Betreff
Aktuelle Situation der Aufnahme, Versorgung und Integration von Geflüchteten in Bergkamen
Vorlage
11/1504
Aktenzeichen
50 mö-
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Ausschuss für Familie, Soziales, Gesundheit und Senioren nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.

Sachdarstellung:

 

Die Verwaltung hat in der Vergangenheit regelmäßig über die aktuelle Situation der Aufnahme und Versorgung von Geflüchteten berichtet, letztmalig mit Vorlage Nr. 11/1064 zum Ende des Jahres 2017.

 

Bundesweit lag die Anzahl der asylbegehrenden Menschen in 2018 deutlich unterhalb der Prognosen. Hinsichtlich der Zuweisung von Geflüchteten zur Stadt Bergkamen ergaben sich daher in 2018 - bedingt durch die jeweilige Erfüllung der Zuweisungsquote und den Wegfall der Anrechnung von Einzelpersonen nach Abschluss des Asylverfahrens – nur in vergleichsweise geringem Umfang Zuweisungen insbesondere im zweiten und vierten Quartal.

 

Anlage 1: Diagramm „Anzahl der Zuweisungen (Personen) FlüAG 01/2015 – 01/2019

 

Erwähnenswert ist die vergleichsweise hohe Zuweisungszahl im Monat Januar 2019. Diese resultiert aus der Korrektur der nach § 2 FlüAG anrechnungsfähigen Personen aufgrund einer Einzelfallprüfung durch die Bezirksregierung Arnsberg. Hierdurch entstand eine Lücke in der Erfüllung der Aufnahmequote, die durch eine höhere Anzahl an Zuweisungen im Januar 2019 geschlossen wurde.

 

Die Unterbringung der zugewiesenen Personen erfolgte weiterhin in primär in den Schwerpunktunterkünften Erich-Ollenhauer-Str. 37/39 und Fritz-Husemann-Str. 20a-24. Daneben wurde die Anzahl der auf dem freien Wohnungsmarkt angemieteten Wohnungen, die ebenfalls zur Unterbringung genutzt werden, von ehemals 100 auf aktuell 34 reduziert, da die Anzahl der unterzubringenden Personen sukzessive gesunken ist. Die dargestellte Anzahl von Zuweisungen war auch in 2018 geringer als die Zahl der Abgänge.

 

Dies spiegelt sich auch in der Zahl der Personen im Leistungsbezug nach dem AsylbLG wieder:

 

Anlage 2: Diagramm „Anzahl der Personen im Leistungsbezug AsylbLG 01/2015 – 01/2019“

 

Durch die steigende Anzahl von Geflüchteten wurde bereits im Jahr 2015 die Betreuung dieses Personenkreises immer zeitintensiver, aufwendiger und notwendiger. Im Jahr 2016 erfolgte daher eine Aufstockung im Bereich der sozialarbeiterischen Betreuung des Personenkreises der zugewiesenen Personen bei der Stadt Bergkamen.

 

Die sozialarbeiterische Betreuung umfasst insbesondere die Beratung bzw. Begleitung von Geflüchteten, die

·         eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz besitzen,

·         eine Aufenthaltserlaubnis besitzen 

a) wegen des Krieges in ihrem Heimatland nach § 23 Absatz 1 oder § 24 des Aufenthaltsgesetzes,

b) nach § 25 Absatz 4 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder

c) nach § 25 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes, sofern die Entscheidung über die Aussetzung ihrer Abschiebung noch nicht 18 Monate zurückliegt,

·         eine Duldung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes besitzen oder

·         vollziehbar ausreisepflichtig sind, auch wenn eine Abschiebungsandrohung noch nicht oder nicht mehr vollziehbar ist.

