Betreff
Hilfen zur Erziehung - Integrative Erziehung
Vorlage
11/0382
Aktenzeichen
bo-dö
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Jugendhilfeausschuss des Rates der Stadt Bergkamen nimmt den Bericht „Hilfen zur Erziehung – Integrative Erziehung“ zur Kenntnis.

Sachdarstellung:

 

Gemäß § 35 a SGB VIII haben Kinder und Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und daher ihre Teilnahme am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. . Während bei geistiger und/oder körperlicher Behinderung die Zuständigkeit beim Sozialhilfeträger liegt, ist in den Fällen des § 35 a das Jugendamt zuständig. 

Da für die Bearbeitung von Anträgen und für die Beratung der Eltern in Fällen des § 35 a viel Spezialwissen erforderlich ist, wurde im Bergkamener Jugendamt eine Fachkraft aus dem ASD für diese Aufgabe entsprechend qualifiziert.

 

Antragsverfahren

 

Die Antragstellung erfolgt durch die Eltern entweder direkt beim Jugendamt oder beim Sozialamt, wenn z. B. die Schule die Antragstellung empfohlen hat. Der Antrag muss ergänzt werden durch eine psychiatrische Diagnose, die durch einen Kinder- und Jugendpsychiater/-psychotherapeuten gestellt werden muss.  Ob eine Teilhabebeeinträchtigung vorliegt, wird durch die Fachkraft im Jugendamt anhand einer Arbeitshilfe des Landesjugendamtes  geprüft und festgestellt.  Zur Prüfung einer möglichen Teilhabebeeinträchtigung eines Kindes fordert die Fachkraft darüber hinaus einen Schulbericht an, hospitiert in Schule, Kindergarten und im elterlichen Haushalt und füllt die Diagnosebögen zusammen mit den Eltern, dem Kind/Jugendlichen oder weiteren Institutionen (z. B. OGS, soziale Gruppe) aus.

Aus den vorgenannten Maßnahmen ergibt sich eine Gesamteinschätzung zur Teilhabe und zum Hilfebedarf. Mit den psychologischen und therapeutischen Fachleuten der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern der Städte Bergkamen und Kamen  erfolgt dann eine gemeinsame Überprüfung der fachärztlichen Diagnose und eine Einschätzung zum Hilfebedarf.

Bei Bedarf werden dort noch eine Intelligenztestung oder andere relevante Testungen  durchgeführt, die weiter Aufschluss über den Hilfebedarf oder die Zuständigkeit für die Gewährung von Hilfen geben können. Im Jugendamt findet abschließend ein Fachgespräch unter Beteiligung verschiedener Bereiche der Jugendhilfe und der Eltern statt. Dort wird über die Gewährung und die Art und den Umfang der Hilfe entschieden. Hilfen können z. B. sein:

 

- Stellung eines Integrationshelfers

- Teilnahme an einer sozialen Gruppe

- eine ambulante Autismustherapie oder

- die stationäre Unterbringung.

 

Mit der Durchführung der Hilfen werden verschiedene freie Träger beauftragt. Falls die Eltern mit der Entscheidung nicht einverstanden sind, haben sie die Möglichkeit des Widerspruchs.

 

Fallzahlen

 

Nachfolgende Tabelle zeigt die Entwicklung der Fallzahlen zur Eingliederungshilfe auf:

 

 

Anträge

Bewilligungen

Ablehnungen

zurückgezogene

Abgaben

Beratungen ohne

 

 

 

 

Anträge

 

Antragstellung

2011

3

3

0

0

0

0

2012

9

2

1

3

3

1

2013

20

6

6

7

1

8

2014

22

4

10

6

2

5

2015

16

3

1

3

5

6

 

                                                      

Bis 2011 wurden die Eingliederungshilfen statistisch den Hilfen zur Erziehung (§§ 27 bis 24 SGB VIII) zugeordnet, sodass bis zu diesem Zeitpunkt keine verlässlichen Daten vorliegen.  Seit  2011 haben sich die ambulanten Eingliederungshilfen allerdings deutlich erhöht, was insbesondere auf den Einsatz von Integrationshelfern in Schulen zurückzuführen ist. Aktuell sind 9 Integrationshelfer mit insgesamt 225 Wochenstunden an 7 verschiedenen Schulen eingesetzt.

Das Jugendamt geht davon aus, dass im Rahmen der Inklusion zukünftig nicht nur die Förderschulen sondern auch die Regelschulen vermehrt den Einsatz von Integrationshelfern fordern werden, um Kinder mit Förderbedarfen im sozialen und emotionalen Bereich überhaupt beschulen zu können. Die Schulen hätten bei Nichteinsatz von Integrationshelfern – mangels Alternativen – nur die Möglichkeit der Suspendierung des Kindes gem. §§ 54 ff. SchG mit der Begründung der Selbst- oder/und Fremdgefährdung.

 

Ursachen

 

Die Ursachen des zunehmenden Bedarfs an Eingliederungshilfe sind häufig im familiären Umfeld zu finden, sofern es sich nicht um deutliche psychiatrische Diagnosen wie z. B. ADHS, Schizophrenie oder Autismus handelt. Oft handelt es sich um Auswirkungen einer Nichtförderung des Kindes im Baby- und Kleinkindalter, weil die Erkrankung entweder noch nicht bekannt war, oder entscheidende Förderungsempfehlungen nicht wahrgenommen wurden. Insbesondere bei den Diagnosen „Störung der Emotionen und des sozialen Verhaltens“ ist davon auszugehen, dass die Kinder in den ersten Lebensjahren Vernachlässigung, ungenügende Förderung und fehlende Zuwendung durch verlässliche Erwachsene erlebt haben.

Die vermehrte Nachfrage der Schulen nach Integrationshelfern zeigt, dass die schulischen Rahmenbedingungen für die Inklusion von (seelisch) behinderten Kindern momentan nicht ausreichend sind. Darüber scheint der Einsatz von Integrationshelfern in Schulen über die Jugendhilfe aufgrund unterschiedlicher Zuständigkeiten keine sinnvolle Perspektive zu sein. Aus Sicht des Jugendamts müssten die Schulen durch eine entsprechende personelle und räumliche Ausstattung in die Lage versetzt werden, seelisch oder körperlich  behinderte Kinder und Jugendliche in ihrer alleinigen Zuständigkeit zu betreuen.

 

Kosten

 

Für das Jahr 2015 geht das Jugendamt aufgrund der zurzeit aktuellen ambulanten und stationären Hilfen gem. § 35 a von Kosten in Höhe von 500.000,00 € aus, Tendenz steigend.

 

Bestandteile dieser Vorlage sind:

1. Das Deckblatt

2. Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung

 

Der Bürgermeister

In Vertretung

 

 

 

Busch

Beigeordnete

 

 

Amtsleiter

 

 

 

 

Harder

Sachbearbeiterin

 

 

 

 

Bommer