Beschlussvorschlag:
Der Ausschuss für
Bauen und Verkehr nimmt die Vorlage der Verwaltung zur testweisen Änderung der
Verkehrsführung am ZOB/Rathausplatz zur Kenntnis.
Sachdarstellung:
Veranlassung:
Der
Verwaltungsvorstand hat das Amt für Stadtplanung, Straßen und Grünflächen damit
beauftragt, einen Vorschlag für die Verkehrsführung am ZOB/ Rathausplatz zu
erarbeiten, der im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Umzug des Bürgerbüros/
Standesamtes in das gegenüberliegende Stadtfenster steht.
Hintergrund sind
die vielfach ungesicherten, aber direkten Fußgängerquerungen vom Rathaus/
Rathausvorplatz über den Busbahnhof und die Bussteige zum Stadtfenster, die
u.a. durch die zur Verfügung stehenden Parkplätze im Rathauscenter verursacht
werden.
Bestandserfassung
Durch die Verlagerung des Bürgerbüros und des Standesamts
werden am Rathausplatz deutlich mehr Fußgänger in Nord-Süd-Richtung unterwegs
sein als bislang. Dadurch wird auch die Zahl riskanter Querungssituationen
zwischen Fußgängern und allen anderen Verkehrsteilnehmern steigen. Um dem
entgegenzuwirken, hat die Verwaltung hierzu
mehrere Varianten erarbeitet,
welche die jeweiligen Vor- und Nachteile beleuchten. Zuvor wurde die bestehende
Verkehrssituation im unmittelbaren Umfeld des ZOB- zwischen Kreisverkehr
Töddinghauser Straße und Ebertstraße- als „Status Quo“ dokumentiert. Dazu wurde im Zeitraum vom 25.08.2022 bis
31.08.2022 eine Verkehrszählung durchgeführt (außerhalb der Ferienzeit).
Fußgänger können durch das verwendete Verkehrszählgerät nicht ermittelt und
somit nicht dargestellt werden.
Der Rathausplatz ist der zentrale Verkehrsknotenpunkt
im Stadtgebiet. Demzufolge wird er, zumindest tagsüber, von verschiedensten
Verkehrsteilnehmern sehr stark frequentiert. Die Ergebnisse und Verteilungen
der einzelnen Verkehrsarten sind in Abbildung 1 dargestellt.
Abbildung 1: Verkehrsverteilung am ZOB im Zeitraum der
Verkehrszählung (gesamt)
- Fußgänger
Der Rathausplatz wird von vielen Fußgängern frequentiert. Dabei handelt es sich einerseits um Passanten, andererseits um wartende bzw. ein- und aussteigende Busfahrgäste sowie ferner um Besucher / Bewohner der angrenzenden Nutzungen (Sparkasse, Stadtfenster, Rathaus, Rathaus-Center, etc.).
Anders als alle übrigen Verkehrsteilnehmer bewegen sich die Fußgänger nicht ausschließlich in Ost-West- bzw. West-Ost-Richtung. Viele Fußgänger sind am Rathausplatz auch in Nord-Süd- Richtung bzw. umgekehrt unterwegs, also vom Rathaus-(Center) zum Stadtfenster und umgekehrt. Sowohl auf der östlichen als auch auf der westlichen Seite des Rathausplatzes sind dafür gesicherte und barrierefreie Fußgängerüberwege vorhanden. Allerdings queren viele Fußgänger auch den ungesicherten Bereich dazwischen – trotz der zusätzlich zu querenden Busfahrgasse des ZOB, den hohen Bordsteinkanten an den nördlichen Bussteigen und der zusätzlichen Busspur sowie des Längsparkstreifens am nördlichen Fahrbahnrand. Dies führt oft zu gefährlichen Situationen für alle Verkehrsteilnehmer. Gehäufte Unfallzahlen sind am Rathausplatz bislang nicht zu verzeichnen. - Parkplätze
Private Stellplätze (einschl. Besucherparkplätze) befinden sich auf den Grundstücken der Sparkasse sowie des Stadtfensters (inkl. Tiefgarage), deren Ein- und Ausfahrt zentral gegenüber dem Busbahnhof liegen. Am östlichen Ende des Rathausplatzes ist die Zufahrt zur "Dezernentenschleife" des Rathauses mit den dortigen Parkplätzen für Dienstfahrzeuge und Lieferanten angeordnet.
