Betreff
Änderung des Gesellschaftsvertrages der Verkehrsgesellschaft Kreis Unna mbH (VKU) zur Direktvergabe von Verkehrsleistungen und Umstrukturierung der Westfälischen Verkehrsgesellschaft (WVG)
Vorlage
10/0338
Aktenzeichen
20.44 mö-bs
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

1.      Der Rat der Stadt Bergkamen stimmt der Änderung des Gesellschaftsvertrages der Verkehrsgesellschaft des Kreises Unna mbH (VKU) in der als Anlage 1 beigefügten Fassung zu.

2.      Der Rat der Stadt Bergkamen stimmt der Umstrukturierung der Beteiligungsverhältnisse der Westfälischen Verkehrsgesellschaft (WVG) und der operativen Verkehrsunternehmen sowie allen in diesem Rahmen erforderlichen Maßnahmen zu.

 

 

Sachdarstellung:

 

 

1. Ausgangslage und Zielsetzung

 

Aufgrund von europarechtlichen Vorgaben, die ihren Ursprung im Wettbewerbsrecht haben und letztlich auf Entscheidungen des europäischen Gerichtshofes beruhen, hat der Kreis Unna die VKU seit dem Jahr 2007 mit der Erbringung von ÖPNV-Leistungen betraut. Der Kreis Unna hat mit der VKU hierzu eine entsprechende Betrauungsregelung abgeschlossen, die die beihilfe- und vergaberechtlichen Aspekte berücksichtigt.

 

Die Mitfinanzierung durch die Städte und Gemeinden im Rahmen der VKU-Solidarfinanzierung sowie die kommunale Beteiligung bei der Aufstellung des Nahverkehrsplanes bleiben hiervon unberührt. Die jeweiligen Finanzierungsstrukturen wurden beibehalten und in einer Refinanzierungsvereinbarung zwischen Städten und Gemeinden sowie Kreis separat geregelt.

 

Nach Inkrafttreten der EU-Verordnung 1370/2007 am 04.12.2009 besteht neuer Regelungsbedarf. Grundsätzlich ist das Verfahren der Betrauungsregelung zukünftig nicht mehr zulässig.

 

Die neue Verordnung sieht nur zwei Handlungsmöglichkeiten vor: Entweder Direktvergabe oder Ausschreibung.

 

In den letzten Jahren haben der Kreis Unna und die Gesellschafter der VKU intensiv über diverse Varianten von Handlungsmöglichkeiten in Verbindung mit der anstehenden EU-Verordnung diskutiert und sich für die Direktvergabe (Inhouse-Vergabe) entschieden.

 

Im Rahmen der neuen Verordnung kann die VKU aber auch weiterhin ÖPNV-Leistungen ohne Ausschreibungsnotwendigkeit erbringen, wenn diese Leistungen an die VKU als „internen Betreiber“ vergeben werden. Eine solche Direktvergabe (Inhouse-Vergabe) bietet zum einen ein hohes Maß an Gestaltbarkeit und kommunalem Einfluss auf die VKU und das entsprechende ÖPNV-System und zum anderen wird hierdurch nachhaltige Vermögenssicherung betrieben, da das Unternehmen weiterhin in kommunaler Hand bleibt.  Die Eigentümerrolle erlaubt die Möglichkeit der direkten, schnellen und flexiblen Steuerung durch die Städte und Gemeinden sowie den Kreis.

 

Die bisher erzielten Restrukturierungserfolge der VKU sowie die kontinuierliche Fortführung und Überprüfbarkeit dieses eingeschlagenen Weges zeigen, wie wichtig und notwendig der kommunale Einfluss für wirtschaftliche und verkehrliche Lösungen ist.

 

Vor diesem Hintergrund ist eine Direktvergabe an die VKU als internen Betreiber (Inhouse-Vergabe) gemäß Art. 5 Abs. 2 der EU-Verordnung 1370/2007 sachgerecht.

 

Diese Direktvergabe wird im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages mit ausschließlichen Rechten und Ausgleichsleistungen gemäß der EU-Verordnung 1370/2007 durchgeführt. Der förmliche Beschluss bezüglich des öffentlichen Dienstleistungsauftrages soll Ende 2010 durch den Kreistag des Kreises Unna erfolgen. Der öffentliche Dienstleistungsauftrag ersetzt dann die bestehende Betrauungsregelung zwischen dem Kreis Unna und der VKU und verschafft der VKU ein höheres Maß an Rechtssicherheit, insbesondere auch in den anstehenden Verfahren zur Wiedererteilung der Liniengenehmigungen im Verhältnis zur Bezirksregierung Arnsberg.

