Betreff
Aufstellung eines integrierten Handlungskonzeptes für Bergkamen-Mitte
Vorlage
11/1314
Aktenzeichen
61 th-na
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Die Verwaltung wird beauftragt, ein integriertes Handlungskonzeptes für Bergkamen-Mitte mit Hilfe eines externen Planungsbüros zu erarbeiten.

 

Sachdarstellung:

 

In den vergangenen Jahren haben sich im Bereich der Stadtmitte immer wieder planerische Fragestellungen und Problemlagen ergeben, die Auswirkungen auf das städtische Gesamtgefüge haben. Aufgrund komplexer Entwicklungen im Bereich der Innenstadt /Bergkamen Mitte und Veränderungen der Rahmenbedingungen, die zum Teil auch regionalen oder bundesweiten Trends folgen, ergibt sich immer wieder planerischer Handlungsbedarf. Um die städtischen Finanzen effizient einsetzen zu können, ist es sinnvoll Fördermittel zu akquirieren. Als Grundlage für die Akquise von Fördermitteln fordert der Fördergeber die Aufstellung eines integrierten Handlungskonzeptes.

 

Rahmenbedingungen der Stadtentwicklung

 

Die Stadt Bergkamen musste sich als relativ junge Stadt, die aus dem Zusammenschluss eigenständiger Gemeinden entstanden ist, immer wieder mit dem Thema der Identitätsfindung und Stadtmittebildung auseinandersetzen. Wesentlichen Einfluss auf diesen Prozess haben die Rahmenbedingungen, unter denen sich Bergkamen entwickelt hat. Zu nennen sind hier insbesondere die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg, die insbesondere die Stadtmitte getroffen haben und dazu führten, dass wenig historische Bausubstanz vorhanden ist, sondern stattdessen Nachkriegsarchitektur das Stadtbild prägt, die inzwischen zum Teil funktionale und strukturelle Schwächen aufweist.

Die Entwicklung zur größten Bergbaustadt in Europa bis zum Rückzug des Bergbaus innerhalb weniger Jahrzehnte hat im Stadtbild ebenfalls deutliche Spuren zurück gelassen und zeigt sich noch heute an überdurchschnittlich hoher Arbeitslosigkeit. Gleichzeitig bieten die Brachflächen der Montanindustrie Entwicklungspotenzial und Handlungsspielräume. 

 

Zusammenfassend lassen sich folgende Entwicklungen erkennen:

 

-       Ende des Bergbaus mit Verlust von Arbeitsplätzen

-       Arbeitslosigkeit überdurchschnittlich

-       Arbeitslosigkeit trifft insb. Personengruppen mit Migrationshintergrund

-       Veränderung der Wirtschaftsstruktur

-       Wandel im Einzelhandel

-       Kontinuierliche Zuwanderung aus dem Ausland seit den 1950er Jahren / Zuzug von Geflüchteten seit 2014

-       Demografischer Wandel

In der Stadtmitte zeigen sich diese Entwicklungen und Anpassungsprozesse besonders. Der wirtschaftliche und demografische Wandel erfordert daher dort besondere Anstrengungen.

Der Bereich ist geprägt durch demografische, städte- und wohnbauliche Besonderheiten, die nachfolgend kurz zusammengefasst werden:

 

Demografische Besonderheiten:

 

-       Junges Gebiet

-       Stark überdurchschnittlicher Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund

-       Hoher Ausländeranteil

-       Mehr Alleinerziehende

-       Mehr kinderreiche Familien

-       Weniger (verheiratete) Paare

Städtebauliche / bauliche Besonderheiten:

 

-       Brachflächen der Montanindustrie (Monopol)

-       Funktionsverluste/-veränderungen bei öffentlichen Gebäuden z. B. Schulen
(Umnutzung Pestalozzihaus, Hallenbad)

-       Nachkriegsarchitektur aus der Entstehungsphase der Stadt  mit strukturellem und funktionalem Anpassungsbedarf (insbesondere Treffpunkt, Sporthalle, Rathaus)

-       Strukturschwäche im örtlichen Einzelhandel

Wohnbauliche Besonderheiten:

 

-       Deutlich überalterter Gebäudebestand

-       großer Mehrfamilienhausbestand

-       geringe Wohnungsgrößen

-       zu wenig Wohnungsangebote für Einpersonenhaushalte

-       barrierefreier Wohnraum nicht bedarfsgerecht.

