Beschlussvorschlag:
Der Ausschuss Bauen und Verkehr nimmt die Vorlage der Verwaltung zu den
Straßenzuständen nach der Erfassung und Bewertung des kommunalen
Infrastrukturvermögens zur Kenntnis.
Sachdarstellung:
Anlass:
Mit der Einführung
des Neuen Kommunalen Finanzmanagements (NKF) im Jahr 2007 wurden die
Vermögenswerte der Straßen, Wege und Plätze der Stadt Bergkamen erstmals
erfasst und in der Eröffnungsbilanz abgebildet.
Gemäß der zum 1.
Januar 2019 in Kraft getretenen Kommunalhaushaltsverordnung (KomHVO NRW)
besteht gemäß § 30 Absatz 2 für die Kommunen die Pflicht, die körperlichen
unbeweglichen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens in einem Intervall von
längstens 10 Jahren zu überprüfen. Diese messtechnische Zustandserfassung wurde
im September 2021 auf Bergkamens Straßen, Gehwegen bzw. Geh- und Radwegen sowie
Plätzen im Rahmen einer Befahrung durchgeführt und im ersten Quartal 2024
anlagenbuchtechnisch abgeschlossen.
Neben der Bewertung
der Vermögenswerte der kommunalen Infrastruktur „hat der Straßenbaulastträger
entsprechend seiner Leistungsfähigkeit einen Straßenzustand aufrecht zu
erhalten, der dem Verkehrsteilnehmer ein Höchstmaß an Sicherheit (…) bei
gleichzeitig minimalen wirtschaftlichen Kosten (…) gewährleistet“[1].
Insofern ist die messtechnische Zustandserfassung ein wichtiges Mittel zur
Einplanung von Finanzmitteln und zur Ressourcenplanung im Fachamt. Mit den
Ergebnissen der Straßenbefahrung wird das Straßen- und Wegekonzept der Stadt
Bergkamen zudem auf belastbare und transparente Füße gestellt, welches die
notwendigen (Straßen-) Erhaltungsmaßnahmen objektiv steuert.
Sachdarstellung:
Die erhobenen Befahrungsdaten wurden der Stadt Bergkamen Anfang
November 2022 zunächst als reine Bilddateien übergeben. Die messtechnischen
Befahrungsdaten selbst standen der Stadt Bergkamen erst Anfang 2024 zur
Verfügung. Ein Ergebnis der Befahrung ist, dass das kommunale Straßen- und
Wegenetz von 207 km auf 244 km angewachsen ist. Ursächlich für dieses Wachstum
sind die innerhalb der letzten Jahre neu hinzugekommenen Straßen in
Erschließungsgebieten.
In den untersuchten Abschnitten der Straßen bzw. Nebenanlagen (Gehwege,
Geh- und Radwege) erfolgte eine Einteilung gemäß den technischen
Arbeitspapieren in normierte Zustandswerte.[2]
Hierbei sind drei Festpunkte auf einer Werteskala vorgegeben:
·
Der
erste Festpunkt kennzeichnet den Zustandswert 1,5 (Zielwert), der den
Toleranzwerten für die Abnahme einer Straße oder Nebenanlage entspricht
(Schulnote sehr gut).
·
Der
zweite Festpunkt kennzeichnet den Zustandswert 3,5, der als Warnwert bezeichnet
wird. Bei Erreichung dieses Warnwertes sind intensivere Beobachtungen, Analysen
der Ursachen des Zustandes und ggfs. Einplanungen für weitere Maßnahmen
notwendig (Schulnoten gut bis befriedigend)
·
Ab
dem dritten Festpunkt, der den Zustandswert 4,5 markiert, wird ein
Schwellenwert erreicht, der bauliche Maßnahmen oder verkehrsbeschränkende
Maßnahmen auslöst (Schulnote ausreichend).[3]
Jedem Festpunkt bzw. Bereich des Zustandswertes auf der Werteskala sind
gemäß „Arbeitspapier zur Zustandserfassung und -bewertung“ Farben zugeordnet,
die sich am Ampelsystem orientieren und auf die erhobenen Zustandswerte des
kommunalen Straßennetzes Anwendung finden.
Die Bedeutung der
Farbe im Zusammenhang mit dem Straßenzustand soll im Folgenden näher erläutert
werden:
·
Straßenabschnitte
und Nebenanlagen mit blauer Färbung entsprechen dem Zielwert 1,5 oder besser
und sind neu errichtete Straßen, Straßenabschnitte und Nebenanlagen, die keine
Schäden aufweisen.
·
Straßenabschnitte
in hell- und dunkelgrüner Färbung liegen zwischen dem Ziel- und Warnwert
(Festpunkte 1,5 bis 3,5) und werden weiter beobachtet. Sie lösen
abschnittsweise Oberflächenverbesserungen, z.B. in Form eines
Dünnschichtauftrages oder Instandsetzungsmaßnahmen, wie einer Deckensanierung,
ggfs. unter Einbeziehung der darunterliegenden Schichten aus.
·
Gelbe
Straßenabschnitte liegen zwischen dem Warn- und dem
Schwellenwert (Festpunkte 3,5 bis 4,5) und müssen hinsichtlich ihrer Ausprägung
genauer auf tiefergehende Schäden untersucht und instandgesetzt werden. Eine
reine Decksanierungsmaßnahme ist dort nicht mehr möglich. Vielmehr sind auf
diesen Straßen oder Straßenabschnitte ggfs. grundhafte
Sanierungen im Vollausbau notwendig und müssen sowohl in das Straßen- und
Wegekonzept der Stadt Bergkamen als auch in die mittelfristige Finanzplanung
aufgenommen werden.
