Beschlussvorschlag:
Der Ausschuss für
Schule, Sport und Weiterbildung verabschiedet das VHS-Programm für das Semester
II/2013.
Sachdarstellung:
Das Semester
II/2013 beginnt am 09.09.2013 und endet am 13.12.2013. Damit umfasst der
Planungszeitraum lediglich 12 Unterrichtswochen.
Die inhaltlichen
Schwerpunkte liegen im kommenden Semester auf den Programmbereichen 3 –
Gesundheit, 4 – Fremdsprachen und insbesondere 6 – Grundbildung,
Schulabschlüsse und Deutsch als Zweitsprache/Deutsch als Fremdsprache
(DaZ/DaF). Dieses Planungsgeschehen orientiert sich zum einen an der Nachfrage
in den vorherigen Semestern und zum anderen an den Schwerpunktsetzungen der
VHS.
Im
Programmbereich 3 überwiegen Angebote in den Bereichen Entspannungstechniken
und bewegungsbezogene Kurse, die zur Erhaltung der körperlichen und geistigen
Fitness beitragen, die die Grundlage für die individuelle Arbeitsfähigkeit
darstellt.
Der
Fremdsprachenbereich bietet eine breite Vielfalt, wobei die europäischen
Sprachen deutlich überwiegen. Entsprechend der beruflichen Anforderungen ist
Englisch besonders stark und mit unterschiedlichsten Niveaustufen vertreten.
Nachdem es im letzten Semester gelungen ist, einen Russischkurs zu starten,
wird im Semester II/2013 ein nochmaliger Anlauf mit Polnisch und Chinesisch
unternommen.
Für das kommende
Semester wurde der Programmbereich 5 - EDV und berufliche Bildung neu
strukturiert und durch arbeitsmarktbezogene Angebote erweitert. Dieses soll
dazu beitragen, dass die hohe Ausfallquote, die bisher in diesem
Programmbereich vorgelegen hat, reduziert wird.
Im
Programmbereich 6 beginnen mit dem Semester II/2013 die neuen Schulabschlusskurse zur Nachholung des
Hauptschulabschlusses nach Klasse 9 (HSA) und des Mittleren Schulabschlusses
(MSA, früher: Fachoberschulreife). Die VHS Bergkamen hat die
Schulabschlusskurse als integriertes Lehrgangssystem angelegt, so dass nach Erwerb
des Hauptschulabschlusses nach Klasse 9 nach zwei Semestern und bei Erfüllung
der weiteren Zugangsvoraussetzungen ein nahtloser Übergang in den nächst
höheren Lehrgang zur Nachholung des Mittleren Abschlusses gewährleistet ist.
Dieser ermöglicht bereits nach einem Semester als Zwischenschritt den
Hauptschulabschluss nach Klasse 10. Nach einem weiteren Semester wird dann der
erweiterte Zehner-Abschluss erreicht. Damit erhalten die Teilnehmenden die
Möglichkeit, bis zum Fach- oder Vollabitur weiter die Schule zu besuchen. So
haben aus dem letzten Lehrgang vier Personen zum Dortmunder Westfalenkolleg
gewechselt.
Die Teilnehmerschaft
an den Schulabschlusslehrgängen hat sich in Bezug auf die Altersstruktur und
auf die Lernvoraussetzungen in den letzten Jahren eklatant verändert. Die VHS
agiert zwar im Bereich der Erwachsenenbildung, die Teilnehmerinnen und
Teilnehmer an den Schulabschlusslehrgängen sind aber im Schnitt wesentlich
jünger als früher und haben oftmals einen frühen Schulabbruch und verschiedene weitere
„Schulstationen“ hinter sich. Das Altersspektrum liegt zurzeit schwerpunktmäßig
bei 17 bis 25 Jahren. Als Zugangsvoraussetzungen für den
Hauptschulabschlusslehrgang verlangt die VHS Bergkamen gemäß gesetzlicher
Grundlagen, dass die allgemeine Schulpflicht beendet ist und Grundkenntnisse in
Englisch nachgewiesen werden.
Häufig melden sich
auch interessierte Jugendliche/junge Erwachsene, die über einen
Förderschulabschluss verfügen und feststellen, dass es beinahe unmöglich ist,
mit diesem Abschluss einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Verfügen diese
Interessenten über ein ausreichendes Maß an Englischgrundkenntnissen und
positive Beurteilungen im Zeugnis für die Unterrichtsfächer Deutsch und
Mathematik, dann nimmt die VHS auch diese auf.