Diese Rahmenbedingungen sind im Handlungskonzept zu analysieren und stellen die Grundlage für die anschließende Entwicklung von Zielen und Maßnahmen dar.


Umfang und Erarbeitung des Integrierten Handlungskonzeptes

 

Ein solches Konzept besteht aus mehreren aufeinander aufbauenden Teilen: Am Anfang steht eine umfangreiche Beschreibung und Analyse des Untersuchungsraumes mit Hilfe von statistischen Daten (Einwohner, Alter, Arbeitslosigkeit, Haushalte), Städtebau (Gebäudebestand, planungsrechtliche Vorgaben, Grün- und Spielflächen), Handel, Handwerk und Dienstleistungen, Wohnen, Soziale Infrastruktur, Kultur sowie Akteursstrukturen.

Auf Basis der Bestandsanalyse werden dann die Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken herausgearbeitet (sog. SWOT-Analyse).

So kann schließlich ein Zielsystem für das Plangebiet definiert und daraus konkrete Handlungsempfehlungen und Projekte abgeleitet werden. Dabei erfolgt eine Untergliederung in unterschiedliche Handlungsfelder, welche den integrierten Ansatz widerspiegelt. Analog zu den in der Bestandsanalyse abzuarbeitenden Themen ergeben sich folgende Handlungsfelder:

 

-       Handlungsfeld „Handel, Handwerk, Dienstleistungen“,

-       Handlungsfeld „Wohnen“,

-       Handlungsfeld „Verkehr und Öffentlicher Raum“,

-       Handlungsfeld „Soziales, Sport, Bildung und Begegnung“,

-       Handlungsfeld „Mobilität und Klimaschutz“

-       Handlungsfeld „Integration“

-       Handlungsfeld „Organisation“.

Der gesamte Prozess ist durch umfangreiche Bürgerinformationen und Beteiligungskonzepte aller relevanten Akteure zu begleiten. Aufgrund des integrierten Ansatzes sind ebenfalls sämtliche betroffene Fachbereiche und –institutionen in den Erstellungsprozess einzubinden. Die Ergebnisse dieser Beteiligungen fließen dann direkt in das integrierte Handlungskonzept ein. Schließlich wird ein Kosten-, Finanzierungs- und Zeitplan erarbeitet. Danach ist dieses Konzept mit der Bezirksregierung als Bewilligungsbehörde abzustimmen und vom Rat der Stadt Bergkamen zu beschließen.

Für die Erstellung des Konzeptes soll ein externes Planungsbüro beauftragt werden. Das Ministerium hat eine Arbeitshilfe zur Erstellung von integrierten Handlungskonzepten erstellt, in dem auch eine Mustergliederung enthalten ist.

Unter der Buchungsstelle 09.51.05/0476.785300 stehen im aktuellen Haushalt 100.000 € für die Erstellung des integrierten Handlungskonzeptes bereit.


Inhalt des integrierten Handlungskonzeptes Bergkamen-Mitte

 

Aufgrund der oben beschriebenen  Entwicklungen lassen sich schon zum heutigen Zeitpunkt im Bereich Bergkamen-Mitte Bereiche identifizieren, in denen besonderer Handlungsbedarf besteht.

