Betreff
Überplanmäßige Mittelbereitstellung erheblicher Aufwendungen gem. § 83 Abs. 2 GO NRW
Vorlage
12/1045
Aktenzeichen
hrt-schy
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Rat der Stadt Bergkamen beschließt die erhebliche überplanmäßige Mittelbereitstellung gem. § 83 Abs. 2 GO NRW im Budget 02.51 - Jugendamt - bei der Buchungsstelle 06.36.09.533200 „Leistungen der Sozial- und Jugendhilfe nach SGB XII, SGB VIII in Einrichtungen“ in Höhe von 4.000.000,00 €.


Die Deckung erfolgt durch Mehrerträge in der Buchungsstelle 16.61.01.411100 – Schlüsselzuweisungen.

 

Sachdarstellung:

 

Die Stadt Bergkamen ist gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 und 4 bis 6 i.V.m. §§ 19, 27 ff Sozialgesetz-buch (SGB) VIII verpflichtet, bei nachgewiesenem Bedarf, Leistungen in einer gemeinsamen Wohnform für Mütter/Väter und ihren Kindern, sowie Hilfen zur Erziehung in ambulanter und stationärer Form zu gewähren.

Dem Jugendamt wurden bei der Aufstellung des Haushalts-/Budgetplans 2023 für das Produkt 9 (familienergänzende, -ersetzende Maßnahmen) folgende Finanzmittel für die Sachkonten

 

06.36.09.533100        Leistungen der Sozial- und Jugendhilfe nach

SGB XII, SGB VIII außerhalb von Einrichtungen     2.150.000,00 €

und

 

06.36.09.533200         Leistungen der Sozial- und Jugendhilfe nach

SGB XII, SGB VIII in Einrichtungen                         7.400.000,00 €

 

                                                                                  9.550.000,00 €

                                                                                                                     

 

zur Verfügung gestellt.

 

Grundlage für die Mittelanmeldungen des Doppelhaushaltes 2022/23 waren die Fallzahlenentwicklungen der Jahre 2020 und 2021, sowie die zu erwartenden Steigerungen im Bereich der Personal- und Sachkosten. Die Entwicklung der Mehraufwendungen wurde in den Budgetberichten dargestellt. So verschlechterte sich das voraussichtliche Budgetergebnis bereits im Zeitraum Januar bis Juni 2023 um 3.950.000,00 €

 

Bei den ambulanten und stationären Hilfen zur Erziehung in Einrichtungen führten mehrere Faktoren zu einem dramatischen Anstieg. Während die Ausgaben 2021 noch bei

6.866.409,00 € lagen, stiegen sie 2022 auf 8.483.403,00 € und in diesem Jahr auf voraussichtlich 11.400.000,00 €. Dabei sind folgende Leistungen besonders hervorzuheben: 

 

-        Das Jugendamt hat im Rahmen der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche Integrationshelfer während des Schulbesuchs zu finanzieren. Die Anzahl der Kinder und Jugendlichen mit einem Anspruch auf Eingliederungshilfe erhöht sich seit Jahren kontinuierlich. Einschließlich der Kosten und der teilweise notwendigen privaten Beschulung ergibt sich eine Steigerung der Aufwendungen für ambulante Eingliederungshilfen von 2021 bis 2023 um 97 Prozent.

Die Ausgaben hierfür lagen 2021 noch bei 703.450,00 €, 2022 bei 949.700,00 € und in 2023 erhöhten sich die kalkulierten Ausgaben zum Stichtag 15.08.2023 auf

1.385.000,00 €. Die Erweiterung der Klassenassistenz mit sogenannten „Poollösungen“ auf zwei Grundschulen für alle vier Jahrgänge hat hieran einen Anteil von 408.000,00 €. In diesem Modell sollen seelisch behinderte oder von einer seelischen Behinderung bedrohte Kinder die Möglichkeit erhalten, ohne weitere Stigmatisierung in einem sozialen Klassenverband individuell gefördert zu werden, damit die Teilhabe am Schulalltag gewährleistet werden kann. Dieses Modell ist zudem kostengünstiger als eine Einzelintegration für alle Anspruchsberechtigten. Für Integrationshelfer an allen weiteren Schulen werden Eingliederungshilfen als Einzelfallhilfen in Höhe von mehr als 700.000,00 € gewährt. Die Kosten sind tendenziell weiter ansteigend, da sich die Anzahl der inklusiv zu fördernden Kindern weiterhin erhöht.

