Betreff
Konzept Streetwork in Bergkamen
Vorlage
10/0373
Aktenzeichen
ha-dö
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Jugendhilfeausschuss des Rates der Stadt Bergkamen nimmt die Konzeption der Streetwork-Arbeit in Bergkamen zur Kenntnis.

Sachdarstellung:

 

Streetwork/Mobile Jugendarbeit versteht sich als niedrigschwelliges Angebot akzeptierender, lebensweltorientierter Jugendsozialarbeit. Das bedeutet, Streetwork ist ein Hilfeangebot für Jugendliche und junge Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen selten oder gar nicht mehr von anderen Angeboten der Jugendhilfe erreicht werden. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt bei Jugendlichen und jungen Menschen nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII).

 

Das Gesamtspektrum lässt sich in drei Bereichen ansiedeln: § 11 (Jugendarbeit), § 12 (Jugendsozialarbeit) sowie § 14 (Erzieherischer Kinder- und Jugendschutz). Das Verhalten dieser jungen Menschen, geprägt durch Erziehungsdefizite, Gewalterfahrung, Ausgrenzung, Frustrationen und Ängste, zeichnet sich häufig durch Aggressionen und Suchttendenzen aus. Oftmals haben sich bei ihnen starke Vorbehalte gegen Institutionen, Erwachsene und Sozialarbeiter/innen entwickelt. Ein zentraler Punkt der Streetwork-Arbeit vor Ort ist daher der oft mühselige Aufbau einer Vertrauensbasis zu den Jugendlichen.

 

Das Arbeitsfeld unterscheidet sich im Wesentlichen von anderen Bereichen der Sozialarbeit durch das Verlassen des sicheren Raumes einer Institution. Streetwork sucht Jugendliche und junge Erwachsene in deren Lebenswelt auf und unterstützt sie bei der Schaffung von positiven und realistischen Lebensbedingungen.

 

 

1.      Inhaltliche Schwerpunkte der Arbeit

 

Der inhaltliche Hauptschwerpunkt der Arbeit ist die Verbesserung der Lebenswelt Jugendlicher und junger Menschen. Jugendliche und junge Menschen, die bestehende Hilfs- und Freizeitangebote aus verschiedensten Gründen nicht wahrnehmen, können oftmals nur durch Streetwork erreicht werden. Nach dem Prinzip der Freiwilligkeit haben die Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Möglichkeit, ihre Probleme darzustellen, Hilfen anzunehmen um so ihren Alltag besser bewältigen zu können. Dies beinhaltet die Stärkung der Persönlichkeit Einzelner, die Förderung des Erwerbs individueller Handlungskompetenzen zur eigenverantwortlichen Lebensführung, die Vermittlung in unterschiedlichste  Hilfesysteme, die Schaffung sinnvoller Freizeitmöglichkeiten, die Hilfe zur Alltagsbewältigung sowie Orientierungshilfen bei verschiedenen Lebensfragen.

 

Neben der Verbesserung der Lebenswelt von jungen Menschen, zielt Streetwork Bergkamen weiterhin darauf, die Akzeptanz der Zielgruppen mit ihren eigenen Normen und Werten und deren gesamtgesellschaftliche Akzeptanz zu fördern. In einem wechselseitigen Prozess soll auf soziale Probleme hingewiesen und Prozesse der Veränderung und Vernetzung in Gang gebracht werden. Der Zielgruppe soll durch Vermittlung in die unterschiedlichen Hilfesysteme die Bandbreite der gesellschaftlichen Angebotsstruktur sowie der Jugend- und Sozialarbeit (wieder) zugänglich gemacht werden.

 

2. Ziele

 

Streetwork/Mobile Jugendarbeit versteht sich als „aktivierende“ und ressourcenorientierte Sozialarbeit. Junge Menschen sollen befähigt werden ihre persönlichen und kollektiven Lebenssituationen bewältigen zu können und so Konflikte mit ihrer Umwelt zu reduzieren oder selbst zu lösen.

Ziel ist die Erschließung und Schaffung von öffentlichen Räumen und die Erweiterung von Sozialkompetenzen, wie z. B. Kommunikations- und Konfliktfähigkeit, Beziehungsaufbau und Pflege, Entwicklung und Realisierung individueller Lebensperspektiven sowie die Interessenvertretung der jungen Menschen.