 

1.    Bereich Hallenbad Lessingstraße

2.    Rathausviertel / Turmarkaden

3.    Fußgängerzone / Einkaufsbereich Präsidentenstraße / Ebertstraße

4.    Brachfläche Neu-Monopol

Der Untersuchungsraum sowie die o. g. Schwerpunkte sind in Anlage 1 dargestellt. Im Zusammenhang mit der Erstellung des integrierten Handlungskonzeptes kann es noch zu Verschiebungen der Abgrenzung kommen. Im Folgenden werden die Handlungsschwerpunkte näher beschrieben.

 

Zu 1. Bereich Hallenbad Lessingstraße

 

Mit Beschluss vom 12.05.2016 hat der Rat der Stadt Bergkamen die Verwaltung beauftragt, die Planungen eines Kombi-Bades am Häupenweg zusammen mit der GSW aufzunehmen. In diesem Zuge soll das Hallenbad an der Lessingstraße ersetzt und rückgebaut werden. Rund um das Hallenbad bestehen derzeit mehrere öffentliche Nutzungen, die ebenfalls in die Überlegungen zur Neuordnung des Bereichs einbezogen werden sollen. Die Verwaltung wurde ebenfalls in o. g. Sitzung beauftragt, zwei Szenarien zur Umgestaltung des Gebietes weiterzuverfolgen und Fördermöglichkeiten zu prüfen und dabei ggf. auf externe Unterstützung zurückzugreifen. 

Im Bereich um das Hallenbad befinden sich diverse Gebäude (Turnhalle, VHS, DRK, Kindergarten, Secondhand-Kaufhaus, TuRa Bergkamen), die z. T. den heutigen Anforderungen aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr gerecht werden können. Die meisten verfügen zudem über eine überalterte Bausubstanz. Da der gesamte Bereich nahe des Kreisels Landwehrstraße / Heinrichstraße liegt, welcher den südöstlichen Eingang der Innenstadt markiert, wird auch dieser Bereich in die Gesamtüberlegungen einbezogen werden.

Im integrierten Handlungskonzept sollen der Bereich näher untersucht und Nutzungskonzepte entwickelt werden.

 

Zu 2. Rathausviertel / Turmarkaden

 

Der neue Eigentümer Interra erarbeitet derzeit ein Konzept für eine Neubebauung auf dem Areal der ehemaligen Turmarkaden. In diesem Zusammenhang sind im Umfeld des Einkaufszentrums Veränderungen / Anpassungsmaßnahmen der verkehrlichen und sonstigen öffentlichen Infrastruktur erforderlich. Auch Umstrukturierungen im Rathausumfeld sollen geprüft werden.

Der Umfang dieser Maßnahmen sowie deren Förderfähigkeit ergibt sich unmittelbar aus dem städtebaulichen Konzept und kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vollständig abgeschätzt werden, wird aber in das integrierte Handlungskonzept aufgenommen.

Der Bereich um den Zentrumsplatz sowie im Dreieck zwischen Töddinghauser Straße, Hubert-Biernat-Straße und Erich-Ollenhauer-Straße wird geprägt durch einen hohen Anteil an Mehrfamilienhäusern aus den 50er bis 70er Jahren. Dort konzentriert sich ein Mieterklientel mit umfangreichem und vielschichtigem Hilfs- und Unterstützungsbedarf. Verschärft wird die Problemlage durch eine Eigentümerstruktur, die oft kein Interesse an der Situation vor Ort zeigt. Das integrierte Handlungskonzept soll hier auf Basis einer fundierten Analyse der vorliegenden Strukturen Ziele und damit einhergehende Handlungsempfehlungen erarbeiten, welche die Situation nachhaltig verbessern können.

 

Zu 3. Fußgängerzone / Einkaufsbereich Präsidentenstraße / Ebertstraße

 

Der ehemals überörtlich bedeutsame Einkaufsbereich leidet seit Jahren unter Leerständen, einem Ersatz des Einzelhandels durch Dienstleistungen oder städtebaulich problematischen Nutzungen wie Spielhallen und Wettbüros.

