Beschlussvorschlag:

 

Der Rat der Stadt Bergkamen beschließt die „Ordnungsbehördliche Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen in 2022“, die der Erstschrift dieser Niederschrift als Anlage beigefügt ist. Zudem nimmt der Rat der Stadt Bergkamen die nach derzeitigem Stand perspektivisch möglichen verkaufsoffenen Sonntage 2023 (vorbehaltlich der notwendigen Genehmigungen in 2023) zur Kenntnis.

 

Sachdarstellung:

 

Die Stadtverwaltung Bergkamen beabsichtigt, im Rahmen der diesjährigen Herbstkirmes auf dem Stadtmarkt (07.-10.10.2022) den verkaufsoffenen Sonntag am 09.10.2022 in der Zeit von 13:00-18:00 Uhr durch Rechtsverordnung freizugeben.

 

Hierbei ist das mit Wirkung vom 30.03.2018 in Kraft getretene, novellierte Gesetz zur Regelung der Ladenöffnungszeiten (Ladenöffnungsgesetz – LÖG NRW) zu berücksichtigen. Das Gesetz dient der Schaffung und Sicherung einer allgemeinen Ladenöffnungszeit für Verkaufsstellen sowie dem Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe. Mit der Novellierung hat der Landtag NRW u. a. die Anforderungen an die Freigabe von verkaufsoffenen Sonntagen erhöht.

Generell dürfen Verkaufsstellen gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 LÖG NRW an Werktagen ohne zeitliche Begrenzung geöffnet sein (allgemeine Ladenöffnungszeit). An Sonn- und Feiertagen dürfen Verkaufsstellen hingegen grundsätzlich nicht geöffnet sein. In Bezug auf die Öffnung von Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen ist in § 6 LÖG NRW jedoch eine Ausnahmeregelung enthalten, die durch die Novellierung modifiziert wurde. Auf der Grundlage des § 6 Abs. 4 LÖG NRW wird die zuständige örtliche Ordnungsbehörde ermächtigt, die entsprechenden Sonn- und Feiertage nach Absatz 1 durch Verordnung freizugeben.

 

Gemäß § 6 Abs. 4 Satz 7 LÖG NRW sind vor Erlass der Rechtsverordnung die zuständigen Gewerkschaften, Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände, Kirchen, die Industrie- und Handelskammer und die Handwerkskammer anzuhören. Die Möglichkeit einer entsprechenden Stellungnahme wurde mit gleichlautendem Schreiben vom 11.07.2022 (vgl. Anlage 1) folgenden Sozialpartnern eingeräumt: 

·         Gewerkschaft ver.di, Bezirk Hamm-Unna

·         DGB-Ortsverband Bergkamen

·         Einzelhandelsverband Westfalen-Münsterland e. V.

·         Pastoralverbund Bergkamen, St. Elisabeth

·         Ev. Friedenskirchengemeinde Bergkamen

·         Ev. Martin-Luther-Kirchengemeinde Bergkamen

·         Industrie- und Handelskammer Dortmund

·         Handwerkskammer Dortmund

Die Industrie- und Handelskammer Dortmund unterstützt mit ihrem Antwortschreiben vom 20.07.2022 die Stadt Bergkamen in dem Vorhaben und betont die wirtschaftliche Bedeutung, gerade in Zeiten der Corona-Pandemie (Anlage 2). In diesem Sinne führt auch der Handelsverband Westfalen-Münsterland (Schreiben vom 18.07.2022, Anlage 3) den verkaufsoffenen Sonntagen in Bergkamen als wichtigen Faktor für den Erhalt und die Stärkung des Einzelhandelsstandortes an. Der Pastoralverbund Bergkamen hat in seiner E-Mail vom 18.07.2022 ebenfalls keinerlei Bedenken geäußert und sich dementsprechend für eine Durchführung ausgesprochen (Anlage 4). Die Gewerkschaft ver.di hat mit Schreiben vom 02.08.2022 (Anlage 5) darauf hingewiesen, dass der verkaufsoffene Sonntag auf einen engen Radius beschränkt werden sollte.

Die Stadtverwaltung Bergkamen übernimmt den Hinweis von ver.di und hat den ursprünglich geplanten Radius der Veranstaltung rund um den Stadtmarkt so weit begrenzt, dass lediglich der folgende Bereich (Anlage 6) für den verkaufsoffenen Sonntag mit eingeschlossen wird:

·         Im Norden wird der Bereich durch die Leibnizstraße begrenzt,

·         im Süden durch die Parkstraße und die Ebertstraße,

·         im Westen durch die Parkstraße. und

·         im Osten durch die Präsidentenstraße.

Nach der Anhörung können vor Erlass der Ordnungsbehördlichen Verordnung Änderungen in den Entwurf eingearbeitet werden. Eine erneute Anhörung zum überarbeiteten Entwurf ist hier nicht erforderlich, da keine grundlegenden Änderungen vorgenommen wurden.