Ausgrenzung und Stigmatisierung von jungen Menschen soll verhindert oder verringert werden. Den Jugendlichen und jungen Erwachsenen werden lebensfeldnahe soziale Leistungen angeboten, die ihre Integration fördern sollen und folgende Zielkategorien beinhalten:

 

·         Erweiterung der sozialen Handlungskompetenz der Adressatinnen und Adressaten,

·         Erschließung gesellschaftlicher (Fremdhilfepotenzial) und individueller Ressourcen (Selbsthilfepotenzial),

·         Entwicklung und Unterstützung bei der Umsetzung von Lebensperspektiven,

·         Reduzierung und Vermeidung gesellschaftlicher Benachteiligungen und Diskriminierungen,

·         Entwicklung inhaltlich-fachlicher und sozialpolitischer Einmischungsstrategien,

·         Vertretung der Interessen von Gruppen, Cliquen und Szenen,

·         Erschließen, Erhalten und Zurückgewinnen von öffentlichen Räumen,

·         Institutionelle und konzeptionelle Innovation als Grundlage für Sozial- und Jugendhilfeplanung,

·         Orientierungshilfen bei verschiedenen Lebensfragen (zum Beispiel Jugend- oder Sozialhilfe, Ausbildung, Arbeit, Wohnen, Familie, Existenzsicherung, Gesundheitsfürsorge)

·         Förderung der Akzeptanz bzw. Verbesserung bestehender Lebenswelten

 

Dies beinhaltet für Streetwork Bergkamen:

 

  • die Bereitstellung von Alltags- und Lebenshilfen für junge Menschen durch Schaffung und Durchführung von niedrigschwelligen Beratungs- und Begleitungsangeboten in der sozialen Infrastruktur,
  • ein frühzeitiges Erkennen von Situationen und Problemlagen jugendlicher Cliquen und anderer informeller Gruppen, die eine Gefährdung von jungen Menschen und von Dritten darstellen oder darstellen könnten,
  • die Stabilisierung und Förderung der positiven Kräfte der Clique zugunsten der Mitglieder,
  • die Förderung von Interessenvertretung und Konfliktlösung ohne Gewalt,
  • die Verbesserung jugendlicher Lebens- und Freizeitsituationen im Stadtteil durch Überwindung der Ausgrenzung von bestehenden Angeboten der Jugendarbeit sowie deren bedarfsgerechte Weiterentwicklung,
  • die Förderung der Fähigkeit und Bereitschaft zur Konfliktlösung im Gemeinwesen durch Einsatz von Moderationstechniken,
  • und die Erhaltung und Schaffung von Freiräumen für junge Menschen.

 

Im Spektrum von Freizeitgestaltung bis zu Hilfen zur Existenzsicherung hat Streetwork Bergkamen eine breite Palette von Anforderungen zu bewältigen. Gerade bei Jugendlichen, die ihren Lebensmittelpunkt auf der Straße haben, muss zwischen dem cliquentypischen „Abhängen“ im öffentlichen Raum und dem Leben auf der Straße im Zusammenhang mit Schulschwänzen, Arbeitslosigkeit und/oder verdeckter und offener Wohnungslosigkeit unterschieden werden. Abhängig von der Problematik setzt Streetwork Bergkamen auf die Begleitung und Unterstützung der Jugendlichen an ihren selbst gewählten Freizeittreffpunkten oder auf existenzsichernde Maßnahmen und umfassende Einzelhilfe:

 

  • Stärkung der Persönlichkeit Einzelner
  • Abbau von Schwellenängsten gegenüber anderen Hilfeangeboten
  • Aufbau der Angebotsstruktur
  • Hilfen zur Alltagsbewältigung
  • Prävention
  • Förderung des Erwerbs individueller Handlungskompetenzen zur eigenverantwortlichen Lebensführung
  • Eröffnung und Schaffung von Freizeitmöglichkeiten
  • Orientierungshilfen bei verschiedenen Lebensfragen (Jugendhilfe, Sozialhilfe, Ausbildung und Arbeit, Wohnen, Familie usw.)

