hier: Sachstandsbericht
Beschlussvorschlag:
Der Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz nimmt den Sachstandsbericht über Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für den Eingriff in Natur und Landschaft durch Bauprojekte der Stadt Bergkamen zur Kenntnis.
Sachdarstellung:
Die Verwaltung hat 2009 letztmalig über Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen im
Rahmen der Bauleitplanung berichtet, da seit 2010 kein Bebauungsplan mit einer
Kompensationsverpflichtung mehr aufgestellt wurde.
Jetzt hat die Fraktion DIE LINKE um einen Bericht über Kompensationsmaßnahmen bei städtischen Bauprojekten gebeten. Dies wurde in der Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Klimaschutz am 29.04.2021 bestätigt.
Die Verwaltung legt hiermit eine aktuelle Bestandsaufnahme
vor.
A. Rechtsgrundlagen
Die Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft ist
im Bundesnaturschutzgesetz (BNaSchG) geregelt. Eingriffe im Sinne dieses
Gesetzes sind Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen oder
Veränderungen des Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und
Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich
beeinträchtigen können.
Nach § 15 BNatSchG ist jeder Verursacher eines Eingriffs zunächst verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen. Als vermeidbar wird angesehen, wenn zumutbare Alternativen, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck am gleichen Ort ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu erreichen, gegeben sind. Soweit Beeinträchtigungen nicht vermieden werden können, ist dies zu begründen.
Sind Beeinträchtigungen unvermeidbar, sind diese durch Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen zu kompensieren. Hierbei handelt es sich um Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege, durch die die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in gleichartiger Weise wiederhergestellt werden und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet wird.
Eingriffe sind in der Regel alle Baumaßnahmen. Dabei gilt folgendes Vorgehen:
Bei der Aufstellung, Änderung und Aufhebung von Bauleitplänen und Satzungen nach § 34 Abs. 4 S.1 Nr.3 BauGB, die Vorhaben ermöglichen, die einen Eingriff nach BNaSchG darstellen können, ist über Ausgleich und Ersatz bereits im Verfahren zu entscheiden. Dementsprechend erfolgt zunächst eine Alternativenprüfung um vermeidbare Beeinträchtigungen auszuschließen. Bei im Ergebnis unvermeidbaren Beeinträchtigungen sind entsprechende Festsetzungen zu treffen; Umsetzung und Unterhaltung sind sicherzustellen. Kann ein Eingriff nicht in angemessener Frist ausgeglichen oder ersetzt werden, kann eine Ersatzzahlung für ein Öko-Konto oder einen Flächenpool geleistet werden.
Ausnahmen gelten bei Bebauungsplänen der Innenentwicklung nach § 13a BauGB. Hier gelten Eingriffe als „vor der planerischen Entscheidung erfolgt oder zulässig“.
Vorhaben im Geltungsbereich von Bebauungsplänen sind dann selbst nicht mehr ausgleichspflichtig, da die Ausgleichs- und Ersatzpflichten bereits im Bauleitplanverfahren festgelegt werden; es sei denn, es sind Maßnahmen auf den einzelnen Grundstücken festgesetzt.
Vorhaben im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB werden in der Regel nicht als Eingriff gewertet.
Bei Vorhaben im Außenbereich nach § 35 BauGB findet die Eingriffsregelung für den konkreten Einzelfall Anwendung.
Für Planfeststellungsverfahren gilt ebenfalls die Ausgleichs- und Ersatzpflicht (z. B. durch dritte Baulastträger z. B. Straßen NRW).
B. Bestandsaufnahme
In der als Anlage beigefügten tabellarischen
Bestandsaufnahme werden nur die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen aus den
Bauleitplänen der Stadt Bergkamen bilanziert.
Städtischerseits bestehen über die Bauleitpläne hinaus grundsätzlich auch projektbezogene Ausgleichsverpflichtungen, denen nachgekommen werden muss. Im Bereich des Hochbaus erfolgten in den letzten Jahren lediglich Sanierungen und Erweiterungen, die nicht kompensationspflichtig sind. Straßen- und Wege-Neubaumaßnahmen erfolgten ausschließlich durch Erschließungsträger im Bereich von rechtskräftigen Bebauungsplänen. Die Kosten der dort festgesetzten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen wurden anteilig den Erschließungsträgern in Rechnung gestellt. Weitere Straßen-Neubauprojekte erfolgten nur durch dritte Baulastträger (z. B. Straßen.NRW). Kompensationspflichtige Grün-, Spiel- und Sportanlagen wurden im Berichtszeitraum nicht erstellt. Bei den Maßnahmen des SEB war in den letzten Jahren lediglich der Neubau des Betriebsgebäudes an der Ernst-von-Bodelschwingh-Straße ausgleichpflichtig. Hier ist eine Ausgleichszahlung an den Kreis Unna erfolgt.