 

Die allgemeine Beratung und Hilfestellung findet statt bei

·         der Aufklärung über das gesellschaftliche Leben in der Kommune und über die Behördenstrukturen,

·         Regeln des täglichen Zusammenlebens (Mülltrennung/Müllproblematik, gesetzliche Ruhezeiten, Reinigungsverhalten),

·         der Lösung von Konflikten, die u.a. aus der Art der Unterbringung entstehen (Krisenintervention),

·         sowie als Lotsenfunktion für Familien aus dem Personenkreis AsylbLG zu anderen Ämtern, Behörden und Einrichtungen (Integration Point, Kommunales Integrationszentrum, Jugendamt, Schulverwaltungsamt, Gesundheitsamt)

 

Daneben erfolgt eine persönliche Vermittlung nach Notwendigkeit an andere spezialisierte Beratungsstellen (z.B. Psychosozialer Dienst des Gesundheitsamtes, Suchtberatung, Schuldnerberatung o.ä.), sowie bei der Begleitung beim Rechtskreiswechsel zum SGB II durch

·         Unterstützung beim Ausfüllen aller notwendigen Formulare (Jobcenter, Kindergeld, Elterngeld, Pflegegeld, Anmeldung Krankenkasse),

·         Hilfestellung bei dem Verstehen der eingehenden Post oder

·         Unterstützung bei Familienzusammenführungen oder Umverteilungen.

 

Soweit in den Vorjahren primär Personen im laufenden Verfahren unterstützt wurden, überwiegt derzeit der Anteil von Personen, die bereits einen Aufenthaltstitel erhalten haben.

 

Sehr häufig sind Hilfen bei der Wohnungsanmietung erforderlich, die angefangen von der Wohnungssuche, der Unterstützung und Begleitung bei Wohnungsbesichtigungen, der Unterstützung beim Ausfüllen notwendiger Unterlagen u. Anträge (Mietvertrag, Kautionsdarlehen fürs Jobcenter, Erstausstattung für Möbel, Renovierungsbeihilfe für die Wohnung) bis zur Anmeldung Strom, Gas und Rundfunkgebührenbefreiung umfassen.

 

Um den Anforderungen des Jobcenters gerecht zu werden, benötigen sie Erklärungen über die Anforderungen und Unterstützung bei der Durchsetzung von Ansprüchen. Auch beim Übergang ins Berufsleben ist Beratung über weitere Hilfen wie BAB, Wohngeld oder Kinderzuschlag notwendig.

 

Mit dem Übergang in den Rechtskreis SGB II durch Erteilung eines entsprechenden Aufenthaltstitels und der damit verbundenen eigenständigen Anmietung von Wohnraum verliert die Verwaltung den unmittelbaren Zugang zu diesem Personenkreis. An diese Situation knüpft die konzeptionelle Tätigkeit des Integrationsbüros an, das auf folgende Punkte hinweist:

 

1.    Abschlussbericht: „Kommunale Koordinierung der Bildungsangebote für Neuzugewanderte in Bergkamen“ (August 2018, Frau Sabrina Hoffmann, Kommunales Integrationszentrum Kreis Unna)

 

Ausgangslage

 

In den vergangenen Jahren haben sich aufgrund erhöhter Zuwanderung vielfältige Bildungsangebote für Neuzugewanderte entwickelt. Diese reichen von Sprach- und Integrationskursen über Beratungsangebote, z. B. Schwangerschaftsberatung, Rechtsberatung bis hin zu niederschwelligen Angeboten, z. B. Sprachpatenschaften durch ehrenamtlich Engagierte.

 

Projektbeschreibung

 

Es ist ein Projekt des Kommunalen Integrationszentrums in Unna, für das Bildungskoordinatorinnen eingestellt wurden. Das Projekt hat die Aufgabe, die Vielzahl der Bildungsangebote in den kreiszugehörigen Städten zu ermitteln und Angebotslücken zu identifizieren und zu schließen. Das Projekt umfasste in Bergkamen den Zeitraum von März bis August 2018.

