Beschlussvorschlag:
Der Betriebsausschuss nimmt die Vorlage Drucksache Nr. 10/0174 zur Kenntnis.
Sachdarstellung:
Die Wasserrahmenrichtlinie der
Europäischen Gemeinschaft ist am 22.12.2000 in Kraft getreten. Mit dem Tag der
Veröffentlichung im Amtsblatt fiel der Startschuss für eine integrierte Gewässerschutzpolitik
in Europa, die auch über Staats- und Ländergrenzen hinweg eine koordinierte
Bewirtschaftung der Gewässer innerhalb der Flusseinzugsgebiete bewirken wird.
Der Reiz dieser Richtlinie liegt
in der konsequenten Umsetzung einer ganzheitlichen Betrachtung der Gewässer,
vor allem aus ökologischer Sicht. Gleichzeitig regelt sie aber auch spezifische
Tatbestände. Beide Aspekte zeigen sich insbesondere im
·
konsequent flächenhaften, auf das Flusseinzugsgebiet
bezogenen Ansatz,
·
gewässertypenspezifischen Ansatz,
·
kombinierten Ansatz der Betrachtung von Schadstoffen
(Emission und Immission) und
·
einzelstoff- bzw. gruppenparameterbezogenen Ansatz.
Insgesamt werden 7 EG-Richtlinien, die auf einen sektoralen, nutzungsspezifischen Gewässerschutz abzielen, nach Übergangsfristen (7 bzw. 13 Jahre) aufgehoben. Durch die Richtlinie werden insbesondere neue Impulse für einen stärker ökologisch ausgerichteten ganzheitlichen Gewässerschutz erwartet. Die bereits im deutschen Wasserrecht verankerten Bewirtschaftungselemente und immissionsbezogenen Instrumente werden verstärkt angewendet. Auch ökonomische Betrachtungen haben an Bedeutung gewonnen. Die Regelungen der Wasserrahmenrichtlinie, insbesondere die geforderte integrierte Bewirtschaftung der Gewässer nach Flussgebietseinheiten, werden das allgemein hohe Niveau des Gewässerschutzes in Deutschland noch verstärken.
Ab Inkrafttreten laufen die in der Richtlinie vorgegebenen Fristen zur rechtlichen und materiellen Umsetzung in den Mitgliedsstaaten an.
Für die föderale Struktur in
Deutschland bedeutet dies: Bund und Länder müssen ihr Handeln aufeinander
abstimmen, damit die Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt und möglichst in
15 Jahren eine gute Gewässerqualität in Deutschland erreicht ist.
Ziele
Die Richtlinie schafft einen
Ordnungsrahmen für den Schutz der Binnenoberflächengewässer, der
Übergangsgewässer, der Küstengewässer und des Grundwassers. Die übergeordneten
Ziele sind in Artikel 1 festgelegt:
§
Schutz und Verbesserung des Zustandes aquatischer Ökosysteme
und des Grundwassers einschließlich von Landökosystemen, die direkt vom Wasser
abhängen
§
Förderung einer nachhaltigen Nutzung der
Wasserressourcen
§
Schrittweise Reduzierung prioritärer Stoffe und Beenden
des Einleitens/Freisetzens prioritär gefährlicher Stoffe
§
Reduzierung der Verschmutzung des Grundwassers
§
Minderung der Auswirkungen von Überschwemmungen und
Dürren
Die eigentlichen, verbindlichen
Umweltziele sind in Artikel 4 festgelegt, der zentralen Vorschrift der
Richtlinie. Bei oberirdischen Gewässern gelten folgende Ziele:
§
Guter ökologischer und chemischer Zustand in 15 Jahren
§
Gutes ökologisches Potenzial und guter chemischer
Zustand bei erheblich veränderten oder künstlichen Gewässern in 15 Jahren
§
Verschlechterungsverbot
Beim Grundwasser sind folgende
Ziele zu erreichen:
§
Guter quantitativer und chemischer Zustand in 15 Jahren
§
Umkehr von signifikanten Belastungstrends
§
Schadstoffeintrag verhindern oder begrenzen
§
Verschlechterung des Grundwasserzustandes verhindern
Im Hinblick auf den
Grundwasserschutz sind vom Europäischen Parlament und vom Rat spezielle
Maßnahmen zur Verminderung und Begrenzung von Verschmutzungen zu erlassen. Die
Europäische Kommission sollte dazu innerhalb von zwei Jahren nach
Verabschiedung der Richtlinie entsprechende Vorschläge unterbreiten. Im September 2003 hat die Europäische
Kommission einen solchen Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen
Parlaments und des Rates zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzungen
vorgelegt. Am 16. Januar 2007 ist die Grundwasserrichtlinie vom 12. Dezember
2006 in Kraft getreten.