 

-       Die Aufwendungen für die Unterbringung von Eltern, gemeinsam mit ihren Kindern in sogenannten „Mutter-Vater-Kind-Einrichtungen“ sind im Zeitraum 2021 bis 2023 um 104 Prozent gestiegen. Die Unterbringung erfolgt i.d.R. auf Weisung der Familiengerichte. Die Kosten hierfür haben sich von 598.000,00 € (2021) auf

1.320.000,00 € (2023) erhöht. Begründet ist dies zum einen durch die Erhöhung der Unterbringungsdauer der Betroffenen, zudem sind ca. 20 % der betroffenen Eltern/Elternteile (psychisch) krank oder durch eine (geistige) Behinderung in ihrer Teilhabe und Zielerreichung eingeschränkt. Sie benötigen deshalb häufig einen längeren Zeitraum für das Erreichen der Ziele. Darüber hinaus machen ansteigend auch Eltern, wie bspw. minderjährige Mütter, einen Anspruch auf diese Hilfeform von sich aus geltend.

 

-       Die Anzahl von unbegleiteten ausländischen Minderjährigen (UMA) steigt an. Der Mehrbedarf hat sich in Folge im Jahr 2023 erhöht. Hierbei sind die in Vorleistung zu tätigenden Kosten von 380.000,00 € (2022) auf bislang 642.000,00 € für 2023 gestiegen. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) ist hierbei grundsätzlich zu einer Kostenerstattung verpflichtet. Dennoch sind die Ausgaben vorab seitens des Jugendamtes zu leisten. Die Erstattung der Kosten erfolgt in den Folgejahren.

 

-       Die steigende Anzahl der Inobhutnahmen von Kindern und Jugendlichen erhöhen den aktuellen Bedarf an finanziellen Mitteln. So stieg die Anzahl der Betreuungstage von 1044 Tagen (2021) auf 2583 Tage (Stand 15.08.2023). Die Kosten erhöhten sich hierfür von 128.500,00 € im Jahr 2021 auf 263.000,00 €, Stand 15.08.2023, bis zum Jahresende 2023 werden sie sich auf ca. 350.000,00 € erhöhen. Bei einem Teil der Inobhutnahmen ist festzustellen, dass sich die Dauer der Inobhutnahmen deutlich verlängert hat. Die Gründe hierfür sind verlängerte Verfahrensdauern bei Familiengerichten durch eine hohe Anzahl von Fällen, als auch die Forderungen nach zusätzlichen gutachterlichen Stellungnahmen. Zudem fehlt ansteigend eine Versorgung mit Hilfsangeboten in Anschlussmaßnahmen, da geeignete Einrichtungen und Plätze bei Jugendhilfeanbietern aufgrund des Fachkräftemangels nicht in der benötigten Anzahl zur Verfügung stehen.

 

-       Im Rahmen der Tarifverhandlungen im Jahr 2022 für den Sozial- und Erziehungsdienst (TVÖD-SUE) wurden über die üblichen Tarifanpassungen hinaus zusätzliche Entlastungs- und Regenerationstage, sowie weitere monatliche Zulagen vereinbart. Daraufhin haben alle ambulanten und stationären Jugendhilfeträger ihre Entgeltsätze den gestiegenen Personalkosten angepasst. Die Erhöhungen lagen zwischen 10 und 18 Prozent. Allein dies führt bei allen Leistungen der Jugendhilfe, unabhängig von Veränderungen der Fallzahlen, im Jahr 2023 zu einem Mehrbedarf von 1.500.000,00 €.