Die VHS ist also
zumindest für volljährige junge Erwachsene die „letzte“ Adresse für den
nachträglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses, da viele Berufsschulen auch
nur Personen bis zum 18. Lebensjahr aufnehmen.
Ebenso nimmt die
Zahl der Teilnehmenden mit Migrationshintergrund zu. Hier wirkt sich die aktive
Bildungs-Integrationsarbeit der VHS positiv aus.
Es kann davon
ausgegangen werden, dass pro Jahr ca. 42 Jugendliche in Bergkamen die Schule
ohne Hauptschulabschluss verlassen. Diese Zahl wurde von der Landesdatenbank
für die Jahre 2010/11 veröffentlicht. Dazu gehören Schülerinnen und Schüler -
angefangen bei der Förderschule bis hin zum Gymnasium. Viele von ihnen melden
sich dann bei der VHS an. Diese Zahl verdeutlicht die Notwendigkeit der
Lehrgänge zum Nachholen des Schulabschlusses und zusätzlicher Angebote der
Grundbildung.
Jeder
Schulabschlusslehrgang bei der VHS ist in jeder Hinsicht sehr heterogen
zusammengesetzt. Dies lässt das Unterrichten zu einer speziellen
Herausforderung mit hohen Anforderungen an die eingesetzten Lehrkräfte werden.
Für den Lehrgang zum
nachträglichen Erwerb des „Mittleren Schulabschlusses“ sind die formalen
Zugangsvoraussetzungen mit dem Nachweis des Hauptschulabschlusses nach Klasse
10 klarer definiert, so dass der Aktenlage nach eigentlich davon ausgegangen
werden müsste, dass eine homogene Lerngruppe existiert. In der Praxis stellt
sich allerdings heraus, dass trotz erzieltem Schulabschluss die
Eingangsvoraussetzungen der Teilnehmenden sehr unterschiedlich sind.
Erschwerend kommt hinzu, dass wahrscheinlich zum Schuljahr 2013/2014 auch für
den zweiten Bildungsweg zentrale Abschlussprüfungen eingeführt werden, so dass
das Unterrichtsgeschehen für den o. g. Lehrgang modifiziert werden muss. Die
VHS prüft zurzeit unterschiedliche Möglichkeiten wie z. B. Co-Teaching, um die
Teilnehmenden insbesondere im ersten Schulhalbjahr noch besser fördern zu
können mit dem Ziel, einheitliche Lernvoraussetzungen zu schaffen und
Lerndefizite auszugleichen. Vorangeschaltet werden Testverfahren, um den individuellen
Lernstand zu erheben.
Die skizzierte
Situation hat die VHS bereits vor vier Jahr dazu veranlasst, im Auftrag des
Jobcenters im Kreis Unna und in Kooperation mit dem TÜV NORD Bildung das
Konzept „Sch.u.B.(s)“ zu entwickeln, das die Teilnehmerinnen und Teilnehmer
nicht nur in schulischer Hinsicht, sondern auch im Hinblick auf die
alltäglichen Anforderungen des Lebens fördert. Dieser Lehrgang findet
vormittags statt und weicht sowohl von der organisatorischen als auch von der
inhaltlichen Struktur von den anderen Schulabschlusslehrgängen ab. In diesen
Kurs aufgenommen werden benachteiligte Jugendliche ohne Schulabschluss und mit
mehrfach belasteten Biografien. Im Ausschuss wurde mehrfach darüber berichtet.
Durch die
stattfindende kontinuierliche sozialpädagogische Betreuung können die
persönlichen Problemlagen weitestgehend aufgefangen werden und die
Teilnehmenden erlangen durch diesen Stabilisierungsprozess erst die
Voraussetzungen, um den Schulabschluss schaffen zu können. Das
Unterrichtsgeschehen wird sehr flexibel gehandhabt und schafft so die
Möglichkeit einer individuellen und gezielten Förderung.
Mittlerweile hat
sich das Jobcenter aufgrund einer Änderung der gesetzlichen Grundlagen aus der
Finanzierung des Schulabschlusses verabschiedet und die VHS erhält für diesen
Teil des Projektes eine Förderung über den Europäischen Sozialfonds. Das
eröffnet die Möglichkeit, die gemäß Weiterbildungsgesetz NRW vorgesehene
Pflichtstundenzahl zu erhöhen, die aus fachlicher Sicht zu niedrig angesetzt
ist, um diese Teilnehmenden mit besonderem Förderbedarf auf die Anforderungen
vorzubereiten, die die Prüfungsordnung für staatlich anerkannte Schulabschlüsse
vorsieht.