Öffentliche Parkplätze sind unmittelbar am Rathausplatz nur in geringer Zahl auf der nördlichen Fahrbahnseite sowie unmittelbar östlich des Friedhofs in Form von Kurzzeitparkplätzen vorhanden. Weitere öffentlich nutzbare Stellplätze befinden sich in geringer Entfernung an der Hubert-Biernat-Straße, Am Wiehagen, der Töddinghauser Straße sowie im Parkhaus des Rathaus-Centers, das über 200 tagsüber öffentlich und zeitlich unbeschränkt nutzbare Pkw-Stellplätze verfügt.
- Pkw-Verkehr
Der Rathausplatz ist aufgrund seiner zentralstädtischen Lage und der angrenzenden Nutzungen der am stärksten frequentierten Straßenzug in Bergkamens Innenstadt. Das zeigt sich auch an den hohen Verkehrszahlen, wobei das Verkehrsaufkommen aus beiden Fahrtrichtungen der Hubert-Biernat-Straße (aus Ost und West) annähernd gleich stark ist.
- Busverkehr
Der am Rathausplatz gelegene Busbahnhof ist der zentrale ÖPNV-Knotenpunkt in Bergkamen. Dementsprechend fahren in regelmäßiger Taktung Linienbusse aus Fahrtrichtung Osten (Ebertstraße) und Westen (Töddinghauser Straße) den ZOB an bzw. von dort ab. Hinzu kommen haltende Fahrzeuge an den insgesamt 4 Bussteigen sowie zeitweise am Südrand des ZOB parkende Busse während ihrer Ruhepausen.
- Fahrradverkehr
Der Rathausplatz wird von einer hohen Zahl an Fahrradfahrern genutzt, die zwischen der Töddinghauser Straße im Westen und der Ebertstraße im Osten unterwegs sind. Dies liegt an der zentralstädtischen Lage sowie an den umliegenden Nutzungen entlang der Präsidentenstraße, dem Marktplatz bis zum Rathaus (inkl. Fahrradabstellkäfig). Weitere Ziele sind das Rathaus-Center und das Gymnasium. Gerade dieses lässt den Schluss zu, dass es sich bei vielen Radfahrern am Rathausplatz vielfach um SchülerInnen und Lehrkräfte handelt.
- Lkw-
und Lieferverkehr
Der LKW- Verkehr spielt im Vergleich zu den anderen Verkehrsgruppen am Rathausplatz eine vernachlässigbare Rolle.
Allerdings bilden die Lieferverkehre bereits die zweitstärkste Verkehrsgruppe, was an den Zulieferungen der anliegenden Nutzungen liegt.
Variantenbetrachtung
Variante 1:
Tempolimit 10 km/h
Eine Variante sieht
die Reduzierung der Geschwindigkeit auf 10 km/h als zulässige
Höchstgeschwindigkeit zwischen dem Kreisverkehr Töddinghauser Straße im Westen
und der Straße „Am Wiehagen“ im Osten vor. Aufgrund der verringerten
Fahrgeschwindigkeit soll das Augenmerk auf die schwächsten Verkehrsteilnehmer
(mobilitätseingeschränkte Personen, Kinder) gerichtet und gefährliche
Situationen, insbesondere bei der direkten Querung des ZOB, deutlich verringert
werden. Die unterschiedlichsten Verkehrsarten (ÖPNV, MIV, Rad, Fußgänger)
können die gewohnten Verkehrswege weiterhin uneingeschränkt nutzen. Die
Bereitstellung zusätzlicher Finanzmittel ist- außer für die Aufstellung der
Beschilderung- nicht notwendig.
Allerdings sorgt
die Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 10 km/h nicht zur
Verringerung des insgesamt hohen Verkehrsaufkommens und nur wenig zur
Verringerung des Unfallrisikos für Fußgänger. Weiterhin wird die
Aufenthaltsqualität am Rathausplatz hierdurch nicht erhöht. Zweifel bestehen
zudem hinsichtlich der Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 10
km/h von den Verkehrsteilnehmern.
Variante 2:
Änderung der Verkehrsführung durch Einrichtung einer unechten Einbahnstraße
Eine weitere
Variante sieht die Einrichtung einer unechten Einbahnstraße in
West-Ost-Richtung vor, wobei Linienbusse und Radfahrende den Bereich auch in
umgekehrter Richtung befahren dürfen. Der Fokus dieser Variante liegt dabei
hauptsächlich auf dem Schutz des Rad- und Fußverkehrs, der Reduzierung des
hohen PKW- Verkehrs sowie der Steigerung der Aufenthaltsqualität. Die Abbindung
der Hubert-Biernat-Straße von der Straße „Am Wiehagen“ und Umleitung der
Verkehre über die Ebertstraße auf die klassifizierte Landwehrstraße wurde dabei
bewusst gewählt. Diese Verkehrsführung soll den Verkehr auf die umliegenden
(klassifizierten) Straßen Landwehrstraße, Töddinghauser Straße und
Erich-Ollenhauer-Straße verteilen und somit den Verkehr im sensiblen Bereich
ZOB/ Rathausplatz deutlich verringern. Langfristig erhoffte sich die
Verwaltung, dass sich die (Durchgangs-) Verkehre auf die leistungsfähigeren
(klassifizierten) Hauptverkehrsstraßen orientieren.
