Betreff
Darstellung der Kostenentwicklung im Bereich der Leistungen an ausländische Flüchtlinge in Bergkamen 2005 - 2011
Vorlage
10/0972
Aktenzeichen
50 mö-
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Ausschuss für Familie, Soziales und Senioren nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.

Sachdarstellung:

 

Rechtlicher Rahmen:

 

Der Stadt Bergkamen werden gem. Flüchtlingsaufnahmegesetz NRW regelmäßig Asylbegehrende zugewiesen. Die Verteilung und Zuweisung dieser Personen erfolgt auf Landesebene anteilig auf alle Kommunen anhand des Einwohnerschlüssels (Anteil Kommune an Einwohner NRW gesamt). 

 

Der zugewiesene Personenkreis erhält fast ausnahmslos Leistungen zur Deckung des Lebensunterhaltes nach dem AsylbLG. Träger der Leistungen nach dem AsylbLG ist, abweichend zu den Regelungen für Leistungen nach dem SGB II / SGB XII, die Stadt Bergkamen.

 

Im Gegenzug werden seit 2005 für die Aufnahme, Unterbringung und Versorgung der zugewiesenen Personen das Land NRW Mittel zur Verfügung gestellt, deren Gesamthöhe sich an der Anzahl der landesweit aufgenommenen Personen orientiert. Hieraus erhält die Stadt Bergkamen eine pauschalierte Landeszuweisung, die sich auch wie der o.g. Verteilschlüssel am Einwohnerschlüssel orientiert.

 

Anzumerken ist hierbei, dass bei der Ermittlung des Personenbestandes ausschließlich Personen berücksichtigt werden, die im laufenden Asylverfahren stehen. Soweit dies (im Regelfall negativ) rechtskräftig entschieden ist, erfolgt keine Berücksichtigung mehr.

 

 

Kostenentwicklung der Unterbringung / Leistungserbringung AsylbLG:

 

Zum Stichtag 01.07.2012 erhielten insg. 138 Personen Leistungen nach dem AsylbLG, die zum überwiegenden Teil in sieben speziell dafür vorgehaltenen städtischen Übergangs-wohnheimen untergebracht sind. Lediglich 42 davon standen im lfd. Asylverfahren. Für alle anderen Personen erfolgt keine Kostenbeteiligung des Landes. Es handelt sich hierbei vorwiegend um Personen, deren Asylbegehren negativ beschieden wurde und die ausreisepflichtig sind, sowie um Personen, die einen Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen erhalten haben.

 

Anlage 1: Grafik: Entwicklung Personen AsylbLG insg. und bei der Landeserstattung berücksichtigte Personen

 

Bereits aus dieser Grafik ist erkennbar, dass die Landeserstattung nur einen Teil der Personen abdeckt, für die Stadt Bergkamen Leistungen erbringt. Alle anderen Personen belasten direkt und in vollem Umfang das städtische Budget.

Die Entwicklung der Personen im Leistungsbezug seit Einführung der pauschalierten Landeszuweisung in 2005 bildet auch die Aufwendungen im städtischen Budget ab.

 

Anlage 2: Grafik: Vergleich Leistungsempfänger und jährl. Aufwendungen AsylbLG (€)

Vergleicht man nun die Bruttoaufwendungen mit der durch das Land gezahlten Zuweisung, ergibt sich folgender prozentualer Kostendeckungsgrad:

 

Anlage 3: Grafik: Prozentuale Kostendeckung AsylbLG

 

Es ist klar erkennbar, dass die Landeszuweisung nicht einmal die Kostendeckung für den Personenkreis innerhalb des laufenden Asylverfahrens erbringt. Während der in der Landeszuweisung berücksichtigte Personenkreis aktuell bis zu 30 % der Gesamtfälle umfasst, deckt die pauschalierte Landeszuweisung nicht einmal 10 % der Gesamtaufwendungen ab.

 

 

Entwicklung der Leistungen AsylbLG im Einzelfall:

Der leistungsberechtigte Personenkreis nach dem AsylbLG wird durch das Gesetz grundsätzlich in zwei Gruppen unterteilt. Für die ersten vier Jahre des Aufenthalts sollen nur eingeschränkte Leistungen im Rahmen des § 3 ff. AsylbLG erbracht werden.

 

Nach vier Jahren werden regelmäßig Leistungen entsprechend dem SGB XII erbracht. Von den o.g. 138 Personen im Leistungsbezug erhalten derzeit 72 Personen Leistungen im Rahmen des § 2 AsylbLG.

