Beschlussvorschlag:
Der Ausschuss für Umwelt, Bauen und Verkehr der Stadt Bergkamen stimmt dem vorgeschlagenen Ausbaukonzept zu.
Sachdarstellung:
Gemäß den Vorgaben
des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) ist für die Nutzung des öffentlichen
Personennahverkehrs bis zum 1. Januar 2022 eine vollständige Barrierefreiheit
zu erreichen, um die Belange der in ihrer Mobilität oder sensorisch
eingeschränkten Menschen zu berücksichtigen. Einzelheiten hierzu sind in den
Nahverkehrsplänen zu regeln (§ 8 Abs. 3 PBefG).
Der Kreis Unna ist
Aufgabenträger der Nahverkehrsplanung im Sinne des § 8 Abs. 3 PBefG.
In dieser Funktion definiert er „Anforderungen an Umfang und Qualität, dessen
Umweltqualität sowie die Vorgaben für die verkehrsmittelübergreifende
Integration der Verkehrsleistungen in einem Nahverkehrsplan. Der
Nahverkehrsplan hat die Belange der in ihrer Mobilität oder sensorisch
eingeschränkten Menschen mit dem Ziel zu berücksichtigen, für die Nutzung des
öffentlichen Personennahverkehrs bis zum 1. Januar 2022 eine vollständige
Barrierefreiheit zu erreichen. Die (…) Frist gilt nicht, sofern in dem
Nahverkehrsplan Ausnahmen konkret benannt und begründet werden.“ (vgl. § 8
Abs. 3 PBefG)
Der Kreis Unna hat
in seiner Nahverkehrsplanfortschreibung 2019 Aussagen zum Thema
Barrierefreiheit bei Bushaltestellen getroffen. Nach den Vorgaben des
Nahverkehrsplans sollen die Städte und Gemeinden im Kreis Unna ein kommunales
Ausbaukonzept erstellen, in diesem eine Priorisierung vornehmen und auch
begründen, warum einzelne Haltestellen ggf. von einem Ausbau ausgenommen werden
können. Das Ausbaukonzept soll mindestens drei Ausbaustufen umfassen:
·
Ausbau bis 2022
·
Ausbau ab 2022
·
Ausbau entfällt, da kein aktueller Bedarf erkennbar
ist.
Ein Ausbau kann
begründet beispielsweise dort entfallen, wo ausschließlich TaxiBus-Linien
verkehren oder bei Haltestellen ohne Nutzung von Mobilitätseingeschränkten.
Über die
Ausbaustufen kann dokumentiert werden, dass zwar nicht zum Stichtag, aber doch
perspektivisch eine Barrierefreiheit bei den Haltestellen erzielt wird. Nach
den Vorgaben des Nahverkehrsplans sollen die Konzepte im Jahr 2019 erstellt und
mit weiteren Akteuren (z. B. Straßenbaulastträger, lokales
Verkehrsunternehmen) abgestimmt werden.
Die
Barrierefreiheit bezieht sich auf die Fahrzeuge und die Haltestellen. Für die
Fahrzeuge sind die Verkehrsunternehmen zuständig, im Kreis Unna die
Verkehrsgesellschaft Kreis Unna (VKU). Die Schaffung der Barrierefreiheit bei
den Haltestellen obliegt den jeweiligen Straßenbaulastträger, innerhalb der
Ortsdurchfahrten und damit für die überwiegende Anzahl der Haltestellen sind in
der Regel die Kommunen zuständig.
Ein barrierefreier
Haltestellenausbau umfasst immer die gesamte Haltestelle mit allen
Abfahrtspositionen. Im Nahverkehrsplan wird eine Pflichtausstattung für alle
Haltestellen empfohlen. Seitens des Baulastträgers sind dabei folgende Dinge
umzusetzen:
·
Hochbord, d. h. ein Bordstein mit 16 cm
Höhe,
·
taktile Leitelemente (Leitstreifen), d. h. eine
Pflasterung, die Sehbehinderte leitet; dabei ist mindestens eine
Auffindestreifen und ein Aufmerksamkeitsfeld auf Höhe der vordersten Tür
vorzusehen,
·
Kontrastreiche Oberfläche, d. h. eine farbliche
Trennung von Blindenleitsystem und weiterer Oberfläche.
Darüber hinaus ist
teilweise erforderlich, auch die Zuwegung der Haltestelle umzugestalten, um die
Verkehrssicherheit zu erhöhen. Dazu zählen auch die Schaffung einer
Querungshilfe (z. B. Mittelinseln, Ampeln, Zebrastreifen) oder die
Einschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf maximal Tempo 30. Für
diese Maßnahmen ist neben einer Abstimmung zwischen Kommune und
Verkehrsunternehmen der Einbezug weiterer Akteure (Kreispolizeibehörde,
Straßenverkehrsbehörde, Behindertenbeirat) erforderlich.
