Betreff
Aufstellen eines neuen Flächennutzungsplanes für das Stadtgebiet Bergkamen
Vorlage
9/0849
Aktenzeichen
bo-
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Rat der Stadt Bergkamen beschließt die Einleitung der Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes der Stadt Bergkamen für das gesamte Stadtgebiet von Bergkamen.

 

Der Rat der Stadt Bergkamen billigt den von der Verwaltung vorgeschlagenen Weg des Teilnahmeprozesses. Er beauftragt die Verwaltung, das Städtebauliche Leitbild und die Integrierten Stadtteilkonzepte zu erarbeiten. Zur Begleitung des Prozesses soll ein interfraktioneller Arbeitskreis gebildet werden, in dem alle Fraktionen vertreten sein sollen.

 

Sachdarstellung:

1.      Bisherige Flächennutzungsplanung

Der derzeit gültige Flächennutzungsplan (FNP) der Stadt Bergkamen stammt aus dem Jahre 1986. Das Verfahren wurde 1978 eingeleitet. Er bildete das Fundament für die zweite Phase der Stadtentwicklung nach der Stadtgründung 1966. Die Aufstellung war auch deswegen notwendig geworden, weil bisher nur eine Zusammenzeichnung der “alten Gemeindepläne” der einzelnen Gemeinden bestand.

Zum Zeitpunkt der Planaufstellung hatte die Stadt eine Einwohnerzahl von ca. 51.000 und man erwartete für das Jahr 1995 rund 54.000 Einwohner. Aufgrund dieses prognostizierten Einwohnerzuwachses wurden seinerzeit 184 ha zusätzliche Wohnbauflächen dargestellt. Obwohl Bergkamen 1995 mit einer Einwohnerzahl von 53.000 nur knapp unterhalb der prognostizierten Einwohnerzahlentwicklung blieb, sind die seinerzeit im Plan dargestellten Wohnbauflächen bis heute noch nicht vollständig ausgeschöpft. Ursachen hierfür sind die gestiegenen Grundstückspreise, die zu einer deutlichen Verringerung des Wohnflächenzuwachs pro Person geführt haben, die Konzentration der Neubauflächenentwicklung auf Bereiche innerhalb der Ortslage sowie eine veränderte demografische Entwicklung.

Die Schwerpunkte der Stadtplanung waren abgeleitet von der gesamtstädtischen Planung. Teilräumliche Betrachtungen, Entwicklungsachsen, Siedlungsschwerpunkte, Verkehr, Stadtsanierung, Stadtgestaltung und Freiraumschutz gewannen auch an Bedeutung im Zielsystem der Flächennutzungsplanung. Bis heute sind 24 Änderungen, ausgelöst durch konkrete Planungen, durchgeführt worden. Ca. 100 Darstellungsänderungen (z. B. auch von Fachplanungen abgeleitet) stehen jetzt an.

2.      Anlass der Neuaufstellung

Der FNP von 1986 ist wegen der tatsächlichen Entwicklungen und der rechtlichen Änderungen der inzwischen vergangenen 20 Jahre überholt. Die Laufzeit eines F-Planes sollte gem. Novelle BauGB 2004 15 Jahre nicht überschreiten. Die “kleineren” Änderungen bis heute sollten nur kurzfristig die planungsrechtlichen Voraussetzungen für neue, dringend benötigte Baugebiete und Projekte schaffen. Für die von 1986 bis heute wirksam gewordenen 11 FNP-Änderungen gilt dies im zunehmenden Maße. Zwar sind die auf dieser Grundlage aufgestellten Bebauungspläne aus dem FNP entwickelt; die in den letzten Jahren durchgeführten Änderungen beruhen jedoch auf einem veralteten Planwerk.

