hier: Zustimmung zur dritten Fortschreibung
Beschlussvorschlag:
Der Haupt- und Finanzausschuss der Stadt
Bergkamen stimmt der dritten Fortschreibung des „Regionalen
Einzelhandelskonzept für das Östliche Ruhrgebiet und angrenzende Bereiche“ zu
und beauftragt die Verwaltung, im Arbeitskreis REHK weiterhin auf dieser
Grundlage zu arbeiten.
Diese Entscheidung
wurde durch den Haupt- und Finanzausschuss gem. § 60 Abs. 1 Satz 2 der
Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) in der Fassung der
Bekanntmachung vom 14. Juli 1994 (GV. NRW. S. 666), zuletzt geändert durch
Artikel 4 des Gesetzes vom 14. April 2020 (GV. NRW. S. 218b) gefasst.
Sachdarstellung:
Der Einzelhandel
ist eine prägende Nutzung städtischer Zentren und Ansatzpunkt für weitere
zentrumsbildende Einrichtungen und Angebote (u. a. öffentliche und private
Dienstleistungen, Gastronomie, kulturelle Angebote). Demgegenüber standen und
stehen die Entwicklung und die Erweiterung von zentrentypischen
Einzelhandelsangeboten an dezentralen Standorten mit der Gefahr einer
zentrenschwächenden, wenn nicht gar -schädigenden Wirkung. Dieses führt in den
Zentren u. a. zu einer abnehmenden Angebotsbreite und einem zum Teil
geringen Angebotsniveau durch uniforme, kurzlebige Geschäftstypen. Die
jeweiligen Auswirkungen sind dabei i. d. R. nicht nur in den
Standortgemeinden selbst, sondern auch in den Zentren benachbarter Städte
spürbar. Verschärft wird diese Situation durch die starke Zunahme der Bedeutung
des Onlinehandels und einem Rückgang des inhabergeführten Einzelhandels.
Bereits im Jahre
2001 wurde der Arbeitskreis „Regionales Einzelhandelskonzept für das östliche
Ruhrgebiet und angrenzende Bereiche“ (REHK) gegründet, um einem
gemeindeübergreifenden Konzept folgend eine abgestimmte Entwicklung der
Einzelhandelsstrukturen zu erreichen und den aktuellen Problemen der
Einzelhandelsentwicklung zu begegnen. Dem Arbeitskreis gehören aktuell 24
Kommunen, fünf Industrie- und Handelskammern, zwei Einzelhandelsverbände, zwei
Bezirksregierungen, der Regionalverband Ruhrgebiet und zwei Kreise an. Das
Regionale Einzelhandelskonzept und der Arbeitskreis sind durch Beschlüsse der
Räte der beteiligten Kommunen in ihrem Handeln legitimiert.
Ziel
der Kooperation ist eine abgestimmte Ansiedlungsplanung bei regional
bedeutsamen Einzelhandelsvorhaben in der Region. Dabei geht es nicht darum den
Wettbewerb zu verhindern. Vielmehr soll er einvernehmlich an Standorte gelenkt
werden, die aus Sicht der Stadtentwicklung zu befürworten sind. Die beteiligten
Kommunen haben dazu eine entsprechende Interkommunale Vereinbarung getroffen,
die Grundlage des gemeinsamen Handelns ist. Die übergeordnete Zielstellung umfasst
·
die
Stärkung der innerstädtischen Zentren,
·
die
Stärkung der Stadtteilzentren mit ihrer Grundversorgung,
·
die
Notwendigkeit eines ergänzenden Versorgungsnetzes von Sondergebieten mit
nicht-zentrenrelevanten Angeboten an ausgewählten Standorten auch außerhalb der
Zentren zu akzeptieren und
·
eine
aktive Flächenpolitik, um mit marktwirtschaftlichen Mitteln Investitionen in
die städtebaulich geeigneten (integrierten) Standorte zu lenken.
In der
Praxis werden die regional bedeutsamen Einzelhandelsvorhaben regelmäßig
interkommunal in dem REHK-Arbeitskreis unter den beteiligten Kommunen, den
Behörden und Interessenverbänden erörtert und abgestimmt. Darüber hinaus diskutiert
der Arbeitskreis auch allgemein fachspezifische Fragen zu rechtlichen und
städtebaulichen Aspekten des Einzelhandels. Neben der Abstimmung zwischen den
beteiligten Kommunen zu einzelhandelsrelevanten Fragen auf der Grundlage des
REHK werden bei entsprechendem Anlass Stellungnahmen zu Entwicklungen und
Einzelhandelsprojekten außerhalb des Kooperationsraumes abgegeben.
Bisherige
Fortschreibungen
Das
Regionale Einzelhandelskonzept hat sich in der Entscheidungsfindung im
Zusammenhang mit zahlreichen großflächigen Einzelhandelsvorhaben im
Kooperationsraum in einer Vielzahl von Fällen bewährt. Da aber sowohl die
demografischen, die ökonomischen wie auch die rechtlichen Rahmenbedingungen
Veränderungen unterliegen, ist eine Fortschreibung in regelmäßigen Abständen
erforderlich.