1.
System
der Bilanzierung in der Bauleitplanung
Oberstes Ziel der städtischen
Planung ist der sparsame und schonende Umgang mit Grund und Boden. Vorrangig
sollen Maßnahmen der Innenentwicklung, der Nachverdichtung sowie die
Wiedernutzbarmachung von Brachflächen umgesetzt werden.
Dementsprechend sind seit 2010 folgende Bebauungspläne der Innenentwicklung bzw. Nachverdichtung und städtebaulichen Steuerung bereits bebauter Bereiche zur Rechtskraft gebracht worden:
- BK 119 „Maiweg“
·
BK
121 VEP Nahversorgungsstandort Geschwister-Scholl-Straße.
·
OA
115 „Zum Oberdorf“
·
OA
122 Jahnstraße/Museumsplatz
·
RT
96 „Rünthe Ost“
·
WD
118 „Berliner Straße.
Folgende Bebauungspläne der
Innenentwicklung befinden sich im Verfahren:
·
BK
126 Nahversorgungsstandort Am Roggenkamp
·
OA
125 Jahnstraße/ Hermann-Stehr-Straße
·
WD
124 Rathausviertel West.
Die Bebauungspläne
·
OA
120 „Wasserstadt Aden“
·
WD
103 „Waldsiedlung Weddinghofen“
dienen der Reaktivierung
ehemaliger Bergbauflächen.
Lediglich der Bebauungsplan Nr. BK 119 „Maiweg“ wurde für eine
Außenbereichsfläche aufgestellt. Zur Schaffung von Wohnraum sind bis zum
Dezember 2022 derartige Bebauungspläne nicht ausgleichspflichtig, wenn eine
Grundfläche von 10.000 qm nicht überschritten wurde. Danach wurde auch bei der
Aufstellung dieses Bebauungsplanes
verfahren.
Die grundsätzliche Eignung der Flächen für eine Bebauung wird im Flächennutzungsplan geprüft. In den verbindlichen Bauleitplanverfahren erfolgt auf diesen Flächen zunächst eine ergebnisoffene Alternativenprüfung hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung und städtebaulichen Dichte. Dabei wird zunächst geprüft, ob Beeinträchtigungen für Naturhaushalt oder Landschaftsbild unterlassen werden können. Sind Beeinträchtigungen unvermeidbar, gilt das Minimierungsgebot. Für mögliche Beeinträchtigungen werden Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen festgesetzt bzw. Ersatzzahlungen an die Untere Naturschutzbehörde des Kreises Unna in einem städtebaulichen Vertrag festgelegt.
Der Ausgleich der zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft erfolgt über geeignete Festsetzungen oder Maßnahmen zum Ausgleich. Soweit dies mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung und den Zielen der Raumordnung sowie des Naturschutzes und der Landschaftspflege vereinbar ist, können die Festsetzungen auch an anderer Stelle als am Ort des Eingriffs erfolgen.
Die Untere Landschaftsbehörde hat eine "Bewertungsgrundlage für Eingriffe und deren Kompensation" als Handlungsanweisung herausgegeben, die es der Stadt ermöglicht, in Eigenregie eine Bilanzierung durchzuführen. Bei komplexen Sachverhalten werden externe Gutachten eingeholt.
2.
Festsetzungen
Für Ausgleichs-und Ersatzmaßnahmen
wurden in den Bebauungsplänen folgende Festsetzungen getroffen:
·
Wald
Diese Festsetzung bietet sich in der Regel nur an, wenn dadurch vorhandene
Waldflächen ergänzt und erweitert werden können. Kleine Waldinseln in bebauten
Gebieten sind dauerhaft nicht geeignet.
·
Pflege-
und Entwicklungsmaßnahmen für Natur und Landschaft
Diese Festsetzung ist in der Regel nur im Übergangsbereich zur freien
Landschaft sinnvoll.
·
Anpflanzen
von Bäumen und Sträuchern
Hier hat sich über die Jahre gezeigt, dass private Anpflanzungen in den
Vorgartenbereichen in Gewerbegebieten nicht geeignet sind, da wirtschaftliche
Anpassungen und Umstrukturierungen der Betriebe zusätzliche Anforderungen auch
in diesen Bereichen auslösen. Sie werden oft als Arbeits- oder Lagerflächen,
für Stellplätze oder für Werbeanlagen genutzt. Wirksame Ausgleichs- und
Ersatzmaßnahmen entstehen daher dauerhaft nicht.
