Beschlussvorschlag:
Der Rat der Stadt Bergkamen beauftragt die Verwaltung, eine Kooperationsvereinbarung zur Gründung einer Jugendberufsagentur (JBA) mit der Agentur für Arbeit Hamm und dem Jobcenter Kreis Unna abzuschließen, die vorhandenen Strukturen zu optimieren, die Jugendberufshilfe als Aufgabe wahrzunehmen und den zu betreuenden Personenkreis generell auf unter 25-Jährige auszuweiten.
Sachdarstellung:
Am 21.11.2014 haben
der Landrat und die Bürgermeister im Kreis Unna mit dem Jobcenter Kreis Unna,
der Agentur für Arbeit Hamm und weiteren relevanten Arbeitsmarktakteuren mit
einer gemeinsamen Absichtserklärung das
Ziel formuliert, die Jugendarbeitslosigkeit im Kreis Unna bis zum Jahr 2020 zu
halbieren (s. Anlage 1).
Die flächendeckende
Bildung von Jugendberufsagenturen (JBA) kann dabei ein wirksames Element zur
Zielerreichung sein; für Bergkamen wäre dies ein Meilenstein in der Bewältigung
der seit vielen Jahren verfestigten Struktur der (Jugend-)Arbeitslosigkeit.
(Jugend-)Arbeitslosigkeit
ist häufig Resultat brüchiger Bildungsbiografien. Bergkamen verfügt in der
Folge des Strukturwandels im östlichen Ruhrgebiet zudem über einen Mangel an
ausreichenden und geeigneten Ausbildungs- und Arbeitsplätzen.
Um frühzeitig die
multiplen Problemlagen der unter 25-Jährigen zu erkennen und geeignete
Maßnahmen zu verbessern und abzustimmen, bedarf es der geregelten Kooperation
zwischen allen Akteuren der Jugendberufshilfe. Dies ist zz. aufgrund der
unterschiedlichen Rechtskreise und Zuständigkeiten als auch unter
datenschutzrechtlichen Bedingungen nur eingeschränkt möglich. Hinzu kommt, dass
Jugendliche wechselnde Ansprechpartner in verschiedenen Institutionen haben.
Dies führt nicht selten dazu, dass sich junge Menschen in den Systemen
verlaufen oder sich enttäuscht abwenden (wollen), weil ihrer Wahrnehmung nach
jede Institution etwas anderes vorgibt oder von ihnen fordert.
Bei der Stadt Bergkamen gibt es neben den Angeboten der
Arbeitsagentur und des Jobcenters bereits seit vielen Jahren in Ansätzen die Struktur einer Jugendberufshilfe.
Der Allgemeine Soziale Dienst (ASD) des
Jugendamtes leitet Jugendberufshilfemaßnahmen nach entsprechender
Antragstellung der Eltern im Rahmen der Hilfen zur Erziehung (HzE) nach §§ 27
ff. SGB VIII ein. Dies können bspw. Schulersatzmaßnahmen,
Erziehungsbeistandschaften (Ziel: Wiedereingliederung in den Schulbesuch,
Erlangung der Ausbildungsfähigkeit, Erhalt der Ausbildung…), Hilfen durch das
betreute Jugendwohnen (Ziel: Erlangung eines Schul- oder
Ausbildungsabschlusses) oder auch Hilfen nach § 13 SGB VIII sein. Hiernach sind
jungen Menschen, die zum Ausgleich sozialer Benachteiligungen oder zur
Überwindung individueller Beeinträchtigungen in erhöhtem Maße auf Unterstützung
angewiesen sind, im Rahmen der Jugendhilfe sozialpädagogische Hilfen
anzubieten, die die schulische und berufliche Ausbildung, Eingliederung in die
Arbeitswelt und die soziale Integration von jungen Menschen fördern .
Die Streetwork und die Jugendzentren leisten Jugendberufshilfe durch die Beratung und
Unterstützung bei der Erstellung von Bewerbungen, die gemeinsame Suche nach
Ausbildungs-, Praktikums- oder Schulplätzen, die Vermittlung in Maßnahmen zur
beruflichen Orientierung oder Vorbereitung, die Vermittlung in
ausbildungsbegleitende Hilfen oder auch in der Vorbereitung von Jugendlichen
auf Einstellungstest und Bewerbertrainings.
Der „Runde Tisch Schulverweigerung“
(RuTiSch) wendet sich an schulmüde Jugendliche aus allen weiterführenden
Schulen. Hier sollen schulverweigernde Jugendliche ab Klasse 5 und ihre Eltern
frühzeitig und zu Beginn der Schulverweigerung durch unterschiedliche Ansprache
der Schulen, des Bezirks- sowie des Wach- und Wechseldienstes der Polizeiwache
Bergkamen, der Jugendzentren, der Streetwork, der Jugendgerichtshilfe und des
ASD des Jugendamtes erreicht und aufgefangen werden. So soll präventiv ein
Scheitern der Bildungsbiografie verhindert werden.
Der „Runde Tisch Jugend und Beruf“ wendet
sich an Schülerinnen und Schüler der Willy-Brandt-Gesamtschule, die dem
Jobcenter Bergkamen, dem ASD oder der Jugendarbeit des Jugendamtes Bergkamen
bekannt sind. Hier wird gemeinsam mit der Schulleitung, der Schulsozialarbeit
und verschieden Diensten des Jobcenters nach Einzelfalllösungen gesucht.