Eine erste
Fortschreibung des REHK wurde rund fünf Jahre nach der Gründung im Jahr 2017
vorgenommen. Dabei waren geringfügige Änderungen notwendig, bei denen der
Schwerpunkt auf der Aktualisierung der Grundlagen sowie einer ersten Evaluation
der verabredeten Verfahren lag.
Die zweite
Fortschreibung im Jahr 2013 beinhaltete die Einführung einer Geschäftsordnung,
eine neue Definition der Standortstruktur, modifizierte Sortimentslisten sowie
die ersten Weiterentwicklungen von Prüfkriterien beim Regionalen
Konsensverfahren.
Fortschreibung
2020
Ziel der aktuellen
Fortschreibung ist es, zum einen Veränderungen demografischer und ökonomischer
Rahmenbedingungen sowie der Einzelhandelssituation in der Region aufzuzeigen
und zum anderen eine praxisorientierte Nachjustierung, die insbesondere die
Aspekte Umgang mit Einzelhandelsagglomerationen und dem Instrument der
Billigung im Rahmen des Regionalen Konsens zum Inhalt hat, vorzunehmen. Neben
den veränderten Rahmenbedingungen innerhalb und außerhalb des Kooperationsraums
werden die aktuellen Veränderungen auf Landesebene, insbesondere in Form des ab
dem 06. August 2019 geltenden LEP NRW, im Rahmen der Fortschreibung
berücksichtigt.
Im Folgenden werden
die wesentlichen Änderungen der vorliegenden Fortschreibung dargestellt und
erläutert. Zur weiteren inhaltlichen Information wird auf das Konzept in der
Anlage zur Drucksache verwiesen.
·
Konsequente
Anwendung des bauplanungsrechtlichen Instrumentariums
Hinsichtlich einer nachhaltigen Umsetzung der Ziele und Steuerungsregeln des
REHK bedarf es einer konsequenten Anwendung des bauplanungsrechtlichen
Instrumentariums bei der Steuerung des nahversorgungsrelevanten,
zentrenrelevanten und nicht zentrenrelevanten Einzelhandels. Insbesondere
Festsetzungen zur Steuerung des Einzelhandels im Rahmen der verbindlichen
Bauleitplanung (Aufstellung bzw. Änderung von Bebauungsplänen) dienen einer
zielgerichteten Sicherung und Stärkung zentraler Versorgungsbereiche. Dazu
gehören insbesondere der Ausschluss von (vor allem nahversorgungs- und
zentrenrelevantem) Einzelhandel in Gewerbegebieten sowie die Begrenzung
zentrenrelevanter Randsortimente bei großflächigen Einzelhandelsbetrieben mit
nicht-zentrenrelevanten Kernsortimenten.
·
Einzelhandelsagglomerationen
Bezüglich der Steuerungsregelungen zu Einzelhandelsagglomerationen wird im
Rahmen der Fortschreibung ergänzt, dass die Kommunen – analog der Regelungen im
LEP – dem Entstehen und der Verfestigung von Einzelhandelsagglomerationen durch
die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevanten Kernsortimenten
entgegenwirken müssen.
Ergänzend zu dieser Steuerungsregel wurde ein neu formuliertes Prüfkriterium
ergänzt, dass auch eine Definition zur Einzelhandelsagglomeration, eine
Abgrenzung des Begriffs zum Begriff des Einkaufszentrums sowie
praxisorientierte Fallkonstellationen beinhaltet.
·
Scoping
Zeichnen sich im Verfahren zur Erlangung des regionalen Konsenses Konflikte
zwischen der Standortkommune und betroffenen Mitgliedskommunen ab, hat sich in
der Vergangenheit die bilaterale oder multilaterale Abstimmung, ggf. unter
Hinzuziehen der Vorsitzenden des REHK als Moderatoren, bewährt. Dieses Vorgehen
soll mit der vorliegenden Fortschreibung in Form eines frühzeitigen
Scoping-Termins konkretisiert werden, der entweder im Vorfeld der Erarbeitung
einer städtebaulichen Wirkungsanalyse zu einem Vorhaben oder zur Abstimmung
aufgrund der Ergebnisse einer vorliegenden städtebaulichen Wirkungsanalyse
stattfinden kann. Ziel des Scopings ist ein Einvernehmen unter den beteiligten
Akteuren herzustellen.
Das Plenum soll über das Ergebnis eines Scoping-Termins informiert werden. Es
entfaltet eine Bindungswirkung für das weitere Verfahren im Umgang mit dem
jeweiligen Vorhaben.
·
Billigung
Das Instrument der Billigung wurde bereits in der zweiten Fortschreibung des
REHK (2013) eingeführt, da festgestellt wurde, dass in einzelnen Fällen
Abweichungen von einzelnen Prüfkriterien bei Modifizierung eines Vorhabens
„geheilt“ werden können. Da jedoch in der Praxis Unsicherheit bei der Anwendung
bestand, wurde das Instrument konkretisiert und festgelegt, unter welchen
Fallkonstellationen eine Billigung möglich ist und welche Abweichungen von
Prüfkriterien einer Billigung widersprechen.
