Betreff
Einrichtung von Großtagespflegestellen in Bergkamen
Vorlage
11/0940
Aktenzeichen
ha-dö
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Rat der Stadt Bergkamen beschließt die unter Punkt 5 der Vorlage genannten Förderkriterien zur Einrichtung weiterer Großtagespflegestellen in Bergkamen.

Sachdarstellung:

 

  1. Ausgangslage

 

Seit dem 01.08.2013 haben alle Kinder vom ersten Geburtstag bis zur Einschulung einen Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Kindertageseinrichtung oder in Kindertagespflege. In Bergkamen wird der Anspruch für Kinder unter zwei Jahren derzeit ausschließlich durch Kindertagespflege sichergestellt. Für Eltern der Kinder im Alter zwischen zwei und drei Jahren besteht die Wahlmöglichkeit zwischen einem KiTa-Platz und der Kindertagespflege, ab dem dritten Lebensjahr hat die institutionelle Betreuung Vorrang.

 

Der Rechtsanspruch insbesondere der berufstätigen Eltern von Kindern unter drei Jahren soll zukünftig verstärkt auch über Großtagespflegestellen sichergestellt werden, da diese Betreuungsform von Eltern immer häufiger nachgefragt wird. Darüber hinaus kann mit Großtagespflegestellen flexibler und kurzfristiger auf veränderte Betreuungsbedarfe reagiert werden, als durch die Einrichtung weiterer U3-Gruppen in Kindertageseinrichtungen.

 

In Großtagespflegestellen schließen sich zwei bis drei ausgebildete Tagespflegepersonen zur Betreuung von bis zu neun Kindern zusammen (§ 4 Abs. 2 Kinderbildungsgesetz - KiBiz). Aufgrund ihrer personellen Ausstattung und Größe ähnelt die Großtagespflegestelle der Gruppenform II einer KiTa (mit 10 Kindern U3).

 

Großtagespflegestellen können in "geeigneten Räumen" - z.B. in angemieteten Wohnungen - eingerichtet werden. Die Eignung der Räumlichkeiten wird vom Jugendamt in Zusammenarbeit mit dem "Verein Familiäre Kindertagesbetreuung e.V." als Fachberatung unter Berücksichtigung der baunutzungs- und bauordnungsrechtlichen Vorschriften überprüft. Über die baurechtlichen Bestimmungen und den Vorgaben der Unfallkasse hinaus gibt es keine gesetzlichen Vorschriften zu den Räumen der Großtagespflegestellen. Es gibt gemeinsame Empfehlungen der maßgeblichen Landesverbände und Landesbehörden NRW zur Kindertagespflege, an die sich die Bergkamener Vorgaben für Tagespflege anlehnen werden. Die Räumlichkeiten sollen nach den einschlägigen Empfehlungen eine Mindestgröße von  8 bis 10 m² pro Kind aufweisen.

 

Die Pflegeerlaubnisse für die Pflegepersonen werden vom Jugendamt erteilt, eine Betriebserlaubnis durch das Landesjugendamt (wie bei Kindertageseinrichtungen) ist nicht erforderlich.

 

In Bergkamen gibt es zurzeit zwei Großtagespflegestellen.

 

-        In der Großtagespflegestelle in der KiTa "Mittendrin" betreuen zwei Tagesmütter bis zu sechs Kinder im Zeitraum von 8:00 - 14:00 Uhr an vier Tagen.

-        Die zweite Großtagespflegestelle wurde Ende 2016 in den Räumen der ehemaligen Albert-Schweitzer-Schule eingerichtet. Hier werden neun Kinder von zwei Tagesmüttern und einer festen Vertretungskraft an 5 Werktagen zwischen 7:00 und 16:00 Uhr betreut.

 

Um Großtagespflegestellen in angemieteten Wohnungen einrichten zu können, müssen zunächst einheitliche Bedingungen geschaffen werden. Dies betrifft sowohl die finanziellen Rahmenbedingungen als auch die pädagogischen und inhaltlichen Leitlinien, die in Zusammenarbeit mit dem Verein Familiäre Kindertagesbetreuung e.V. noch formuliert werden müssen.

 

 

  1. Vergütung der Tagespflegepersonen in Großtagespflegestellen

 

Tagespflegepersonen üben eine selbständige Tätigkeit aus. Ihre Vergütung ist durch gemeinsame Richtlinien der Jugendämter im Kreis Unna einheitlich festgelegt worden und beträgt aktuell 5,24 € pro Kind pro Stunde. Der Betrag erhöht sich jährlich um 1,5 %. Zusätzlich werden für alle Tagespflegepersonen unabhängig von der Anzahl der betreuten Kinder und dem Einsatzort die Hälfte der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, die Hälfte der Kranken- und Pflegeversicherung, sowie der Jahresbeitrag der Berufsgenossenschaft für eine Unfallversicherung erstattet.

