Betreff
Testweise Einführung Tempolimit 10 km/h am ZOB/ Rathausplatz
Vorlage
12/1009
Aktenzeichen
war_ger
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Ausschuss für Bauen und Verkehr nimmt die Vorlage der Verwaltung zur testweisen Änderung der Verkehrsführung am ZOB/Rathausplatz zur Kenntnis.

 

 

Sachdarstellung:

 

Veranlassung:

Der Verwaltungsvorstand hat das Amt für Stadtplanung, Straßen und Grünflächen damit beauftragt, einen Vorschlag für die Verkehrsführung am ZOB/ Rathausplatz zu erarbeiten, der im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Umzug des Bürgerbüros/ Standesamtes in das gegenüberliegende Stadtfenster steht.

Hintergrund sind die vielfach ungesicherten, aber direkten Fußgängerquerungen vom Rathaus/ Rathausvorplatz über den Busbahnhof und die Bussteige zum Stadtfenster, die u.a. durch die zur Verfügung stehenden Parkplätze im Rathauscenter verursacht werden.

 

Bestandserfassung

Durch die Verlagerung des Bürgerbüros und des Standesamts werden am Rathausplatz deutlich mehr Fußgänger in Nord-Süd-Richtung unterwegs sein als bislang. Dadurch wird auch die Zahl riskanter Querungssituationen zwischen Fußgängern und allen anderen Verkehrsteilnehmern steigen. Um dem entgegenzuwirken, hat die Verwaltung hierzu mehrere Varianten erarbeitet, welche die jeweiligen Vor- und Nachteile beleuchten. Zuvor wurde die bestehende Verkehrssituation im unmittelbaren Umfeld des ZOB- zwischen Kreisverkehr Töddinghauser Straße und Ebertstraße- als „Status Quo“ dokumentiert. Dazu wurde im Zeitraum vom 25.08.2022 bis 31.08.2022 eine Verkehrszählung durchgeführt (außerhalb der Ferienzeit). Fußgänger können durch das verwendete Verkehrszählgerät nicht ermittelt und somit nicht dargestellt werden.

 

Der Rathausplatz ist der zentrale Verkehrsknotenpunkt im Stadtgebiet. Demzufolge wird er, zumindest tagsüber, von verschiedensten Verkehrsteilnehmern sehr stark frequentiert. Die Ergebnisse und Verteilungen der einzelnen Verkehrsarten sind in Abbildung 1 dargestellt.

 

Abbildung 1: Verkehrsverteilung am ZOB im Zeitraum der Verkehrszählung (gesamt)

 

  • Fußgänger
    Der Rathausplatz wird von vielen Fußgängern frequentiert. Dabei handelt es sich einerseits um Passanten, andererseits um wartende bzw. ein- und aussteigende Busfahrgäste sowie ferner um Besucher / Bewohner der angrenzenden Nutzungen (Sparkasse, Stadtfenster, Rathaus, Rathaus-Center, etc.).
    Anders als alle übrigen Verkehrsteilnehmer bewegen sich die Fußgänger nicht ausschließlich in Ost-West- bzw. West-Ost-Richtung. Viele Fußgänger sind am Rathausplatz auch in Nord-Süd- Richtung bzw. umgekehrt unterwegs, also vom Rathaus-(Center) zum Stadtfenster und umgekehrt. Sowohl auf der östlichen als auch auf der westlichen Seite des Rathausplatzes sind dafür gesicherte und barrierefreie Fußgängerüberwege vorhanden. Allerdings queren viele Fußgänger auch den ungesicherten Bereich dazwischen – trotz der zusätzlich zu querenden Busfahrgasse des ZOB, den hohen Bordsteinkanten an den nördlichen Bussteigen und der zusätzlichen Busspur sowie des Längsparkstreifens am nördlichen Fahrbahnrand. Dies führt oft zu gefährlichen Situationen für alle Verkehrsteilnehmer. Gehäufte Unfallzahlen sind am Rathausplatz bislang nicht zu verzeichnen.
  • Parkplätze
    Private Stellplätze (einschl. Besucherparkplätze) befinden sich auf den Grundstücken der Sparkasse sowie des Stadtfensters (inkl. Tiefgarage), deren Ein- und Ausfahrt zentral gegenüber dem Busbahnhof liegen. Am östlichen Ende des Rathausplatzes ist die Zufahrt zur "Dezernentenschleife" des Rathauses mit den dortigen Parkplätzen für Dienstfahrzeuge und Lieferanten angeordnet.
    Öffentliche Parkplätze sind unmittelbar am Rathausplatz nur in geringer Zahl auf der nördlichen Fahrbahnseite sowie unmittelbar östlich des Friedhofs in Form von Kurzzeitparkplätzen vorhanden. Weitere öffentlich nutzbare Stellplätze befinden sich in geringer Entfernung an der Hubert-Biernat-Straße, Am Wiehagen, der Töddinghauser Straße sowie im Parkhaus des Rathaus-Centers, das über 200 tagsüber öffentlich und zeitlich unbeschränkt nutzbare Pkw-Stellplätze verfügt.

