Betreff
Ausweisung von Windvorrangzonen - Aktueller Sachstand -
Vorlage
11/0270
Aktenzeichen
61 thi-na
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Strukturwandel und Wirtschaftsförderung nimmt den aktuellen Sachstandsbericht zur Ausweisung von Windvorrangzonen zur Kenntnis.

 

 

Sachdarstellung:

 

Das Thema Windenergie sowie die Ausweisung von Windvorrangzonen ist im Rahmen der Neuaufstellung des Flächennutzungsplans nicht behandelt worden. Verschiedene Prüfungen und Studien hatten seinerzeit aufgrund der rechtlichen Vorgaben keine Möglichkeiten zur Ausweisung einer Windvorrangzone in Bergkamen aufgezeigt. Die letzte Untersuchung möglicher Windvorranggebiete des Gutachterbüros Brandenfels aus 2013 ist durch die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgericht NRW zum Teil überholt.

 

Aufgrund dieses Urteils und auf Basis der Vorgaben, die dieses Urteil hinsichtlich der anzuwendenden Tabukriterien macht, soll das Thema nunmehr erneut behandelt werden. Ziel ist die Identifizierung von Flächen im Außenbereich, die aufgrund der vorhandenen Windhöffigkeit, ihres Abstandes zu Schutzgütern und der Flächengröße geeignet sind, als Konzentrationszonen für Windkraftanlagen innerhalb des Flächennutzungsplans ausgewiesen zu werden. Falls eine Konzentrationszone ausgewiesen würde, führt dieses zu einem Ausschluss neuer Windenergieanlagen an anderer Stelle im Stadtgebiet, da dann der allgemeine Privilegierungstatbestand gemäß § 35 Abs. 1 BauGB entfällt. Alternative zu diesem Vorgehen bliebe weiterhin eine Einzelfallprüfung jedes Antrags.

 

Betrachtungsraum für die aktuelle Standortuntersuchung ist das gesamte Stadtgebiet. Als Referenzanlage wird ein horizontaler Anlagentyp mit 100 m Nabenhöhe und 50 m Rotorradius gewählt. Eine Referenzanlagen ist notwendig, um bestimmte Parameter bei den Prüfkriterien anzusetzen. Die Referenzanlage entspricht dem heute verwendeten Anlagentyp. Die Untersuchung wird anhand harter und weicher Tabukriterien durchgeführt.

 

Harte Tabukriterien bzw. -zonen sind solche, die sich gemäß den Vorgaben des OVG-Urteil sowie den Fachgesetzen ergeben und zwar

§         Wohnbauflächen sowie Sondergebiete mit der Zweckbestimmung „Wohnen am Wasser“ gemäß Flächennutzungsplan; Schutzabstände für Geräuschimmissionen,

§         Schutzabstand gegen optisch bedrängende Wirkung,

§         Gemischte Bauflächen sowie Sondergebiete mit der Zweckbestimmung „Freizeiteinrichtung“ oder  „Berufsbildungszentrum“ gemäß Flächennutzungsplan sowie Splittersiedlungen und Einzelgehöfte,

§         Verkehrsflächen und Anbauverbotszonen,

§         FFH-Gebiete, Vogelschutzgebiete, Naturschutzgebiete, Gesetzlich geschützte Biotope und Geschützte Landschaftsbestandteile sowie

§         Hochspannungsfreileitungen und Schutzstreifen.

Harte Tabukriterien / -zonen sind nicht abwägbar!

 

Dem gegenüber obliegen weiche Tabukriterien bzw. -zonen der eigenen kommunalen Festlegung. Diese Kriterien sind änderbar und stehen der fachlichen und politischen Abwägung offen. Kriterien dieser Art können unter anderem sein

§         Abstandsflächen zu gemischten Bauflächen und zum Sondergebiet mit der Zweckbestimmung „Freizeiteinrichtung“, Abstandsflächen zu Splittersiedlungen und Einzelgehöften - analog zu den Abständen bei Wohnbauflächen, da auch hier Wohnen möglich ist,

§         Wald gemäß Darstellung im Flächennutzungsplan, in Bergkamen beispielsweise aufgrund des geringen Waldanteils und entsprechend der Ausführungen für waldarme Gebiete im Landesentwicklungsplan sowie

§         Flächen für Freizeit und Erholung im Flächennutzungsplan.