 

3. Zielgruppe

Zielgruppe sind sozial benachteiligte Jugendliche und junge Menschen, Ausbildungs- und Arbeitssuchende, Wohnungslose, KonsumentInnen legaler und illegaler Drogen, gewaltbereite, rechtsorientierte und straffällig gewordene oder gefährdete Jugendliche, Jugendliche aus verschiedenen Jugendszenen aber auch Jugendliche, welche die bestehenden Freizeitangebote der Stadt nicht wahrnehmen und sich auf öffentlichen Plätzen treffen um dort ihre Freizeit zu verbringen.

Der Schwerpunkt wird hier – insbesondere um dem präventiven Ansatz gerecht zu werden -  auf die Altersgruppe der 11-17jährigen gelegt. 

 

 

4. Handlungskonzepte und Methoden

 

Jegliche Arbeit mit den von Streetwork betreuten Jugendlichen folgt klaren Grundprinzipien. Diese sind:

·         Anwaltschaft für die Interessen der Jugendlichen und jungen Menschen

·         Gewährleistung von Anonymität und Vertraulichkeit

·         Anerkennung der Freiwilligkeit des Kontaktes

·         Kontinuität in der Beziehung

·         Transparenz des Arbeitsauftrages gegenüber den Jugendlichen und jungen Menschen

Dies sind die Grundlagen für die weiter beschriebenen Handlungskonzepte/Methoden der Streetwork-Arbeit.

 

 

4.1 Aufsuchende Cliquenarbeit

 

Streetwork Bergkamen sucht und erreicht Jugendliche und junge Menschen in ihren selbstgewählten sozialen Räumen an ihren Treffpunkten (Spielplätze, Schulhöfe, Parks, Jugendzentren, Fußgängerzone, Parkhäuser, City-Bereich, Wasserpark usw.) und begleitet sie in ihrem Alltag. Streetwork erreicht so junge Menschen, die bisher gar nicht oder nur unzureichend von herkömmlichen Angeboten angesprochen wurden. Die Kontaktaufnahme ist nicht an Bedingungen geknüpft.

 

Bergkamener Cliquen, die sich im Stadtgebiet auf der Straße, auf Spiel- und Bolzplätzen und in Wohngebieten aufhalten, sind oft der Anlass zu Konflikten mit Anwohnern. Die Cliquen treffen sich in ihren selbstgewählten Sozialräumen, die zumeist nicht immer günstig gewählt sind und es somit immer wieder zu Konflikten kommt. Die aufsuchende Arbeit versucht hier zusammen mit den verschiedenen Gruppen und den Anwohnern eine Lösung zu finden.

Aber warum treffen sich die Kinder und Jugendlichen an solchen Plätzen? Und warum fallen sie immer wieder durch abweichende Verhaltensweisen wie Lärmbelästigungen, Verschmutzungen der Flächen, Belästigungen der Anwohner und anderer Kinder und Jugendlicher, Drogen- und Alkoholkonsum sowie Beschimpfungen auf?

 

Verschiedene Problemlagen innerhalb der Gruppe, aber manchmal auch nur Langeweile lösen diese Verhaltensweisen aus und können durch „einfache“ Gespräche nicht verändert werden. Jedoch haben Erfahrungen gezeigt, dass eine intensive Betreuung von Gruppen, mit zielorientiertem Konzept, Veränderungen im Verhalten der Kinder und Jugendlichen nach sich ziehen und somit auch die Probleme mit Anwohnern besser gelöst werden können.

 

Der regelmäßige Kontakt zu einer Gruppe in ihrem selbstgewählten Sozialraum ist der Grundstein der intensiven Cliquenbetreuung. Durch das regelmäßige Aufsuchen einer Clique ist es möglich die einzelnen Gruppenmitglieder kennen zu lernen und problematische Verhaltensweisen der Gruppe zu erkennen. Die Clique soll sinnvolle Freizeitgestaltung kennen lernen und dahin geführt werden, dass sie ihr Verhalten reflektieren.

 

 

Aufgabe von Streetwork ist es hier:

 

  1. entsprechende Angebote vor Ort zu organisieren, die Clique zum Mitmachen zu motivieren um so durch das Miteinander eine Vertrauensbasis aufzubauen,
  2. Problemlagen zu erkennen und zu bearbeiten,
  3. Maßnahmen zu entwickeln um bestimmte Verhaltensweisen zu ändern.