Seitens des
Verkehrsunternehmens sollen die Aushänge kontrastreich gestaltet werden
(farbliche Trennung der Abfahrtszeiten nach Wochentagen, mindestens im Format
DIN A 3). Zudem wird die Anbringung von Sicherheitsringen empfohlen als
temporäre Ergänzung bei wichtigen Bushaltestellen, die noch über kein
Blindenleitsystem verfügen.
Situation in Bergkamen
In Bergkamen gibt
es insgesamt 203 Bushaltestellen. Unter einen Namen fallen dabei in der Regel
zwei Haltemöglichkeiten, eine je Fahrtrichtung. Da sich der Ausbauzustand
unterschiedlich darstellt, werden alle Haltemöglichkeiten als jeweils einzelne
Bushaltestelle erfasst.
Eine vollständige
Barrierefreiheit ist derzeit nur bei 16 Haltestellen im Stadtgebiet Bergkamen
gegeben bzw. wird aktuell durch entsprechende Baumaßnahmen geschaffen. Im Zuge
von Straßenbaumaßnahmen werden die angrenzenden Haltestellen in der Regel
barrierefrei umgebaut, so zuletzt im Bereich Leibnizstraße und Am Römerberg.
Für die
Haltestellen ist außerhalb der Ortsdurchfahrten der jeweilige
Straßenbaulastträger der zugehörigen Straße verantwortlich, d. h. er
erstellt die Planung und trägt die Kosten für den barrierefreien Umbau. 25
Haltestellen fallen aufgrund ihrer Lage an Kreisstraßen in die Zuständigkeit
des Kreises Unna, 23 Haltestellen fallen aufgrund ihrer Lage an Bundes- und
Landstraßen in die Zuständigkeit von Straßen.NRW. Innerhalb der
Ortsdurchfahrten obliegt der Umbau der Haltestellen der Kommune, sofern die
Haltestelle nicht auf der Straße selbst, sondern jenseits des Fahrbahnrandes
liegt.
Die Anzahl von insgesamt
155 Haltestellen in kommunaler Zuständigkeit lässt vor dem Hintergrund der
personellen und finanziellen Ausstattung voraussichtlich nicht zu, alle
Haltestellen bis zum 1. Januar 2022 barrierefrei umzugestalten. Wie oben
dargestellt ist es jedoch gemäß Personenbeförderungsgesetz möglich, über den
Nahverkehrsplan Ausnahmen zu definieren. Hierzu muss ein Zielkonzept erarbeitet
werden, in dem die Rangfolge des Haltestellenumbaus festgelegt und begründet
ist. Für Bergkamen ist seitens der Verwaltung nunmehr ein solches Ausbaukonzept
erstellt worden, das hiermit vorgelegt wird.
Strukturierung des Ausbaubedarfs
Alle Haltestellen
im Stadtgebiet wurden im Zuge der Nahverkehrsplanfortschreibung 2013 durch das
Büro Planersocietät in einem Haltestellenkataster erfasst. Neben der Lage und
Frequenz war hierbei auch die Barrierefreiheit ein Thema. So wurde für alle
Haltestellen ermittelt, wie die Zuwegung beschaffen ist und ob Hochbord und
taktiler Leitstreifen vorhanden sind. Da die Erhebung der Daten bereits
zwischen Herbst 2012 und Frühjahr 2013 durchgeführt wurde, sind die Angaben für
die Haltestellen nicht mehr überall auf dem aktuellen Stand. Insbesondere durch
die Nahverkehrsplanteilfortschreibung 2016 und die damit verbundenen Änderungen
auf der Nord-Süd-Achse Werne – Bergkamen – Kamen und in Bergkamen-Mitte stimmen
die Angaben über die Linien, die an einzelnen Haltestellen verkehren, nicht
überein. Daher wurde das Haltestellenkataster fortgeschrieben und aktualisiert.
Auf Basis des
Fahrplans, der seit Juli 2017 gilt, wurde für alle Haltestellen ermittelt,
welche Linien dort halten. Angaben zu Fahrgastzahlen liegen – anders als für
das Haltestellenkataster 2013 – nicht vor. Aktualisiert wurde zudem der
Ausbaustand der Haltestellen, da sich hier durch Straßenbaumaßnahmen teilweise
Änderungen ergeben haben. Schließlich sind im Vergleich zu 2013 auch
Haltestellen neu hinzugetreten und andere weggefallen.
Die Zuordnung der
Haltestellen zu den nachfolgenden Kategorien ist in der Tabelle in der Anlage
dargestellt. Sie erfolgt in Abstimmung mit den Fachämtern (u. a.