Aufgrund des anhaltenden Funktionsverlustes der Fußgängerzone und angrenzender Straßenzüge als Einkaufsbereich und Standort für zentrale Nutzungen (z. B. Banken, Sparkassen) mit überörtlicher Bedeutung haben die Ausschüsse für Umwelt, Bauen und Verkehr sowie Stadtentwicklung, Strukturwandel und Wirtschaftsförderung der Stadt Bergkamen bereits im Mai 2015 beschlossen (vgl. Drucksache Nr. 11/0310), das Ziel einer zweipoligen Stadtmitte aufzugeben. Der Nordberg wird hinsichtlich seiner Bedeutung als Nahversorgungszentrum eingestuft. Die Bürgerbeteiligung ergab im Jahr 2015 das Ergebnis, dass die Fußgängerzone an sich trotz ihres Funktionsverlustes erhalten bleiben soll und als Aufenthaltsfläche geschätzt wird.

Der Bereich des Nordbergs / Alte Kolonie wird überwiegend von Menschen mit türkischem Migrationshintergrund bewohnt bzw. die Geschäfte von Menschen mit türkischem Migrationshintergrund betrieben. Neuanmietungen erfolgen fast ausschließlich von dieser Bevölkerungsgruppe.

Hinzu kommen noch weitere spezifische Nutzungen wie Moscheen und Internate als Bildungseinrichtungen islamischer Organisationen. Der Fokus ist in diesem Bereich auf eine Integration dieser Bevölkerungsgruppe zu legen.

Insgesamt ist die Aufenthaltsqualität auf dem Nordberg auch im Hinblick auf die Bewohnerinnen und Bewohner des Seniorenzentrums Haus am Nordberg und der angeschlossenen Wohnanlagen mit Service für ältere Menschen zu untersuchen, die diesen Bereich regelmäßig aufsuchen und dort verweilen.

Für die sich verändernden Ansprüche im Bereich Nordberg soll das Handlungskonzept Lösungsvorschläge anbieten.

 

Zu 4. Brachfläche Neu-Monopol

 

In unmittelbarer Nähe zur Innenstadt befindet sich die Brachfläche Neu-Monopol / Grimberg 1/2 mit dem unter Denkmalschutz stehenden Förderturm als Landmarke. Anknüpfend an dieses bergbauliche Relikt soll die Brachfläche revitalisiert werden und eine Anbindung an die Stadtmitte erhalten. Die umliegenden industriellen und gewerblichen Nutzungen erlauben lediglich eine gewerbliche Entwicklung. Aufgrund der Nähe des Gebietes zur Innenstadt ergeben sich besondere Anforderungen an die anzusiedelnden Branchen sowie die Gestaltungen des Gewerbegebietes. Es soll daher die gewerbliche Nutzung mit kulturellen Aspekten rund um das Schachtgerüst kombiniert werden als Kristallisationspunkt für die Geschichte des Bergbaus in Bergkamen. Dieser Bereich soll der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, so dass eine Anbindung für Fußgänger und Radfahrer aus Richtung Süden (u. a. Innenstadt) über die Fläche des Stadtparks hergestellt werden soll. Diese Wegeverbindung fügt sich auch thematisch ein, da der Stadtpark als ehem. Zechenpark für die Bergleute hergerichtet worden ist.

 

Die Verwaltung schlägt daher vor das „integrierte Handlungskonzept“ als Instrument für die komplexe Entwicklung in der Mitte und als Voraussetzung für die Akquise von Fördermitteln zu nutzen.

 

 

Bestandteile dieser Vorlage sind:

1. Das Deckblatt

2. Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung

3. 1 Anlage

 

 

 

 

Der Bürgermeister

In Vertretung

 

 

 

Dr.-Ing. Peters

Erster Beigeordneter

 

 

Amtsleiter

 

 

 

 

Reichling

Sachbearbeiterin

 

 

 

 

Thoms