 

Definitionen innerhalb des Projekts

 

Als Neuzugewanderte werden Personen bezeichnet, die in den letzten 5 Jahren unabhängig von ihrem Status nach Deutschland gekommen bzw. nach Bergkamen gezogen sind.                          Es werden formale (institutionalisiert), non-formelle (freiwillige) und informelle (soziale Kontakte) Bildungsangebote berücksichtigt.

 

Handlungs-und Orientierungskonzept

 

Dem Projekt liegt die Handlungslogik der verschiedenen Lebensphasen der Neugewanderten zugrunde, aufgrund dessen sechs Handlungsfelder in der Biografie einer Person definiert werden.

 

Ergebnisse der Datenanalyse (Stand Mai 2018)

 

·         Es wurden Daten vom Einwohnermeldeamt, Sozialamt, Jobcenter, Schulen und dem Jugendamt der Stadt Bergkamen verwendet

·         Nicht nur Zuwanderung aus Kriegs-und Krisengebieten, sondern auch aus der Europäischen Union

·         Insbesondere ist seit 2013 eine Zunahme an Personen aus Polen, Syrien, Rumänien, Irak und ungeklärter Staatsbürgerschaft zu verzeichnen

·         90 % der Neuzugewanderten sind im erwerbsfähigem Alter und 76 % von ihnen sind männlich

·         ca. die Hälfte der Neuzugewanderten ist arbeitssuchend gemeldet oder sie befinden sich in einer Beschäftigung, jedoch suchen sie nach etwas anderem, sind derzeit erkrankt oder befinden sich in einer Integrationsmaßnahme

·         rund 1/3 der Asylbewerber/innen haben aufgrund ihres Herkunftslandes eine gute Bleibeperspektive in Deutschland

·         ca. 60 Kinder (der 22 Kitas) in Bergkamen haben Fluchterfahrung und ca.319 Kinder leben in einer Familie, in denen eine andere Muttersprache als Deutsch gesprochen wird.

·         60% der neugewanderten Schüler/innen wurden den Grundschulen zugeteilt; 20% gehen in eine Realschule, 11% in eine Gesamtschule und rund 5 % auf ein Gymnasium

·         im Mai 2018 lebten 40 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Bergkamen, von ihnen sind 38 männlich.

 

Ergebnisse aus den einzelnen Handlungsfeldern unter den Aspekten „Gelingendes, Herausforderungen und Bedarfe“

 

Die Ergebnisse wurden aus Interviews mit den unterschiedlichen Akteuren/innen aus den verschiedenen Handlungsfeldern und aus einer durchgeführten Info-und Austauschveranstaltung ermittelt und zusammengefasst:

 

·         Handlungsfeld I: 0-2 Jahre: Elternarbeit, Schwangerschaft und Geburt

und Handlungsfeld II: 3-5 Jahre: Frühkindliche Bildung

 

Die ersten beiden Bereiche wurden aufgrund der hohen Überschneidung in den Handlungsfeldern in der Auswertung zusammengefasst.

Gelingendes:

·         in Bergkamen gibt es eine Vielzahl an aufsuchenden und wohnortnahen Angeboten mit persönlicher Ansprache

·         Angebote sind aufeinander abgestimmt und bieten teilweise parallele Kinderbetreuung an

Es besteht Bedarf an:

·         Kitaplätzen

·         interkulturelle Sensibilisierung der Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen

·         einer frühkindlichen Sprachbildung mit dem Fokus „Mehrsprachigkeit“

 

·         Handlungsfeld III: 6-15 Jahre: Allgemeine schulische Bildung, Kinder- und Jugendbildung

 

Gelingendes:

·         viele offene Angebote fördern die Gemeinschaft in der Stadt

·         es gibt Sprachferien im Primarbereich, wodurch teilweise eine durchgängige Sprachbildung vorhanden ist

Es besteht Bedarf an:

·         einer Verbreitung der Angebote durch persönliche Kontakte und Ansprachen

·         durchgängiger flächendeckender Sprachbildung

·         gezielter Förderung der deutschen Schriftsprache

·         interkultureller Sensibilisierung im schulischen Kontext

·         Informationen über Unterschiede im Deutschen Bildungssystem für die Eltern