Bürgerbüro, Jugendamt) sowie der Arbeitsgruppe Bau und Verkehr des
Behindertenbeirates und dem Projektmanager Klima und Umwelt.
Kategorie
1 – Vorrangiger Ausbaubedarf bis Ende 2021
Zur Kategorie 1
zählen alle Haltestellen, die eine vorrangige Bedeutung für den Busverkehr und
für die Nutzung durch Mobilitätseingeschränkte haben. Es gibt dabei drei
Kriterien, von denen diese Haltestellen eines oder mehrere erfüllen müssen. Je
mehr Kriterien erfüllt sind umso dringender ist der barrierefreie Ausbau bzw.
die Nachrüstung der empfohlenen Pflichtausstattung.
Folgende Kriterien
sind für die Zuordnung von Bushaltestellen in die Kategorie 1 zu erfüllen:
·
Umsteigehaltestelle zu weiteren Buslinien, die in
andere Richtungen verkehren (ohne Schulbus)
·
Standort erschließt Zentralen Versorgungsbereich (ZVB)
bzw. Einzelhandel zur Nahversorgung (bei Bereichen ohne ZVB)
·
Standort erschließt relevante Einrichtung für
Mobilitätseingeschränkte (Werkstätten, Senioreneinrichtungen, Kindergärten,
Schulen)
72 Haltestellen
sind der Kategorie 1 zuzuordnen. Für eine weitere Priorisierung wurde
betrachtet, wie viele der o. g. Kriterien erfüllt werden und wie viele
Ziele im Einzugsbereich der Haltestelle liegen. Insofern erfolgt innerhalb der
Kategorie 1 eine weitere Gewichtung nach 1a bis 1e.
In Abhängigkeit des
bestehenden Ausbaustands sowie der finanziellen Möglichkeiten des
Baulastträgers sind voraussichtlich nicht alle relevanten Bushaltestellen der
Kategorie 1 bis zum Stichtag 1. Januar 2022 mit der empfohlenen
Pflichtausstattung barrierefrei auszubauen. Vorrangig sind dann Haltestellen
mit hohen Nutzerzahlen auszubauen. Haltestellen, die nicht fristgerecht
umgebaut werden können, werden in die Kategorie 2 (weiterer Ausbau ab 2022)
verschoben. Sie haben dann in der Kategorie 2 Vorrang (Kategorie 2a) vor den
Bushaltestellen des weiteren Bedarfs (Kategorie 2b).
Kategorie 2 – Weiterer Ausbaubedarf ab 2022
Bis zum Stichtag 1.
Januar 2022 werden voraussichtlich nicht alle Haltestelle in Bergkamen
barrierefrei umgebaut sein können. Vorrangiger Ausbaubedarf besteht bei den
Haltestellen der Kategorie 1 (siehe oben), weil diese für den Busverkehr
insgesamt und die Nutzung durch Mobilitätseingeschränkte besonders bedeutsam
sind. Im Nachgang sollen die übrigen Haltestellen umgebaut werden, bei denen
Umbaubedarf besteht.
·
Kategorie 2a – Haltestellen mit vorrangigem Ausbaubedarf,
der nicht bis 2022 realisiert werden kann
Sofern von den Haltestellen der Kategorie 1 nicht alle bis zum 1. Januar 2022
umgebaut werden können, sollen sie in die Kategorie 2a verschoben und vorrangig
vor den übrigen Haltestellen der Kategorie 2 umgebaut werden. Sollten alle
Haltestellen der Kategorie 1 fristgerecht umgebaut werden, entfällt Kategorie
2a. Bislang steht nicht fest, welche Haltestellen in Kategorie 2a verschoben
werden müssen.
·
Kategorie 2b – Haltestellen des weiteren Ausbaubedarf
Bushaltestellen der Kategorie 2b sind solche, die zwar aufgrund der
gesetzlichen Vorgaben generell umgebaut werden müssen (z. B. integrierte
Lage im Wohngebiet), aber für den Busverkehr insgesamt und/oder für
Mobilitätseingeschränkte eine geringere Bedeutung. Sie erfüllen keine der bei
Kategorie 1 zu erfüllenden Kriterien. Ihr Umbau lässt sich anhand der Frequenz
der Haltestellen (Nutzerzahlen) in eine zeitliche Rangfolge bringen, allerdings
erfolgt dieses erst nach Abarbeitung der Haltestellen der Kategorie 1 und ggf.
der Kategorie 2a.
