Betreff
Anbindung der Stadt Bergkamen an den Schienenpersonennahverkehr (SPNV)
hier: Beschluss zum weiteren Verfahren
Vorlage
12/0502
Aktenzeichen
reu-ger
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Strukturwandel und Wirtschaftsförderung begrüßt die Erstellung einer Machbarkeitsstudie zur Anbindung der Stadt Bergkamen an den Schienenpersonennahverkehr durch den Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe/NWL. In der Weiterführung sollen die Nord- und Südvarianten im Sinne des Vorschlags der Verwaltung bearbeitet und bewertet werden.

 

Zudem wird die Verwaltung beauftragt, im Rahmen einer Teilfortschreibung bzw. Neuaufstellung des Nahverkehrsplans Kreis Unna auf eine zeitnahe Verbesserung der Anbindung der Stadt Bergkamen an die umliegenden Bahnhöfe in Kamen, Lünen, Werne, Hamm und Dortmund über das Busliniennetz hinzuwirken.

 

 

Sachdarstellung:

 

Die Herausforderungen des Klimaschutzes und der nachhaltigen Stadtentwicklung machen eine umfassende Verkehrswende mit dem Ziel einer klimaneutralen Mobilität notwendig. Im Integrierten Klimaschutzkonzept Bergkamen, das der Rat der Stadt Anfang 2019 beschlossen hat, werden daher im Handlungsfeld Mobilität als wesentliche Maßnahmen insb. die Förderung des Umweltverbundes und die Realisierung einer Anbindung an den SPNV postuliert.

 

Historie

 

In der Vergangenheit war die Stadt Bergkamen über die Hamm-Osterfelder-Bahnlinie mit den beiden Haltepunkten Oberaden und Bergkamen an den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) angebunden. Im Jahr 1983 wurde auf der gesamten Strecke der Personenverkehr eingestellt. Seitdem besteht aus bzw. nach Bergkamen nur noch über das Busliniennetz (Schnellbusverbindungen) eine Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln an die umliegenden Städte und insb. an das Oberzentren Dortmund. Nach der Anbindung Hertens an die Schiene in 2022 wird Bergkamen die größte Stadt in Deutschland ohne Bahnanbindung sein.

 

In den 1990er Jahren wurden gemeinsam mit den Dortmunder Stadtwerken Planungen aufgenommen, Bergkamen mittels einer „Regionalstadtbahn“ an das Straßen-/Stadtbahnnetz der Stadt Dortmund anzubinden, und dies über die Mitnutzung der Hamm-Osterfelder-Gleistrasse. Insbesondere aufgrund der im Jahr 1996 gesetzlich verankerten Regionalisierung des ÖPNV und der damit verbundenen ungelösten Finanzierung wurden diese Planungen anschließend nicht konkret weiter verfolgt. Auch nach heutigem Stand ist die Realisierung einer solchen Lösung äußerst unwahrscheinlich.

 

Aufgrund der Bedeutung einer Schienenanbindung für Bergkamen, aber auch für Lünen, Werne und Hamm wurde die Trasse als

 

·         Ziel der Raumordnung und Landesplanung im Gebietsentwicklungsplan Dortmund, Kreis Unna, Hamm dargestellt sowie im Entwurf des Regionalplan Ruhr

·         Ziel der Planung im wirksamen Flächennutzungsplan dargestellt und die Trasse (tlw. auch durch Grunderwerb) bis heute gesichert

 

 

Aktueller Sachstand

 

Der Beschluss des Integrierten Klimaschutzkonzeptes Bergkamen hat die Anbindung Bergkamens an die Schiene wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Zudem wurden im Sommer 2019 viele Züge insb. des Personen-Regional- und Fernverkehrs über die Hamm-Osterfelder-Bahnlinie und somit durch das Stadtgebiet Bergkamens umgeleitet, da die Schienenstrecke zwischen Dortmund und Kamen aufgrund von Gleisbauarbeiten über mehrere Wochen für den gesamten Zugverkehr gesperrt war. Dies führte sowohl in Bergkamen als auch im Kreis Unna zu Diskussionen und anschließenden politischen Beschlüssen, (wieder) konkret in Planungen zur Anbindung Bergkamens an den SPNV einzutreten, insb. aufgrund der vielfältigen Pendler-Verflechtungen in/aus Richtung Dortmund. Nach Vorlage der Beschlüsse und Auftaktgesprächen seitens der Verwaltungen von Stadt Bergkamen und Kreis Unna hat der Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) als Aufgabenträger für den SPNV in Westfalen eine erste Studie zu möglichen Trassenvarianten für eine SPNV-Anbindung Bergkamens in/aus Richtung Dortmund erstellen lassen. Diese wurden im Sommer 2021 in den zuständigen politischen Gremien der Stadt Bergkamen (Ausschuss für Stadtentwicklung, Strukturwandel und Wirtschaftsförderung am 21.06.2021; vgl. Drucksache Nr. 120262) und des Kreises Unna (Ausschuss für Mobilität, Bauen und Geoinformation am 30.08.2021) vorgestellt. Politische Beschlüsse zum weiteren Vorgehen wurden bislang noch nicht gefasst.