Bei künstlichen und erheblich veränderten Oberflächengewässern kann eine gesonderte Ausweisung erfolgen. Die Ausweisung erheblich veränderter Gewässer steht aber erst am Ende einer sorgfältigen Prüfung der Verbesserungsmöglichkeiten. Soweit bei diesen Gewässern bzw. bei Gewässerabschnitten, bei denen der gute ökologische Zustand nicht oder nicht mit verhältnismäßigen Mitteln wieder hergestellt werden kann und wenn durch die erforderlichen Maßnahmen zur Erreichung des guten ökologischen Zustands Wiederherstellung bestimmte Nutzungen, wie Wasserkraft, Schifffahrt, Hochwasserschutz entscheidend beeinträchtigt würden, muss für die entsprechenden Gewässer bzw. Gewässerabschnitte nicht der gute ökologische Zustand erreicht werden, sondern das gute ökologische Potenzial. Die Definitionen des guten ökologischen Zustandes und des guten ökologischen Potenzials ergeben sich aus den Tabellen in Anhang V der Richtlinie. Die Anforderungen an die chemische Qualität der Gewässer, also hinsichtlich der Schadstoffbelastung, bleiben davon unberührt; sie gelten auch für als erheblich verändert ausgewiesene Gewässer.
Die sorgfältige Prüfung zur
Ausweisung erheblich veränderter Gewässer bezieht sich nicht nur auf den
bestehenden Gewässerzustand, sondern auch auf Veränderungen aufgrund künftiger
Maßnahmen. Hier sind alternative, umweltfreundlichere Optionen in den
Abwägungsprozess einzubeziehen.
Niederschlagswasser-Vorbehandlung
Bei der Frage der
Niederschlagswasser-Behandlung wird weiterhin grundsätzlicher Klärungsbedarf
gesehen. Die kommunalen Spitzenverbände sehen es als erforderlich an, dass
zunächst abgeklärt werden muss, ob und inwieweit eine Verbesserung der
Gewässergüte durch Maßnahmen der Niederschlagswasser-Vorbehandlung vor
Einleitung in ein Gewässer dazu beitragen kann, die Gewässergüte überhaupt maßgeblich
zu verbessern.
Es ist nicht ausreichend, nur auf
die Niederschlagswasser-Einleitungen aus der öffentlichen Abwasseranlage über
Regenwasserkanäle in Gewässer abzustellen: Eine ganzheitliche Verbesserung der
Gewässergüte kann nur dann erreicht werden, wenn auch die anderen
Direkteinleiter, wie z. B. Gewerbebetriebe mit in die Pflicht genommen werden,
Beiträge zur Verbesserung der Gewässergüte durch die Vorbehandlung von
Niederschlagswasser zu leisten, wenn dies angezeigt ist.
Im Übrigen sei der Hinweis erlaubt, dass in der
Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Niederschlagswasserbehandlung im Februar 2009
durch die kommunalen Spitzenverbände auf der Bundesebene gemeinsam mit den
Ländern Rheinland-Pfalz und Bayern klar die Auffassung vertreten worden ist,
dass Problemstellungen im wasserrechtlichen Einzelvollzug abgearbeitet werden
sollten und deshalb auch ein weiterer bzw. neuer Anhang zur Abwasserverordnung
des Bundes im Hinblick auf die Niederschlagswasserbehandlung nicht erforderlich
ist.
