Beschlussvorschlag:
Der Rat der Stadt
Bergkamen beschließt die erhebliche überplanmäßige Mittelbereitstellung gem. §
83 Abs. 2 GO NRW im Budget 02.51 - Jugendamt - bei der Buchungsstelle
06.36.09.533200 „Leistungen der Sozial- und Jugendhilfe nach SGB XII, SGB VIII
in Einrichtungen“ in Höhe von 4.000.000,00 €.
Die Deckung erfolgt durch
Mehrerträge in der Buchungsstelle 16.61.01.411100 – Schlüsselzuweisungen.
Sachdarstellung:
Die Stadt
Bergkamen ist gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 und 4 bis 6 i.V.m. §§ 19, 27 ff
Sozialgesetz-buch (SGB) VIII verpflichtet, bei nachgewiesenem Bedarf,
Leistungen in einer gemeinsamen Wohnform für Mütter/Väter und ihren Kindern,
sowie Hilfen zur Erziehung in ambulanter und stationärer Form zu gewähren.
Dem Jugendamt
wurden bei der Aufstellung des Haushalts-/Budgetplans 2023 für das Produkt 9
(familienergänzende, -ersetzende Maßnahmen) folgende Finanzmittel für die
Sachkonten
06.36.09.533100
Leistungen der Sozial- und
Jugendhilfe nach
SGB XII, SGB VIII außerhalb von
Einrichtungen 2.150.000,00 €
und
06.36.09.533200 Leistungen der Sozial- und Jugendhilfe
nach
SGB XII, SGB VIII in Einrichtungen 7.400.000,00 €
9.550.000,00 €
zur Verfügung gestellt.
Grundlage für
die Mittelanmeldungen des Doppelhaushaltes 2022/23 waren die
Fallzahlenentwicklungen der Jahre 2020 und 2021, sowie die zu erwartenden
Steigerungen im Bereich der Personal- und Sachkosten. Die Entwicklung der
Mehraufwendungen wurde in den Budgetberichten dargestellt. So verschlechterte
sich das voraussichtliche Budgetergebnis bereits im Zeitraum Januar bis Juni
2023 um 3.950.000,00 €
Bei den ambulanten
und stationären Hilfen zur Erziehung in Einrichtungen führten mehrere Faktoren
zu einem dramatischen Anstieg. Während die Ausgaben 2021 noch bei
6.866.409,00 €
lagen, stiegen sie 2022 auf 8.483.403,00 € und in diesem Jahr auf
voraussichtlich 11.400.000,00 €. Dabei sind folgende Leistungen besonders
hervorzuheben:
-
Das
Jugendamt hat im Rahmen der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder
und Jugendliche Integrationshelfer während des Schulbesuchs zu finanzieren. Die
Anzahl der Kinder und Jugendlichen mit einem Anspruch auf Eingliederungshilfe
erhöht sich seit Jahren kontinuierlich. Einschließlich der Kosten und der
teilweise notwendigen privaten Beschulung ergibt sich eine Steigerung der
Aufwendungen für ambulante Eingliederungshilfen von 2021 bis 2023 um 97
Prozent.
Die Ausgaben hierfür lagen 2021 noch bei 703.450,00 €, 2022 bei
949.700,00 € und in 2023 erhöhten sich die kalkulierten Ausgaben zum Stichtag
15.08.2023 auf
1.385.000,00 €. Die Erweiterung der Klassenassistenz mit sogenannten
„Poollösungen“ auf zwei Grundschulen für alle vier Jahrgänge hat hieran einen
Anteil von 408.000,00 €. In diesem Modell sollen seelisch behinderte oder von
einer seelischen Behinderung bedrohte Kinder die Möglichkeit erhalten, ohne
weitere Stigmatisierung in einem sozialen Klassenverband individuell gefördert
zu werden, damit die Teilhabe am Schulalltag gewährleistet werden kann. Dieses
Modell ist zudem kostengünstiger als eine Einzelintegration für alle
Anspruchsberechtigten. Für Integrationshelfer an allen weiteren Schulen werden
Eingliederungshilfen als Einzelfallhilfen in Höhe von mehr als 700.000,00 €
gewährt. Die Kosten sind tendenziell weiter ansteigend, da sich die Anzahl der
inklusiv zu fördernden Kindern weiterhin erhöht.