Weitere Stellungnahmen sind nicht eingegangen, sodass davon ausgegangen werden kann, dass bei den weiteren beteiligten Stellen keine Bedenken gegen die geplante Freigabe des verkaufsoffenen Sonntages am 09.10.2022 bestehen.

§ 6 Abs. 1, Abs. 4 LÖG NRW lässt bei Vorliegen eines hinreichenden öffentlichen Interesses eine Verkaufsstellenöffnung für das gesamte Gemeindegebiet oder eine Beschränkung auf bestimmte Bezirke, Ortsteile und Handelszweige zu.

Aus § 29 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 25 S. 2 OBG NRW ergibt sich, dass Ordnungsbehördliche Verordnungen hinreichend bestimmt sein müssen. Durch die in Anlage 6 beigefügte Karte, in der die Grenzen der zulässigen Ladenöffnung gekennzeichnet sind, genügt die Gemeinde den Anforderungen an den Bestimmtheitsgrundsatz.

Gem. § 6 Abs. 1 LÖG NRW dürfen Verkaufsstellen an jährlich höchstens acht nicht unmittelbar aufeinanderfolgenden Sonn- oder Feiertagen ab 13 Uhr bis zur Dauer von fünf Stunden geöffnet sein. Das LÖG NRW bietet insgesamt ein Schutzkonzept, mit dem der Schutz der Sonntage umfassend gewährleistet wird. Das Verbot der Öffnung an Sonn- und Feiertagen ist die Regel. Eine Ausnahme – also die Öffnung an diesen Tagen – ist aufgrund eines besonderen öffentlichen Interesses, das über ein bloßes wirtschaftliches Umsatzinteresse hinausgeht, im Rahmen einer Ermessensentscheidung möglich. Ausnahmen als solche müssen für die Öffentlichkeit erkennbar bleiben und dürfen nicht auf eine weitgehende Gleichstellung der sonn- und feiertäglichen Verhältnisse mit den Werktagen und ihrer Betriebsamkeit hinauslaufen.

Die Aufnahme des Kriteriums des öffentlichen Interesses trägt dem verfassungsrechtlich verbürgten Sonn- und Feiertagsschutz Rechnung und berücksichtigt auch die Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts vom 01.12.2009 (Az. 1 BvR 2857/07 - und - 1BvR 2858/07) zum Berliner Ladenöffnungsgesetz. Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Urteil darauf hingewiesen, dass ein bloß wirtschaftliches Umsatzinteresse der Inhaberinnen und Inhaber von Verkaufsstellen und ein alltägliches Erwerbsinteresse („Shopping-Interesse“) potenzieller Käufer grundsätzlich nicht genügen, um Ausnahmen von dem verfassungsunmittelbar verankerten Schutz der Arbeitsruhe und der Möglichkeit zur seelischen Erholung an Sonn- und Feiertagen zu rechtfertigen.

Im Zusammenhang mit der diesjährigen Herbstkirmes ist das öffentliche Interesse allerdings durch den Sachgrund in § 6 Abs. 1 Nr. 1 LÖG NRW zu rechtfertigen. Demnach liegt dieses insbesondere vor, wenn die Öffnung im Zusammenhang mit örtlichen Festen, Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen erfolgt. Gem. § 6 Abs. 1 S. 3 LÖG NRW wird das Vorliegen eines solchen Zusammenhangs vermutet, wenn die Ladenöffnung in räumlicher Nähe zur örtlichen Veranstaltung sowie am selben Tag erfolgt.

Der in Anlage 6 bestimmte Bereich befindet sich in unmittelbarer räumlicher Nähe neben dem für die Herbstkirmes bestimmten Veranstaltungsort (Am Stadtmarkt) und wird dadurch von der Ausstrahlungswirkung der Veranstaltung erfasst. Vornehmlich müssen Besucher durch den in der Anlage 6 bestimmten Bereich laufen, wenn sie den Parkplatz in dem Bereich, die umliegenden Parkplätze oder eine der sechs sich in der Nähe befindlichen Bushaltestellen nutzen wollen, um den Veranstaltungsort aufzusuchen.

 

Der 09.10.2022 fällt unmittelbar in den Veranstaltungszeitraum (07.-10.10.2022) der Herbstkirmes. Die Ladenöffnungszeit von 13:00 bis 18:00 Uhr überlappt sich zudem mit der Veranstaltungszeit von 14:00 bis 22:00 Uhr. Insbesondere können Besucher auf diese Weise schon direkt nach ihrer Anreise, die auch schon vor Beginn der Herbstkirmes stattfinden kann, von der Ladenöffnung profitieren. Bei der Festsetzung der Öffnungszeiten wurde zudem gem. § 6 Abs. 4 S. 6 LÖG NRW auf die Zeit des Hauptgottesdienstes (09:00 bis 11:00 Uhr) Rücksicht genommen.

