hier: Externes Gutachten und Entscheidung über Erhalt / Translozierung
Beschlussvorschlag:
Der Rat der Stadt
Bergkamen spricht sich nach Auswertung des externen Gutachtens und aufgrund der
Kostensituation bzw. finanziellen Rahmenbedingungen gegen den Erhalt des
Schachtgerüstes Haus Aden in kommunaler Baulastträgerschaft aus.
Sachdarstellung:
Der Geschichtskreis Haus Aden / Grimberg 3/4 und weitere Unterstützer
wünschen den Erhalt des Schachtgerüsts Haus Aden 2. Es handele sich um eine
stadtbildprägende Landmarke, die Teil der Erinnerungskultur an die bergbauliche
Vergangenheit der Stadt Bergkamen sein könne. Die Verwaltung hat daher unter
Einschaltung externer Gutachter unterschiedliche Szenarien zum Erhalt
untersucht.
1.
Erhalt am heutigen Standort
Die RAG plant am Standort in der entstehenden Wasserstadt Aden ein
Maschinenhaus, in dem sich eine Brunnenanlage mit Hebeeinrichtung für die
Pumpen und Rohrleitungen befinden wird, die zukünftig den Grubenwasserspiegel
des östlichen Ruhrgebiets reguliert. Als eine von sechs aktiven Wasserhaltungen
erfüllt die Anlage damit dauerhaft eine zentrale Funktion bei der notwendigen
Bewältigung der Bergbaufolgen für den Wasserhaushalt im gesamten Ruhrgebiet. Bei
der RAG als Eigentümerin und Nutzungsberechtigte am Standort wurde daher der
Wunsch vorgetragen, den Förderturm zu erhalten und in das Umbaukonzept zur
Grubenwasserhaltung einzubinden.
Diesen Vorschlag hat die RAG negativ beschieden. Der Erhalt des Schachtgerüsts
sei mit diesen Planungen nicht vereinbar. Das Maschinenhaus passe nicht unter
die vorhandene Konstruktion. Es solle auf dem Fundament des zurückgebauten
Schachtgerüsts errichtet werden, um die enorme Gesamtlast der Hebetechnik sowie
der drei eingehängten Rohrleitungen von jeweils 500 Tonnen in den Baugrund
abzuleiten. In diesem Fall sei die Statik der verbleibenden Stahlkonstruktion
nicht länger gewährleistet. Das Gerüst müsse völlig umgestaltet werden. Das
Aussehen würde sich grundlegend ändern, die Gesamterscheinung entstellt.
Als Alternative käme eine Translozierung an einen anderen Standort
infrage.
2.
Translozierung an einen anderen Standort
Als Voraussetzung dazu benennt die RAG folgende Bedingungen:
- Die RAG bleibt nicht länger
Eigentümerin des Fördergerüsts.
- Der neue Eigentümer übernimmt die
Kosten für den Umzug des Gerüsts sowie alle notwendigen bauseitigen
Verpflichtungen.
- Der neue Eigentümer übernimmt alle
rechtlichen Verpflichtungen.
Die Verwaltung hat daraufhin die Translozierung an einen anderen
Standort geprüft.
Um dem Fördergerüst die Sinnhaftigkeit nicht komplett zu entziehen, käme
nur ein Standort in unmittelbarer Umgebung in Betracht.
Daher wurde zunächst die Versetzung auf dem RAG-Grundstück geprüft. Das
Grundstück wird in Gänze für die Durchführung zwingend erforderlicher Arbeiten
am Standort benötigt. Einschränkungen will die RAG insbesondere aus Erwägungen
der Arbeitssicherheit nicht hinnehmen. Aus diesen Gründen scheidet eine
Versetzung innerhalb der für die zentrale Wasserhaltung Haus Aden vorgesehenen
Fläche aus.
Östlich angrenzend stehen im Bereich der heutigen Trafostation
potenziell geeignete Flächen zur Verfügung. Diese sind im Bebauungsplan Nr. OA
120 „Wasserstadt Aden“ als Gewerbegebiet festgesetzt und werden über den
Adenboulevard erschlossen. Diese Flächen werden im Rahmen der Baureifmachung
für die Wasserstadt Aden als tragfähige Bauflächen aufbereitet und könnten die
erforderlichen Massen mit geringfügiger Ertüchtigung aufnehmen. Die RAG Montan
Immobilien GmbH als Eigentümerin dieser Grundstücke kann sich eine Versetzung
des Fördergerüsts dorthin grundsätzlich vorstellen. Voraussetzung sind der
Erwerb der Flächen in einer Größe von rd. 4.000 qm, keine Beeinträchtigung der
umliegenden Grundstücke (z.B. Abstandsflächen) und die jederzeitige
Erreichbarkeit des Wasserhaltungsstandortes.
Eine Versetzung auf die Fläche des westlich anschließenden Adenparks
kommt aufgrund der Tragfähigkeit des Untergrunds nicht in Frage.
Seitens der Verwaltung wurde daher eine Machbarkeitsstudie zur Umsetzung
des Fördergerüsts an das mit bergbaulichen Hochbauanlagen vertraute
Architekturbüro Dipl.-Ing. Heinrich Böll (Essen) in Auftrag gegeben. Aufgrund
spezieller statischer Fragestellungen wurden Ripkens Wiesenkämper Beratende
Ingenieure eingebunden. Das Ergebnis liegt seit Ende Januar vor. Den Fraktionen
wurden das Gutachten in Gänze zur Verfügung gestellt.