 

Analoge Verfahren laufen bei den Münsterlandkreisen für die Regionalverkehr Münsterland GmbH (RVM) sowie beim Hochsauerlandkreis und beim Kreis Soest für die Regionalverkehr Ruhr-Lippe GmbH (RLG).

 

Grundsätzlich beinhaltet die Direktvergabe von ÖPNV-Leistungen an die VKU keine Änderung der Finanzierungsstruktur. Die Solidarfinanzierung der VKU bleibt durch die Direktvergabe unberührt.

 

 

2. Änderung des VKU-Gesellschaftervertrages

 

Eine Direktvergabe nach der VO 1370/2007 an die VKU ist nur zulässig, wenn u. a. der Kreis eine Kontrolle über die VKU ausübt, die der über eine eigene Dienststelle entspricht (Inhouse-Vergabe). Hierzu ist es erforderlich, den Gesellschaftsvertrag der VKU zur Herstellung der Kontrolle durch den Kreis Unna entsprechend abzuändern (siehe Anlage 1).

 

Es sind insbesondere folgende Änderungen vorgesehen:

 

·         § 2 Abs. 3:
Beschränkung des Unternehmensgegenstandes auf zulässige Personenverkehrsdienste

·         § 2 Abs. 5:
Gebot des überwiegenden Selbsterbringens der Personenverkehrsdienste

·         § 4 Abs. 3:
Gaststatus der in der Kreisverwaltung für die Sicherstellung der Kontrolle Verantwortlichen im Aufsichtsrat und in der Gesellschafterversammlung

·         § 6 Abs. 1:
Entsendungsrecht des Kreises für mindestens drei und höchstens vier Aufsichtsratsmitglieder

·         § 6 Abs. 5:
Vorsitzender im Aufsichtsrat ist der Landrat des Kreises Unna.

·         § 7 Abs. 2:
Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrates nur, wenn der Kreis vertreten ist


 

·         § 7 Abs. 3:
Vetorecht der Kreisvertreter im Aufsichtsrat, einen Beschluss aufzuheben, und Verlagerung in die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung

·         § 9 Abs. 6:
Dreifaches Stimmrecht für den Kreis zur Schaffung der qualifizierten Mehrheit

·         § 10 Abs. 1:
Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung (statt des Aufsichtsrates) für wesentliche Angelegenheiten (z. B. Wirtschaftsplan, Bestellung von Geschäftsführern)

·         § 11 Abs. 7:
Verpflichtung zur Erstellung einer Trennungsrechnung zum Nachweis des Ergebnisses der Personenverkehrsdienste in Abgrenzung zu anderen Aktivitäten und Sparten

 

Weitere Änderungen betreffen die von der obersten Kommunalaufsicht geforderten Anpassungen an die geänderten Beteiligungsvoraussetzungen der Gemeindeordnung NRW.

 

 

3. Umstrukturierung der WVG-Gruppe

 

Zur Schaffung der Voraussetzungen für eine Inhouse-Vergabe von Verkehrsdienstleistungen an die VKU ist es zusätzlich erforderlich, eine Umstrukturierung der Gesellschafteranteile der gesamten WVG-Gruppe vorzunehmen. Hierzu erfolgen parallele Beschlussverfahren in den Kreisen Soest und Hochsauerlandkreis für die „Regionalverkehr Ruhr-Lippe GmbH (RLG)“ sowie in den Münsterlandkreisen Coesfeld, Warendorf, Steinfurt und Borken für die „Regionalverkehr Münsterland GmbH (RVM)“.

 

Als weiterer Grund für eine Umstrukturierung kommt hinzu, dass der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) sich infolge veränderter Rahmenbedingungen als Gesellschafter aus der WVG zurückziehen will. Hiermit soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass mit Neufassung des ÖPNV-Gesetzes die Rolle des Aufgabenträgers im ÖPNV explizit den Kreisen zugeschrieben worden ist, womit dem LWL zunehmend eine passive Rolle zufällt. Außerdem ist der LWL nicht an der Finanzierung der ÖPNV-Leistungen beteiligt. Durch den Ausstieg des LWL aus der WVG-Gruppe wird der Einfluss der Kreise als Aufgabenträger des ÖPNV verstärkt.