 

Die Kinder und Jugendlichen der betreuten Cliquen sollen durch pädagogisch angeleitete Hinführung zu mit- und eigenverantwortlichem Handeln gelangen. Sie sollen gezielte Möglichkeiten erhalten, soziale Verhaltensweisen kennen zu lernen und zu trainieren, die für ihre eigene Lebensbewältigung im positivem Sinne von Bedeutung sind. Auch sollen sie durch die Vermittlung von Erfolgserlebnissen ermutigt werden, sich selber neue Wege zu eröffnen. Wenn diese Ziele erreicht werden können ist es möglich, dass Kinder und Jugendliche auch andere Verhaltensweisen in ihren Sozialräumen zeigen und somit Konflikte eingestellt oder vermieden werden können.

Die intensive Cliquenbetreuung beinhaltet 5 verschiedene Phasen: Eine Kennenlernphase, die erste Intensivphase, eine Entwicklungsphase, eine zweite Intensivphase und die Nachbetreuung (siehe Anlage 1).

 

 

4.2 Anlaufstelle

 

Streetwork stößt mit der aufsuchenden Arbeit an Grenzen,  wenn es keine Rückzugs- und Beratungsräume gibt. Neben der Arbeit „auf der Straße" ist die Anlaufstelle ein ganz wichtiger Ort der Fortführung der begonnenen Kontakte und Hilfen. Da eine intensive und vertrauliche Beratung, gepaart mit Hilfsangeboten vor Ort, also auf der Straße oder im Streetwork-Bus, gar nicht möglich ist, benötigt auch Streetwork adäquate und bedarfsgerechte Räumlichkeiten.

Im Zuge der Streetwork-Arbeit ist sehr deutlich geworden, dass Bergkamen-Mitte das Hauptgebiet der aufsuchenden Arbeit ist. Um hier die Problemfelder besser bearbeiten zu können, ist die  Anlaufstelle mit niedrigschwelligen Angeboten von großer Hilfe.

 

4.2.1        Ziele der Anlaufstelle

 

Die Ziele der Anlaufstelle Streetwork sind: 

·         Kindern und Jugendlichen eine Möglichkeit zu bieten unbürokratisch Hilfeangebote anzunehmen,

·         Jugendberatung auch außerhalb der Bürozeiten des Rathauses durchzuführen,

·         Kindern und Jugendlichen eine Rückzugsmöglichkeit und eine Ruhezone ohne Gewalt und Drogen zu bieten. Eine „normale“ Umgebung in der man sich nicht behaupten muss, um angenommen zu werden,

·         Förderung des Miteinanders unterschiedlicher Cliquen (aus verschiedenen Stadtteilen, Schulen und auch Kulturen),

·         Bereitstellung eines betreuten Sozialraums (vor allem für die 11- bis 17-jährigen, da diese Zielgruppe aus Sicht der bisherigen Streetwork-Arbeit einem erhöhten Betreuungsaufwand bedarf),

·         Das Stadtgebiet weiter zu befrieden, indem Angebote gemacht werden, die Cliquen annehmen können. Immer mit dem Ziel Konflikte an selbstgewählten Treffpunkten zu vermindern oder zu beseitigen.

 

4.2.2        Zielgruppe

 

Die Zielgruppe der Anlaufstelle sind in erster Linie Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 11 und 17 Jahren. Diese Altersspanne hat sich aus der bisherigen Streetwork-Arbeit ergeben. Vorrangig soll die Anlaufstelle von Kindern und Jugendlichen aus Bergkamen-Mitte genutzt werden, da sich hier das Stadtgebiet mit den größten Auffälligkeiten befindet. Zudem werden in Weddinghofen, Oberaden und Rünthe offene Einrichtungen vorgehalten, die Cliquen auffangen und Einzelfallhilfe anbieten können. Die Anlaufstelle Streetwork ist keine Einrichtung der offenen Jugendarbeit sondern ein niedrigschwelliges Beratungs-, Hilfs- und Treffpunktangebot. Ein besonderes Augenmerk liegt bei folgendem Klientel:

 

·         Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichen, individuellen Problemen (z.B. Suchtgefahr, Arbeitslosigkeit, Sektenmitgliedschaft, Straffälligkeit)

·         Kinder und Jugendliche der bereits betreuten Cliquen,

·         den Cliquen, an deren Treffpunkten es zu größeren Konflikten kommt

·         Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien

·         Kinder und Jugendliche, die Schwierigkeiten haben, ihre Freizeit selber zu gestalten

 

 

4.2.3        Angebote der Anlaufstelle

 

In der Anlaufstelle werden in erster Linie Beratungs- und Hilfsangebote vorgehalten. Schnell und vor allem unbürokratisch, kann hier außerhalb der gängigen Amtszeiten Hilfe angeboten werden.