 

Vorschlag der Verwaltung zum weiteren Vorgehen

 

Die Regionalstadtbahn ist kein Produkt des SPNV. Planung, Bau und Betrieb wären Sache der beteiligten Städte bzw. der ÖPNV-Aufgabenträger, ggf. in Zusammenarbeit mit einem Betreiber, gewesen. Diese Lösung wurde daher vom NWL nicht geprüft.

 

Für die Planung, Organisation und den Betrieb von SPNV-Strecken ist der Zweckverband NWL verantwortlich. Hierzu gehören die Produkte  S-Bahn, Regionalbahn und Regional-Express. . Der SPNV-Anschluss Bergkamen ist sowohl hinsichtlich der technischen Infrastruktur, der Taktung auf der Schiene als auch hinsichtlich Personal- und Finanz-Kapazitäten  in diesem Zusammenhang zu sehen und muss sich hier einbinden.

 

Nach der vom NWL vorgelegten Vorstudie werden insgesamt sieben Varianten für die (Wieder-)Aufnahme Bergkamens in das SPNV-Netz dargelegt. Wesentlicher Unterschied ist die mögliche Trassenführung:

 

·         Einerseits aus Dortmund in Richtung Lünen mit Ausfädelung der Züge hinter dem Bahnhof Preußen auf die Hamm-Osterfelder-Bahnlinie in Richtung Bergkamen und als Alternative weiter bis Hamm Hauptbahnhof,

·         Andererseits aus Dortmund in Richtung Hamm mit Ausfädelung der Züge hinter dem Bahnhof Kamen auf die Strecke der ehem. Klöcknerbahntrasse in Richtung Bergkamen.

In allen Varianten wird eine Verkürzung der Fahrtzeit im Vergleich zum Schnellbus S30 um mindestens 11 Minuten erwirkt. Da diese Verbindung ab Busbahnhof Bergkamen (ZOB) berechnet wurde, kommen bei Fahrten aus/zu den Ortsteilen Oberaden, Heil, Rünthe und Overberge zusätzliche Reisezeiten hinzu. Die Ortsteilstruktur Bergkamens ist grundsätzlich eine maßgebliche Herausforderung bei der Entwicklung einer Schienenanbindung und der Verortung der/des Haltepunkte/s.

 

Aber auch äußere Einflüsse wie z. B. die Entscheidung für den bundesweiten „Deutschlandtakt“ haben bereits Fakten geschaffen, die sich direkt auf realistische Varianten der Schienenanbindung Bergkamens auswirken. Insbesondere die Schwerpunktsetzung auf den Ost-West-Verkehr auf der Strecke Dortmund-Hamm erschwert die Finanzierung einer 30‘-Takt-Anbindung über Lünen, da sämtliche Kosten von Dortmund Hbf. bis zum Anschluss an die Strecker der Hamm-Osterfelder bahn diesem Projekt in Rechnung gestellt werden müssten.

 

Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich aus Sicht der Verwaltung noch nicht mit ausreichender Sicherheit sagen, ob eine Anbindung Bergkamens an das SPNV-Netz tatsächlich umsetzbar ist und wenn ja, in welcher Variante.

 

In jedem Fall hätte eine solche SPNV-Anbindung weitreichende Konsequenzen für die gesamte räumliche Stadtentwicklung!

 

Das trifft auf das unmittelbare Infrastrukturangebot am Haltepunkt zu – d.h. das Flächenpotenzial für zusätzliche Mobilitätsangebote:

 

-   Umstieg in das weiterführende Busangebot

-   Service für den Fuß- und Radverkehr

-   Sharing-Angebote, …

Wenn die Verkehrswende gelingen soll, ist die Erreichbarkeit der Haltepunkte von besonderer Bedeutung. Die Attraktivität eines Haltepunkts nimmt mit der Anzahl der erreichbaren Personen zu. In der Lagebeurteilung sind daher folgende Annahmen zu betrachten:

 

-   die aktuell im Umfeld wohnende und arbeitende Bevölkerung,

-   das Potenzial zusätzlicher Wohngebiete im Umfeld des Haltepunkts

-   die Bewertung von Wohnbaulandreserven in anderen Ortsteilen, die zwar nicht direkt, grundsätzlich aber auch von der SPNV-Anbindung profitieren

-   der Immissionsschutz durch die Nähe der Bahn.

Die Verwaltung schlägt daher vor, folgende der bislang vorgestellten Varianten in einer Machbarkeitsstudie durch den NWL vertieft untersuchen zu lassen:

 

·         Nord-Variante

-   Variante 0: Dortmund-Bergkamen Monopol/Innenstadt als Pendelzug
In dieser Variante ist ein zusätzlicher Halt in Oberaden zu prüfen.

-   Variante 0.1: Zugpendelverkehr zwischen Bergkamen und Lünen/Preußen Bahnhof mit den Haltepunkten Oberaden und Monopol/Innenstadt

-   Bei einer Schienenanbindung über die Nordvariante sollte der Haltepunkt Monopol/Innenstadt aufgrund des Flächenpotenzials im Bereich der ehemaligen Zeche und des Einzugsbereiches gesetzt sein. Die Anbindung der Ortsteile über weiterführende Buslinien ist zu bewerten.

