Betreff
Aufbau einer interkommunalen öffentlichen Wasserversorgung in den Kommunen Kamen-Bönen-Bergkamen
hier: Kündigung des Konzessionsvertrages zwischen der Stadt Bergkamen und der Gelsenwasser AG
Vorlage
9/1317
Aktenzeichen
he
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

1.      Der Rat beschließt die Verwaltung zu beauftragen, den Konzessionsvertrag zwischen Stadt Bergkamen und Gelsenwasser vom 06.12./21.12.1978 fristgereicht bis zum 30.06.2008 mit Wirkung zum 31.12.2008 zu kündigen.

2.      Die Verwaltung wird beauftragt, regelmäßig über das Verfahren zu berichten, mit dem Ziel, noch im Jahre 2008 eine endgültige Entscheidung über die künftige Wasserversorgung im Einvernehmen mit den beiden weiteren Gesellschaftern Gemeinde Bönen und Stadt Kamen treffen zu können.

 

 

Sachdarstellung:

 

Begründung und Beschlussvorschlag der Drucksache 9/1308 haben offenbar einerseits zu teilweisen Fehlinterpretationen und Schlussfolgerungen in den Beratungen der Fraktionen des Rates geführt.

Andererseits sind in diesen Tagen an die Ratsmitglieder, die Verwaltung und an die Presse Briefe des Vorstandes der Gelsenwasser AG gesandt worden, auf die einzugehen ist.

 

Mit diesen zusätzlichen Ausführungen als Ergänzungsvorlage soll klar gestellt werden, dass

1.      keine Beschlussfassung oder Vorentscheidung über den Abschluss eines auf 30 Jahre ausgerichteten Konzessionsvertrages über die Wasserversorgung in der Stadt Bergkamen zwischen Stadt als Konzessionsgeberin und der GSW Gemeinschaftsstadtwerke GmbH – nachfolgend „GSW“ genannt – als Konzessionsnehmerin getroffen werden soll.

2.      der Auftrag an die Geschäftsführung der GSW, wie er durch einstimmigen Beschluss des Rates der Stadt Bergkamen vom 14.04.2005 und gleichlautenden Beschlüssen der anderen Gesellschafter der GSW in Form des Konsortialvertrages beschlossen wurde, bestehen bleibt.

Der vorgenannte Beschluss des Rates bekräftigt die mit Gründung der GSW vereinbarte Zielsetzung, neben den Versorgungssparten Strom, Gas und Fernwärme auch die Wasserversorgung als interkommunale Gemeinschaftsaufgabe wahrzunehmen, sofern auch diese Sparte wirtschaftlich erfolgreich betrieben werden kann.

Die Konsortialvereinbarung zwischen der Gemeinde Bönen, den Städten Kamen und Bergkamen und der GSW vom 01.01.2005 regelt im § 2 die versorgungswirtschaftliche Zusammenarbeit der vorgenannten Partner.

§ 2 Abs. 4 konkretisiert die Ausgestaltung der Wasserversorgung und hat folgenden Wortlaut:

“Die Partner sind sich einig, dass die Ausgestaltung der Energie- und Wasserversorgung in den Kommunen von ihrem gemeinsamen Willen zur interkommunalen Aufgabenwahrnehmung getragen werden soll.

Sie werden deshalb entsprechend den Möglichkeiten, die ihnen ihre Beteiligung an der Gesellschaft verleiht, auf die die Entwicklung und Verwirklichung eine ökonomisch effizienten und ökologisch sinnvollen Energie- und Wasserversorgung einschließlich der Fernwärmeversorgung hinwirken. Dabei wird davon ausgegangen, dass positive Synergieeffekte zur Minderung des Aufwandes erzielt werden.


Die Partner sind sich einig, bei auslaufenden Konzessions- oder Gestattungsverträgen – nach Feststellung der Wirtschaftlichkeit – den Erwerb der Versorgungsanlagen und die Übernahme der Versorgung durch die GSW zu gewährleisten.