 

Bereiche sind u.a. folgende:

·         Jugendberufshilfe – Bewerbungsschreiben anfertigen, Arbeits- und Ausbildungs-stellen kontaktieren,

·         Wohnungssuche – Wohnungsannoncen lesen, Vermieter anrufen, benötigte Papiere zusammenstellen, Vorbereiten auf eigene Wohnung, Hilfen bei der Wohnungseinrichtung,

·         Hilfe bei Schriftwechseln jeglicher Art,

·         Kontaktvermittlung zu Ärzten und Anwälten,

·         Beratungsmöglichkeiten zu Suchtproblematiken, Schulschwierigkeiten, Weiter-bildung, geschlechtsspezifischen Problematiken, Ausstiegshilfen usw.,

·         Freizeitgestaltung – Betreute Angebote, die Kindern und Jugendlichen neue Möglichkeiten der eigenen Lebensgestaltung bieten,

·         Einzelfallhilfen, Beratung – Eltern, Ämter und Institutionen kontaktieren,

·         Betreuung von Cliquen und Gruppen – Befriedung von Problemfeldern im Stadtgebiet

·         Gruppen- und Projektarbeit – Abenteuer- und erlebnispädagogische Aktionen, die Einzelne stärken, das Gruppengefüge verbessern, aber auch eigene Grenzen erkennen lassen.

 

4.2.4        Rahmenbedingungen der Anlaufstelle

 

·         Feste Beratungszeiten an verschiedenen Tagen

·         „Offenes Haus“ an zwei bestimmten Tagen in der Woche, mit betreuten Angeboten der Freizeitgestaltung, Raum für Kontaktaufnahmen, Möglichkeiten der Nutzung von Waschbecken oder Herd, Beratungsmöglichkeiten und Rückzugsraum

·         Beratungsmöglichkeiten nach Absprache

·         Möglichkeit der spontanen Nutzung mit beispielsweise auffälligen Gruppen oder Cliquen

 

In der Anlaufstelle Streetwork sollen alle Aktivitäten der Streetwork gebündelt werden. Von dort aus werden die Cliquen in ganz Bergkamen aufgesucht und Möglichkeiten erarbeitet, Probleme zu beseitigen, Cliquen zu betreuen, Einzelfallhilfen anzubieten und neue Konzepte zu erarbeiten, Jugendliche und Teenager bei ihrer Lebensbewältigung zu unterstützen.

 

4.3      Projektarbeit

 

Aus der intensiven Cliquenarbeit heraus aber auch um in die Cliquenarbeit einzusteigen und um dem präventiven Ansatz der Streetwork-Arbeit gerecht zu werden ergeben sich verschiedene Projektarbeiten.

 

 

4.3.1        Erlebnispädagogische Cliquenfahrten

 

Die erlebnispädagogische Cliquenfahrt ist ein Bestandteil der intensiven Cliquenarbeit. Mit den Mitgliedern einer Clique, mit der im Vorfeld schon vor Ort gearbeitet wurde, wird eine Fahrt über ca. 5 Tage in ein Selbstversorgerhaus oder auf einen Campingplatz gemacht. Das Ziel sollte nicht in der gewohnten Umgebung sein, denn die Kinder und Jugendlichen sollen Zeit und Raum haben, um sich mit ihrer eigenen Identität, mit ihren eigenen Stärken und Schwächen und dem Gruppengefüge zu beschäftigen. In diesen 5 Tagen soll durch erlebnis- und abenteuerpädagogische Aktivitäten (siehe Anlage 1), das Selbstwertgefühl des Einzelnen, der Gruppenzusammenhalt, die individuellen Fähigkeiten und die eigenen Grenzen herauskristallisiert werden. Durch erlebnispädagogische Aktivitäten, bei denen die Jugendlichen an ihre eigenen Grenzen stoßen aber auch Ängste überwinden lernen, lernen sie sich selbst besser einzuschätzen und ihre Fähigkeiten sinnvoll einzusetzen.