Herausforderungen:

·         die schwierige Erreichbarkeit einiger Angebote

·         ausreichend außerschulische Sportangebote zu schaffen, um Integration durch Sport zu ermöglichen

 

·         Handlungsfeld IV: 16-25 Jahre: Übergang Schule – Beruf, Berufseinstieg

 

Es besteht Bedarf an:

·         zusätzlichen Sprachbildungsangeboten (inner-und außerschulisch)

·         Orientierung durch Berufseinstiegsbegleitung

·         Elternarbeit für einen erfolgreichen Übergang

·         Beratung zum deutschen Ausbildungssystem

Herausforderungen:

·         interkommunale Netzwerkarbeit zielgerichtet zu gestalten, um bedarfsgerechte Angebote bereitstellen zu können

 

·         Handlungsfeld V: 26-65 Jahre: Allgemeine berufliche Bildung, Erwachsenenbildung

 

Es besteht Bedarf an:

·         Intensivsprachkursen

·         einem Ausbau von niederschwelligen Sprachbildungsangeboten

·         einer Erweiterung der ehrenamtlichen Angebote

 

Herausforderungen:

·         Koordinierung der Angebote zwischen den Sprachkursträgern auch kommunal zu gestalten

·         aktuelle Kursangebote transparent darstellen und die bestehende Plattform WelKOMM.IN des Kreises Unna nutzen

 

·         Handlungsfeld VI: ab 66 Jahre: Bildung im Alter

 

Gelingendes:

·         eine Vielzahl an offenen Angeboten bestehen

Herausforderungen:

·         interkulturelle Aspekte in die Seniorenarbeit einfließen lassen

 

·         Handlungsfeldübergreifende Erkenntnisse

 

·         Ausbau der Angebote für die Verarbeitung von Traumata erforderlich

·         strategische und langfristige Steuerung und Koordinierung der Angebote sinnvoll

·         Angebote bei der Zielgruppe bekannt machen

·         Bedarfe der Neugewanderten erfragen

 

2.    Spielgruppen für Flüchtlingskinder:

 

Seit September 2015 bietet das Integrationsbüro der Stadt Bergkamen Spielgruppen für Flüchtlingskinder im Alter von 0-6 Jahren an. Die Förderung dieser „Brückenprojekte“  durch das Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen ist bis Ende 2019 gesichert.

Momentan werden wöchentlich ca. 40 Kinder in 10 Gruppen für jeweils 2 Stunden am Vor-oder Nachmittag betreut.

 

3.    Flüchtlingshelferkreis Bergkamen e.V.

 

Der Flüchtlingshelferkreis Bergkamen e.V. stellt einen wichtigen Kooperationspartner dar.                        Er erhält KOMM-AN-NRW-Fördergelder, die auch für 2019 bereits beantragt wurden.

Folgende Angebote finden derzeit im „Haus Frieden“ statt:                                                                                                   

·         niederschwellige Deutschkurse                                                                                 

·         Begleitung der Geflüchteten zu unterschiedlichen Institutionen und Behörden

·         Kleiderkammer                                                                          

·         Fahrradwerkstatt                                                                         

·         Frauengruppe                                                                           

·         Sportangebote     

·         Beratungsangebote der Diakonie und Caritas                                                      

·         Hausaufgabenbetreuung                                                     

·         Begegnungstreffen für Geflüchtete und einheimische Bürger/innen

·         Infoveranstaltungen zu bestimmten Themen der Geflüchteten z.B. Frauenrechte in Deutschland

 

Bestandteile dieser Vorlage sind:

1. Das Deckblatt

2. Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung

3. 2 Anlagen

 

Der Bürgermeister

In Vertretung

 

 

 

Busch

Beigeordnete

 

 

stellv. Amtsleiter Bürgerbüro

 

 

 

 

Brüggenthies

Amtsleiter Jugendamt

 

 

 

 

Kortendiek