Betreff
Barrierefreier Umbau der Bushaltestellen - Kommunales Ausbaukonzept
Vorlage
11/1687
Aktenzeichen
thie-ev
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Ausschuss für Umwelt, Bauen und Verkehr der Stadt Bergkamen stimmt dem vorgeschlagenen Ausbaukonzept zu.

 

Sachdarstellung:

 

Gemäß den Vorgaben des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) ist für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs bis zum 1. Januar 2022 eine vollständige Barrierefreiheit zu erreichen, um die Belange der in ihrer Mobilität oder sensorisch eingeschränkten Menschen zu berücksichtigen. Einzelheiten hierzu sind in den Nahverkehrsplänen zu regeln (§ 8 Abs. 3 PBefG).

Der Kreis Unna ist Aufgabenträger der Nahverkehrsplanung im Sinne des § 8 Abs. 3 PBefG. In dieser Funktion definiert er „Anforderungen an Umfang und Qualität, dessen Umweltqualität sowie die Vorgaben für die verkehrsmittelübergreifende Integration der Verkehrsleistungen in einem Nahverkehrsplan. Der Nahverkehrsplan hat die Belange der in ihrer Mobilität oder sensorisch eingeschränkten Menschen mit dem Ziel zu berücksichtigen, für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs bis zum 1. Januar 2022 eine vollständige Barrierefreiheit zu erreichen. Die (…) Frist gilt nicht, sofern in dem Nahverkehrsplan Ausnahmen konkret benannt und begründet werden.“ (vgl. § 8 Abs. 3 PBefG)

Der Kreis Unna hat in seiner Nahverkehrsplanfortschreibung 2019 Aussagen zum Thema Barrierefreiheit bei Bushaltestellen getroffen. Nach den Vorgaben des Nahverkehrsplans sollen die Städte und Gemeinden im Kreis Unna ein kommunales Ausbaukonzept erstellen, in diesem eine Priorisierung vornehmen und auch begründen, warum einzelne Haltestellen ggf. von einem Ausbau ausgenommen werden können. Das Ausbaukonzept soll mindestens drei Ausbaustufen umfassen:

·         Ausbau bis 2022

·         Ausbau ab 2022

·         Ausbau entfällt, da kein aktueller Bedarf erkennbar ist.

Ein Ausbau kann begründet beispielsweise dort entfallen, wo ausschließlich TaxiBus-Linien verkehren oder bei Haltestellen ohne Nutzung von Mobilitätseingeschränkten.

Über die Ausbaustufen kann dokumentiert werden, dass zwar nicht zum Stichtag, aber doch perspektivisch eine Barrierefreiheit bei den Haltestellen erzielt wird. Nach den Vorgaben des Nahverkehrsplans sollen die Konzepte im Jahr 2019 erstellt und mit weiteren Akteuren (z. B. Straßenbaulastträger, lokales Verkehrsunternehmen) abgestimmt werden.

 

Die Barrierefreiheit bezieht sich auf die Fahrzeuge und die Haltestellen. Für die Fahrzeuge sind die Verkehrsunternehmen zuständig, im Kreis Unna die Verkehrsgesellschaft Kreis Unna (VKU). Die Schaffung der Barrierefreiheit bei den Haltestellen obliegt den jeweiligen Straßenbaulastträger, innerhalb der Ortsdurchfahrten und damit für die überwiegende Anzahl der Haltestellen sind in der Regel die Kommunen zuständig.

 

Ein barrierefreier Haltestellenausbau umfasst immer die gesamte Haltestelle mit allen Abfahrtspositionen. Im Nahverkehrsplan wird eine Pflichtausstattung für alle Haltestellen empfohlen. Seitens des Baulastträgers sind dabei folgende Dinge umzusetzen:

·         Hochbord, d. h. ein Bordstein mit 16 cm Höhe,

·         taktile Leitelemente (Leitstreifen), d. h. eine Pflasterung, die Sehbehinderte leitet; dabei ist mindestens eine Auffindestreifen und ein Aufmerksamkeitsfeld auf Höhe der vordersten Tür vorzusehen,

·         Kontrastreiche Oberfläche, d. h. eine farbliche Trennung von Blindenleitsystem und weiterer Oberfläche.

Darüber hinaus ist teilweise erforderlich, auch die Zuwegung der Haltestelle umzugestalten, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Dazu zählen auch die Schaffung einer Querungshilfe (z. B. Mittelinseln, Ampeln, Zebrastreifen) oder die Einschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf maximal Tempo 30. Für diese Maßnahmen ist neben einer Abstimmung zwischen Kommune und Verkehrsunternehmen der Einbezug weiterer Akteure (Kreispolizeibehörde, Straßenverkehrsbehörde, Behindertenbeirat) erforderlich.