Deshalb wird nunmehr zunächst
ausgiebig geprüft werden müssen, welche kostengünstigen Maßnahmen der
Vorbehandlung des Regenwassers es gibt. Hierzu können z. B. Kanalschächte mit
Filter-Reinigungsfunktionen oder Granulat-Kästen als Ersatz für große
Regenklärbecken gehören, wenn der ordnungsgemäße Abfluss des
Niederschlagswassers hierdurch nicht beeinträchtigt wird
Auch die Stadt Bergkamen, SEB,
hat ein nachhaltiges Interesse daran, dass im Hinblick auf die
Regenwassergebühr keine neuen Gebührensteigerungen notwendig werden. Deshalb
ist es - mehr denn je - erforderlich, kostengünstige Maßnahmen der
Niederschlagswasservorbehandlung herauszuarbeiten, um auch eine verträgliche
Entwicklung bei den Regenwassergebühren sicherstellen zu können, die nunmehr
flächendeckend in Nordrhein-Westfalen zu erheben sind.
Auch muss im Einzelfall stets geprüft werden, welche Maßnahme
welches Maßnahmenträgers für die Gewässergüte den größten Effekt bringt
(Verursacher- und Maßnahmen-Analyse). Dabei sind alle Regenwasser-Einleiter zu
betrachten, z. B. auch der Gewerbebetrieb als Direkteinleiter in einen Fluss
oder Bach als Gewässer (s. o.). In
diesem Zusammenhang sind nunmehr auch die Straßenbaulastträger als potenzielle
Maßnahmenträger im Entwurf des Maßnahmenprogramms angesprochen.
Mikroschadstoffe
Im Entwurf für ein Maßnahmenprogramm werden unter der Überschrift „Weitere Maßnahmen“ auch die Belastungen der Gewässer mit so genannten Mikroschadstoffen (u. a. Medikamentenrückstände) angesprochen.
Nachweislich ist die wissenschaftliche Diskussion über die Wirkungsweise solcher Mikroschadstoffe noch nicht abgeschlossen.
Gleichzeitig ist aber bereits
jetzt mit Nachdruck darauf hinzuweisen, dass ein etwaiges Problem der
Mikroschadstoffe im Abwasser an erster Stelle beim Abwasser-Produzenten gelöst
werden muss, weil bei ihm der Abwasserstrom mengenmäßig noch klein und deshalb
vor der Einleitung in das öffentliche Netz besser und kostengünstiger
vorzubehandeln ist.
Eine Lösung „end of the pipe“ bei
den Kläranlagen oder der Trinkwasseraufbereitung kann deshalb nicht automatisch
im Vordergrund stehen. Vielmehr wird es hier in erster Linie darum gehen, durch
Maßnahmen am Ort des Abwasseranfalls dafür zu sorgen, dass Mikroschadstoffe
nicht in die öffentliche Abwasseranlage gelangen. Die Abwasser-Verordnung des
Bundes zeigt, dass dieser Weg auch in der Vergangenheit, bezogen auf bestimmte
Branchen- und Wirtschaftszweige, bereits gewählt worden ist. Im Übrigen belegt
auch die Entwicklung der Abwassertechnik, dass eine Abwasser-Vorbehandlung beim
Abwasserproduzenten z. B. durch Leichtflüssigkeitsabscheider oder
Koaleszenzabscheider möglich geworden ist.
Fremdwasser-Problematik
und Dichtheitsprüfung gem. § 61 a LWG
Grundsätzlich wird als eine
Maßnahme zur Verbesserung der Gewässergüte auch die Herausnahme von Fremdwasser
(Grund- und Drainagewasser) aus dem öffentlichen Schmutz- bzw.