 

Die Situation in einer Großtagespflegestelle unterscheidet sich von der einer Tagesmutter, die die Kinder im eigenen Haushalt betreut. Es sind An- und Abfahrt zur Arbeitsstelle zeitlich und finanziell einzuplanen und es können keinerlei private Tätigkeiten wie bei einer Betreuung zu Hause erledigt werden. Da für angemietete Räume auch noch Mietzahlungen aus der Vergütung zu leisten wären, ist das unternehmerische Risiko deutlich höher als bei anderen Tagespflegeverhältnissen.

 

Um zukünftig Tagesmütter oder -väter für Großtagespflegestellen zu gewinnen, wird in Anlehnung an bereits bestehende Regelungen im Kreis Unna (z.B. Merschzwerge Bönen, Katharinen-Hospital Unna) vorgeschlagen, den drei Betreuungspersonen in Großtagespflegestellen eine garantierte Mindestvergütung unabhängig von der tatsächlichen Platzbelegung zu zahlen. Der Verein Familiäre Kindertagesbetreuung e.V. wird im Rahmen seiner Vermittlungstätigkeit weiterhin sicherstellen, vorhandene Plätze in Großtagespflegestellen vorrangig zu besetzen.

 

Höhe der Mindestvergütung

 

Da in Großtagespflegestellen überwiegend Kinder berufstätiger Eltern betreut werden sollen, wurde bei der Kalkulation eine durchschnittliche Zeit von wöchentlich 30 Stunden pro Kind angenommen:

 

9 Kinder x 5,24 € x 6 Stunden pro Tag x 21 Tage = 5.942 € (x 22 Tage = 6.225 €).

 

Von dem monatlichen Mindestbetrag von rd. 6.000 € sollen auf die beiden "Haupttagesmütter" jeweils 2.400 € und auf die Vertretung 1.200 € entfallen. Sofern der Bedarf nach einer längeren Betreuungszeit besteht und dokumentiert wird, kommt dieser zur Auszahlung.

 

Im Rahmen der Einrichtung anderer Großtagespflegestellen in Unna und Bönen wurde durch die zuständige Fachberatung die Frage geprüft, ob die Zahlung eines Mindestbetrages einen Anspruch auf ein Anstellungsverhältnis begründet - dies ist nicht der Fall.

 

 

  1. Mietzahlungen für Großtagespflegestellen

 

 

Mietzahlung für die Großtagespflege in der ehem. Albert-Schweitzer-Schule

 

Die Einrichtung und der Umbau der 2016 in der ehemaligen Albert-Schweitzer-Schule  eingerichtete Großtagespflegestelle „Beo´s“ (von Bergkamen Oberaden) wurden mit Bundesmitteln gefördert. Aus diesem Grund muss die Nutzung als Großtagespflegestelle unabhängig von den aktuell betreuenden Personen dauerhaft sichergestellt sein. Um dies zu gewährleisten, wurde ein Mietvertrag zwischen der Stadt Bergkamen als Vermieterin und dem Verein Familiäre Kindertagesbetreuung e.V. als Mieter geschlossen.

 

Die jeweiligen Tagesmütter treten als Untermieter auf und erstatten die Kaltmiete in Höhe von aktuell 2 € pro m² = 221,36 € an den Verein. In einer weiteren Vereinbarung zwischen dem Jugendamt und dem Verein ist geregelt worden, dass die Betriebskosten vom Jugendamt übernommen werden (aktuell 228,01 €).

 

Anmerkung: wird in anderen Räumlichkeiten als dem eigenen Haushalt betreut, ist es aus steuerlichen Gründen vorteilhafter für die Tagespflegeperson, einen Mietbetrag zu leisten.

 

Die Nutzung des Außenbereichs wird nicht auf die Miete angerechnet, die Reinigung der Räume erfolgt durch die Tagesmütter. Der Winterdienst und die Pflege des Außengeländes werden durch die Stadt Bergkamen sichergestellt.

 

 

Miet- und Einrichtungskosten für zukünftige Großtagespflegestellen

 

Ein Zuschuss zur Miete ist für Tagespflegepersonen gesetzlich nicht vorgesehen, da bei einer Betreuung im eigenen Haushalt neben den sowieso anfallenden Unterkunftskosten keine zusätzlichen Mietkosten entstehen. Die Tagespflegepersonen, die eine Großtagespflegestelle betreiben möchten, mieten dagegen zum Zweck der Betreuung eine geeignete Wohnung an und sind damit einem deutlich höherem finanziellen Risiko ausgesetzt.

 

Um qualifizierte Tagesmütter für Großtagespflegestellen zu gewinnen, muss deshalb - auch mit Blick auf den aktuellen Beschäftigungsmarkt - das finanzielle Risiko und der Verdienst  für die Betreuungspersonen einer Großtagespflege kalkulierbar sein.