·
Straßenabschnitte
in roter Färbung liegen oberhalb des Schwellenwertes, und verlangen sofortige
bauliche und/ oder verkehrseinschränkende Maßnahmen. Diese können durch
Reduzierungen der Geschwindigkeiten, im schlimmsten Fall auch durch
Durchfahrtsbeschränkungen erreicht werden.
Auswertung
Straßenzustände:
Insgesamt können
die Zustände von Bergkamens Straßen nach objektiven, messtechnischen
Gesichtspunkten heraus größtenteils mit „gut“ bis „befriedigend“ bewertet
werden. Das überwiegende kommunale Straßen- und Wegenetz liegt mit einem Anteil
von 90 Prozent oberhalb des Warnwertes (Festpunkt bis 3,5).
Etwa 10 Prozent des
kommunalen Straßen- und Wegenetzes müssen mit investiven Mitteln grundhaft
saniert werden, weil sie den Warnwert von 3,5 überschreiten.
Straßen oder
Straßenabschnitte, die in einem so schlechten Zustand sind, dass sie mit der
Schulnote „ungenügend“ zu bewerten sind (Schwellenwert 4,5), existieren in
Bergkamen entgegen der subjektiven Wahrnehmung nur mit einem vernachlässigbaren
Anteil von weit unter einem Prozentpunkt (0,02 %). In der folgenden Darstellung
tauchen sie darum nicht auf.
Abbildung 1: Straßenzustände der Stadt Bergkamen auf allen
Straßen und Nebenanlagen
Diese leicht
verständliche visuelle Darstellung wurde in einem nachfolgenden zweiten Schritt
bereits in die GIS- Karte der Stadt Bergkamen eingearbeitet. Diese Karte steht
der Verwaltung im Rahmen der baulichen Unterhaltungs- und Erhaltungsplanung zur
Verfügung, um daraus ein nichtinvestives Sanierungsprogramm zu entwickeln.
Zur
Veranschaulichung ist ein Kartenausschnitt in Abbildung 2 dargestellt.
Abbildung 2: Darstellung Zustandswerte der kommunalen
Infrastruktur
Darüber hinaus
steht der Verwaltung die Betrachtung von Bildern zur Verfügung, die im Rahmen
der Straßenzustandserfassung durch das Befahrungsfahrzeug im Abstand von 5
Metern aufgenommen wurden. Mit Hilfe dieser Bilder lassen sich die einzelnen
Schadensbilder visuell genau auf ihre Ausdehnung hin untersuchen.
Schadensbilder können im Einzelnen sein:
·
Spurrinnen
·
Netzrisse
(Häufung von Rissen, die miteinander verbunden sind)
·
Flickstellen
(Ausbesserung der geschädigten Verkehrsfläche)
·
Ausbrüche
(Herauslösung von Teilen der Fahrbahn aufgrund von Witterungs- und
Verkehrseinflüssen)
Das
Sanierungsprogramm wird anhand einer fundierten, datenbasierten und
transparenten Rankingliste priorisiert. Die Gesellschaft für kommunale
Infrastruktur (GeKomm) benennt in ihrer Publikation „Aufbau von kommunalen
Straßenerhaltungskonzepten“ einige Kriterien, die sich nicht allein auf den
baulichen Zustand einer Straße berufen. In Anbetracht der Bedeutung der Straße
im kommunalen Straßennetz, dem Zustand des Kanal- und Leitungsnetzes der
Versorger, den zukünftigen (Bau-) Vorhaben Dritter, der Möglichkeit einer
Mitfinanzierung durch Förderrichtlinien oder auch dem Straßentyp kann die
Bewertung der Priorisierung bei gleichem Straßenzustand durchaus
unterschiedlich ausfallen. Dieser Aufgabe stellt sich die Verwaltung in den
kommenden Monaten.
Fazit:
Die vorliegenden
Daten der Straßenzustandserfassung zeigen einerseits sehr plakativ, in welchen
Teilbereichen einer Straße bzw. in welchen Straßenabschnitten der größte
Sanierungsbedarf besteht. Diese wichtigen Daten dienen der Verwaltung als
strategisches Planungswerk zur Fortschreibung des investiven Straßen- und
Wegekonzeptes der Stadt Bergkamen sowie zur Aufstellung eines belastbaren
nichtinvestiven Sanierungsprogramms, welches sich in der mittelfristigen
Finanz- und Ressourcenplanung wiederfinden wird.
Gleichzeitig kann
festgehalten werden, dass die objektive Bewertung der Straßenzustände ein
anderes, deutlich positiveres Bild ergibt als die rein subjektive Betrachtung.
Der Stadt Bergkamen wurde somit ein recht gutes Zeugnis ausgestellt.
[1] FGSV-Arbeitspapier Nr. 9/A 1.2 Zustandsbewertung bei visueller Erfassung - Erhaltungsplanung
[2] FGSV-Arbeitspapier zur Zustandserfassung und -bewertung, Reihe A Abschnitt A1.1: Zustandsbewertung bei messtechnischer Erfassung
[3] FGSV-Arbeitspapier zur Zustandserfassung und -bewertung, Reihe A Abschnitt A1.1: Zustandsbewertung bei messtechnischer Erfassung
Bestandteile dieser Vorlage sind:
1. Das Deckblatt
2. Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung
Der Bürgermeister In Vertretung Toschläger Technischer Beigeordneter |
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Amtsleiterin Warckentin |
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