·         Süd-Variante

-   SPNV-Anbindung über Kamen als Weiterführung der S-Bahn 1 (S1)
Ziel sollte eine schnellere ÖV-Verbindung als die heutige mit Umstieg in Kamen sein. Die Vor- und Nachteile in einer Südvariante hinsichtlich zusätzlicher Haltestellen/Ziele, Fahrtzeiten und Wirtschaftlichkeit sind abzuwägen.

-   Darüber hinaus soll für den Streckenabschnitt auf der Klöcknerbahntrasse eine Detailprüfung des möglichen Querschnitts im Zusammenwirken zwischen S-Bahn und Radschnellweg RS1 vorgelegt werden.

-   In der Südvariante ist der Endhaltepunkt im Bereich Heinrichstraße/Kuhbachtrasse zu verorten.

-   Die Anbindung des Stadtzentrums und der Stadtteile über weiterführende Buslinien ist zu prüfen, um die Attraktivität der Süd-Variante bewerten zu können.

Die Verlängerung der Strecke der S-Bahn 1 von Dortmund über den „Evinger Bogen“ nach Bergkamen soll nicht weiterverfolgt werden, da allein die Kosten für ein neues Brückenbauwerk östlich des Hauptbahnhofs in Dortmund die Realisierung unwahrscheinlich machen.

 

Die Weiterführung des Pendelzuges über die Hamm-Osterfelder-Bahn bis nach Hamm ist aus Sicht der Verwaltung nicht zielführend. Die Haltepunkte an der heutigen Güterbahnstrecke liegen weit abseits der Bergkamener Siedlungsbereiche. Eine Verbesserung der Anbindung der Ortsteile Rünthe und Overberge kann damit nicht bewirkt werden. Zudem ist das Ausfädeln und anschließende Wenden zum/am Haltepunkt Monopol/Innenstadt für die Weiterfahrt in Richtung Hamm zeitaufwändig und daher unattraktiv.

 

Während die bislang vorliegende Studie die „verkehrliche Aufgabenstellung definiert“, erfolgt in einer nun folgenden Machbarkeitsstudie die Konkretisierung. Gegenstand dieser Machbarkeitsstudie ist

 

·         die Ermittlung einer Vorzugsvariante für den SPNV-Anschluss Bergkamen,

·         deren verkehrlicher und volkswirtschaftlicher Nutzen,

·         die Möglichkeiten der Realisierung, möglicherweise auch in Teilabschnitten.

·         Erforderlich hierzu ist für bestimmte Teilabschnitte der Neubau der Infrastruktur. Zu untersuchen sind hier die verkehrlichen, betrieblichen und technischen Machbarkeiten.

·         In diesem Stadium der Planung werden zudem die Eigentümerstruktur für die in Anspruch zu nehmenden Flächen bewertet und die erforderlichen Planverfahren dargestellt.

Der NWL hat bereits die notwendigen Finanzmittel für die Erstellung einer solchen Machbarkeitsstudie für das Jahr 2022 eingeplant. Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie können voraussichtlich für Ende 22/Anfang 23 erwartet werden.

 

Ergänzend: Kurzfristige Verbesserung des Busliniennetzes

 

Unabhängig von der Frage, welche der weiter zu untersuchenden Varianten anschließend weiter verfolgt und zukünftig umgesetzt wird, ist eine Regelanbindung Bergkamens an das SPNV-Netz nicht vor dem Jahr 2040 zu erwarten. Daher sollte aus Sicht der Verwaltung kurzfristig - quasi als „Ersatzlösung“ – die Anbindung Bergkamens an die umliegenden Bahnhöfe (Kamen, Lünen, Werne, Hamm/W. und Dortmund) über eine deutliche Verbesserung des Busliniennetzes (Linienoptimierung, Taktverdichtung, etc.) erreicht werden. Dabei sollen auch On-Demand-Angebote als flexible Alternativ geprüft werden. Auf Antrag der CDU hat der Rat am 25.11.2021 die Erstellung eines entsprechenden Mobilitätskonzeptes beschlossen. Haushaltsmittel stehen zur Verfügung.

 

Die Förderung dieser Busanbindungen als „Überbrückungslösung“ soll gemeinsam mit dem Kreis Unna und dem Zweckverband Mobilität Ruhr-Lippe eruiert werden. Entsprechendes sollte bei der anstehenden Neuaufstellung/Fortschreibung des  Nahverkehrsplans durch den Kreis Unna berücksichtigt werden.

 

 

 

 

Bestandteile dieser Vorlage sind:

1. Das Deckblatt

2. Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung

 

 

Der Bürgermeister

In Vertretung

 

 

 

 

Ulrich

Beigeordneter und Stadtkämmerer

 

 

Amtsleiter

 

 

 

 

Reichling

Sachbearbeiterin

 

 

 

 

Reumke