Betreff
Prävention sexualisierter Gewalt im Sport und in der Jugendarbeit in Bergkamen
Vorstellung des kommunalen Präventionskonzeptes
Vorlage
11/0178
Aktenzeichen
schy-dö
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Jugendhilfeausschuss des Rates der Stadt Bergkamen nimmt die Planungen der Verwaltung zur Umsetzung des kommunalen Präventionskonzeptes zur Prävention sexualisierter Gewalt im Sport und in der Jugendarbeit zur Kenntnis.

Sachdarstellung:

 

Die Prävention sexualisierter Gewalt ist spätestens seit dem Inkrafttreten des Bundeskinderschutzgesetztes am 01.01.2012 in den Fokus von Jugendarbeit gelangt. Nach dem Bekanntwerden von Missbrauchsfällen an der Odenwaldschule, dem Canisius-Kolleg, in zahlreichen anderen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie in Sportvereinen wurde im März 2010 der „Runde Tisch Sexueller Kindesmissbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich“ durch das Bundesministerium der Justiz, das Bundesministerium für Familie, Senioren,

Frauen und Jugend sowie das Bundesministerium für Bildung und Forschung einberufen.

 

Die Arbeit des Runden Tisches mündete in einem ausführlichen Abschlussbericht, der sich – neben der Ursachenforschung – vor allem mit der Frage beschäftigt, wie sexuellem Missbrauch/sexualisierter Gewalt in Institutionen der Kinder- und Jugendhilfe in Zukunft gegenüberzutreten ist. Ein zentraler Bestandteil der Forderungen des Runden Tisches ist die Präventionsarbeit. Die Empfehlungen des Runden Tisches bilden die Grundlage des kommunalen Präventionskonzepts in Bergkamen.

 

Das Konzept wurde von der Verwaltung des Jugendamtes in enger Abstimmung mit dem Stadtjugendring Bergkamen e. V.,  der Stadtsportgemeinschaft Bergkamen und dem Amt für Schule, Sport und Weiterbildung entwickelt. Es umfasst drei Schwerpunkte: Den formellen Bereich, den strukturellen Bereich und den pädagogischen Bereich.

 

Formeller Bereich

Hierzu zählt in erster Linie der Abschluss von Vereinbarungen nach § 72a Abs. 4 SGB VIII zur Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses gemäß § 30a Bundeszentralregistergesetz (BZRG) für ehren- oder nebenamtlich Tätige im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe zwischen der Stadt Bergkamen und den Trägern der freien Jugendhilfe (siehe Drucksachen 10/1319, Sitzung vom 04.12.2013 sowie 10/1378, Sitzung vom 03.02.2014). Hier verpflichten sich die Träger der freien Jugendhilfe zur Einsichtnahme in das erweiterte Führungszeugnis der ehrenamtlich Tätigen.

Die Verwaltung des Jugendamtes bittet die Bergkamener Vereine der Jugendarbeit und des Sports seit November 2013 um den Abschluss dieser Vereinbarungen. Zum Stichtag 31.10.2014 sind 49 Vereinbarungen abgeschlossen worden. Die 17 verbliebenen Vereine werden zurzeit erneut angesprochen.

Weiter werden die „Richtlinien zur Förderung der Jugendarbeit“ angepasst. Zukünftig werden nur noch jene Träger auf Grundlage der Richtlinien gefördert, die eine entsprechende Vereinbarung zur Einsichtnahme in die erweiterten Führungszeugnisse mit der Stadt Bergkamen abgeschlossen haben (siehe Drucksache 11/0169).

 

Struktureller Bereich

Die aktuelle Forschung zu den institutionellen Rahmenbedingungen sexualisierter Gewalt zeigt wiederkehrende Faktoren auf, die ein Gesamtbild der Bedingungen für das Auftreten und Verschweigen sexualisierter Gewalt ergeben. Hierzu zählen u. a. mangelnde Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, fehlende Aufsichtsstrukturen, ausgeprägte Hierarchie- und Machtverhältnisse, emotionale Distanz, autoritärer Umgang oder der überhöhte Stellenwert der Reputation des Vereins.

 

Hier setzt der strukturelle Bereich des Präventionskonzeptes an. Ziel ist es, eine „Kultur der Achtsamkeit“ in den Vereinen  zu entwickeln. Die Vereinsstrukturen sollen so aufgebaut sein, dass nicht nur der konkrete Umgang mit Kindern und Jugendlichen von Achtsamkeit und Sensibilität geprägt ist. Vielmehr geht es auch darum, jene Signale zu erkennen, die Kinder und Jugendliche aussenden, wenn sie Opfer sexualisierter Gewalt oder anderer Missbrauchsformen geworden sind.

 

Für die Vereinsvorstände und Betreuer sollen daher entsprechende Multiplikatorenschulungen angeboten werden. Themen sind u. a.: Vereinsstrukturen, Krisenintervention, Sensibilisierung, Täterwissen, Öffentlichkeitsarbeit und Elternarbeit.

Hierfür wird ein entsprechender Methoden- und Referentenpool aufgebaut. Die Vereine werden dann „passgenaue“ Angebote abrufen können. Die Vermittlung der Angebote erfolgt durch das Kinder- und Jugendbüro. Neben den vereinsspezifischen Angeboten sollen auch allgemein zugängliche Schulungen durchgeführt werden.

