Beschlussvorschlag:
Der Ausschuss
für Familie, Soziales und Senioren nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur
Kenntnis.
Sachdarstellung:
Rechtlicher Rahmen:
Der Stadt Bergkamen werden gem. Flüchtlingsaufnahmegesetz NRW regelmäßig
Asylbegehrende zugewiesen. Die Verteilung und Zuweisung dieser Personen erfolgt
auf Landesebene anteilig auf alle Kommunen anhand des Einwohnerschlüssels
(Anteil Kommune an Einwohner NRW gesamt).
Der zugewiesene Personenkreis erhält fast ausnahmslos Leistungen zur
Deckung des Lebensunterhaltes nach dem AsylbLG. Träger der Leistungen nach dem
AsylbLG ist, abweichend zu den Regelungen für Leistungen nach dem SGB II / SGB
XII, die Stadt Bergkamen.
Im Gegenzug werden seit 2005 für die Aufnahme, Unterbringung und
Versorgung der zugewiesenen Personen das Land NRW Mittel zur Verfügung
gestellt, deren Gesamthöhe sich an der Anzahl der landesweit aufgenommenen
Personen orientiert. Hieraus erhält die Stadt Bergkamen eine pauschalierte
Landeszuweisung, die sich auch wie der o.g. Verteilschlüssel am
Einwohnerschlüssel orientiert.
Anzumerken ist hierbei, dass bei der Ermittlung des Personenbestandes
ausschließlich Personen berücksichtigt werden, die im laufenden Asylverfahren
stehen. Soweit dies (im Regelfall negativ) rechtskräftig entschieden ist,
erfolgt keine Berücksichtigung mehr.
Kostenentwicklung der Unterbringung / Leistungserbringung AsylbLG:
Zum Stichtag 01.07.2012 erhielten insg. 138 Personen Leistungen nach
dem AsylbLG, die zum überwiegenden Teil in sieben speziell dafür vorgehaltenen
städtischen Übergangs-wohnheimen untergebracht sind. Lediglich 42 davon standen
im lfd. Asylverfahren. Für alle anderen Personen erfolgt keine
Kostenbeteiligung des Landes. Es handelt sich hierbei vorwiegend um Personen,
deren Asylbegehren negativ beschieden wurde und die ausreisepflichtig sind,
sowie um Personen, die einen Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen erhalten
haben.
Anlage 1:
Grafik: Entwicklung Personen AsylbLG insg. und bei der Landeserstattung
berücksichtigte Personen
Bereits aus dieser Grafik ist erkennbar, dass die Landeserstattung nur
einen Teil der Personen abdeckt, für die Stadt Bergkamen Leistungen erbringt.
Alle anderen Personen belasten direkt und in vollem Umfang das städtische
Budget.
Die Entwicklung der Personen im Leistungsbezug seit Einführung der
pauschalierten Landeszuweisung in 2005 bildet auch die Aufwendungen im
städtischen Budget ab.
Anlage 2: Grafik:
Vergleich Leistungsempfänger und jährl. Aufwendungen AsylbLG (€)
Vergleicht man nun die Bruttoaufwendungen mit der durch das Land
gezahlten Zuweisung, ergibt sich folgender prozentualer Kostendeckungsgrad:
Anlage 3: Grafik:
Prozentuale Kostendeckung AsylbLG
Es ist klar erkennbar, dass die Landeszuweisung nicht einmal die
Kostendeckung für den Personenkreis innerhalb des laufenden Asylverfahrens
erbringt. Während der in der Landeszuweisung berücksichtigte Personenkreis
aktuell bis zu 30 % der Gesamtfälle umfasst, deckt die pauschalierte
Landeszuweisung nicht einmal 10 % der Gesamtaufwendungen ab.
Entwicklung der Leistungen AsylbLG im Einzelfall:
Der leistungsberechtigte Personenkreis nach dem AsylbLG wird durch das Gesetz
grundsätzlich in zwei Gruppen unterteilt. Für die ersten vier Jahre des
Aufenthalts sollen nur eingeschränkte Leistungen im Rahmen des § 3 ff. AsylbLG
erbracht werden.
Nach vier Jahren werden regelmäßig Leistungen entsprechend dem SGB XII
erbracht. Von den o.g. 138 Personen im Leistungsbezug erhalten derzeit 72
Personen Leistungen im Rahmen des § 2 AsylbLG.