Seitens des Verkehrsunternehmens sollen die Aushänge kontrastreich gestaltet werden (farbliche Trennung der Abfahrtszeiten nach Wochentagen, mindestens im Format DIN A 3). Zudem wird die Anbringung von Sicherheitsringen empfohlen als temporäre Ergänzung bei wichtigen Bushaltestellen, die noch über kein Blindenleitsystem verfügen.

 

 

Situation in Bergkamen

In Bergkamen gibt es insgesamt 203 Bushaltestellen. Unter einen Namen fallen dabei in der Regel zwei Haltemöglichkeiten, eine je Fahrtrichtung. Da sich der Ausbauzustand unterschiedlich darstellt, werden alle Haltemöglichkeiten als jeweils einzelne Bushaltestelle erfasst.

Eine vollständige Barrierefreiheit ist derzeit nur bei 16 Haltestellen im Stadtgebiet Bergkamen gegeben bzw. wird aktuell durch entsprechende Baumaßnahmen geschaffen. Im Zuge von Straßenbaumaßnahmen werden die angrenzenden Haltestellen in der Regel barrierefrei umgebaut, so zuletzt im Bereich Leibnizstraße und Am Römerberg.

Für die Haltestellen ist außerhalb der Ortsdurchfahrten der jeweilige Straßenbaulastträger der zugehörigen Straße verantwortlich, d. h. er erstellt die Planung und trägt die Kosten für den barrierefreien Umbau. 25 Haltestellen fallen aufgrund ihrer Lage an Kreisstraßen in die Zuständigkeit des Kreises Unna, 23 Haltestellen fallen aufgrund ihrer Lage an Bundes- und Landstraßen in die Zuständigkeit von Straßen.NRW. Innerhalb der Ortsdurchfahrten obliegt der Umbau der Haltestellen der Kommune, sofern die Haltestelle nicht auf der Straße selbst, sondern jenseits des Fahrbahnrandes liegt.

Die Anzahl von insgesamt 155 Haltestellen in kommunaler Zuständigkeit lässt vor dem Hintergrund der personellen und finanziellen Ausstattung voraussichtlich nicht zu, alle Haltestellen bis zum 1. Januar 2022 barrierefrei umzugestalten. Wie oben dargestellt ist es jedoch gemäß Personenbeförderungsgesetz möglich, über den Nahverkehrsplan Ausnahmen zu definieren. Hierzu muss ein Zielkonzept erarbeitet werden, in dem die Rangfolge des Haltestellenumbaus festgelegt und begründet ist. Für Bergkamen ist seitens der Verwaltung nunmehr ein solches Ausbaukonzept erstellt worden, das hiermit vorgelegt wird.

 

 

Strukturierung des Ausbaubedarfs

Alle Haltestellen im Stadtgebiet wurden im Zuge der Nahverkehrsplanfortschreibung 2013 durch das Büro Planersocietät in einem Haltestellenkataster erfasst. Neben der Lage und Frequenz war hierbei auch die Barrierefreiheit ein Thema. So wurde für alle Haltestellen ermittelt, wie die Zuwegung beschaffen ist und ob Hochbord und taktiler Leitstreifen vorhanden sind. Da die Erhebung der Daten bereits zwischen Herbst 2012 und Frühjahr 2013 durchgeführt wurde, sind die Angaben für die Haltestellen nicht mehr überall auf dem aktuellen Stand. Insbesondere durch die Nahverkehrsplanteilfortschreibung 2016 und die damit verbundenen Änderungen auf der Nord-Süd-Achse Werne – Bergkamen – Kamen und in Bergkamen-Mitte stimmen die Angaben über die Linien, die an einzelnen Haltestellen verkehren, nicht überein. Daher wurde das Haltestellenkataster fortgeschrieben und aktualisiert.

Auf Basis des Fahrplans, der seit Juli 2017 gilt, wurde für alle Haltestellen ermittelt, welche Linien dort halten. Angaben zu Fahrgastzahlen liegen – anders als für das Haltestellenkataster 2013 – nicht vor. Aktualisiert wurde zudem der Ausbaustand der Haltestellen, da sich hier durch Straßenbaumaßnahmen teilweise Änderungen ergeben haben. Schließlich sind im Vergleich zu 2013 auch Haltestellen neu hinzugetreten und andere weggefallen.