 

Ziel der Umstrukturierung ist es, dass die Gesellschafteranteile der WVG komplett von den drei operativen Verkehrsunternehmen gehalten werden und die WVG die Aufgabe einer Dienstleistungsholding für die VKU, RVM und RLG übernimmt.

 

Die Umsetzung dieses Zieles erfolgt über drei separate Verfahrensschritte, die in der Anlage 2 mit entsprechenden Schaubildern dargestellt sind:

 

Schritt 1: Erwerb des 51%igen Anteils des LWL an der WVG durch die Verkehrsunternehmen VKU, RLG, RVM

 

Schritt 2: Übertragung der WVG-Geschäftsanteile an den Verkehrsunternehmen VKU, RLG, RVM auf die Kreise

 

Schritt 3: Übertragung der WVG-Geschäftsanteile von den Kreisen auf die Verkehrsunternehmen

 

 

Im Ergebnis erhöht der Kreis Unna seinen unmittelbaren Beteiligungsanteil an der VKU von 25,11 % auf 50,19 %. Gleichzeitig gibt der Kreis Unna seine unmittelbare Beteiligung an der WVG (7 %) auf und übernimmt stattdessen eine mittelbare Beteiligung an der WVG über die VKU von 14,29 %.

 

Alle finanziellen Folgen der einzelnen Verfahrensschritte wirken lediglich für und gegen den Kreis Unna. Die kreisangehörigen Städte und Gemeinden als Gesellschafter der VKU sind hiervon nicht direkt betroffen. Im Saldo ergibt sich in der Bilanz des Kreises eine Erhöhung des Ausweises unter der Position „Beteiligungen“.

 

 

4. Notwendigkeit der kommunalen Beteiligung

 

Der Kreistag des Kreises Unna hat am 15.06.2010 bereits zur Umsetzung der beabsichtigten Direktvergabe von Personenverkehrsdiensten an die VKU beschlossen, den Gesellschaftervertrag der VKU entsprechend den gutachterlichen Vorgaben zu ändern.

 

Darüber hinaus hat er in der vorgenannten Sitzung der Umstrukturierung der WVG und der operativen Verkehrsunternehmen sowie allen in diesem Rahmen erforderlichen Maßnahmen zugestimmt.

 

Aufgrund der VKU-Beteiligungsverhältnisse ist es notwendig, dass alle kommunalen Gesellschafter der VKU - das sind 8 kreisangehörige Städte und Gemeinden - in ihren Räten entsprechende Beschlussfassungen herbeiführen.

 

An der VKU sind derzeit beteiligt:

 

Kreis Unna

        25,11 %

WVG

        25,08 %

Stadt Lünen

        16,39 %

Stadt Unna

          9,18 %

Stadt Kamen

          8,07 %

Stadt Bergkamen

          7,68 %

Stadt Werne

          5,13 %

Gemeinde Bönen

          1,38 %

Gemeinde Holzwickede

          1,10 %

Stadt Selm

          0,89 %

Gesamt

      100,00 %

 


 

An der WVG sind derzeit beteiligt:

 

WLV (LWL)

        51,00 %

Kreis Unna

          7,00 %

Kreis Soest

          7,00 %

Hochsauerlandkreis

          7,00 %

Kreis Coesfeld

          7,00 %

Kreis Steinfurt

          7,00 %

Kreis Borken

          7,00 %

Kreis Warendorf

          7,00 %

Gesamt

      100,00 %

 

 

 

Wenn alle kommunalen Ratsbeschlüsse vorliegen, ist eine Beschlussfassung über die             Änderung des Gesellschaftervertrages in den Gremien der VKU (mit neuer Gesellschafterkonstellation) vorgesehen.

 

Als Aufsichtsbehörde wurde das Innenministerium NRW bereits informell durch den Kreis zur Änderung des Gesellschaftervertrages der VKU in das Verfahren eingebunden. Das formelle Anzeigeverfahren wird vom LWL eingeleitet.

 

Bestandteile dieser Vorlage sind:

1. Das Deckblatt

2. Die Sachdarstellung und der Beschlussvorschlag

 

Der Bürgermeister

 

 

 

Schäfer

 

Der Bürgermeister

In Vertretung

 

 

Mecklenbrauck

Erster Beigeordneter und Stadtkämmerer

 

Stellv. Amtsleiter

 

 

 

 

Marquardt

Sachbearbeiterin

 

 

 

 

Mölle