Beschlussvorschlag:
Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Strukturwandel und Wirtschaftsförderung nimmt die Vorlage Drucksache Nr. 9/0883 zur Kenntnis.
Sachdarstellung:
Einleitung
Die kommunale
Wirtschaftsförderung begleitet seit Jahren den schwierigen Strukturwandel in
der Region. Dabei wird mit den verschiedensten Institutionen und Verbänden
kooperiert. An vorderster Stelle sind hier zu nennen die
Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Unna, die Industrie- und
Handelskammer zu Dortmund, die Handwerkskammer, die Agentur für Arbeit sowie
Banken und Sparkassen. Bei allem Bemühen, diesen Strukturwandel erfolgreich zu
gestalten, muss gleichwohl deutlich gemacht werden, dass die Möglichkeiten der
Einflussnahme der lokalen Akteure der Wirtschaftsförderung in Zeiten
globalisierter Entscheidungsprozesse sehr eingeschränkt sind.
Als ein sinnfälliges
Beispiel hierfür sei an dieser Stelle die Unternehmenspolitik der ehemaligen
Schering AG genannt. So hat sich die Beschäftigtenzahl des Unternehmens am
Produktionsstandort Bergkamen trotz hervorragender betriebswirtschaftlicher
Ergebnisse in den letzten Jahren um mehrere hundert Mitarbeiter reduziert.
Als weiteres
Beispiel mag die Standortentscheidung der Metro AG dienen. Nach dem Verkauf
aller Wal-Mart-Aktivitäten in Deutschland an die Metro AG, wird der Standort in
den Turm-Arkaden nicht von der Real-Tochter übernommen, mit dem Ergebnis, dass
wiederum über 80 Arbeitsplätze akut gefährdet sind.
Der vorliegende
Sachstandsbericht soll verdeutlichen, mit welchen Instrumenten und Maßnahmen
der Strukturwandel gefördert werden kann. Gleichzeitig soll aber auch auf die
Restriktionen hingewiesen werden, die diesem Wandlungsprozess in Bergkamen
entgegenstehen.
Aufgaben der
Wirtschaftsförderung
Bestandspflege
Die Aktivitäten
im Rahmen der Bestandspflege gehören zu den wichtigsten Aufgaben der kommunalen
Wirtschaftsförderung. So sind im Jahr 2006 ca. 35 Kontakte zu ortsansässigen
Unternehmen zu verzeichnen gewesen. Das Themenspektrum umfasste hierbei Fragen
zu Betriebsverlagerungen, Betriebserweiterungen, Fördermittelberatungen,
Nachfolgenutzungen für frei werdende Immobilien u.ä.. Zur Klärung solcher
Sachverhalte sind i.d.R. zahlreiche Gesprächstermine mit den
unterschiedlichsten Fachämtern und Behörden zu koordinieren. Konkret konnte zum
Zwecke der Betriebserweiterung eine größere Fläche an den Reisedienst Warias
veräußert werden.
Die im letzten
Jahr vermehrt durchgeführten Informationsveranstaltungen sind ebenfalls ein
wichtiges Instrument der Bestandspflege. So sind allein im 2. Halbjahr 2006
drei größere Informationsveranstaltungen organisiert und durchgeführt worden.
Diese Veranstaltungen dienen nicht zuletzt auch dazu, den ortsansässigen
Unternehmen deutlich zu machen, welche Dienstleistungen sie von der kommunalen
Wirtschaftsförderung erwarten können und welche Personen ihnen hierfür als
Ansprechpartner zu Verfügung stehen.
Mit dem
Unternehmerstammtisch, der am 23.August 2006 zum zweitenmal durchgeführt wurde,
möchte die Stadt ein Diskussionsforum schaffen, dass sich neben dem seit Jahren
erfolgreich durchgeführten IHK-Wirtschaftsgesprächen, etablieren soll. Hier
werden spezifisch Bergkamener Themen und Problemlagen in lockerer Atmosphäre
vorgetragen und diskutiert. Schwerpunkte des letzten Stammtisches waren der
Aufbau eines Wissenschaftsnetzwerkes sowie ein Sachstandsbericht zum Thema
Stadtmarketing.
Darüber hinaus
hat die Wirtschaftsförderung im Oktober letzten Jahres eine
Informationsveranstaltung zum Thema "verkaufsoffene Sonntage 2007"
durchgeführt. Im Ergebnis konnte so sichergestellt werden, dass die
Terminwünsche der Bergkamener Einzelhändler zu den verkaufsoffenen Sonntagen im
Beschluss des Rates der Stadt Bergkamen weitgehend berücksichtigt werden
konnten.
In einer
weiteren gewerbegebietsbezogenen Informationsveranstaltung, die ebenfalls im
Oktober letzten Jahres durchgeführt wurde, sind die Themen
Gewerbegebietsbeschilderung und Telekommunikationsinfrastruktur in
Bergkamen-Rünthe aufgegriffen worden. Für beide Problembereiche zeichnen sich
Lösungen ab. Im Fall der Gewerbegebietsbeschilderung im Gewerbepark Rünthe soll
noch im 1. Halbjahr 2007 das seinerzeit vorgestellte Konzept den Unternehmen
zur Umsetzung angeboten werden.
