stockt zum einen Entwicklung, zum anderen ist
die Lage auch zu weit für eine fußläufige Erreichbarkeit aus den südlichen
Bereichen Weddinghofens entfernt. Insofern würde sich eine Ansiedlung von
nahversorgungsrelevantem Einzelhandel auf dem Albert-Schweitzer-Haus-Grundstück
positiv auf die Nahversorgung in Weddinghofen auswirken.
Derzeit befinden
sich in den Gebäuden des Albert-Schweitzer-Hauses insgesamt sechs Wohnungen,
die fast alle vermietet sind. Außerdem besteht in Bergkamen ein Bedarf
insbesondere an geförderten Mietwohnungen, da die Mietpreisbindung der
Bestandswohnungen in den nächsten Jahren auslaufen wird. Insofern kann auch ein
grundsätzlicher Bedarf zur Schaffung von Wohnraum, vorzugsweise aus dem Segment
des Mietwohnungsbaus attestiert werden.
Das Grundstück des Albert-Schweitzer-Hauses
wurde in den letzten Jahren vermehrt als Veranstaltungsort genutzt,
beispielsweise für den Weihnachtsmarkt. Mit dem Büro des Ortsvorstehers und dem
Vereinstreff gibt es bereits Ansätze für öffentliche Nutzungen. Generell
besteht in Weddinghofen – wie an anderen Stellen in Bergkamen – ein Bedarf an
Veranstaltungsräumen und -flächen, da in den letzten Jahren immer mehr Kneipen
und Gaststätten geschlossen worden sind und Freiflächen bebaut wurden.
Der Standort
beheimatet auch eine Kindertageseinrichtung der AWO. Durch neue Baugebiete
(z. B. Berliner Straße, Waldsiedlung Grimberg 3/4) und den Zuzug von
Familien ist hier nicht von einem Rückgang des Bedarfs auszugehen. Dieser muss
auf dem Grundstück oder an anderer Stelle gedeckt werden.
Schließlich weist
das Grundstück einen umfangreichen Baumbestand auf, der in Teilen erhaltenswert
ist und dessen grundsätzlicher Erhalt auch politisch beschlossen wurde
(s. o.). Die Nutzbarkeit des Grundstücks für bauliche Anlagen und
befestigte Flächen ist hierdurch eingeschränkt.
Seitens StA 61
wurde überschlägig geprüft, ob überhaupt eine Vereinbarkeit möglichst vieler
Nutzungen am Standort erzielt werden könnte. Das Ergebnis ist in der Anlage zur
Vorlage dargestellt und stellt sich folgendermaßen dar:
·
Beibehaltung
der heutigen Zufahrt
·
Zentrales
Gebäude mit Lebensmittel-Einzelhandel, zwei- bis dreigeschossig,
o
EG mit
1.800 m² Bruttogeschossfläche (BGF), 1.200 m² Verkaufsfläche;
entspricht dem geplanten Lebensmittelmarkt Häupenweg
o
OG(e)
mit sozialem Treffpunkt, Büro des Ortsvorstehers, Wohnen
·
Nördliches
Gebäude: dreigeschossig (inkl. Staffelgeschoss), 500-600 m² BGF
o
EG mit
KiTA u. ä.
o
OG(e)
mit Wohnungen
·
45
ebenerdige Stellplätze (EZH) + Fahrräder zzgl. Tiefgarage mit 50 Stellplätzen
·
Südliches
Gebäude: eingeschossig mit Back-Café
·
Platzstruktur
im Übergang zum Erst-Flüß-Platz
·
Fällung
von acht Bäumen, Erhalt von 83 Bäumen
Das dargestellte
Gebäude für Einzelhandel soll im Sinne einer Maximalvariante aufzeigen, dass
das Grundstück das Flächenpotenzial für diese großflächige Nutzung unter
Beibehaltung der überwiegenden Anzahl der Bäume bietet. Anstelle dieses
Gebäudes ist natürlich auch eine kleinteiligere (Wohn-)Bebauung möglich.
Vorschlag für
das weitere Verfahren
Die dargestellten
Rahmenbedingungen für das Grundstück zeigen Restriktionen, aber auch
Entwicklungsmöglichkeiten auf. Zusammenfassend lastet auf dem Grundstück ein
großer Nutzungsdruck bzw. eine Vielfalt von Nutzungsansprüchen, die
möglicherweise realisiert werden sollten:
·
Einzelhandel
·
Wohnen
·
Veranstaltungsräume
und -flächen außerhalb der Gebäude
·
Büro
des Ortsvorstehers
·
Kindertageseinrichtung
·
Erhalt
des Baumbestands
Aufgrund der Größe
und Bedeutung des Grundstücks sollte die künftige Nutzung sorgsam abgewogen
werden und möglichste viele Erfordernisse und Wünsche, aber auch die politische
Beschlusslage (s. o. Drucksache 12/0834) in Einklang bringen. Die
Verwaltung schlägt daher vor, unter Beteiligung der Bürgerschaft und der politischen
Vertreterinnen ein Konzept für die künftige Nutzung des Grundstücks zu
erarbeiten. Dabei soll der Betrachtungsraum auch die angrenzenden Grundstücke
und Nutzungen umfassen, um mögliche Nutzungskonflikte, aber auch Synergien zu
ermitteln.
Dabei können in
einem transparenten Prozess alle Belange eingebracht und Entwicklungsvarianten
diskutiert werden.
Ergebnis sollte
sein, ein Nutzungskonzept zu erarbeiten, dass dann als politische Zielsetzung
für das Grundstück beschlossen wird.
Daran anschließen
kann sich beispielsweise ein (Investoren-)Wettbewerb, bei dem ein Entwurf unter
Berücksichtigung der festgelegten Rahmenbedingungen erstellt wird.
Die gewünschte
Flächenkonzeption wird schließlich in einem Bebauungsplan festgesetzt und
bildet so die Grundlage für die künftige Nutzung und Bebauung.
Bestandteile dieser Vorlage sind:
1. Das Deckblatt
2. Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung
3. 1 Anlage
Der Bürgermeister In Vertretung Toschläger Technischer Beigeordneter |
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Amtsleiterin Thiede |
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