Die Clique wird nun in die Pflicht genommen, sich selbst zu organisieren. Die Aufgaben, die sie aufgetragen bekommen sind umfangreich und können nur als Team bewältigt werden. Jeder Tag wird zwar von den Anleitern geplant, soll aber von der Gruppe organisiert werden. Die Kinder und Jugendlichen sollen intensive Selbsterfahrungen machen und ihre Grenzen aber vor allem ihre Stärken aufgezeigt bekommen. Bei der Cliquenfahrt sollen verstärkt einzelne Problemlagen aufgegriffen und bearbeitet und Parallelen zur Alltagswelt der Clique gezogen werden.

 

 

4.3.2        Soziales Lernen

 

Das Soziale Lernen ist seit vielen Jahren ein Schwerpunkt des Jugendschutzes. Gemeinsam mit Mitarbeitern des Kinder- und Jugendhaus „Balu“ wird für die 5. und 6. Klassen der weiterführenden Schulen ein Programm zur Förderung und Stärkung der Klassengemeinschaft vorgehalten. Mit kooperativen Aktionsspielen, Übungen zum gegenseitigen Wahrnehmen, zur Selbstwahrnehmung und zum Aufbau einer Gemeinschaft sollen die Schüler sich ihrer eigenen Fähigkeiten bewusst werden, aufmerksam auf die Fähigkeiten ihrer MitschülerInnen werden, sich einen Platz in der sozialen Gruppe (Klasse) suchen. Um als Gruppe im täglichen Zusammenleben handlungsfähig zu sein, werden bestimmte Fähigkeiten, wie Akzeptanz, Kommunikations-, Konflikt- und Entscheidungsfähigkeit eingeübt. Das Soziale Lernen wird in jedem Schulhalbjahr an einem Tag durchgeführt. Die einzelnen Seminare bauen aufeinander auf.

 

 

4.3.3        Projekte zur Prävention

 

Um gezielte Arbeit für die Klassen 7 bis 10 an Schulen anbieten zu können, werden verschiedene Programme zu den Themen Gewalt, Mobbing, Liebe & Sexualität und Drogen entwickelt. Diese Seminare sollen dann von interessierten Klassen angefordert werden können. Anders als beim Sozialen Lernen können hier Blockseminare vorgehalten werden.

Durch die Umwandlung der weiterführenden Schulen zu Ganztagsschulen ist angedacht, Projekte aus dem Präventionsbereich auch für den offenen Ganztag zu entwickeln und anzubieten.

 

 

4.3.4        Projekte zur Jugendberufshilfe

 

In Zusammenarbeit mit der ARGE entwickelt Streetwork Bergkamen Projekte zur Jugendberufshilfe. Die jugendlichen Projektteilnehmer sollen durch pädagogisch angeleitete Hinführung zu mit- und eigenverantwortlichem Handeln gelangen. Sie sollen gezielte Möglichkeiten erhalten, soziale Verhaltensweisen kennen zu lernen und zu trainieren, die für ihre eigene Lebensbewältigung im positiven Sinne von Bedeutung sind. Auch sollen sie durch die Vermittlung von Erfolgserlebnissen ermutigt werden, sich selber neue Wege zu eröffnen. Wenn diese Ziele erreicht werden können, ist es möglich, dass die  Jugendlichen eine reelle Chance auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt bekommen.

Um das gesteckte Ziel zu erreichen, die Jugendlichen zu stärken und zu motivieren sowie sie beruflich zu qualifizieren, kommen Methoden aus der Erlebnispädagogik, der Kleingruppenarbeit, des sozialen Lernens, Rollenspiele und Projektarbeit zur Anwendung.

 

4.4      Freizeitangebote und Veranstaltungen

 

Um den Jugendlichen und jungen Menschen Alternativen zum Abhängen und den damit oft einhergehenden auffälligen und häufig selbstgefährdenden Verhaltensweisen zu bieten, werden verschiedene Freizeitangebote durch das Streetworkteam vorgehalten.

 

4.4.1        Disco Total

 

Die Disco Total ist ein Veranstaltungsangebot für Kinder- und Jugendliche zwischen 11 und 15 Jahren. Alle 6 Wochen findet für diese Altersgruppe eine Disco in einem Jugendzentrum unter verschiedenen Mottos statt.