Der Anstieg bei den Aufwendungen in 2010 (s. Anlage 2) ergibt sich aus
einem Urteil des Bundessozialgerichtes zu § 2 AsylbLG vom 17.06.2008, aus dem
sich für viele Leistungs-empfänger auch noch in 2011 erhebliche Nachzahlungen
von zuvor zu Unrecht nicht erbrachten Leistungen ergaben. Soweit zuvor der
Begriff der Rechtsmissbräuchlichkeit weit ausgelegt wurde, schränkte dieses
Urteil die bisherige Auslegungspraxis radikal ein. Demnach kann nur noch in
Ausnahmefällen die (höhere) Leistungshöhe des SGB XII verwehrt werden.
Das nunmehr vorliegende Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 18.07.2012
betrifft die 66 Personen, die derzeit von hier Leistungen im Rahmen des § 3
AsylbLG erhalten. Das Leistungsniveau der Übergangsregelung orientiert sich
nunmehr ebenfalls an der Bedarfsermittlung nach dem SGB II / SGB XII.
Auswirkungen des Urteils für die Stadt Bergkamen:
Das Leistungsniveau des AsylbLG wurde 1993 im Rahmen des sog.
Asylkompromisses festgesetzt. Auf diesem Weg sollten finanzielle Anreize, in
die BRD einzureisen, minimiert werden. Durch die nunmehr vorliegende
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes wurde nunmehr der Rahmen des
Existenzminimums unabhängig vom aufenthaltsrechtlichen Status umrissen. Soweit
eine Novellierung des AsylbLG –wie durch das BVerfG gefordert- erfolgt, wird
sich der Gesetzgeber auch bei der Bemessung des Leistungsumfangs an diesem
Rahmen orientieren (müssen).
Bereits die Rechtsprechung der vergangenen Jahre zu § 2 AsylbLG wirkte
sich direkt auf das städtische Budget aus. Neben erheblichen
Nachzahlungsbeträgen von insg. mehr als 350.000 € ergeben sich jährliche
Mehraufwendungen von ca. 90.000 €.
Auch das aktuelle Urteil führt zu Mehraufwendungen von jährlich ca.
60.000 €. Durch den grundsätzlichen Ausschluss einer Rückwirkung durch das
Bundesverfassungsgericht auf den Zeitraum vor dem 01.08.2012 ergeben sich nur
in Ausnahmefällen Nachzahlungen für bereits vergangene Zeiträume. Im Budgetjahr
2012 ergeben sich aus derzeitiger Sicht hochgerechnet Mehraufwendungen von
26.500 €.
Insbesondere im Hinblick auf den steigenden Zuschussbedarf je
Leistungsempfänger aufgrund der steigenden rechtlichen Ansprüche des
Personenkreises des AsylbLG ist offensichtlich, dass die im Jahr 2005
festgesetzte pauschalierte Landeszuweisung den aktuellen Aufwendungen der
Kommunen nicht mehr gerecht wird.
Anlage 4:
Grafik: Durchschnittlicher Zuschussbedarf je Leistungsempfänger/Jahr in €
Das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes NRW teilte
bereits mit Erlass vom 03.08.2012 (Vorläufige Hinweise zur Umsetzung des
Urteils des BVerfG vom 18.07.2012) hierzu folgendes mit:
„Die Gemeinden erhalten für die gewährten Leistungen nach dem AsylbLG
einschließlich Unterbringung und Betreuung eine Pauschale auf der Grundlage des
Gesetzes über die Zuweisung und Aufnahme ausländischer Flüchtlinge (FlüAG). Die
Pauschale wird jährlich angepasst.
Auf Grund der durch das BVerfG festgelegten Übergangsregelung entstehen
bei den Leistungen für Flüchtlinge entsprechende Mehrkosten.
Die Erstattung zum 01.03. und 01.06. ist auf Grund der Meldung der
Gemeinden zum Stichtag 01.01.2011 erfolgt. Ich bin in Abstimmung mit dem
Finanzministerium und den kommunalen Spitzenverbänden bemüht, für künftige Abrechnungszeiträume
eine Anpassung der Pauschalen zu erreichen.“
Eine Anpassung der Pauschalen auf Landesebene würde aber auch nur auf
der Grundlage des anrechnungsfähigen Personenkreises erfolgen. Die
Mehraufwendungen für die Personen, die nicht in der Landeserstattung
berücksichtigt werden, fänden weiterhin keine Berücksichtigung und belasten
weiterhin in vollem Umfang das städtische Budget.
Bestandteile dieser Vorlage sind:
1.
Das Deckblatt
2.
Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung
Der
Bürgermeister In
Vertretung Wenske Beigeordneter |
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Stellv.
Amtsleiter Möllmann |
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