Die oben aufgeführten Entwicklungen, die landes- und bundesweit ähnlich verlaufen, haben zur Folge, dass der zuvor kalkulierte Bedarf für eine vollständige Bezahlung der noch ausstehenden Rechnungen im Jugendamt der Stadt Bergkamen nicht ausreicht.

 

Die folgenden Tabellen stellen die aktuelle Entwicklung dar:

 

Hilfeform

Kalkulation für Ansatz 2023 (Stand Mitte 2021)

Betreuungs-tage (Stand Dezember 2021)

benötigte Finanzmittel (Stand August 2023)

   Betreuungs-

tage (Stand August 2023)

Mehrkosten

Mutter/Vater-Kind-Einrichtung

600.000,00 €

4.625

1.320.000,00 €

8.965

720.000,00 €

Heimerziehung inkl. UMA u. Inobhutnahmen

3.115.000,00 €

17.775

5.260.700,00 €

26.419

2.145.700,00 €

darunter:    UMA

300.000,00 €

642.000,00 €

342.000,00 €

                   Inobhutnahmen

130.000,00 €

350.000,00 €

220.000,00 €

ambulante Eingliederungshilfe

730.000,00 €

55 Fälle

1.589.000,00 €

76 Fälle

859.000,00 €

ambulante Hilfen zur Erziehung

2.183.000,00 €

378 Familien

2.450.000,00 €

334 Familien

267.000,00 €

sonstige Hilfen

772.000,00 €

42 Fälle

780.300,00 €

41 Fälle

8.300,00 €

Hilfe in Pflegefamilien

2.150.000,00 €

      117 Fälle

2.250.000,00 €

            119 Fälle

100.000,00 €

 

 

insgesamt

9.550.000,00 €

 

13.650.000,00 €

 

4.100.000,00 €

 

Von den Mehrkosten 2023 sind 1.500.000,00 € durch Tarifsteigerungen im TVöD-SUE verursacht. Insofern beträgt der bereinigte Mehrbedarf 2.600.000,00 €.

 

 

 

Es werden beim Buchungskonto 06.36.09.533200 Leistungen der Sozial- und Jugendhilfe nach SGB XII, SGB VIII in Einrichtungen nach aktuellem Stand zusätzliche Mittel in Höhe von 4.100.000,00 € benötigt.

 

Die notwendigen Mehraufwendungen können innerhalb des Jugendamtsbudgets lediglich i.H.v. 100.000,00 € ausgeglichen werden. Diese Deckung erfolgt durch Mehrerträge in der Buchungsstelle 06.36.09.421100 (Ersatz von sozialen Leistungen außerhalb von Einrichtungen). Mehrerträge in anderen Teilbudgets werden zur Finanzierung von Mehrausgaben in den jeweiligen Teilbudgets benötigt.

 

Daher müssen die Haushaltsmittel in Höhe von 4.000.000,00 € überplanmäßig bereitgestellt werden.

 

Die notwendige Deckung erfolgt durch Mehrerträge in der Buchungsstelle 16.61.01.411100 – Schlüsselzuweisungen.

 

 

 

Kostendarstellung:

Kosten/Erlöse:

 

  4.000.000,00 €

Produkt-/Sachkonto: 06.36.09.533200          

 

Folgekosten pro Jahr:                                                                                    

0,00 €

 

Mittelverfügbarkeit:        

Deckungsvorschlag:

 16.61.01.411100 (Schlüsselzuweisungen)

 

Anfrage Korruptionsregister § 8 KorruptionsbG negativ

 

 

 

Bestandteile dieser Vorlage sind:

1. Das Deckblatt

2. Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung

 

Der Bürgermeister

In Vertretung

 

 

 

Busch

Erste Beigeordnete

Der Bürgermeister

In Vertretung

 

 

 

Ulrich

Beigeordneter und Stadtkämmerer

 

Amtsleiter

 

 

 

 

Kortendiek

Sachbearbeiter

 

 

 

 

Heinert

Sichtvermerk StA 20

 

 

 

 

Haeske