Als ein weiterer
Themenschwerpunkt kristallisiert sich das Thema „Grundbildung“ heraus. Zur Grundbildung gehört all das, was der
Mensch zur Orientierung und für sein Handeln in der heutigen Gesellschaft
wissen und können muss. Er soll in der Lage sein, seine Kompetenzen sinnvoll
einzusetzen und anzuwenden. Es geht um Schreib- und Lesefähigkeit,
Rechenfähigkeit, Grundfähigkeiten im IT-Bereich, Gesundheitsbildung,
finanzielle Grundbildung und soziale Grundkompetenzen. Grundbildung orientiert
sich somit an der Anwendungspraxis von Schriftsprachlichkeit im beruflichen und
gesellschaftlichen Alltag.
Zentrales Thema der
Grundbildung wiederum ist das Thema Analphabetismus
und zwar funktionaler Analphabetismus. Seit 2011 liegen gesicherte Zahlen zum
sogenannten funktionalen Analphabetismus vor, die das Bundesamt für Migration
und Flüchtlinge in der sogenannten „Leo-Studie“ erhoben hat. Funktionale
Analphabeten sind Menschen, die zwar Buchstaben, verschiedene Wörter und
einfache Sätze lesen und schreiben können, jedoch Mühe haben, zusammenhängende
– auch kürzere – Texte zu lesen und zu verstehen. Gemäß der Studie können mehr
als 14 Prozent aller Erwachsenen im erwerbsfähigen Alter aufgrund begrenzter
Lese- und Schreibfähigkeiten nur eingeschränkt am gesellschaftlichen Leben
teilhaben. Dabei sind knapp 60 Prozent von ihnen erwerbstätig.
Etwa 58 Prozent der
funktionalen Analphabeten haben Deutsch als erste Sprache gelernt. Das sind 4,4
Millionen Menschen. Männer sind mit 60 Prozent häufiger betroffen als Frauen.
Etwa 19 Prozent haben keinen Schulabschluss. Weitere 48 Prozent haben einen
niedrigen Bildungsabschluss. Gründe für funktionalen Analphabetismus können
soziale Probleme oder fehlende Unterstützung in der Schule sein; oft konnten
schon die Eltern nicht ausreichend lesen oder schreiben.
Seit 2012 gibt es
eine Vereinbarung über eine gemeinsame nationale Strategie für Alphabetisierung
und Grundbildung Erwachsener in Deutschland. Die entsprechende
Öffentlichkeitskampagne des Bundesministeriums für Bildung und Forschung heißt
„Lesen und Schreiben – mein Schlüssel zur Welt“. Im März dieses Jahres sind die
Volkshochschulen im Kreis Unna dem Bündnis für eine gemeinsame
Alphabetisierungsoffensive im Kreis Unna beigetreten, um hier mit gemeinsamer
Kraft das Bewusstsein für diese Problematik zu schärfen. Ziel dieses Bündnisses
ist die Erschließung neuer Beteiligungsformen sowie Bündelung,
Weiterentwicklung und Absicherung vorhandener Angebote.
Die VHS Bergkamen
ist schon seit langem im Bereich Alphabetisierung tätig. Zum einen bietet sie
seit mehreren Jahren Integrationskurse mit Alphabetisierung an, die durch das
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge finanziert werden. Zum anderen sind
immer wieder Lehrgänge zum Lesen und Schreiben lernen für deutsche
Teilnehmerinnen und Teilnehmer angeboten worden und haben punktuell auch stattgefunden.
Das Thema ist für die Betroffenen mit großer Scham verbunden und es fällt ihnen
sehr schwer, sich zu ihrem Analphabetismus zu bekennen. Im kommenden Semester
wird die VHS einen erneuten Vorstoß machen, ein offenes Lehrgangsangebot zum
Erlernen des Lesens und Schreibens zu etablieren.
Insgesamt sollen die
Aktivitäten im Bereich der Kurse für Analphabeten sowie begleitender
Öffentlichkeitsarbeit vor dem beschriebenen Hintergrund verstärkt werden.
In der Anlage zu
dieser Vorlage befindet sich die Übersicht über das Kursangebot für das
Semester II/2013. Die Texte sind dem geplanten Programmheft entnommen.
Das neue
Programmheft erscheint Anfang Juli 2013 in einer Auflage von 4.200 Exemplaren.
Bestandteile dieser Vorlage sind:
1.
Das Deckblatt
2.
Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung
3.
Anlage
Der
Bürgermeister In
Vertretung Mecklenbrauck Erster
Beigeordneter |
|
Amtsleiter Kray |
Sachbearbeiterin Ostrowski |
|