Mischwasserkanalnetz als ein Baustein zur Verbesserung der Gewässergüte
angesprochen.
Die Fremdwasser-Problematik
stellt eine vielschichtige Gemengelage dar. Die Herausnahme von Fremdwasser aus
einem Schmutzwasserkanalnetz oder einem Mischwasserkanalnetz kann regelmäßig
auch mit erheblichen Kosten für die Grundstückseigentümer verbunden sein, wenn
diese z. B. das gesamte Entwässerungssystem auf ihrem Privatgrundstück
umstellen müssen.
Diese Erfordernis ergibt sich z.
B. dann, wenn neben dem vorhandenen Mischwasser-Kanalsystem ein neuer
Schmutzwasserkanal gebaut wird und zukünftig das Niederschlagswasser und das
Grund- und Drainagewasser nur noch über den alten Mischwasserkanal abgeleitet
werden, der dann lediglich noch als Regenwasserkanal weiter genutzt wird. In
derartigen Fällen können auf den privaten Grundstückseigentümer Kosten von ca.
3.000 bis 8.000 € zukommen, wenn er sein Schmutzwasser an den neuen
Schmutzwasserkanal in der öffentlichen Straße anzuschließen hat.
Eine Lösung dieser
Gesamtproblematik ist deshalb nicht ohne Weiteres möglich. Die Erfahrungssätze
aus Pilotprojekten zeigen, dass eine intensive und konstruktive Auseinandersetzung
mit den Grundstückseigentümern unerlässlich ist.
Hinzu kommt, dass sich
Fremdwasser-Zuflüsse in das öffentliche Kanalnetz gerade in Berg- und Talregionen nicht komplett
abstellen lassen, deshalb kann auch hier nur die Anwendung einer Art
„Trittstein-Methode“ geboten sein, d. h. Fremdwasserprobleme werden dort
abgestellt, wo sie nachweisbar am größten sind.
Eine ganz besondere
Fremdwasserproblematik ergibt sich durch eine ganze Reihe von
Reingewässereinleitungen in das kommunale Kanalnetz, geologisch und bergbaulich
bedingter hoher Grundwasserstände und den damit verbundenen zahlreichen, an das
öffentliche Kanalnetz angeschlossenen privaten Drainageleitungen mit sich.
Darüber hinaus verfügt die Stadt
Bergkamen über vergleichsweise nur wenige offene Vorfluter, die dann aber auch
noch senkungsbedingt in ihrer Vorflut ganz erheblich gestört sind. Als
Reinwasservorfluter können diese v. g. Gewässerstrecken nur mittels Pumpwerken
genutzt werden.
Diesem umfangreichen und sehr
komplexen Thema hat sich der SEB gestellt und erarbeitet derzeit - nach
Auskunft der Unteren Wasserbehörde des Kreises Unna als erste Kommune im
Kreisgebiet - ein flächendeckes
Fremdwassersanierungskonzept für das Bergkamener Stadtgebiet in
partnerschaftlicher Kooperation mit der Ruhrkohle AG, der Emschergenossenschaft
/ dem Lippeverband sowie der Unteren und Oberen Wasserbehörde.
Erste Arbeitsergebnisse werden in
etwa zur Mitte dieses Jahres, das Endergebnis voraussichtlich Anfang des Jahres
2011 vorliegen.
Erst nach Vorliegen dieser
Ergebnisse und Abstimmung des Fremdwassersanierungskonzeptes unter
ökologischer, wasserwirtschaftlicher und ökonomischer Betrachtungsweise mit den
Beteiligten soll eine ganzheitliche Sanierung der privaten
Grundstücksentwässerungsleitungen und des öffentlichen Kanalnetzes festgelegt
werden.
Bestandteile dieser Vorlage
sind:
1. Das Deckblatt
2. Die Sachdarstellung und der Beschlussvorschlag
Die Betriebsleitung SEB Mecklenbrauck Betriebsleiter |
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Vertreter der Betriebsleitung Staschat |
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