Die Zuordnung der Haltestellen zu den nachfolgenden Kategorien ist in der Tabelle in der Anlage dargestellt. Sie erfolgt in Abstimmung mit den Fachämtern (u. a. Bürgerbüro, Jugendamt) sowie der Arbeitsgruppe Bau und Verkehr des Behindertenbeirates und dem Projektmanager Klima und Umwelt.

 

Kategorie 1 – Vorrangiger Ausbaubedarf bis Ende 2021

Zur Kategorie 1 zählen alle Haltestellen, die eine vorrangige Bedeutung für den Busverkehr und für die Nutzung durch Mobilitätseingeschränkte haben. Es gibt dabei drei Kriterien, von denen diese Haltestellen eines oder mehrere erfüllen müssen. Je mehr Kriterien erfüllt sind umso dringender ist der barrierefreie Ausbau bzw. die Nachrüstung der empfohlenen Pflichtausstattung.

Folgende Kriterien sind für die Zuordnung von Bushaltestellen in die Kategorie 1 zu erfüllen:

·         Umsteigehaltestelle zu weiteren Buslinien, die in andere Richtungen verkehren (ohne Schulbus)

·         Standort erschließt Zentralen Versorgungsbereich (ZVB) bzw. Einzelhandel zur Nahversorgung (bei Bereichen ohne ZVB)

·         Standort erschließt relevante Einrichtung für Mobilitätseingeschränkte (Werkstätten, Senioreneinrichtungen, Kindergärten, Schulen)

72 Haltestellen sind der Kategorie 1 zuzuordnen. Für eine weitere Priorisierung wurde betrachtet, wie viele der o. g. Kriterien erfüllt werden und wie viele Ziele im Einzugsbereich der Haltestelle liegen. Insofern erfolgt innerhalb der Kategorie 1 eine weitere Gewichtung nach 1a bis 1e.

In Abhängigkeit des bestehenden Ausbaustands sowie der finanziellen Möglichkeiten des Baulastträgers sind voraussichtlich nicht alle relevanten Bushaltestellen der Kategorie 1 bis zum Stichtag 1. Januar 2022 mit der empfohlenen Pflichtausstattung barrierefrei auszubauen. Vorrangig sind dann Haltestellen mit hohen Nutzerzahlen auszubauen. Haltestellen, die nicht fristgerecht umgebaut werden können, werden in die Kategorie 2 (weiterer Ausbau ab 2022) verschoben. Sie haben dann in der Kategorie 2 Vorrang (Kategorie 2a) vor den Bushaltestellen des weiteren Bedarfs (Kategorie 2b).

 

Kategorie 2 – Weiterer Ausbaubedarf ab 2022

Bis zum Stichtag 1. Januar 2022 werden voraussichtlich nicht alle Haltestelle in Bergkamen barrierefrei umgebaut sein können. Vorrangiger Ausbaubedarf besteht bei den Haltestellen der Kategorie 1 (siehe oben), weil diese für den Busverkehr insgesamt und die Nutzung durch Mobilitätseingeschränkte besonders bedeutsam sind. Im Nachgang sollen die übrigen Haltestellen umgebaut werden, bei denen Umbaubedarf besteht.

·         Kategorie 2a – Haltestellen mit vorrangigem Ausbaubedarf, der nicht bis 2022 realisiert werden kann
Sofern von den Haltestellen der Kategorie 1 nicht alle bis zum 1. Januar 2022 umgebaut werden können, sollen sie in die Kategorie 2a verschoben und vorrangig vor den übrigen Haltestellen der Kategorie 2 umgebaut werden. Sollten alle Haltestellen der Kategorie 1 fristgerecht umgebaut werden, entfällt Kategorie 2a. Bislang steht nicht fest, welche Haltestellen in Kategorie 2a verschoben werden müssen.

·         Kategorie 2b – Haltestellen des weiteren Ausbaubedarf
Bushaltestellen der Kategorie 2b sind solche, die zwar aufgrund der gesetzlichen Vorgaben generell umgebaut werden müssen (z. B. integrierte Lage im Wohngebiet), aber für den Busverkehr insgesamt und/oder für Mobilitätseingeschränkte eine geringere Bedeutung. Sie erfüllen keine der bei Kategorie 1 zu erfüllenden Kriterien. Ihr Umbau lässt sich anhand der Frequenz der Haltestellen (Nutzerzahlen) in eine zeitliche Rangfolge bringen, allerdings erfolgt dieses erst nach Abarbeitung der Haltestellen der Kategorie 1 und ggf. der Kategorie 2a.
48 Haltestellen sollen nach 2022 barrierefrei ausgebaut werden.