Die Ziele dieser Veranstaltung sind die Schaffung eines Freizeitangebotes für die Altersgruppe der 11-15jährigen, da es kaum entsprechende Angebote in Bergkamen gibt sowie die Schaffung eines Raumes für die Offene Jugendarbeit / Streetwork, in der folgende Punkte  für sozialarbeiterische Arbeit gewährleistet sind:

 

1.       Kontaktaufnahme zu Jugendlichen / Cliquen

2.       Erleichterung der Kontaktaufnahme auf der Straße (Konfliktfelder)

3.       Möglichkeit eine Vertrauensbasis zu schaffen wird erleichtert

 

Die Veranstaltung fördert das Miteinander unterschiedlicher Cliquen (aus verschiedenen Stadtteilen, Schulen und auch Kulturen).

 

4.4.2        Cup ohne Grenzen

 

Der Cup ohne Grenzen ist ein Fußballturnier für Fußballmannschaften aus dem Streetwork-Bereich sowie der offenen Jugendarbeit. Einmal im Jahr kommen 24 Mannschaften aus ganz NRW, dem Partnerkreis Kirklees und den Partnerstädten zum Jugendzentrum „Spontan“ um dort zwei Tage Fußball zu spielen, zu zelten und andere Kulturen kennen zu lernen. Darüber hinaus werden sowohl unter den Jugendlichen, als auch unter den betreuenden Fachkräften der Jugendarbeit, Kontakte geknüpft.    

Ziel dieses in NRW wohl größten Fußballturniers der Mannschaften aus der offenen Jugendarbeit, ist die Förderung des Miteinanders und der Anreiz zur sportlichen, fairen Betätigung. Über die Auseinandersetzung mit „Sieg und Niederlage“ können Fragestellungen zu Stolz, Ehre oder Misserfolg thematisiert werden.

 

4.4.3        Anti-Langeweile-Woche

 

Die Anti-Langeweile-Wochen sind Veranstaltungswochen in den Schulferien. Grundidee ist es den Jugendlichen in den Ferien ein Freizeitangebot zu bieten als Alternative zum „Abhängen“. Mit besonderen Aktionen sollen neue Jugendliche gewonnen und bekannte Jugendliche animiert werden, sich zu betätigen. Die Mitarbeiter des Streetworkteams haben aufgrund ihrer verschiedenen Qualifikationen wie z.B. Deeskalationstrainer, Trainer für Kampfesspiele, Trainer für Kooperative Abenteuerspiele oder Übungsleiter Abenteuer- und Erlebnissport viele Möglichkeiten Programmbausteine zu gestalten. Jugendliche können das Abenteuer kennen lernen, eigene Grenzen erfahren, Mut beweisen, Kräfte zeigen, miteinander kochen und essen, sich sportlich betätigen und vor allem sich selber besser kennen lernen; deshalb fließt auch immer der geschlechtsspezifische Aspekt mit ein.

 

4.5      Jugendbildung

 

Jugendarbeit hat immer auch einen - außerschulischen - Bildungsauftrag. Streetwork Bergkamen setzt hier im Wesentlichen auf das Erleben anderer Kulturen/Lebenswelten und die Aktivierung sozialer Kompetenzen. 

 

 

4.5.1        Internationale Jugendbegegnungen

 

Eine Jugendbegegnung ist ein Projekt, in dem junge Menschen für einen bestimmten Zeitraum in einer internationalen Gruppe zusammen leben und arbeiten. Für die Dauer der Begegnung nehmen die Teilnehmer an einem gemeinsamen Programm teil, das bestimmte Ziele und Intentionen verfolgt. Jugendbegegnungen fördern die Mobilität junger Menschen und ermutigen sie zu Eigeninitiative und Kreativität.

Die von Streetwork Bergkamen betreuten Jugendlichen haben in der Regel nicht die (finanziellen) Möglichkeiten, an solchen Gruppenreisen teilzunehmen, schon gar nicht wenn diese ins Ausland führen. Durch die Organisation von Internationalen Jugendbegegnungen soll es diesen Jugendlichen möglich gemacht werden, persönliche, berufliche und interkulturelle Kompetenzen zu entwickeln. Besonderer Augenmerk liegt hier auf den informellen Lernprozessen.