48 Haltestellen sollen nach 2022 barrierefrei ausgebaut werden.
Kategorie 3 – Aktuell kein (weiterer) Ausbaubedarf
Bei Bushaltestellen
der Kategorie 3 besteht unter den aktuellen Rahmenbedingungen derzeit kein
(weiterer) barrierefreier Ausbaubedarf. Bei Änderung der Rahmenbedingungen ist
eine erneute Überprüfung erforderlich und die Haltestellen können ggf. dann
einer anderen Kategorie zugeordnet werden.
·
Kategorie 3a – barrierefrei ausgebaute Haltestellen
18 Haltestellen sind bereits entsprechend der Pflichtausstattung (s. o.)
vollständig barrierefrei ausgebaut bzw. sollen im laufenden Jahr barrierefrei
ausgebaut werden.
·
Kategorie 3b – Haltestellen außerhalb dichter
baulicher Struktur
Im Einzugsbereich der zwölf Haltestellen dieser Kategorie befinden sich keine
relevanten Ziele für Mobilitätseingeschränkte. Zudem befindet sich der Standort
außerhalb dicht bebauter Strukturen und stellt keine Verknüpfungshaltestelle
verschiedener Linien dar. Teilweise sind diese Haltestellen gleichzeitig der
Kategorie 3c zuzuordnen.
·
Kategorie 3c – Haltestellen von Schulbus- bzw.
TaxiBus-Linien
Dieser Kategorie werden Haltestellen von Schulbussen und Bedarfslinien, hier
TaxiBus-Linien zugeordnet. Die Haltestellen, an denen nur Schulbusse verkehren,
werden in der Regel in Abhängigkeit des tatsächlichen Bedarfs angelegt und
bedient. Bei Wegfall des Bedarfs für den Schülerverkehr werden sie nicht (mehr)
angefahren. Schülerverkehre werden dabei weniger mit Bussen, sondern mit Pkws
oder Kleinbussen durchgeführt, für die die klassische barrierefreie Ausstattung
einer Bushaltestelle nicht erforderlich und ein Hochbord für den Ein- und Ausstieg
sogar hinderlich ist.
Auch TaxiBus-Linien werden in der Regel von Pkw oder maximal von Kleinbussen
angefahren. Hier wäre ebenso ein Ausbau mit Hochbord nicht angebracht.
Insgesamt sind 49 Haltestellen dieser Kategorie zuzuordnen. Teilweise sind diese
Haltestellen gleichzeitig der Kategorie 3b zuzuordnen.
·
Kategorie 3d – Haltestellen zur Einzelfallprüfung /
Sonstige Haltestellen
Im Rahmen der Einführung neuer Linien erfolgt in der Regel zunächst ein
Testbetrieb. Sofern in diesem Zusammenhang neue Haltestellen eingerichtet
werden, müssen diese für die Dauer des Testbetriebs noch nicht die
Anforderungen an die Barrierefreiheit erfüllen, weil eine Aufgabe oder
Verlegung der Haltestelle nach der Testphase möglich ist. Spätestens bei
Überführung einer Linie in den Regelbetrieb sind die Haltestellen im Hinblick
auf eine Zuordnung zu den Kategorien 1 bis 3 zu überprüfen. Derzeit befinden
sich keine Buslinien und Haltestellen im Testbetrieb.
Die Haltestelle „Erlentiefenstraße“ an der Industriestraße wird derzeit noch
von der Linie R81 bedient. Es ist geplant, diese Linie analog der Linie R82
nicht mehr über diesen Abschnitt der Industriestraße sondern über die
Hansastraße und die Landwehrstraße verkehren zu lassen, weil dieser Bereich dichter
besiedelt ist. Die Haltestelle Erlentiefenstraße wird dann entfallen und wird
daher bis auf Weiteres nicht barrierefrei umgebaut.
Die Haltestelle „In der Schlenke“ ist grundsätzlich der Kategorie 1 zuzuordnen,
da sich ein Ziel für Mobilitätseingeschränkte im Einzugsbereich befindet. Da
der Umbau jedoch im Rahmen des Neubaus der L 821n erfolgen wird, besteht
derzeit faktisch kein Bedarf, die Haltestelle in Priorität 1 aufzunehmen.
An den Haltestellen „Büscherstraße“ (Ost) und „In den Kämpen“ verkehren derzeit
keine Linien.
Umfang und Kosten des Umbaubedarfs
Die Kosten der Umbaumaßnahmen werden jeweils im Rahmen der Haushaltsanmeldungen dargestellt. Soweit möglich sollen Fördermittel akquiriert werden.
Bestandteile dieser Vorlage sind:
1. Das Deckblatt
2. Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung
3. 1 Anlage
Der Bürgermeister In Vertretung Dr.-Ing. Peters Erster
Beigeordnetr |
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Amtsleiter Reichling |
Sachbearbeiterin Thiede |
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