Hinsichtlich
der z.T. unzureichenden Telekommunikationsinfrastruktur sind im Februar
zwischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft, den Gemeinschaftsstadtwerken, der
HeliNet und der Stadt Gespräche geführt worden, mit der Zielsetzung, die
breitbandige Erschließung der Gewerbe- und Industriegebiete in Bergkamen-Rünthe
unter wirtschaftlich vertretbaren Kosten nachhaltig zu verbessern. Zwischen den
Gesprächsteilnehmern wurde vereinbart, in den nächsten Monaten mit konkreten
Lösungsangeboten auf die betroffenen Unternehmen zuzugehen.
Neuansiedlungen
Das Thema
Neuansiedlungen gestaltet sich in den letzten Jahren nicht nur in Bergkamen äußerst
schwierig. Diese Entwicklung kann auch durch die
Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Unna bestätigt werden. Im
gesamten Zuständigkeitsbereich der WFG des Kreises Unna konnten im Jahr 2006
sechs Ansiedlungsverträge erfolgreich abgeschlossen werden. Das bedeutet, dass
ca. 5% aller Ansiedlungsanfragen zum Abschluss entsprechender Verträge führen.
In Bergkamen waren in 2006 ca. 25 Anfragen von auswärtigen Unternehmen zu
verzeichnen. Hierbei handelte es sich i.d.R. um kleinere Unternehmen aus der
Region. Konkrete Ansiedlungsverträge haben sich hieraus bislang noch nicht
ergeben.
In diesem
Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Angebot an Gewerbe- und
Industrieflächen in Bergkamen den Erfordernissen für einen raschen und
nachhaltigen Strukturwandel gegenwärtig nicht im erforderlichen Umfang gerecht
werden kann. So ist festzustellen, dass die in den letzten 10 bis 15 Jahren
aufgegebenen Bergbauflächen in ihrer Nachfolgenutzung sehr unterschiedlich
verwertet werden. So sollen die Flächen auf der ehemaligen Schachtanlage
Grimberg 3/4 überwiegend einer Wohnbebauung zugeführt werden. Große Teile der
rund 54 ha großen Haus Aden-Fläche werden für Wohn- und Freizeitnutzungen in
Anspruch genommen. Nur ein kleinerer Teil in Größe von ca. 5 ha ist für gewerbliche
Nutzungen vorgesehen.
Anders stellt
sich die Situation am Standort der ehemaligen Schachtanlage Grimberg 1/2 dar.
Hier ist es gelungen auf dem ca. 23,4 ha großen Gelände, zeitnah zahlreiche
Betriebe anzusiedeln. Insgesamt konnten auf einer Fläche von ca. 22,4 ha bis
zum gegenwärtigen Zeitpunkt 12 Betriebe mit insgesamt 250 Arbeitsplätzen
angesiedelt werden. Hierunter befinden sich Unternehmen wie SIMS I M + R, das
im Bereich des zukunftsträchtigen Metall- und Elektrorecyclings tätig ist. Aber
auch die K & W Consulting und Vertriebs GmbH, die für die chemische
Industrie, für die Kraftwerkstechnik aber auch für die Automobilindustrie im
Bereich des Korrosionsschutzes tätig ist, gibt Anlass zu der Hoffnung, dass an
diesem Standort noch weitere Arbeitsplätze neu geschaffen werden können.
Bergkamen
verfügt zum gegenwärtigen Zeitpunkt über keine größeren zusammenhängenden
Gewerbeflächen. Die größte zusammenhängende Gewerbefläche liegt mit ca.
20.000qm im Gewerbepark Rünthe. Bei den Industriegebietsflächen ist
festzustellen, dass die Stadt Bergkamen heute überhaupt keine eigenen Flächen
anbieten kann. Die Bemühungen zur Beseitigung dieses Angebotsdefizites
gestalten sich, wie das Beispiel Gewerbepark B 61 zeigt, äußerst schwierig.
Gleichwohl wird mit dem kurzfristig zu schaffenden Planungsrecht für den
vorgenannten Standort ein Engpassfaktor auf der Angebotsseite beseitigt. Die in
den vergangenen Jahren zusammen von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft und
der Stadt initiierten Aktivitäten hinsichtlich der Vermarktung der BioChemArea
(sog. Scheringflächen) sind, nicht zuletzt wegen der Veräußerung der Schering
AG an die Bayer Schering Pharma AG, zunächst verschoben worden und können nach
Abschluss des Konsolidierungsprozesses des neuen Unternehmens wieder
aufgenommen werden.