·
Verjährung
eines Regionalen Konsenses
Wird ein Vorhaben nicht binnen drei Jahren nach Erteilung des Regionalen
Konsenses umgesetzt ist im Arbeitskreis ggf. eine Verlängerung um maximal
weitere drei Jahre möglich. Diese ist unter Berücksichtigung der aktuellen
Prüfkriterien zu begründen und belegen. Bei gravierenden Veränderungen der
Rahmenbedingungen kann hier ggf. auch eine Aktualisierung einer zu Grunde
gelegten Wirkungsanalyse notwendig werden.
·
Marksättigung
Vor dem Hintergrund der stetig ansteigenden Verkaufsflächen bundesweit sowie
auch geplanten, insbesondere großflächigen, regionalbedeutsamen
Einzelhandelsentwicklungen in den Kommunen im östlichen Ruhrgebiet,
beispielsweise im Möbelsektor und damit verbundenen Anträgen für einen
regionalen Konsens, lebt immer wieder die Frage auf, ob der wahrgenommenen
Sättigung des Marktes durch besondere Steuerungsansätze im Rahmen des REHK
begegnet werden sollte. Mögliche Ansätze zur Steuerung des nicht
zentrenrelevanten Einzelhandels wurden daher diskutiert und geprüft, unter
anderem eine Obergrenze für Umsatzumverteilungen bei nicht-zentrenrelevanten
Kernsortimenten oder die Einführung regionaler (Möbel-)Standorte durch
Kooperation einzelner Kommunen. Im Ergebnis wird eine konsequente Anwendung der
Bundes- und Landesregelungen sowie die bestehenden Regelungen im Rahmen des
REHK auch in Zukunft, insbesondere hinsichtlich der Steuerung zentrenrelevanter
Randsortimente als ausreichend angesehen.
Inhalte für die
Stadt Bergkamen
Die Verkaufsfläche in Einzelhandelsbetrieben ab 650 m² beträgt in
Bergkamen im 61.000 m² (Stand: 2018), aufgeteilt in die
Sortimentsschwerpunkte Lebensmittel (22.200 m²), Textil / Schuhe
(2.800 m²), Elektro (2.500 m²), Bau- und Gartenmärkte
(16.100 m²), Möbel / Einrichtung (9.700 m²) und sonstige
(7.800 m²). Im Vergleich zum Zeitpunkt der zweiten Fortschreibung 2013
(78.200 m²) liegt der Gesamtwert rund 17.200 m² niedriger. Seinerzeit
waren noch Teilflächen in den turmarkaden mit Einzelhandel belegt. Außerdem
fällt der Kaufland-Markt in Rünthe 2018 aus der Bilanz, weil er zu diesem
Zeitpunkt neu errichtet und daher nicht angerechnet wurde. Leerstände sind in
dieser Verkaufsflächenstatistik generell nicht berücksichtigt.
Das einzelhandelsrelevante Kaufkraftvolumen aller REHK-Kommunen ist
zwischen 2012 und 2019 gestiegen. In Bergkamen liegt der Anstieg bei rund
24 % von 273 Mio. € 2012 auf 338 Mio. € 2019.
Gleichwohl liegt das Kaufkraftniveau in Bergkamen nur bei 90 und damit unter
dem Bundesdurchschnitt (Indexwert 100) und unter dem Wert aller übrigen
REHK-Kommunen. Aktuelle Umsatzzahlen sind in der Fortschreibung nicht genannt.
Nach den der Stadt Bergkamen aktuell vorliegenden Angaben der Gesellschaft für
Konsumforschung (GfK) lag der Einzelhandelsumsatz 2019 in Bergkamen bei etwa
277 Mio. €, wobei in gleicher Statistik die einzelhandelsrelevante
Kaufkraft mit 302 Mio. € angegeben ist. Die Unterschiede sind auf
unterschiedliche Grundlagen und Ermittlungsmethoden zurückzuführen.
Bei der Zentrenstruktur ist für Bergkamen nur das Hauptzentrum aufgeführt, ohne konkrete räumliche Abgrenzung. Weitere im Flächennutzungsplan ausgewiesene Zentrale Versorgungsbereiche sind nicht dargestellt, weil sie im Wesentlichen nur eine Nahversorgungsfunktion wahrnehmen. Allerdings werden als Agglomerationen mit mehr als 5.000 m² Verkaufsfläche die Standorte „An der Bummannsburg“ und „Geschwister-Scholl-Straße“ genannt. Ergänzungsstandorte, d. h. Einzelbetriebe mit mehr als 5.000 m² Verkaufsfläche sind Röttger (Erlentiefenstraße), POCO (Industriestraße) sowie der Garten König (Rathenaustraße)
Bestandteile dieser Vorlage sind:
1. Das Deckblatt
2. Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung
3. 1 Anlage
Der Bürgermeister In Vertretung Ulrich Beigeordneter und Stadtkämmerer |
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stv. Amtsleiterin Reumke |
Sachbearbeiterin Thiede |
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