Beschlussvorschlag:

Der Ausschuss für Bauen und Verkehr nimmt den Antrag der CDU-Fraktion zur Durchführung einer ergänzenden Verkehrszählung an der Kreuzung Werner Straße, Westen- und Ostenhellweg sowie die diesbezüglichen Ausführungen der Verwaltung zur aktuellen Datenlage und zum Projekt SURFWOLRD zur Kenntnis. Der Ausschuss beschließt, den Antrag abzulehnen.

Sachdarstellung:

Mit Schreiben vom 30. Mai 2023 hat die CDU-Fraktion im Rat der Stadt Bergkamen beantragt, folgenden ergänzenden Tagesordnungspunkt in der nächsten Sitzung des Ausschusses für Bauen und Verkehr beraten und beschließen zu lassen (s. Anlage zur Drucksache):

„Die Verwaltung wird beauftragt, Kontakt mit Straßen.NRW aufzunehmen, um eine ergänzende Verkehrszählung an der Kreuzung Werner Straße, Westenhellweg, Ostenhellweg durchführen zu lassen.“

Seitens der Verwaltung wird hierzu wie folgt Stellung genommen:

Turnusmäßige Straßenverkehrszählungen

Im Auftrag des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) führt die BASt – Bundesanstalt für Straßenwesen – im fünfjährigen Turnus große Straßenverkehrszählungen durch. Die im Antrag angesprochenen Zähldaten aus dem Jahr 2015 sowie im Vergleich dazu die Zahlen von 2005 und 2010 im Bereich der so genannten „Jockenhöfer-Kreuzung“ (Kreuzungsbereich Werner Straße, Westenhellweg, Ostenhellweg – B 233 / L 736) sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen.

In dieser Tabelle sind darüber hinaus auch die seit kurzem vorliegenden Daten der Straßenverkehrszählung für diesen Bereich aus dem Jahr 2021 dargestellt. Die turnusgemäß eigentlich für 2020 vorgesehene Verkehrszahlung erfolgte erst 2021. Sie wurde aufgrund der COVID 19-Pandemie und der damit verbundenen Lockdowns verschoben, um hinsichtlich der Verkehrsstärken wieder einen „Normalzustand“ abbilden zu können. Die Ergebnisse sind mittlerweile über das Internet abrufbar (https://www.strassen.nrw.de/de/periodische-verkehrszaehlungen.html).

*DTV = durchschnittliche tägliche Verkehrsmenge

Während die Werte aus 2005 und 2010 sehr dicht beieinander liegen, kommt es in 2015 und noch deutlicher in 2020 (2021) zu erheblichen Abweichungen. Die DTV-Werte auf dem Westenhellweg (L 736) [Zeile 3] bleiben in der Zählung 2020 (2021) ungefähr auf dem Niveau der vorherigen Zählungen. Die DTV-Werte auf dem Ostenhellweg (L 736) [Zeile 4] führen den bereits 2015 erkennbaren Trend rückläufiger Verkehrsmengen fort. Die DTV-Werte für die Werner Straße (B 233) [Zeilen 1 und 2] liegen zum Teil deutlich unter den Zahlen vorheriger Zählungen, im Abschnitt zwischen dem Stadtgebiet Werne und der Jockenhöfer-Kreuzung sinkt der DTV um mehr als 50 %.

Hinsichtlich der Belastbarkeit der dargestellten DTV-Werte weist die BASt darauf hin, dass die COVID 19-Pandemie, dadurch bedingte Maßnahmen und Effekte wie Home-Office und Grenzschließungen, aber auch Besonderheiten wie Baumaßnahmen, Umleitungen etc. dazu führen können, dass es bei den Ergebnissen zum Teil erhebliche Veränderungen in den Verkehrsstärken im Vergleich zu vorangegangenen Erhebungen gibt. Die Ergebnisse stellen insofern nur eine Momentaufnahme im Jahr 2021 dar. (vgl. SVZ 2020 im Jahr 2021 NW mit Hinweisen und Datensatzbeschreibung.pdf, Download unter https://www.strassen.nrw.de/de/periodische-verkehrszaehlungen.html)

Im Ergebnis werden im Bereich der Jockenhöfer-Kreuzung regelmäßig Verkehrszählungen durchgeführt. Insbesondere die aktuell vorliegenden Verkehrszahlen von 2020 (2021) scheinen aber nur bedingt geeignet, die tatsächliche Verkehrsbelastung im Bereich der „Jockenhöfer-Kreuzung“ darzustellen.