Zu diesem Zweck erteilen die Gesellschafter der Geschäftsführung rechtzeitig das Verhandlungsmandat zur Vorbereitung der Abwicklung der jeweiligen Verträge gem. den Endschaftsbestimmungen.

Zur angemessenen Finanzierung des Erwerbs weiter Versorgungsanlagen mit Eigenkapital leisten die Gesellschafter der GSW Kapitaleinlagen, die dem Eigenkapitalverhältnis an der Bilanzsumme entsprechen, im Verhältnis ihrer Geschäftsanteile, soweit eine Finanzierung durch die GSW ohne Kapitaleinlagen nicht vertretbar ist.“


Auf der Grundlage des vorgenannten Konsortialvertrages wurde die Geschäftsführung der GSW tätig und hat entsprechende Verfahren zur Kaufpreisermittlung etc. eingeleitet, mit der Gelsenwasser AG versucht abzustimmen und durch entsprechende Gutachten zu unterlegen.

3.      die Kündigung des Konzessionsvertrages Stadt Bergkamen und der Gelsenwasser AG vom 06.12./21.12.1978 aus Rechts- und Fristgründen zum 03.06.2008 mit Wirkung zum 31.12.2008 erfolgen muss, um die Gestaltungshoheit beim Konzessionsgeber, der Stadt Bergkamen, zu belassen.

Der § 11 des vorgenannten Konzessionsvertrages Stadt Bergkamen und der Gelsenwasser AG regelt die Übernahme der Versorgung. Danach hat entsprechend  § 11 Abs. 1 nach Ablauf des Vertrages, der für die Zeit vom 01.01.1979 bis zum 31.12.2008 abgeschlossen wurde, die Gemeinde das Recht, die innerhalb ihres Hoheitsgebietes liegenden Rohrleitungen mit Ausnahme derjenigen, die der Versorgung von Abnehmern außerhalb der Gemeinden dienen, käuflich zu übernehmen. Die Gemeinde ist hierzu verpflichtet, wenn sie die Versorgung selbst weiter betreibt oder sie einem Dritten überlässt.

Im § 11 Abs. 2 ist die Ermittlung des Übernahmepreises dem Grunde nach geregelt. Dieser wird durch den Sachzeitwert der genannten Anlagen im Zeitpunkt der Übernahme bestimmt. Der Sachzeitwert ist gleich dem Wiederbeschaffungswert abzüglich der Absetzung, die sich mit Rücksicht auf das Alter und den Zustand der Anlage im Zeitpunkt der Übernahme ergibt.

Ferner sind Zuschüsse für den Bau der Wasserversorgungsanlagen, die geleistet wurden, vom Sachzeitwert abzusetzen. Die Höhe der Zuschussleistungen, die Gelsenwasser AG erhalten hat z. B. von Haus- und Grundstückseigentümern etc. sind bisher von Gelsenwasser nach jetzigem Kenntnisstand nicht ausreichend benannt worden, stellen aber mit Sicherheit eine wesentliche Größe mit Blick auf die Kaufpreisbildung dar.

Im Übrigen regelt der Konzessionsvertrag in §10, dass der Vertrag für die Zeit vom 01.01.1979 bis zum 31.12.2008 abgeschlossen wird. Er verlängert sich um jeweils 10 Jahre, wenn er nicht spätestens zwei Jahre vor seinem jeweiligen Ablauf durch Einschreibebrief gekündigt wird.

Diese Frist für die Kündigung wurde durch Schreiben von Gelsenwasser vom 06. April 2006 von 24 auf 6 Monate verkürzt, mit dem Hinweis, dass damit die Gremien der Stadt erst Mitte des Jahres 2008 über die Beendigung des Konzessionsvertrages entscheiden brauchen.

Ferner wurde zum Ausdruck gebracht – in dem Schreiben vom 06. April 2006 – dass im Laufe des Jahres eine gemeinsame Bewertung der Anlagen vorzunehmen ist und im Abschluss eine mögliche Form der Zusammenarbeit analysiert werden soll.