„Komm auf Tour“ ist ein gemeinsames Angebot zur beruflichen
Orientierung der Bundesagentur für Arbeit Hamm, dem Jobcenter im Kreis Unna,
des Schul- und Jugendamtes der Stadt Bergkamen, der weiterführenden Schulen und
einzelner Träger der beruflichen Aus- und Fortbildung. Hierbei wird im Rahmen
einer Aktionswoche Schülerinnen und Schülern der Klasse 7 ein Angebot zur
Potentialanalyse in verschieden Berufsfeldern gemacht. Begleitet wird dies
durch Informationsangebote für Eltern.
Viele präventive
und begleitende Maßnahmen bestehen somit bereits. Sie werden jedoch inhaltlich,
räumlich und nach Rechtskreisen getrennt vorgehalten.
Durch eine
Kooperationsvereinbarung zwischen der Stadt Bergkamen, der Agentur für Arbeit
Hamm und dem Jobcenter im Kreis Unna kann diese Arbeit optimiert werden (s.
Anlage 2).
Ein
Arbeitspapier, welches die Arbeitsagentur Hamm, das Jobcenter im Kreis Unna in
Abstimmung mit dem Kreis Unna und der Kreisstadt Unna erarbeitet hat,
beschreibt die Zielsetzung der Kooperationsvereinbarung wie folgt:
(…) Ausgangspunkt
der rechtskreisübergreifenden Kooperation ist, dass Leistungen aus den
Sozialgesetzbüchern SGB II, SGB III und SGB VIII, die von einer Familie in
Anspruch genommen werden können, i. d. R. parallel und wenig abgestimmt
erbracht werden.
Zielgedanke der
rechtskreisübergreifenden Kooperation ist die optimale Unterstützung
bedürftiger Kinder, Jugendlicher und ihrer Familie. Hierdurch entsteht auch ein
Mehrwert für die beteiligten Institutionen. Die jeweiligen Zuständigkeiten
bleiben gewahrt, allerdings im Sinne der gemeinsamen Verantwortung in der
Unterstützung der Hilfebedürftigen. Nicht zuletzt im Rahmen des Modellvorhabens
„Kein Kind zurücklassen!“ wurde der diesbezügliche Handlungsbedarf
verdeutlicht. Leistungen aus den Sozialgesetzbüchern SGB II, SGB III und SGB
VIII, die von einer Familie in Anspruch genommen werden können, gilt es mit
allen Beteiligten zu koordinieren. Insbesondere im Übergang Schule-Beruf soll
die Leitidee der „Jugendberufsagentur“ im Zusammenwirken mit „KAoA“ (Kein
Abschluss ohne Anschluss) für die beteiligten Akteure der
rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit strukturgebend sein.
Gemeinsames Ziel
ist, tragfähige Problemlösungen auf der Basis einer gemeinsamen Hilfeplanung
bzw. Fallarbeit für die Kinder, Jugendlichen und Familien zu finden und damit
gleichzeitig die Qualität der Betreuung und Unterstützung zu verbessern. Die
gesellschaftliche Teilhabe, schulisch-berufliche Qualifikation, sowie die berufliche
Integration und die hierfür erforderliche Persönlichkeitsentwicklung stehen
dabei im Vordergrund. Elementarer Rahmen der Zusammenarbeit ist die gemeinsam
erarbeitete Strategie für Kinder, Jugendliche und Familien, die zum Ausgleich
sozialer Benachteiligungen und/oder zur Überwindung individueller
Beeinträchtigungen in erhöhtem Maße auf Unterstützung angewiesen sind. Dieses
gilt es auch aus dem Blickwinkel der Betroffenen kooperativ zu gestalten und
durch passgenaue, abgestimmte Leistungserbringung die Wirksamkeit der Hilfe zu
steigern, so dass es zu einer nachhaltigen Verbesserung der Lebens- und
Teilhabechancen der Familien kommt. (…)
Innerhalb der
Stadtverwaltung Bergkamen waren in Sachen Jugendberufshilfe im Wesentlichen das
Jugendamt (Allgemeiner sozialer Dienst in der Einzel- und Familienberatung und
die Jugendarbeit) involviert, ohne dass es hier eine tatsächliche
Aufgabenbeschreibung gegeben hat; einige Maßnahmen hat organisatorisch das
Schulverwaltungsamt begleitet und anlassbezogen ist die kommunale
Wirtschaftsförderung einbezogen. Ebenso gibt es in Einzelfällen eine
Unterstützung durch die Zentralen Dienste – im Ergebnis sind hier bereits viele
aktiv.
Mit der
Beschlussfassung durch den Rat der Stadt Bergkamen wird die Verwaltung
beauftragt eine Kooperationsvereinbarung abzuschließen, die vorhandenen
Strukturen in diesem Sinne zu optimieren, die Jugendberufshilfe als Aufgabe
wahrzunehmen und den zu betreuenden Personenkreis generell auf U25 auszuweiten.
Organisatorisch ist
die Jugendberufshilfe dem Jugendamt und damit auch dem Jugendhilfeausschuss des
Rates der Stadt Bergkamen zuzuordnen, welcher die inhaltliche Arbeit
entsprechend begleitet.
Die Anzahl der
durch den ASD zu Betreuenden wird sich vermutlich erhöhen, wobei dazu heute
keine Prognose abgegeben werden kann.
Zum Stichtag
30.09.2017 ist die Arbeit der JBA und der daraus resultierende Aufwand im
Jugendamt zu evaluieren.
Bestandteile dieser Vorlage
sind:
1. Das Deckblatt
2. Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung
3. 2 Anlagen
Der Bürgermeister In Vertretung Busch Beigeordnete |
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Amtsleiter Harder |
Sachbearbeiter Kortendiek |
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