Verkehrsgutachten SURFWORLD

Für das Projekt SURFWORLD wurde im Rahmen der entsprechenden Bauleitplanverfahren der Stadt Werne (44. Änderung des Flächennutzungsplans „Wassersport und Forschungszentrum ehem. Zechengelände“ / Bebauungsplan Nr. 4 „Wassersport und Forschungszentrum ehem. Zechengelände“) das Verkehrsgutachten „Wassersport- und Forschungsanlage in der Stadt Werne a. d. Lippe“ durch das Büro Planersocietät erstellt (Dortmund, 2022).

Zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung lagen die Verkehrszähldaten 2020 (2021) noch nicht vor, sodass nur Zahlen von 2015 und der Vorjahre verwendet werden konnten. Für die Erstellung des Gutachtens wurde im Jahr 2020 zudem ergänzend eine eigene Verkehrserhebung durchgeführt (vgl. Planersocietät (2022), S. 12ff.).

Diese kommt führt die Jockenhöfer-Kreuzung zu folgenden Ergebnissen (vgl. Planersocietät (2020), S. 13, Tab. 3):

*1DTV = durchschnittliche tägliche Verkehrsmenge

*2DTVw = durchschnittliche werktägliche Verkehrsmenge (Mo-Sa, außerhalb der Ferien)

In den Zählabschnitten 1, 3 und 4 liegen die Zahlen der Verkehrserhebung des Gutachterbüros auf dem Niveau der Werte aus den Großzählungen der BASt 2005 und 2010. In Abschnitt 2 ist die Verkehrsmenge im Vergleich zu den Werten aus den BASt-Großzählungen 2005-2015 höher. Die Ergebnisse der Großzählungen der BASt aus den Jahren 2015 und 2020 weichen von den im Rahmen des Gutachtens ermittelten Verkehrsmengen deutlich ab. Für 2020 ist dieses begründbar, da die Großzählung mit Unsicherheiten behaftet ist (s. o.). Für die Differenzen zwischen der BASt-Großzählung 2015 und den gutachterlichen Werten von 2020 gibt es keine Erklärung.

Zur Ermittlung der zusätzlichen Verkehrsmenge und Berechnung der Leistungsfähigkeit der Jockenhöfer-Kreuzung wird vom Gutachter im Sinne einer worst-case-Betrachtung nicht der DTV-Wert, also die durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke über alle Tage, sondern der höhere DTVw-Wert, der die durchschnittliche werktägliche Verkehrsmenge für montags bis samstags außerhalb der Ferienzeit angesetzt. Diese Zahlen sind ebenfalls in obenstehender Tabelle aufgeführt.

Für das Vorhaben SURFWORLD wird vom Gutachter von 300.000 Besuchern pro Jahr ausgegangen bei einer maximalen Besucherzahl von 3.000 Personen pro Tag (am Wochenende). Unter Berücksichtigung anderer Verkehrsmittel zur An- und Abreise sowie einem durchschnittlichen Pkw-Besatz ergeben sich maximal rund 1.800 Kfz-Fahrten – jeweils zur Hälfte Quell- und zur Hälfte Zielverkehr.

Dieser zusätzliche Verkehr wird auf den Kreuzungsbereich umgelegt und verteilt sich wie folgt (vgl. Planersocietät (2020), S. 24, Abb. 11, S. 25, Abb. 13 und S. 26, Abb. 15):

*Spitzenstunde = Fr-So 15 Uhr

Aus diesen Verkehrszahlen abgeleitet wird im Gutachten geprüft, ob der Kreuzungsbereich aufgrund seiner hohen Vorbelastung zusätzliche Verkehre aufnehmen kann, d. h. dann noch leistungsfähig ist, und wie sich dies auf den Verkehrsfluss auswirkt. Im Sinne einer Maximalvariante wird von der heutigen werktäglichen Verkehrsbelastung ausgegangen und eine Steigerungsrate von insgesamt 6 % bis 2030 aufgeschlagen. Zu diesen Werten wird die maximale Anzahl Kfz-Neuverkehre hinzugerechnet (vgl. Planersocietät (2022), S. 31f.).