 

Der Anstieg bei den Aufwendungen in 2010 (s. Anlage 2) ergibt sich aus einem Urteil des Bundessozialgerichtes zu § 2 AsylbLG vom 17.06.2008, aus dem sich für viele Leistungs-empfänger auch noch in 2011 erhebliche Nachzahlungen von zuvor zu Unrecht nicht erbrachten Leistungen ergaben. Soweit zuvor der Begriff der Rechtsmissbräuchlichkeit weit ausgelegt wurde, schränkte dieses Urteil die bisherige Auslegungspraxis radikal ein. Demnach kann nur noch in Ausnahmefällen die (höhere) Leistungshöhe des SGB XII verwehrt werden.

Das nunmehr vorliegende Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 18.07.2012 betrifft die 66 Personen, die derzeit von hier Leistungen im Rahmen des § 3 AsylbLG erhalten. Das Leistungsniveau der Übergangsregelung orientiert sich nunmehr ebenfalls an der Bedarfsermittlung nach dem SGB II / SGB XII.


Auswirkungen des Urteils für die Stadt Bergkamen:

 

Das Leistungsniveau des AsylbLG wurde 1993 im Rahmen des sog. Asylkompromisses festgesetzt. Auf diesem Weg sollten finanzielle Anreize, in die BRD einzureisen, minimiert werden. Durch die nunmehr vorliegende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes wurde nunmehr der Rahmen des Existenzminimums unabhängig vom aufenthaltsrechtlichen Status umrissen. Soweit eine Novellierung des AsylbLG –wie durch das BVerfG gefordert- erfolgt, wird sich der Gesetzgeber auch bei der Bemessung des Leistungsumfangs an diesem Rahmen orientieren (müssen).

 

Bereits die Rechtsprechung der vergangenen Jahre zu § 2 AsylbLG wirkte sich direkt auf das städtische Budget aus. Neben erheblichen Nachzahlungsbeträgen von insg. mehr als 350.000 € ergeben sich jährliche Mehraufwendungen von ca. 90.000 €.

 

Auch das aktuelle Urteil führt zu Mehraufwendungen von jährlich ca. 60.000 €. Durch den grundsätzlichen Ausschluss einer Rückwirkung durch das Bundesverfassungsgericht auf den Zeitraum vor dem 01.08.2012 ergeben sich nur in Ausnahmefällen Nachzahlungen für bereits vergangene Zeiträume. Im Budgetjahr 2012 ergeben sich aus derzeitiger Sicht hochgerechnet Mehraufwendungen von 26.500 €.

Insbesondere im Hinblick auf den steigenden Zuschussbedarf je Leistungsempfänger aufgrund der steigenden rechtlichen Ansprüche des Personenkreises des AsylbLG ist offensichtlich, dass die im Jahr 2005 festgesetzte pauschalierte Landeszuweisung den aktuellen Aufwendungen der Kommunen nicht mehr gerecht wird.

 

Anlage 4: Grafik: Durchschnittlicher Zuschussbedarf je Leistungsempfänger/Jahr in €

Das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes NRW teilte bereits mit Erlass vom 03.08.2012 (Vorläufige Hinweise zur Umsetzung des Urteils des BVerfG vom 18.07.2012) hierzu folgendes mit:

 

„Die Gemeinden erhalten für die gewährten Leistungen nach dem AsylbLG einschließlich Unterbringung und Betreuung eine Pauschale auf der Grundlage des Gesetzes über die Zuweisung und Aufnahme ausländischer Flüchtlinge (FlüAG). Die Pauschale wird jährlich angepasst.

 

Auf Grund der durch das BVerfG festgelegten Übergangsregelung entstehen bei den Leistungen für Flüchtlinge entsprechende Mehrkosten.

 

Die Erstattung zum 01.03. und 01.06. ist auf Grund der Meldung der Gemeinden zum Stichtag 01.01.2011 erfolgt. Ich bin in Abstimmung mit dem Finanzministerium und den kommunalen Spitzenverbänden bemüht, für künftige Abrechnungszeiträume eine Anpassung der Pauschalen zu erreichen.“

 

Eine Anpassung der Pauschalen auf Landesebene würde aber auch nur auf der Grundlage des anrechnungsfähigen Personenkreises erfolgen. Die Mehraufwendungen für die Personen, die nicht in der Landeserstattung berücksichtigt werden, fänden weiterhin keine Berücksichtigung und belasten weiterhin in vollem Umfang das städtische Budget.

 

Bestandteile dieser Vorlage sind:

1. Das Deckblatt

2. Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung

 

Der Bürgermeister

In Vertretung

 

 

 

Wenske

Beigeordneter

 

 

Stellv. Amtsleiter

 

 

 

 

Möllmann