-
Die
Aufwendungen für die Unterbringung von Eltern, gemeinsam mit ihren Kindern in
sogenannten „Mutter-Vater-Kind-Einrichtungen“ sind im Zeitraum 2021 bis 2023 um
104 Prozent gestiegen. Die Unterbringung erfolgt i.d.R. auf Weisung der
Familiengerichte. Die Kosten hierfür haben sich von 598.000,00 € (2021) auf
1.320.000,00 € (2023)
erhöht. Begründet ist dies zum einen durch die Erhöhung der Unterbringungsdauer
der Betroffenen, zudem sind ca. 20 % der betroffenen Eltern/Elternteile
(psychisch) krank oder durch eine (geistige) Behinderung in ihrer Teilhabe und
Zielerreichung eingeschränkt. Sie benötigen deshalb häufig einen längeren
Zeitraum für das Erreichen der Ziele. Darüber hinaus machen ansteigend auch
Eltern, wie bspw. minderjährige Mütter, einen Anspruch auf diese Hilfeform von
sich aus geltend.
- Die Anzahl von unbegleiteten
ausländischen Minderjährigen (UMA) steigt an. Der Mehrbedarf hat sich in Folge
im Jahr 2023 erhöht. Hierbei sind die in Vorleistung zu tätigenden Kosten von
380.000,00 € (2022) auf bislang 642.000,00 € für 2023 gestiegen. Der
Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) ist hierbei grundsätzlich zu einer
Kostenerstattung verpflichtet. Dennoch sind die Ausgaben vorab seitens des
Jugendamtes zu leisten. Die Erstattung der Kosten erfolgt in den Folgejahren.
-
Die
steigende Anzahl der Inobhutnahmen von Kindern und Jugendlichen erhöhen den
aktuellen Bedarf an finanziellen Mitteln. So stieg die Anzahl der
Betreuungstage von 1044 Tagen (2021) auf 2583 Tage (Stand 15.08.2023). Die
Kosten erhöhten sich hierfür von 128.500,00 € im Jahr 2021 auf 263.000,00 €,
Stand 15.08.2023, bis zum Jahresende 2023 werden sie sich auf ca. 350.000,00 €
erhöhen. Bei einem Teil der Inobhutnahmen ist festzustellen, dass sich die
Dauer der Inobhutnahmen deutlich verlängert hat. Die Gründe hierfür sind
verlängerte Verfahrensdauern bei Familiengerichten durch eine hohe Anzahl von
Fällen, als auch die Forderungen nach zusätzlichen gutachterlichen
Stellungnahmen. Zudem fehlt ansteigend eine Versorgung mit Hilfsangeboten in
Anschlussmaßnahmen, da geeignete Einrichtungen und Plätze bei
Jugendhilfeanbietern aufgrund des Fachkräftemangels nicht in der benötigten
Anzahl zur Verfügung stehen.
-
Im
Rahmen der Tarifverhandlungen im Jahr 2022 für den Sozial- und Erziehungsdienst
(TVÖD-SUE) wurden über die üblichen Tarifanpassungen hinaus zusätzliche
Entlastungs- und Regenerationstage, sowie weitere monatliche Zulagen vereinbart.
Daraufhin haben alle ambulanten und stationären Jugendhilfeträger ihre
Entgeltsätze den gestiegenen Personalkosten angepasst. Die Erhöhungen lagen
zwischen 10 und 18 Prozent. Allein dies führt bei allen Leistungen der
Jugendhilfe, unabhängig von Veränderungen der Fallzahlen, im Jahr 2023 zu einem
Mehrbedarf von 1.500.000,00 €.