Bemerkenswert ist zweifellos, dass erst mit Zustellung der Vorlage an die Mitglieder des Rates zur Ratssitzung im Juni 2008 Gelsenwasser aktiv geworden ist mit dem Ziel, dass die Kündigung des Konzessionsvertrages aufgeschoben bzw. unterlassen wird.

Darüber hinaus wird in Rede gestellt, den bisherigen Konzessionsvertrag zu den gleichen Bedingungen wie bisher zu verlängern.

Dies kann nur vor dem Hintergrund gesehen werden, dass Gelsenwasser weiß, dass eine inhaltliche Veränderung der Regelungen des Konzessionsvertrages eine Verlängerung des Konzessionsvertrages aus wettbewerbs- und vergaberechtlichen Gründen durch Dritte angreifbar macht. Ansonsten ist ein „Ausschreibungsverfahren“ durchzuführen. Ob sich diese Pflicht auch auf den Wasserlieferungsvertrag bezieht, ist nicht auszuschließen, muss aber rechtlich noch geprüft werden.

Wichtiger ist noch, dass bei einer unterlassenen Kündigung und der Verlängerung des Konzessionsvertrages die Stadt alle Möglichkeiten der Gestaltung, wie sie im Konsortialvertrag zwischen Kamen, Bönen und Bergkamen vereinbart sind, durch einseitiges „Handeln“ aus der Hand gibt. Die negativen Auswirkungen für die bisher gute interkommunale Zusammenarbeit in der GSW sind durch diesen einseitigen Schritt der Stadt Bergkamen überhaupt nicht abzuschätzen.

4.      durch die Kündigung am 30.06.2008 bleibt die Möglichkeit erhalten, diese bis zum 31.12.2008 – natürlich mit Zustimmung des bisherigen Vertragspartner Gelsenwasser AG – zurückzunehmen. Dies könnte dann angezeigt sein, wenn nach Vorliegen aller Daten, die in nahezu vollem Umfang Gelsenwasser zur Verfügung stellen muss, erkennbar eine Wirtschaftlichkeit- und Erfolgsvorausschauberechnung zeigt, dass eine Übernahme der Wasserversorgung durch die GSW entsprechend der Konsortialvereinbarung nicht vertretbar ist.

Warum Gelsenwasser, wie mit Schreiben vom 04.06.2008 erwähnt, hierauf nicht eingeht, erschließt sich nicht. Es wird lediglich der Eindruck erweckt, eine Kündigung sei nicht rückholbar. Eine Kündigung, so hat der BGH in einer Grundsatzentscheidung vom 24.06.1998 entschieden, ist aber durchaus aufzuheben. Voraussetzung dafür ist, dass sich die beiden Parteien darüber einig werden und einen Vertrag schließen des Inhalts, dass sie sich gegenseitig so behandeln wollen, wie wenn die Kündigung nicht erfolgt wäre. Der gekündigte Vertrag bleibt damit, wenn und soweit keine Veränderungen vereinbart werden, zu den bisherigen Bedingungen unverändert in Kraft.

5.      schließlich können die Gelsenwasser AG und die Geschäftsführung der GSW sowie die eingesetzten Gutachter das Zeitfenster bis zum 31.12.2008 nutzen, um die Gesellschafter – Gemeinde Bönen, Stadt Kamen und Stadt Bergkamen – in den Stand zu versetzen, die Frage der künftigen Wasserversorgung abschließend entscheiden zu können.

Von daher wird vorgeschlagen, die Verwaltung zu beauftragen den Konzessionsvertrag zwischen der Stadt Bergkamen und Gelsenwasser vom 06.12./21.12.1978 fristgerecht zum 30.06.2008 mit Wirkung zum 31.12.2008 zu kündigen.

Bestandteile dieser Vorlage sind:

1. Das Deckblatt

2. Die Sachdarstellung und der Beschlussvorschlag

 

Der Bürgermeister

 

 

 

 

Schäfer

Mitunterzeichnung

 

 

 

Mecklenbrauck

Erster Beigeordneter und Stadtkämmerer