Demnach ist die Versetzung des Doppelstreben-Fördergerüstes „Schacht
Aden 2“ technisch möglich. Der Gutachter hat dazu drei technische Varianten
geprüft. In Konzeption 1 wird ein Versetzen in Teilen jeweils kleiner 50 Tonnen vorgeschlagen, in
Konzeption 2 in größeren Teilen und in der Konzeption 3 im Ganzen.
Die Konzeption 1 sei aus wirtschaftlichen Gründen zu favorisieren. Auch
zeitliche Gründe sprächen dafür, da geeignete Kräne, welche die großen Lasten
nach den Varianten 2 und 3 tragen können, langfristig ausgebucht seien.
Die Sanierung und Umsetzung kalkuliert der Gutachter mit rd. 2,1 Mio. €.
Dazu kommen weitere Kosten für den Erwerb des Grundstücks und für eine
Zwischenlagerung. Der Gutachter legt anhand der notwendigen
Genehmigungsverfahren im Bergrecht dar, dass eine kurzfristige Versetzung auf
das angedachte Grundstück nicht möglich sein wird. Auch die Baureifmachung
dieser Flächen ist noch nicht erfolgt. Im Ergebnis ist eine Zwischenlagerung
der demontierten Teile erforderlich.
Die Verwaltung rechnet daher mit Kosten von ca. 3 Mio. €, die sich wie
folgt aufteilen:
Gewerk |
Kosten in € |
Versetzung, Sanierung |
2.100.000 |
Grundstück |
200.000 – 300.000 |
Zwischenlagerung |
300.000 |
Einfriedigung,
Beleuchtung, Beschilderung |
100.000 |
10 % Sicherheitszuschlag |
300.000 |
Summe ca. |
3.000.000 |
Hinzu kommen Kosten für die dauerhafte Unterhaltung, Wartung und den
Betrieb bei Führungen, Veranstaltungen usw.
Angesichts dieser immensen Kostendimension rät die Verwaltung von der
Versetzung des Fördergerüsts in kommunaler Baulastträgerschaft ab.
Der Ratsbeschluss ist zum jetzigen Zeitpunkt erforderlich, da die RAG
mit der bereits vorliegenden bergrechtlichen Genehmigung den Rückbau jederzeit
einleiten kann und will. Nach Zeitplan der RAG könnte der Rückbau Ende Februar
beginnen. Die Entscheidung sollte zudem kurzfristig erfolgen, da ansonsten
durch diese Maßnahme zwei Großbaustellen Wasserstadt Aden und Bau der
Grubenwasserleitung auf engstem Raum beeinträchtigt bzw. verzögert werden
könnten. Dies wäre mit zusätzlichen Restriktionen für die bauausführende „ARGE
Wasserstadt“ mit der Folge von Kostensteigerungen verbunden. Auch hinsichtlich
der weiteren Planungen zum nationalen Städtebauprojekt ist die Entscheidung
jetzt herbeizuführen, da bereits Fördermittel beim Bund für 2021 für dieses
Projekt eingeplant sind und verloren gehen könnten.
Natürlich soll in der ehemals größten Bergbaustadt die Erinnerung an die
bergbauliche Vergangenheit auch in Zukunft eine Rolle spielen. Haus Aden ist
einer der sechs zentralen Wasserhaltungsstandorte - als Teil der so genannten
„Ewigkeitsaufgabe“ der RAG. Daher besteht die Chance, dieses neue Kapitel des
Bergbaus auch als Symbol zu begreifen und als neuen architektonischen
Identifikationsort zu gestalten. Der Rat hat daher in seiner Sitzung am
19.02.2020 diese Maßnahme beschlossen und die Verwaltung beauftragt, diese Idee
als Projekt des Nationalen Städtebaus anzumelden und eine Förderung zu
beantragen. Das Bergkamener Projekt wurde aus 98 angemeldeten Maßnahmen
ausgewählt und in die Förderung aufgenommen. Bergkamen kann damit erstmals ein
Projekt des Nationalen Städtebaus umsetzen. Mit der Wasserstadt Aden
entsteht ein innovatives Wohn- und
Arbeitsquartier, das bereits heute nationale und internationale Aufmerksamkeit
erzeugt. Mit diesem Zukunftsprojekt sind hohe Qualitätsstandards an Städtebau
und Baukultur eingeführt. Die Architektur des Hebewerks soll an diesen
Qualitätsanspruch anknüpfen.
Die RAG hat dabei ihre Mitwirkung bereits bestätigt. Die ersten
weiterführenden Gespräche haben stattgefunden.
Neben der Transformation in eine neue Zeit in der Wasserstadt Aden
sollen in Bergkamen einzigartige Bergbaurelikte als wesentlicher Bestandteil
der Erinnerungskultur erhalten bleiben: Am Standort Neu-Monopol kann ein
bergbauliches Ensemble in unmittelbarer Innenstadtnähe erhalten werden. Die
notwendigen Vorarbeiten für eine Inwertsetzung des Standorts wurden mit dem
Integrierten Handlungskonzept „Bergkamen MITTENDRIN“ bereits eingeleitet.
Dritter wichtiger Baustein der Erinnerungskultur ist die museale
Präsentation im Stadtmuseum, die im Wesentlichen vom ehrenamtlichen Engagement
des Geschichtskreises Haus Aden / Grimberg 3/4 getragen wird.
Mit diesen drei Bausteinen kann die prägende Epoche des Bergbaus in
Bergkamen lebendig gehalten und ein neues Kapitel in die Zukunft aufgeschlagen
werden.
Bestandteile dieser Vorlage sind:
1. Das Deckblatt
2. Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung
Der Bürgermeister Bernd
Schäfer |
Der Bürgermeister In Vertretung Dr.-Ing. Peters Erster Beigeordneter |
Amtsleiter Reichling |
Sachbearbeiterin Reumke
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