Kontakte bestehen in den englischen Partnerkreis Kirklees sowie in die polnische Partnerstadt Wieliczka. Die Durchführung einer Internationalen Jugendbegegnung setzt eine finanzielle Unterstützung durch entsprechende Förderprogramme voraus.

 

4.5.2        Streetwork-Akademie

 

Interessierten Jugendlichen und jungen Erwachsenen will Streetwork Bergkamen die Möglichkeit geben, sich selber aktiv in die Streetwork-Arbeit einzubringen. Zur langfristigen Anbindung ans Streetworkteam sollen die „Nachwuchskräfte“ über einen längeren Zeitraum geschult werden. Die Schulung setzt sich aus verschiedenen Fort- und Ausbildungsangeboten zusammen:

 

·         Streitschlichterausbildung (mit Elementen des Deeskalationstrainings sowie der Kampfesspiele)

·         Gruppenhelferschulung

·         Erste-Hilfe-Kurs

·         Grundlagen der Erlebnispädagogik/des Sozialen Lernens

·         Regelmäßige Mitarbeit bei den Veranstaltungen des Streetworkteams (Disco Total usw.)

 

Die Schulungen finden sowohl bei externen Trägern (Gewaltakademie, Rotes Kreuz, Kreissportbund) als auch intern statt. Die Teilnehmer sollen befähigt werden, selbstständig mit Gruppen zu arbeiten, eigene Angebote zu entwickeln und die Streetworker bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Perspektivisch soll sich daraus ein ehrenamtlicher Mitarbeiterpool entwickeln.

 

5. Strukturen und Rahmenbedingungen

 

Zur Umsetzung des Konzeptes und zur Gewährleistung der Streetwork-Arbeit sind bestimmte Strukturen und Rahmenbedingungen wichtig. Es gibt zwei Personalstellen (je 100%). Da mit Mädchen, jungen Frauen, Jungen und jungen Männer gleichermaßen gearbeitet wird, sind die Stellen paritätisch besetzt. Die Anforderungen an Streetwork sind sehr vielschichtig. Dies setzt ein hohes Maß an Flexibilität  des Teams voraus. So sind die Arbeitszeiten nicht streng festlegbar und die aktuellen Arbeitsschwerpunkte wechseln häufig. Auf diese Bedingungen müssen sich die Mitarbeiter einlassen können.

Für Projektarbeit, verschiedene Veranstaltungen, Freizeitangebote und Projekte der Jugendbildung werden Honorarkräfte zur Unterstützung eingesetzt. Hier stehen dem Streetworkteam u.a. langjährige MitarbeiterInnen zur Verfügung.

Die Relevanz der Anlaufstelle ist schon im Kapitel 4.2 aufgeführt. Um der aufsuchenden Arbeit im vollen Umfang gerecht zu werden, ist ein eigenes Fahrzeug, welches den Mitarbeitern ständig zur Verfügung steht, unbedingt erforderlich. Der Streetworkbulli ermöglicht dem Team jeden Treffpunkt von Cliquen im Stadtgebiet anzufahren und dann auch vor Ort den Bulli als „Aufenthaltsraum“ oder als „Gesprächszimmer“ zu nutzen.

Weiterhin ist die Akzeptanz der Streetwork-Arbeit bei Verwaltung, Politik, Polizei und Öffentlichkeit zu gewährleisten. Insbesondere darf Streetwork/Mobile Jugendarbeit hier NICHT als „Soziale Feuerwehr“ angesehen werden. Außerdem müssen alle Akteure die Parteilichkeit der Streetworker gegenüber ihrer Klientel respektieren.

 

6. Resümee

 

Streetwork/Mobile Jugendarbeit ist und bleibt ein wichtiger Akteur im Handlungsfeld der Bergkamener Jugendarbeit. Gerade die Vielseitigkeit der beschriebenen Arbeit gebietet eine Aufrechterhaltung und - bei entsprechenden Bedingungen - eine Ausweitung des bestehenden Angebots. Die hier vorgestellte Konzeption dient dem Streetworkteam als „Leitfaden“ für die tägliche Arbeit.

 

Bestandteile dieser Vorlage sind:

 

1. Das Deckblatt

2. Die Sachdarstellung und der Beschlussvorschlag

 

Der Bürgermeister

In Vertretung

 

 

 

 

Wenske

Beigeordneter

 

 

Stellvertretender Amtsleiter

 

 

 

 

Harder