·
Öffentliche
und private Grünflächen
In öffentlichen Grünflächen in den Baugebieten ist der Nutzungsdruck nach
Spiel- und Freizeitangeboten oft so groß, dass diese Flächen schnell durch
"Trampelpfade" in Besitz genommen und zu Spiel- und
Aufenthaltsflächen umgenutzt werden. Diese Festsetzung eignet sich als
wirkungsvolle Ausgleichsmaßnahme daher nur bei ausreichender Größe und mit
Übergang zur freien Landschaft.
·
Externe
Festsetzungen
Aufgrund der zuvor geschilderten Erfahrungen und Erkenntnisse wurden zunehmend
externe Kompensationsmaßnahmen festgesetzt. Diese Maßnahmen außerhalb der
Bebauungsgebiete haben sich bewährt, weil hier zusammenhängende Flächen
ökologisch aufgewertet werden können. In den meisten Fällen wurden
Aufforstungen in Overberge festgesetzt. So kann hier langfristig eine
zusammenhängende Waldfläche entstehen, die bereits im Flächennutzungsplan als
Ziel der Planung dargestellt ist.
Nach BNatSchG ist bei der Inanspruchnahme von land- oder forstwirtschaftlich
genutzten Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf agrarstrukturelle
Belange Rücksicht zu nehmen. Insbesondere sind für die landwirtschaftliche
Nutzung besonders geeignete Böden nur im notwendigen Umfang in Anspruch zu
nehmen. Es ist zu vermeiden, dass Flächen aus der Nutzung genommen werden.
3. Ersatzgeld, Finanzierung.
Aufgrund der
geringen Flächenverfügbarkeit, der mangelnden Eignung sowie der extrem
gestiegen Grunderwerbskosten bei Ausgleichmaßnahmen bietet sich die Zahlung
eines Ersatzgeldes an. Diese Möglichkeit wurde in den letzten Jahren zunehmend
genutzt. Die Ersatzgeldzahlung erfolgte an die Untere Naturschutzbehörde des
Kreises Unna, die zusammenhängende, großflächige Maßnahmen und den
entsprechenden Grunderwerb mit diesem Geld finanziert. Entsprechende
Festlegungen werden in städtebaulichen Verträgen getroffen.
Diese Möglichkeit
wurde auch in den Fällen genutzt, in denen die festgesetzten
Kompensationsmaßnahmen nicht realisiert werden konnten. Gründe sind zu hohe
Kosten, die Flächenverfügbarkeit und Flächenkonkurrenzen. Beim B-Plan Nr. RT
108 beispielsweise konnte das geplante Feuchtbiotop nördlich des Forellenhofes
aufgrund der hohen Kosten nicht umgesetzt werden. Die im B-Plan Nr. OA 100
„Dorndelle“ festgesetzten Flächen für Maßnahmen zur Pflege und Entwicklung von
Natur und Landschaft wurden vom Eigentümer selbst als Kompensationsfläche
benötigt. In anderen Fällen konnte der erforderliche Grunderwerb nicht getätigt
werden.
Die Finanzierung
der öffentlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen erfolgt über die privaten
Erschließungsträger bzw. mit städtischen Mitteln. Die auf den privaten
Grundstücken festgesetzten Pflanzgebote erfolgen durch die Eigentümer.
C.
Sachstand
Der aktuelle Stand der Umsetzung der Ausgleichs- und
Ersatzmaßnahmen ist in der Anlage 1 tabellarisch aufgeführt.
Bis heute wurden mit wenigen Ausnahmen alle Kompensationsmaßnahmen durchgeführt. Ersatzweise wurde teilweise in ein Öko-Konto des Kreises Unna eingezahlt.
Für den Bereich des Bebauungsplanes Nr. BK 101/I „Büscherstraße/Himmeldiek“ soll die öffentliche Grünfläche aufgrund der Insolvenz des Erschließungsträgers in 2022 durch die Stadt hergestellt werden. Die ausstehenden Kompensationsmaßnahmen im Geltungsbereich des B-Planes Nr. 100 „An der Dorndelle“ sollen durch eine Ersatzgeldzahlung an den Kreis Unna abgegolten werden.
D. Hinweis
Die Pläne in der Anlage 1 sind im PDF-Format direkt mit den
entsprechenden Bebauungsplänen verlinkt. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit
die Bebauungspläne auch unter stadtplanung-bergkamen.de einzusehen.
Bestandteile dieser Vorlage sind:
1. Das Deckblatt
2. Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung
3. 1 Anlage
Der Bürgermeister In Vertretung Dr.-Ing. Peters Erster Beigeordneter |
|
Amtsleiter Reichling |
Sachgebietsleiterin Reumke |
|