  • Pkw-Verkehr
    Der Rathausplatz ist aufgrund seiner zentralstädtischen Lage und der angrenzenden Nutzungen der am stärksten frequentierten Straßenzug in Bergkamens Innenstadt. Das zeigt sich auch an den hohen Verkehrszahlen, wobei das Verkehrsaufkommen aus beiden Fahrtrichtungen der Hubert-Biernat-Straße (aus Ost und West) annähernd gleich stark ist.

  • Busverkehr
    Der am Rathausplatz gelegene Busbahnhof ist der zentrale ÖPNV-Knotenpunkt in Bergkamen. Dementsprechend fahren in regelmäßiger Taktung Linienbusse aus Fahrtrichtung Osten (Ebertstraße) und Westen (Töddinghauser Straße) den ZOB an bzw. von dort ab. Hinzu kommen haltende Fahrzeuge an den insgesamt 4 Bussteigen sowie zeitweise am Südrand des ZOB parkende Busse während ihrer Ruhepausen.

  • Fahrradverkehr
    Der Rathausplatz wird von einer hohen Zahl an Fahrradfahrern genutzt, die zwischen der Töddinghauser Straße im Westen und der Ebertstraße im Osten unterwegs sind. Dies liegt an der zentralstädtischen Lage sowie an den umliegenden Nutzungen entlang der Präsidentenstraße, dem Marktplatz bis zum Rathaus (inkl. Fahrradabstellkäfig). Weitere Ziele sind das Rathaus-Center und das Gymnasium. Gerade dieses lässt den Schluss zu, dass es sich bei vielen Radfahrern am Rathausplatz vielfach um SchülerInnen und Lehrkräfte handelt.

 

  • Lkw- und Lieferverkehr
    Der LKW- Verkehr spielt im Vergleich zu den anderen Verkehrsgruppen am Rathausplatz eine vernachlässigbare Rolle.
    Allerdings bilden die Lieferverkehre bereits die zweitstärkste Verkehrsgruppe, was an den Zulieferungen der anliegenden Nutzungen liegt.

 

Variantenbetrachtung

Variante 1: Tempolimit 10 km/h

Eine Variante sieht die Reduzierung der Geschwindigkeit auf 10 km/h als zulässige Höchstgeschwindigkeit zwischen dem Kreisverkehr Töddinghauser Straße im Westen und der Straße „Am Wiehagen“ im Osten vor. Aufgrund der verringerten Fahrgeschwindigkeit soll das Augenmerk auf die schwächsten Verkehrsteilnehmer (mobilitätseingeschränkte Personen, Kinder) gerichtet und gefährliche Situationen, insbesondere bei der direkten Querung des ZOB, deutlich verringert werden. Die unterschiedlichsten Verkehrsarten (ÖPNV, MIV, Rad, Fußgänger) können die gewohnten Verkehrswege weiterhin uneingeschränkt nutzen. Die Bereitstellung zusätzlicher Finanzmittel ist- außer für die Aufstellung der Beschilderung- nicht notwendig.

Allerdings sorgt die Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 10 km/h nicht zur Verringerung des insgesamt hohen Verkehrsaufkommens und nur wenig zur Verringerung des Unfallrisikos für Fußgänger. Weiterhin wird die Aufenthaltsqualität am Rathausplatz hierdurch nicht erhöht. Zweifel bestehen zudem hinsichtlich der Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 10 km/h von den Verkehrsteilnehmern.

 

Variante 2: Änderung der Verkehrsführung durch Einrichtung einer unechten Einbahnstraße

Eine weitere Variante sieht die Einrichtung einer unechten Einbahnstraße in West-Ost-Richtung vor, wobei Linienbusse und Radfahrende den Bereich auch in umgekehrter Richtung befahren dürfen. Der Fokus dieser Variante liegt dabei hauptsächlich auf dem Schutz des Rad- und Fußverkehrs, der Reduzierung des hohen PKW- Verkehrs sowie der Steigerung der Aufenthaltsqualität. Die Abbindung der Hubert-Biernat-Straße von der Straße „Am Wiehagen“ und Umleitung der Verkehre über die Ebertstraße auf die klassifizierte Landwehrstraße wurde dabei bewusst gewählt. Diese Verkehrsführung soll den Verkehr auf die umliegenden (klassifizierten) Straßen Landwehrstraße, Töddinghauser Straße und Erich-Ollenhauer-Straße verteilen und somit den Verkehr im sensiblen Bereich ZOB/ Rathausplatz deutlich verringern. Langfristig erhoffte sich die Verwaltung, dass sich die (Durchgangs-) Verkehre auf die leistungsfähigeren (klassifizierten) Hauptverkehrsstraßen orientieren.

