Beschlussvorschlag:

 

Der Ausschuss für Familie, Soziales, Gesundheit und Senioren nimmt die Vorlage Nr. 11/0383 zur Kenntnis.

Sachdarstellung:

 

Seitens der Verwaltung wurde letztmalig in der Sitzung des Ausschusses für Familie, Soziales, Gesundheit und Senioren am 24.03.2015 die aktuelle Aufnahmesituation ausländischer Flüchtlinge dargestellt. Seit diesem Zeitpunkt hat sich die bundesweite Situation der Aufnahme von Flüchtlingen teilweise drastisch verändert. In der Folge haben sich in der Zuweisungs- und Aufnahmesituation sowie im Bereich der pauschalen Landeserstattung erhebliche Änderungen ergeben, die im Folgenden dargestellt werden.

 

Aufnahme und Unterbringung:

 

Bundesweit ist in den letzten Jahren ein kontinuierlicher Anstieg der Flüchtlingszahlen zu verzeichnen. Soweit in den Jahren 2006 bis 2009 jeweils rund 30.000 Asylanträge gestellt wurden, ergaben sich in den Folgejahren folgende Veränderungen:

 

Jahr                        Asylanträge                        Veränderung zum Vorjahr

2010     48.589      + 47,09 %

2011     53.347        + 9,79 %

2012     77.651      + 45,56 %

2013   127.023      + 63,58 %

2014   202.834       + 59,68 %

2015 (Prognose)           800.000 + 294,41 %                       

 

In 2015 wurde der Vorjahreswert bereits im Monat Juli überschritten. Hierbei ist zu beachten, dass in den Vorjahren jeweils in der zweiten Jahreshälfte ein deutlicher Anstieg erkennbar war. Weiterhin ergibt sich in den letzten Wochen in den Erstaufnahmeeinrichtungen bundesweit eine sprunghafte Entwicklung. Der Bund rechnet daher lt. aktueller Mitteilung aufgrund der derzeitigen Entwicklung bundesweit für 2015 mit einem massiven Anstieg der Antragszahlen auf bis zu 800.000 Asylantragsteller.

 

Dies spiegelt sich in den Zuweisungen Asylbegehrender zur Stadt Bergkamen wieder:

 

Anlage 1:                    Diagramm – Zuweisungen in Personen Stadt Bergkamen 2008 - 2015

 

Hier ist erkennbar, dass aktuell die Zuweisungszahlen des Vorjahres mehr als verdoppelt wurden. Insoweit ist an dieser Stelle auch die Prognose des Bundes wiederzufinden.

 

Da neben den Zuweisungen noch der in der Kommune vorhandene Bestand an Flüchtlingen im laufenden Asylverfahren berücksichtigt wird, sind die o.g. bundesweiten Steigerungsraten nicht unmittelbar auf die Zuweisungszahlen der Kommunen übertragbar. Weitere Zuweisungen sind jedoch bereits absehbar.

 

Allein in der ersten Woche des Monats August wurden 82 Personen an die Stadt Bergkamen weitergeleitet. Um diese sprunghafte Entwicklung zu verdeutlichen sind die Zuweisungen im Jahr 2015 nach Bergkamen zusätzlich monatlich dargestellt:

 

Anlage 2:                    Diagramm – Monatliche Zuweisungen zur Stadt Bergkamen in 2015

 

Daneben erfolgte auch weiterhin in geringerem Umfang die erneute Aufnahme von Asylfolgeantragstellern, die bereits in der Vergangenheit der Stadt Bergkamen zugewiesen wurden und nach zwischenzeitlichem Aufenthalt im Heimatland erneut in die BRD eingereist sind.

 

Soweit bis einschließlich Juli 2015 eine Aufnahme und Unterbringung dieser Menschen über die zwei Schwerpunktunterkünfte Erich-Ollenhauer-Str. 37/39 und Fritz-Husemann-Str. 20a-24 sowie eine dezentrale Unterbringung in angemietetem Wohnraum des freien Wohnungsmarktes erfolgte, ist dies aufgrund des nicht absehbaren sprunghaften Anstiegs der Zuweisungen seit Anfang August 2015 nicht mehr leistbar.

 

Zum Stand 19.08.2015 waren in den vg. Übergangswohnheimen mit insg. 24 Wohnungen insg. 193 Personen untergebracht. Daneben waren im Stadtgebiet insgesamt 22 Wohnungen zur Unterbringung von 134 ausländischen Flüchtlingen angemietet. Weitere 12 Wohnungen sind bereits angemietet, stehen aber erst zukünftig zur Unterbringung zur Verfügung.

 

Für die Unterbringung der ab Anfang August in großem Umfang an die Stadt Bergkamen weitergeleiteten Personen wurden daher zunächst Kapazitäten über die Anmietung von Fremdenzimmern und Ferienwohnungen geschaffen.