 

Im Einvernehmen mit dem Verein Familiäre Kindertagesbetreuung e.V. werden daher folgende Regelung für zukünftige Großtagespflegestellen vorgeschlagen:

 

Mietzuschuss 450,00 €

 

Die angemieteten Räumlichkeiten sollen nach den einschlägigen Empfehlungen eine Mindestgröße von 8 bis 10 m² pro Kind aufweisen. Bei einem durchschnittlichen Mietpreis von 5,30 € pro m² (www.immowelt.de) erscheint ein Mietzuschuss von 50 € pro verfügbarem Betreuungsplatz als angemessen (max. 450 € bei neun Kindern). Ist die Miete geringer als 450,00 €, wird lediglich ein Zuschuss in Höhe der tatsächlich geforderten Kaltmiete gezahlt.

 

Einrichtungs- und Umbaukosten 4.500,00 € – 10.000,00 €

 

Für die investive Einrichtung von Tagespflegeplätzen werden nach den aktuellen Fördersätzen einmalig 500 € pro U3-Platz vom Landesjugendamt bewilligt, jedoch gibt es keine grundsätzliche und zeitlich unabhängige Garantie auf diese Förderung. Von daher wird vorgeschlagen, dass in den Fällen, in denen ein Förderantrag negativ beschieden wird, das Jugendamt bei Bedarf die beantragte Summe übernimmt.

 

Sollte der Betrag nachweislich nicht ausreichen, die angemietete Wohnung auszustatten, kann im Einzelfall eine höhere Förderung - maximal 10.000 € -  möglich sein, wobei alle Zuschüsse und Leistungen abhängig sind von der vorherigen Prüfung und Zustimmung des Jugendamtes.

 

Zweckbindung 5 Jahre

 

In jedem Fall ist die Leistung an eine zeitliche Zweckbindung von mindestens fünf Jahre zu koppeln.

 

 

  1. Vergleich mit Kindertageseinrichtung

 

Der garantierte Vergütungsbetrag in der Großtagespflegestelle beträgt rund 6.000 € für neun Betreuungsplätze. Für eine U3-Gruppe mit 9 Kindern in einer Tageseinrichtung und einer Buchungszeit von 35 Stunden errechnen sich Kindpauschalen in Höhe von monatlich

rd. 12.000 €, davon ein kommunaler Anteil von rund 8.400 € (70%).

 

Für die Mietzahlung in der Großtagespflegestelle beträgt die vorgeschlagene Pauschale

450 € monatlich.  Der Mietkostenzuschuss für KiTa-Gruppe der  Gruppenform II (10 Kinder unter 3 Jahren: 18,5qm x 10 Kinder x 8,34 €) beträgt 1.542,90 €.

 

 

  1. Zusammenfassung

 

Die Einrichtung weiterer Großtagespflegestellen in Bergkamen soll zukünftig nach folgenden Kriterien gefördert werden:

 

-        es wird eine Mindestvergütung von insgesamt 6.000,00 € garantiert, sofern in der Großtagespflegestelle 9 Betreuungsplätze zur Verfügung stehen

-        zur Anmietung einer Wohnung wird ein Mietzuschuss von maximal 450,00 € gezahlt

-        zur Neueinrichtung einer Großtagespflege werden Einrichtungs- und Umbaukosten von 500,00 € pro Kind bis maximal 10.000,00 € gezahlt

-        die Zweckbindungsfrist beträgt 5 Jahre.

 

Die pädagogischen und inhaltlichen Leitlinien der Großtagespflegestellen sind im Jugendhilfeausschuss zu beraten. 

 

Mit einer Beschlussfassung zur finanziellen Ausstattung von Großtagespflegeeinrichtungen wird kein genereller Beschluss zu dieser Betreuungsform gefasst, da sie bereits im KiBiz so vorgesehen ist. Tatsächlich wird aber eine Regelungslücke geschlossen. Wegen der möglichen finanziellen Auswirkungen für die bereits bestehenden Einrichtungen ist eine Beschlussfassung zum jetzigen Zeitpunkt sinnvoll. Die inhaltlichen Aspekte, die in Abstimmung mit dem Verein für Familiäre Kinder-Tagesbetreuung e. V. in einem verbindlichen Regularium festzuschreiben sind, obliegen der Diskussion und Beschlussfassung im Jugendhilfeausschuss.

 

Die nächste Sitzung ist für den 12.09.2017 terminiert.

 

Bestandteile dieser Vorlage sind:

1. Das Deckblatt

2. Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung

 

 

Der Bürgermeister

In Vertretung

 

 

 

Busch

Beigeordnete

 

 

Amtsleiter

 

 

 

 

Harder