Die Flächen,
die sich gegenwärtig im Eigentum der öffentlichen Hand (Stadt, Kreis, WFG)
befinden, und für die verbindliches Planungsrecht besteht, eignen sich gerade
nicht für solche Betriebe, die für eine nachhaltige Belebung der
Beschäftigungssituation sorgen könnten (vgl. Gewerbegebietsübersicht in Anlage
1). So sind in der Vergangenheit verschiedentlich Gespräche mit Produktions-
und Logistikunternehmen geführt worden, die Aufgrund fehlender Flächengrößen
oder wegen des nicht vorhandenen Planungsrechtes (GE-statt GI-Flächen) nicht
erfolgreich abgeschlossen werden konnten. Auch die Eigentumsverhältnisse
zeigen, dass sich ca. zwei Drittel der Gewerbe- und Industriegebietsflächen in
privatem Eigentum befinden. Die Vermarktung solcher Flächen ist insbesondere
wegen der i.d.R. höheren Grundstückspreise relativ schwierig.
Bei allen
Schwierigkeiten darf an dieser Stelle nicht vergessen werden, auf einen
ausgesprochen gelungenen Beitrag zum Strukturwandel hinzuweisen. Mit dem
Westfälischen Sportbootzentrum ist es der Stadt in Kooperation mit der
Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Unna gelungen, eine ehemalige
Industriebrache in nur wenigen Jahren einer gänzlich veränderten Nutzung
zuzuführen. Hier sind auf einer vergleichsweise kleinen Fläche von knapp 11ha
durch die Ansiedlung von 28 Firmen der unterschiedlichsten Größenordnung über
350 neue Arbeitsplätze entstanden. Mit knapp 32 Arbeitsplätzen/ha erreicht
damit das Westfälische Sportbootzentrum - Marina Rünthe auch unter dem Aspekt
der Schaffung von Arbeitsplätzen einen Spitzenplatz. Der Branchenmix reicht
dabei von hafentypischen Betrieben, wie Bootsfahrschulen und
Bootsvercharterern, über Produktionsfirmen und Softwareentwickler bis hin zu
Weiterbildungs- und Qualifizierungseirichtungen sowie gastronomischen
Betrieben.
Nicht zu
Unrecht wird das Westfälische Sportbootzentrum häufig auch als sog.
Best-Practice-Beispiel angeführt, wenn von nachhaltigem Strukturwandel in der
Region gesprochen wird. Hier ist es gelungen durch öffentliche
Infrastrukturfördermittel i.H.v. ca. 8,8 Mio Euro private, betriebliche
Investitionen i.H.v. ca. 20 Mio Euro zu generieren. Mit der Fertigstellung des
Hafen- und Wohnmobilplatzes im Sommer des Jahres und der Veräußerung des
letzten Gewerbegrundstückes vor einigen Wochen, wird das Projekt Westfälisches
Sportbootzentrum in diesem Jahr abgeschlossen sein.
Bei den
Vermarktungsaktivitäten hinsichtlich der Gewerbe- und Industriegebietsflächen
bedient sich die kommunale Wirtschaftsförderung neben Broschüren, Flyern u.ä.
auch dem Medium Internet. So werden die Flächen nicht nur auf der Homepage der
Stadt Bergkamen angeboten sondern, und dies gilt insbesondere für die größeren
Flächen, auch auf Internetplattformen der Wirtschaftsförderung des Landes Nordrhein
Westfalen (German-Site) des Regionalverbandes Ruhrgebiet (Ruhr-Site) und der
Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Unna.
Berufliche
Beratung für Mädchen und Frauen
Die
außerordentlich hohe Frauenarbeitslosenquote in Bergkamen (23,4% Stand Juni
2006) bedingt verstärkte Aktivitäten der Wirtschaftsförderung auf diesem
Sektor.
Die Frau &
Beruf - Beraterin führte in Kooperation mit der Volkshochschule und der Agentur
für Arbeit im Jahr 2006 zwei Informationsveranstaltungen für Berufsrückkehrerinnen
und insgesamt 17 Einzelberatungen, schwerpunktmäßig in den Themengebieten
Existenzgründung und Wiedereinstieg, durch. Aus den Einzelberatungen ergaben
sich 5 Existenzgründungen durch Frauen in 2006.
Im Rahmen der
Veranstaltung zum Internationalen Frauentag am 11.03.2006 präsentierte sich die
Beratungseinrichtung mit den Themen "Existenzgründung und
Berufswahlorientierung / Girls`Day". Als aktives Mitglied des Bergkamener
Mädchen- und Frauennetzwerkes wirkte sie beim Markt der Möglichkeiten für Frauen
am 11.05.2006 sowie am Mädchen-Aktionstag am 31.08.2006 mit und stellte in
diesem Zusammenhang die Beratungsdienstleistungen der Einrichtung vor. Zudem
koordiniert sie regelmäßig die Aktivitäten in Bergkamen anlässlich des jährlich
stattfindenden Girls`Day, dessen Ziel es ist, Mädchen verstärkt für technisch
orientierte Berufe zu gewinnen.
Ziel dieses
geschlechtsspezifischen Beratungsangebotes ist die Verbesserung der
Arbeitsmarktchancen für Frauen und Mädchen vor Ort.
Bestandteile dieser Vorlage
sind:
1. Das Deckblatt
2. Die Sachdarstellung und der Beschlussvorschlag
3. 1 Anlage
Der Bürgermeister Schäfer |
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Amtsleiter Turk |
Sachbearbeiter Kärger |
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