 

Aufbauend auf den harten und weichen Tabukriterien und unter Zugrundelegung der Referenzanlage ist folgender Prüfablauf vorgesehen:

§         Harte und weiche Tabukriterien werden in einer Karte dargestellt, durch ihre Verschneidung können Ausschlussbereiche im Stadtgebiet ermittelt werden. Verbleibende Flächen in einer Größe unter einem Hektar werden ausgeschlossen, da hier keine Referenzanlage Platz findet.

§         Die verbleibenden Flächen werden einer Einzelfallprüfung unterzogen. Dabei sind alle Flächen auszuschließen, die im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder im Innenbereich gemäß § 34 BauGB liegen, da die Ausweisung einer Konzentrationszone nur im Außenbereich möglich ist. Außerdem werden Flächen ausgeschlossen, die aufgrund ihres Zuschnitts nicht die erforderlichen baurechtlichen Abstände einhalten können (Abstand ist mindestens der einfache Rotorradius der Referenzanlagen, d h. 50 m).

§         Die Einzelbewertung der Flächen erfolgt dann nach planungsrechtlichen und fachgesetzlichen Rahmenbedingungen, d. h. zum Beispiel nach Darstellung im Flächennutzungsplan und im Landschaftsplan, artenschutzrechtlichen Belangen sowie der faktischen Flächennutzung.

§         An der Einzelbewertung der Flächen sollen auch betroffene Fachbehörden beteiligt werden, vor allem die Untere Landschaftsbehörde, um ihre Belange bereits frühzeitig berücksichtigen zu können. Auch eine Bewertung nach städtebaulichen Belangen (Einfügung, städtebauliche Zielsetzung für die Flächen) ist vorgesehen.

 

Im Ergebnis kann diese Prüfung dazu führen, dass sich im Stadtgebiet Eignungsflächen für die Ausweisung einer oder mehrerer Windvorrangzonen ergeben. Dann ist die Einleitung eines Änderungsverfahrens für den Flächennutzungsplan möglich, um hier Windvorrangzonen auszuweisen. Ergibt sich aufgrund der Prüfung keine geeignete Fläche für die Ausweisung einer Windvorrangzone, muss weiterhin eine Einzelfallprüfung bei Anträgen für die Errichtung von Windkraftanlagen erfolgen. Eine räumliche Konzentration dieser Anlagen ist damit nicht gegeben.

 

Derzeit wird der oben beschriebene Prüfablauf durchgeführt. Die harten Tabukriterien sind vorgegebenen und nicht abwägbar. Weiche Tabukriterien sollen nur moderat angesetzt werden, um der Windenergie substanziell Raum zu geben und keine Verhinderungsplanung zu betreiben. Die endgültige Festelegung der weichen Tabukriterien ist den politischen Gremien vorbehalten, sollte aber erst bei Vorlage erster Prüfergebnisse erfolgen, um die Wirkung der Kriterien besser einordnen zu können.

Die Prüfung steht derzeit unter dem Vorbehalt eines neuen Windenergie-Erlasses, der möglicherweise 2015 erscheinen wird. Einzelheiten zu diesem Erlass und den Inhalten sind derzeit nicht bekannt, sodass mögliche Auswirkungen auf das Prüfschema und die Ergebnisse nicht vorhersehbar sind. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass ein neuer Erlass die aktuelle Rechtsprechung umsetzt. Gleiches sieht auch die aktuelle kommunale Untersuchung vor.

 

Bestandteile dieser Vorlage sind:

1. Das Deckblatt

2. Der Beschlussvorschlag und die Sachdarstellung

 

Der Bürgermeister

In Vertretung

 

 

 

Dr.-Ing. Peters

Erster Beigeordneter

 

 

Amtsleiter

 

 

 

 

I. V.  Reumke

Sachbearbeiterin

 

 

 

 

Thiede