 

Als auch diese Möglichkeit erschöpft war, ergab sich das zwingende Erfordernis, eine weitere Unterbringungsmöglichkeit zu schaffen. Nach Abwägung der zur Verfügung stehenden Optionen wurde die Turnhalle Lessingstr. 7 zu einer vorübergehenden Notunterkunft hergerichtet, um die Unterbringung der zugewiesenen Personen sicherzustellen. Dies ergab sich zum einen aus den verhältnismäßig geringen Einschränkungen für die sonstige Nutzung der Halle sowie verschiedener Vorteile durch die umliegenden sozialen Einrichtungen.

 

Derzeit erfolgt seitens der Verwaltung ein sukzessiver Umzug der dort untergebrachten Menschen in regulären Wohnraum. Aufgrund der weiteren, aktuell bereits angekündigten Weiterleitung zugewiesener Flüchtlinge ist die weitere Nutzung der Halle auch weiterhin zwingend erforderlich.

 

 

Wirtschaftliche Entwicklung:

 

Trotz einer vergleichsweise hohen Zahl von Abgängen aufgrund der Erteilung von Aufenthaltstiteln sowie durchgeführter Ausreisen/Abschiebungen steigt auch weiterhin in der Summe die Zahl der Flüchtlinge, für die Leistungen nach dem AsylbLG erbracht werden:

 

Anlage 3:                    Diagramm – Anzahl der Personen im Leistungsbezug AsylbLG 08/2013 bis

                   08/2015

 

Während die durchschnittliche Anzahl der monatlichen Empfänger von Leistungen in 2013 weitgehend stagnierte, ist seit diesem Zeitpunkt ein kontinuierlicher Anstieg zu verzeichnen, der in dieser Form bei der Kalkulation der Haushalts- / Budgetmittel in 2013 nicht absehbar war.

 

Für die erhöhte Anzahl an Personen sind entsprechend höhere Aufwendungen aufzubringen. Allein aufgrund der Entwicklung bis zur Mitte des Jahres war mit Aufwendungen zu rechnen, die gegenüber der Planung von 706.000 € um 790.000 € höher ausfällt. Unter Berücksichtigung der erhöhten Landeszuweisungen hat der Rat der Stadt Bergkamen bekanntlich in seiner Sitzung am 18.06.2015 aufgrund der vorliegenden sachlichen und zeitlichen Unabweisbarkeit eine überplanmäßige Aufwendung/Ausgabe ohne Deckung von 477.000 € beschlossen.

 

Zeitgleich zur vg. Ratsentscheidung erfolgte nach einem Bund-Länder-Gipfel die Zusage des Bundes, sich an den kommunalen Kosten in 2015 mit insg. einer Milliarde Euro zu beteiligen. Für die Stadt Bergkamen ergibt sich hieraus ein zusätzlicher Ertrag von 283.119 €, der die gestiegenen Aufwendungen zumindest teilweise auffängt. Der Budgetbericht zum 30.06.2015 berücksichtigt diesen zusätzlichen Ertrag, so dass hier eine Verschlechterung um ca. 186.500 prognostiziert wurde.

 

Aufgrund der aktuellen Entwicklung ist im weiteren Jahresverlauf noch mit erheblichen Mehraufwendungen gegenüber der Planung zu rechnen, so dass sich trotz der zusätzlichen Bundes-/Landesmittel bis Jahresende Mehraufwendungen ergeben könnten, die oberhalb der vg. Ratsentscheidung liegen.

 

Die Anpassung des Gesamtbetrages der pauschalierten Landeszuweisung für die Aufnahme und Unterbringung ausländischer Flüchtlinge nach §§ 4, 4b Flüchtlingsaufnahmegesetz - FlüAG erfolgt jährlich durch das Land direkt proportional anhand der Veränderungen im Bestand der ausländischen Flüchtlinge in NRW. Die Entwicklung der letzten Jahre hat gezeigt, dass die gesetzlichen Mechanismen zur Aktualisierung der pauschalierten Landeszuweisung nicht ausreichend sind, um der tatsächliche Entwicklung gerecht zu werden. Auf dem Bund-Länder-Gipfel vom 18.06.2015 hat der Bund daher angekündigt, ab Herbst eine strukturelle Beteiligung des Bundes zu prüfen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich eine solche Beteiligung auf die finanzielle Situation der Kommunen auswirken wird.

Bestandteile dieser Vorlage sind:

1. Das Deckblatt

2. Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung

3. 3 Anlagen

 

Der Bürgermeister

In Vertretung

 

 

 

Busch

Beigeordnete

 

 

Amtsleiterin

 

 

 

 

Höchst

Sachbearbeiter

 

 

 

 

Möllmann