 

Zudem ist auch zu berücksichtigen, dass sich die Ladenöffnung von 13:00 – 18:00 Uhr lediglich auf einen Sonntag bezieht, obwohl nach § 6 Abs. 1 LÖG NRW insgesamt acht Sonntage möglich wären. Dadurch wird deutlich, dass es sich hierbei um eine Ausnahme der Regel handelt.

 

Begleitend zu der o. a. Veranstaltung einen verkaufsoffenen Sonntag anzubieten, ist sowohl aus Sicht der Stabsstelle Wirtschaftsförderung und der Stadtmarketing-Abteilung der Stadt Bergkamen für die lokalen Einzelhändler (speziell mit Blick auf die Corona-Pandemie und die mehrheitliche Nutzung von Online-Handel) von wirtschaftlicher Bedeutung. Zudem wird den Besuchern, die an den etablierten Bergkamener Veranstaltungen erfahrungsgemäß in großer Zahl teilnehmen, ein Zusatznutzen offeriert.

 

Von der Freigabe der Tage nach Absatz 1 und 4 sind gem. § 6 Abs. 5 LÖG NRW die stillen Feiertage im Sinne des Feiertagsgesetzes NRW, Ostersonntag, Pfingstsonntag, der 1. und 2. Weihnachtstag sowie der 1. Mai, der 3. Oktober und der 24. Dezember, wenn dieser Tag auf einen Sonntag fällt, ausgenommen. Der 09.10.2022 fällt auch nicht auf so einen Tag.

 

Aufgrund des Erfordernisses des Kriteriums des öffentlichen Interesses wurde die Herbstkirmes (07.-10.10.2022) mit einer entsprechenden Besucheranzahl für die Freigabe des verkaufsoffenen Sonntages im Zeitraum von 13:00 – 18:00 Uhr ausgewählt. Konkret betrifft die Ausnahme von den grundsätzlichen Ladenöffnungsbestimmungen den 09.10.2022.

Das besondere Interesse an dem Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe sowie der Arbeitsruhe tritt, soweit mit der als Anlage 7 beigefügten Ordnungsbehördlichen Verordnung die Öffnung von Verkaufsstellen zugelassen wird, ausnahmsweise hinter das vorgenannte öffentliche Interesse an der Öffnung der Verkaufsstellen zurück.

Unter Berücksichtigung des Sachverhalts und nach Bewertung der Stellungnahmen der Sozialpartner wird die angestrebte Freigabe des verkaufsoffenen Sonntages sowohl den Bedürfnissen der Verbraucher gerecht, auch werden für das Verkaufspersonal und die Einzelhändler vernünftige Bedingungen sichergestellt.

Die Verwaltung schlägt daher dem Rat der Stadt Bergkamen vor, die als Anlage 7 beigefügte Ordnungsbehördliche Verordnung zu erlassen.


Zur Kenntnis:

 

Nach derzeitigem Stand wird zudem von der Stadtverwaltung Bergkamen beabsichtigt, Anfang kommenden Jahres die entsprechenden Vorbereitungen für die Freigabe der verkaufsoffenen Sonntage in 2023 zu treffen. Zu den derzeit avisierten verkaufsoffenen Sonntagen, welche laut der entsprechenden gesetzlichen Vorgaben grundsätzlich ausschließlich unter der Voraussetzung der Betroffenheit von öffentlichem Interesse, das insbesondere im Zusammenhang mit örtlichen Festen, Märkten oder ähnlichen Veranstaltungen vorliegt, durchgeführt werden dürfen, werden folgende Termine in Erwägung gezogen:

  • 07.05.2023: Blumenbörse (Präsidentenstraße)
  • Oktober 2023: Herbstkirmes (Stadtmarkt, Datum wird noch bekannt gegeben)

Unabhängig von einer sonntäglichen Ladenöffnung werden diese Veranstaltungen von der Bevölkerung zu einem gemeinsamen Spaziergang und Schaufensterbummel abseits der werktäglichen Hektik und als Treffpunkt für die ganze Familie angenommen. Aus dem durch die Presse etc. veröffentlichten Bildmaterial ist der große Zulauf bei diesen Veranstaltungen zu ersehen. Ein entsprechendes Bedürfnis ist in der Bevölkerung vorhanden, sodass ein öffentliches Interesse an den Ladenöffnungen bejaht werden kann. Des Weiteren ziehen die Veranstaltungen erfahrungsgemäß viele Besucher auch aus den umliegenden Städten und Gemeinden an. Schließlich haben derartige Veranstaltungen im Freizeitverhalten inzwischen einen großen Stellenwert eingenommen.

 

 

 

 

 

 

Bestandteile dieser Vorlage sind:

1. Das Deckblatt

2. Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung

3. Anlagen 1-7

 

Der Bürgermeister

In Vertretung

 

 

 

 

Busch

Beigeordnete

 

 

Amtsleiter

 

 

 

 

Lamparski

Sachbearbeiter

 

 

 

 

Müller