Die oben
aufgeführten Entwicklungen, die landes- und bundesweit ähnlich verlaufen, haben
zur Folge, dass der zuvor kalkulierte Bedarf für eine vollständige Bezahlung
der noch ausstehenden Rechnungen im Jugendamt der Stadt Bergkamen nicht
ausreicht.
Die folgenden
Tabellen stellen die aktuelle Entwicklung dar:
Hilfeform |
Kalkulation für Ansatz 2023 (Stand
Mitte 2021) |
Betreuungs-tage (Stand Dezember 2021) |
benötigte Finanzmittel (Stand August
2023) |
Betreuungs- tage (Stand August 2023) |
Mehrkosten |
Mutter/Vater-Kind-Einrichtung |
600.000,00 € |
4.625 |
1.320.000,00 € |
8.965 |
720.000,00 € |
Heimerziehung inkl.
UMA u. Inobhutnahmen |
3.115.000,00 € |
17.775 |
5.260.700,00 € |
26.419 |
2.145.700,00 € |
darunter: UMA |
300.000,00 € |
642.000,00 € |
342.000,00 € |
||
Inobhutnahmen |
130.000,00 € |
350.000,00 € |
220.000,00 € |
||
ambulante
Eingliederungshilfe |
730.000,00 € |
55 Fälle |
1.589.000,00 € |
76 Fälle |
859.000,00 € |
ambulante Hilfen zur
Erziehung |
2.183.000,00 € |
378 Familien |
2.450.000,00 € |
334 Familien |
267.000,00 € |
sonstige Hilfen |
772.000,00 € |
42 Fälle |
780.300,00 € |
41 Fälle |
8.300,00 € |
Hilfe in
Pflegefamilien |
2.150.000,00 € |
117 Fälle |
2.250.000,00 € |
119 Fälle |
100.000,00 € |
|
|
||||
insgesamt |
9.550.000,00 € |
|
13.650.000,00 € |
|
4.100.000,00 € |
Von den
Mehrkosten 2023 sind 1.500.000,00
€ durch Tarifsteigerungen im TVöD-SUE verursacht.
Insofern beträgt der bereinigte Mehrbedarf 2.600.000,00 €.
Es werden beim
Buchungskonto 06.36.09.533200 Leistungen der Sozial- und Jugendhilfe nach SGB
XII, SGB VIII in Einrichtungen nach aktuellem Stand zusätzliche Mittel in Höhe
von 4.100.000,00 € benötigt.
Die notwendigen
Mehraufwendungen können innerhalb des Jugendamtsbudgets lediglich i.H.v.
100.000,00 € ausgeglichen werden. Diese Deckung erfolgt durch Mehrerträge in
der Buchungsstelle 06.36.09.421100 (Ersatz von sozialen Leistungen außerhalb
von Einrichtungen). Mehrerträge in anderen Teilbudgets werden zur Finanzierung
von Mehrausgaben in den jeweiligen Teilbudgets benötigt.
Daher müssen die
Haushaltsmittel in Höhe von 4.000.000,00 € überplanmäßig bereitgestellt werden.
Die notwendige
Deckung erfolgt durch Mehrerträge in der Buchungsstelle 16.61.01.411100 –
Schlüsselzuweisungen.
Kostendarstellung: |
|
Kosten/Erlöse: |
4.000.000,00 € |
Produkt-/Sachkonto: 06.36.09.533200 |
|
Folgekosten pro Jahr:
|
0,00 € |
Mittelverfügbarkeit: |
|
Deckungsvorschlag: |
16.61.01.411100 (Schlüsselzuweisungen) |
Anfrage Korruptionsregister § 8 KorruptionsbG negativ |
|
Bestandteile dieser Vorlage sind:
1. Das Deckblatt
2. Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung
Der Bürgermeister In Vertretung Busch Erste Beigeordnete |
Der Bürgermeister In Vertretung Ulrich Beigeordneter und Stadtkämmerer |
Amtsleiter Kortendiek |
Sachbearbeiter Heinert |
Sichtvermerk StA 20 Haeske |