Die umgekehrte
Verkehrsführung von Ost nach West würde nach Einschätzung des Fachamts dagegen
nicht zu einer Verringerung und Verlagerung der Verkehre führen, weil die
attraktivere Abkürzung über die Hubert- Biernat- Straße nach wie vor nutzbar
wäre.
Die Einführung
einer echten Einbahnstraße mit Zusatz „Fahrradfahrer frei“ kommt aufgrund der
vorhandenen Fahrbahnbreite sowie des Schwerlastverkehrs (Linienbusverkehrs auch
nach Einschätzung der Polizei nicht in Betracht. Zudem darf innerhalb einer
echten Einbahnstraße der Linienverkehr nicht entgegen der Fahrtrichtung geführt
werden. Dies hätte somit erhebliche Auswirkungen auf Linienführung und
Fahrplangestaltung des Linienverkehrs und somit einen Attraktivitätsverlust des
ÖPNV zur Folge.
Um die
Verkehrsströme zwischen Kreisverkehr Töddinghauser Straße und der Zufahrt zum
städtischen Fuhrpark weiter zu reduzieren, sollten die Stellplätzen der
Sparkasse am Stadtfenster/ Rathausplatz gesperrt/aufgegeben und auf die
Stellplätze im hinteren (Neben-) Eingangsbereich an der Töddinghauser Straße
gesondert verwiesen werden. Lediglich Besuchern der im Stadtfenster befindlichen
Ämter, Beratungsstellen und Anwohnern sollte die Zufahrt ermöglicht und erlaubt
werden. Die Grundstücksausfahrt sollte mit dem Verkehrszeichen 209-20
(vorgeschriebene Fahrtrichtung rechts) nur in Richtung Kreisverkehr
Töddinghauser Straße geregelt werden.
Fazit
Nach der
Vorstellung der Varianten spricht sich der VV dafür aus, die Geschwindigkeit
testweise auf 10 km/h zu reduzieren. Diese Variante wird zunächst für eine Zeit
von mehreren Monaten getestet. Der Beginn der Testphase ist jedoch erst nach
Abschluss eines Anhörungsverfahrens möglich, bei dem die zu beteiligenden
Einsatz- und Rettungskräfte sowie die VKU zu einer Stellungnahme aufgefordert
werden. Das Anhörungsverfahren ist derzeit noch nicht abgeschlossen. Erst
danach wird die entsprechende Beschilderung aufgestellt. Der Beginn der
Testphase wird sowohl in der Örtlichkeit als auch in der Öffentlichkeit /
Medien vorbereitet und begleitet.
Die Wirksamkeit der
Geschwindigkeitsreduzierung auf 10 km/h wird während der Testphase durch ein
Verkehrszählgerät, welches neben den einzelnen Verkehrsarten auch die
Geschwindigkeiten erfasst und evaluiert. Darüber hinaus soll die
Kreispolizeibehörde gebeten werden, in diesem Bereich regelmäßig
Geschwindigkeitsmessungen durchzuführen. Die erhobenen Daten werden nach
Abschluss der Testphase durch die Verwaltung ausgewertet, bilanziert und dem
Ausschuss für Bauen und Verkehr vorgelegt.
Sollte sich diese
Variante als nicht erfolgreich erweisen, empfiehlt die Verwaltung die
Einführung der zweiten Variante - der unechten Einbahnstraße- ebenfalls als
begleitete und evaluierte Testphase. Anschließend können beide Varianten
miteinander verglichen werden, um festzulegen, ob und welche Variante dauerhaft
umgesetzt wird. Die Ergebnisse aus diesen Testphasen können für weitergehende
Einschränkungen genutzt bzw. beispielhaft für andere Bereiche mit hohem Fuß-
und Radverkehrsaufkommen sein.
Bestandteile dieser Vorlage sind:
1. Das Deckblatt
2. Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung
Der Bürgermeister In Vertretung Toschläger Technischer Beigeordneter |
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Amtsleiter Reichling |
Sachgebietsleiterin Warckentin |
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