 

Kategorie 3 – Aktuell kein (weiterer) Ausbaubedarf

Bei Bushaltestellen der Kategorie 3 besteht unter den aktuellen Rahmenbedingungen derzeit kein (weiterer) barrierefreier Ausbaubedarf. Bei Änderung der Rahmenbedingungen ist eine erneute Überprüfung erforderlich und die Haltestellen können ggf. dann einer anderen Kategorie zugeordnet werden.

·         Kategorie 3a – barrierefrei ausgebaute Haltestellen
18 Haltestellen sind bereits entsprechend der Pflichtausstattung (s. o.) vollständig barrierefrei ausgebaut bzw. sollen im laufenden Jahr barrierefrei ausgebaut werden.

·         Kategorie 3b – Haltestellen außerhalb dichter baulicher Struktur
Im Einzugsbereich der zwölf Haltestellen dieser Kategorie befinden sich keine relevanten Ziele für Mobilitätseingeschränkte. Zudem befindet sich der Standort außerhalb dicht bebauter Strukturen und stellt keine Verknüpfungshaltestelle verschiedener Linien dar. Teilweise sind diese Haltestellen gleichzeitig der Kategorie 3c zuzuordnen.

·         Kategorie 3c – Haltestellen von Schulbus- bzw. TaxiBus-Linien
Dieser Kategorie werden Haltestellen von Schulbussen und Bedarfslinien, hier TaxiBus-Linien zugeordnet. Die Haltestellen, an denen nur Schulbusse verkehren, werden in der Regel in Abhängigkeit des tatsächlichen Bedarfs angelegt und bedient. Bei Wegfall des Bedarfs für den Schülerverkehr werden sie nicht (mehr) angefahren. Schülerverkehre werden dabei weniger mit Bussen, sondern mit Pkws oder Kleinbussen durchgeführt, für die die klassische barrierefreie Ausstattung einer Bushaltestelle nicht erforderlich und ein Hochbord für den Ein- und Ausstieg sogar hinderlich ist.
Auch TaxiBus-Linien werden in der Regel von Pkw oder maximal von Kleinbussen angefahren. Hier wäre ebenso ein Ausbau mit Hochbord nicht angebracht.
Insgesamt sind 49 Haltestellen dieser Kategorie zuzuordnen. Teilweise sind diese Haltestellen gleichzeitig der Kategorie 3b zuzuordnen.

·         Kategorie 3d – Haltestellen zur Einzelfallprüfung / Sonstige Haltestellen
Im Rahmen der Einführung neuer Linien erfolgt in der Regel zunächst ein Testbetrieb. Sofern in diesem Zusammenhang neue Haltestellen eingerichtet werden, müssen diese für die Dauer des Testbetriebs noch nicht die Anforderungen an die Barrierefreiheit erfüllen, weil eine Aufgabe oder Verlegung der Haltestelle nach der Testphase möglich ist. Spätestens bei Überführung einer Linie in den Regelbetrieb sind die Haltestellen im Hinblick auf eine Zuordnung zu den Kategorien 1 bis 3 zu überprüfen. Derzeit befinden sich keine Buslinien und Haltestellen im Testbetrieb.
Die Haltestelle „Erlentiefenstraße“ an der Industriestraße wird derzeit noch von der Linie R81 bedient. Es ist geplant, diese Linie analog der Linie R82 nicht mehr über diesen Abschnitt der Industriestraße sondern über die Hansastraße und die Landwehrstraße verkehren zu lassen, weil dieser Bereich dichter besiedelt ist. Die Haltestelle Erlentiefenstraße wird dann entfallen und wird daher bis auf Weiteres nicht barrierefrei umgebaut.
Die Haltestelle „In der Schlenke“ ist grundsätzlich der Kategorie 1 zuzuordnen, da sich ein Ziel für Mobilitätseingeschränkte im Einzugsbereich befindet. Da der Umbau jedoch im Rahmen des Neubaus der L 821n erfolgen wird, besteht derzeit faktisch kein Bedarf, die Haltestelle in Priorität 1 aufzunehmen.
An den Haltestellen „Büscherstraße“ (Ost) und „In den Kämpen“ verkehren derzeit keine Linien.

 

 

Umfang und Kosten des Umbaubedarfs

Die Kosten der Umbaumaßnahmen werden jeweils im Rahmen der Haushaltsanmeldungen dargestellt. Soweit möglich sollen Fördermittel akquiriert werden.

 

Bestandteile dieser Vorlage sind:

1. Das Deckblatt

2. Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung

3. 1 Anlage

 

Der Bürgermeister

In Vertretung

 

 

 

Dr.-Ing. Peters

Erster Beigeordnetr

 

 

Amtsleiter

 

 

 

 

Reichling

Sachbearbeiterin

 

 

 

 

Thiede