Eine spürbare Qualitätsminderung ergibt sich für Linksabbieger von der Werner Straße in Richtung Westenhellweg, am stärksten betroffen aber sind Linksabbieger vom Ostenhellweg in die Werner Straße. Da die Kreuzung heute schon stark belastet ist, wirken sich die zusätzlichen Verkehrsmengen insgesamt jedoch nur relativ gering aus (vgl. Planersocietät (2022), S. 45f.).

Trotz der verhältnismäßig geringen rechnerischen verkehrlichen Mehrbelastung erhöht sich jedoch die Lärmbelastung im Kreuzungsbereich. Auch dieses wird im Rahmen des Projektes untersucht. Die Umsetzung von konkreten lärmmindernden Maßnahmen soll im Rahmen der weiteren Bauleitplanverfahren der Stadt Werne und in Abstimmung mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern und mit der Stadt Bergkamen erfolgen.

Die aktuelle Verkehrsbelastung wurde im Rahmen des Verkehrsgutachtens zur SURFWORLD bereits erfasst. Auch die durch das Projekt induzierten Mehrverkehre wurden ermittelt und ihre verkehrlichen Auswirkungen geprüft.

Fazit

Für den im Antrag genannten Bereich der Jockenhöfer-Kreuzung liegen einerseits Zahlen im Rahmen der Großzählung der BASt, andererseits im Rahmen der Gutachtenerstellung für die SURFWORLD erhobene Verkehrsdaten vor. Die Bestandslage an aktuellen Verkehrsdaten ist damit bereits recht umfangreich.

Die Daten bestätigen sich zum Teil gegenseitig, sofern es eine eklatante Abweichung gibt, ist diese vor allem durch die pandemiebedingte Sondersituation erklärbar. Es ist fraglich, ob hier eine neuerliche Verkehrserhebung grundsätzlich andere Erkenntnisse liefern kann.

Auf Basis aller vorliegenden Verkehrsdaten wurde i.R.d. Planverfahren zum Projekt SURFWORLD unter Hinzurechnung der Neuverkehre im worst-case bereits ermittelt, dass das Vorhaben die schlechte verkehrliche Situation im Kreuzungsbereich kaum weiter negativ beeinflusst.

Dem Ziel des Antrags, mit einer erneuten Verkehrszählung künftig auf das Projekt reagieren zu können, wird durch die vorliegende verkehrliche Untersuchung aus Sicht der Verwaltung bereits entsprochen.

Der vorliegende Antrag ist damit aus Sicht der Verwaltung obsolet.

Es ist nicht davon auszugehen, dass Straßen.NRW an der in Rede stehenden Kreuzung eine „Zwischenzählung“ vor der nächsten turnusmäßigen Gesamtzählung (vorauss. 2025) eine erneute Verkehrsuntersuchung durchführt. Prinzipiell gilt immer das Verursacherprinzip. Im vorliegenden Fall hat der Verursacher aber bereits Verkehrszahlen und ein entsprechendes Gutachten vorlegt.

Eine Kontaktaufnahme mit Straßen.NRW mit entsprechender Zielsetzung würde demnach vermutlich ins Leere laufen.

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass die Verwaltungen der Städte Bergkamen und Werne bzgl. des Projekts SURFWORLD und der erwartbaren Auswirkungen auf die Verkehrs- und Lärmbelastung bereits im Austausch stehen.

Insofern ist gewährleistet, dass dem grundsätzlichen Ziel des Antrags Rechnung getragen wird, früh im Sinne der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Bergkamen agieren zu können.

Bestandteile dieser Vorlage sind:

1. Das Deckblatt

2. Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung

3. 1 Anlage