Die umgekehrte Verkehrsführung von Ost nach West würde nach Einschätzung des Fachamts dagegen nicht zu einer Verringerung und Verlagerung der Verkehre führen, weil die attraktivere Abkürzung über die Hubert- Biernat- Straße nach wie vor nutzbar wäre.

Die Einführung einer echten Einbahnstraße mit Zusatz „Fahrradfahrer frei“ kommt aufgrund der vorhandenen Fahrbahnbreite sowie des Schwerlastverkehrs (Linienbusverkehrs auch nach Einschätzung der Polizei nicht in Betracht. Zudem darf innerhalb einer echten Einbahnstraße der Linienverkehr nicht entgegen der Fahrtrichtung geführt werden. Dies hätte somit erhebliche Auswirkungen auf Linienführung und Fahrplangestaltung des Linienverkehrs und somit einen Attraktivitätsverlust des ÖPNV zur Folge.

Um die Verkehrsströme zwischen Kreisverkehr Töddinghauser Straße und der Zufahrt zum städtischen Fuhrpark weiter zu reduzieren, sollten die Stellplätzen der Sparkasse am Stadtfenster/ Rathausplatz gesperrt/aufgegeben und auf die Stellplätze im hinteren (Neben-) Eingangsbereich an der Töddinghauser Straße gesondert verwiesen werden. Lediglich Besuchern der im Stadtfenster befindlichen Ämter, Beratungsstellen und Anwohnern sollte die Zufahrt ermöglicht und erlaubt werden. Die Grundstücksausfahrt sollte mit dem Verkehrszeichen 209-20 (vorgeschriebene Fahrtrichtung rechts) nur in Richtung Kreisverkehr Töddinghauser Straße geregelt werden.

 

Fazit

Nach der Vorstellung der Varianten spricht sich der VV dafür aus, die Geschwindigkeit testweise auf 10 km/h zu reduzieren. Diese Variante wird zunächst für eine Zeit von mehreren Monaten getestet. Der Beginn der Testphase ist jedoch erst nach Abschluss eines Anhörungsverfahrens möglich, bei dem die zu beteiligenden Einsatz- und Rettungskräfte sowie die VKU zu einer Stellungnahme aufgefordert werden. Das Anhörungsverfahren ist derzeit noch nicht abgeschlossen. Erst danach wird die entsprechende Beschilderung aufgestellt. Der Beginn der Testphase wird sowohl in der Örtlichkeit als auch in der Öffentlichkeit / Medien vorbereitet und begleitet.

Die Wirksamkeit der Geschwindigkeitsreduzierung auf 10 km/h wird während der Testphase durch ein Verkehrszählgerät, welches neben den einzelnen Verkehrsarten auch die Geschwindigkeiten erfasst und evaluiert. Darüber hinaus soll die Kreispolizeibehörde gebeten werden, in diesem Bereich regelmäßig Geschwindigkeitsmessungen durchzuführen. Die erhobenen Daten werden nach Abschluss der Testphase durch die Verwaltung ausgewertet, bilanziert und dem Ausschuss für Bauen und Verkehr vorgelegt.

Sollte sich diese Variante als nicht erfolgreich erweisen, empfiehlt die Verwaltung die Einführung der zweiten Variante - der unechten Einbahnstraße- ebenfalls als begleitete und evaluierte Testphase. Anschließend können beide Varianten miteinander verglichen werden, um festzulegen, ob und welche Variante dauerhaft umgesetzt wird. Die Ergebnisse aus diesen Testphasen können für weitergehende Einschränkungen genutzt bzw. beispielhaft für andere Bereiche mit hohem Fuß- und Radverkehrsaufkommen sein.

 

 

 

 

Bestandteile dieser Vorlage sind:

1. Das Deckblatt

2. Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung

 

Der Bürgermeister

In Vertretung

 

 

 

 

Toschläger

Technischer Beigeordneter

 

 

Amtsleiter

 

 

 

 

Reichling

Sachgebietsleiterin

 

 

 

 

Warckentin