Die Teilnahme an den Schulungen wird zertifiziert, damit ehrenamtlich Tätige dies bei einem evtl. Vereinswechsel oder bei Bewerbungen als zusätzliche Qualifikation nachweisen können.

Ferner wird die Einführung eines Ehrenkodexes zum achtsamen und sensiblen Umgang mit Kindern und Jugendlichen in den Vereinen von den Trägern befürwortet. Insbesondere im Sportbereich hat sich hier bereits der Ehrenkodex des Landesportbundes NRW etabliert.

Zudem sollen die freien Träger über fundierte Kenntnisse der bestehenden Beratungsangebote (Jugendamt, Kinderschutzbund, Polizei, etc.) verfügen. Die Vereine werden so nachhaltig befähigt, in Verdachtsfällen verantwortungsbewusst und besonnen zu handeln.

Mittelfristig sollen die Bergkamener Vereine in die Lage versetzt werden, vereinsspezifische Präventionskonzepte zu entwickeln.

 

Pädagogischer Bereich

Kinder stehen in jedem Verein in einem  Macht- und Abhängigkeitsverhältnis gegenüber Trainern und Betreuern. Dieses Machtverhältnis auf ein Minimum zu reduzieren, ist das Ziel der Maßnahmen im o. g. strukturellen Bereich. Dazu gehört auch die unmittelbare pädagogische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.

Starke und selbstbewusste Kinder sagen leichter „Nein“ und lassen sich weniger leicht einspinnen in ein für sexualisierte Gewalt typisches Geflecht aus Zuwendung und Missbrauch. Daher werden den Vereinen Angebote zur Verfügung gestellt, die unter dem Motto „Kinder stärken“ diesen Gedanken aufgreifen. Der Schwerpunkt liegt auf der  Förderung der sozialen und emotionalen Kompetenzen der Kinder und Jugendlichen. Hierzu zählen u. a. Selbstbehauptungstrainings oder Selbstverteidigungskurse.

Ebenso wie im strukturellen Bereich wird hier ein breit gefächerter Methoden- und Referentenpool aufgebaut. Aus diesem können die Vereine die entsprechenden Angebote abrufen. In den vorgesehenen Multiplikatorenschulungen werden diese Methoden auch Betreuern und Trainern vermittelt, um die in den Workshops und Trainings vermittelten Kompetenzen in der laufenden  Vereinsarbeit nachhaltig zu implementieren. Zeitgleich werden die Kinder und Jugendlichen aktiv in die Entwicklung von vereinsspezifischen Präventionskonzepten eingebunden. 

 


Organisation

Die Träger der vorgesehenen Schulungen sind der Stadtjugendring Bergkamen e. V., die Stadtsportgemeinschaft Bergkamen, das Amt für Schule, Sport und Weiterbildung sowie das Jugendamt der Stadt Bergkamen. Zwischen den Trägern wurde vereinbart, dass die Federführung bei der Umsetzung beim Kinder- und Jugendbüro als Geschäftsstelle des Stadtjugendrings liegt. Diese Aufgabe umfasst die Vermittlung, Organisation sowie die Unterstützung bei der Durchführung der Schulungsangebote. Das kommunale Präventionskonzept wird regelmäßig durch die Träger evaluiert und weiterentwickelt.

 

Finanzierung

Ziel ist es, den Vereinen kostenlose Angebote zur Verfügung zu stellen. Die Schulungen im strukturellen und pädagogischen Bereich erfolgen durch externe Anbieter. Entsprechende, meist kostenlose Angebote, werden etwa vom Landessportbund NRW und der Kreispolizeibehörde Unna durchgeführt. Um der Vielfalt der vereinsspezifischen Interessen gerecht zu werden, kann auch auf Angebote kostenpflichtiger Anbieter zurückgegriffen werden.

Eine Finanzierung in Höhe von 5.000,00 € aus Mitteln des Erzieherischen Kinder- und Jugendschutz ist für 2015 gewährleistet. Mittel- und langfristig soll die Finanzierung durch den Kinder- und Jugendförderplan NRW sowie die Unterstützung durch Stiftungsmittel, Spenden usw. gesichert werden. Die Höhe der benötigten Mittel hängt stark von der Inanspruchnahme der Angebote durch die Vereine ab, so dass ein konkreter Mittelbedarf  zurzeit nur schwer zu ermitteln ist.   

 

Fazit   

Die Prävention sexualisierter Gewalt gewinnt im Sport und in der Jugendarbeit zunehmend an Bedeutung. Dieser Entwicklung trägt das Konzept Rechnung. Hierbei darf weder der formelle noch der strukturelle oder der pädagogischer Bereich isoliert betrachtet werden. Erst durch das Zusammenwirken dieser drei Bereiche kann Prävention im Sport und in der Jugendarbeit nachhaltig gelingen. Gemeinsam mit den Vereinen und den Projektträgern soll das skizzierte Konzept fortlaufend überprüft und weiterentwickelt werden.

   

    

 

                    

 

 

Bestandteile dieser Vorlage sind:

1. Das Deckblatt

2. Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung

 

Der Bürgermeister

In Vertretung

 

 

 

Busch

Beigeordnete

 

 

Amtsleiter

 

 

 

 

Harder

Sachbearbeiter

 

 

 

 

Scharwey

Sachgebietsleiter

 

 

 

 

Kortendiek