Der FNP 1986 enthielt im Jahr 2006 noch ca. 94 ha dargestellte Bauflächen, die aus verschiedenen Gründen nicht realisiert worden waren. Ein erheblicher Teil dieser Flächen ist nach heutigen fachlichen und rechtlichen Maßstäben nicht mehr für die künftige Siedlungsentwicklung von Bergkamen geeignet. Zudem sind die Darstellungen des Bestandes im FNP 1986 aufgrund der tatsächlichen Entwicklung vielfach veraltet und müssen aktualisiert werden. Teilweise sind die Bauflächen bereits im GEP Dortmund-Unna-Hamm von August 2004 nicht mehr als Allgemeiner Siedlungsbereich dargestellt.

Durch die seit 1986 stark entwickelte und immer mehr durch europarechtliche Vorgaben geprägte Umweltgesetzgebung sowie durch die Novellierungen des Baugesetzbuchs von 1998, 2004 und 2007 haben sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die vorbereitende Bauleitplanung erheblich verändert. Für die Planung der künftigen am Grundsatz der Nachhaltigkeit orientierten Siedlungsentwicklung sind daher zunächst realistische Prognosen zur Ermittlung des Bedarfs an Wohn- und gewerblichen Bauflächen sowie eine umfassende ökologische Bestandsaufnahme im Rahmen des
Umweltberichtes erforderlich. Dabei kann auf vorhandene Untersuchungen auch im Rahmen von Fachplanungen wie z.B. Rahmenbetriebspläne des Bergbaus, Landschaftsplanung und das Freiflächengutachten Rand und Band zurückgegriffen werden.

Dabei sind die demografische Entwicklung und die Veränderungen unserer Wirtschaft durch die Globalisierung sowie die Berücksichtigung der unterschiedlichen Bedürfnisse von Menschen jeden Alters und Geschlechts in allen Lebensrealitäten auch
unter dem Aspekt von Gender-Mainstreaming ebenso zu berücksichtigen wie die inzwischen gewonnenen Erkenntnisse über die Notwendigkeit einer ressourcen- und umweltschonenden Siedlungsentwicklung. Es darf nicht übersehen werden, dass auch bei rückgäniger Bevölkerungsentwicklung weiterhin ein erheblicher Bedarf an Flächen für den Wohnungsbau besteht.

Die Globalisierung und der im Kreis Unna schon sehr weit fortgeschrittene Wandel von einer Produktionsgesellschaft zu einer Dienstleistungsgesellschaft führen nicht dazu, dass auf neue gewerbliche Bauflächen für die Bereiche Produktion, Handwerk und Distribution ganz verzichtet werden kann. In Zukunft besteht vor allem für die Verlagerung expandierender Betriebe sowie für die Neuansiedlung von Betrieben aus den Bereichen Logistik und Chemie zumindest weiterhin Bedarf an geeigneten Gewerbeflächen.

In den letzten Jahren haben sich viele Voraussetzungen der Stadtentwicklung geändert. So wird in Bergkamen keine Kohle mehr gefördert. Für die großen Flächen im Stadtgebiet, die früher von dieser Wirtschaftsbranche in Anspruch genommen worden sind, mussten neue Nutzungskonzepte gefunden werden, die wichtige Beiträge für die zukünftige wirtschaftliche Basis der Stadt leisten sollten. Gerade die Aufgabe der Standorte der heimischen Steinkohle erfordern es, den Prozess des Strukturwandels durch die Flächennutzungsplanung zu begleiten.

Der FNP 1986 ist durch einen an absehbaren ökonomischen und gesellschaftlichen Entwicklungen orientierten neuen FNP zu ersetzen, der in ausreichendem Umfang tatsächlich realisierbare Bauflächen darstellt. Die Stadt reagiert mit der Neuaufstellung eines FNP somit auf die Änderungen von Rahmenbedingungen. Hierzu gehören z. B.:

  • Neue Anforderungen in den Bereichen Wohnen, Wirtschaft, Verkehr an die Flächennutzung
  • Veränderte demografische Rahmenbedingungen (Bevölkerungsrückgang, Überalterung)
  • Verändertes Freizeitverhalten
  • Höhere Sensibilität der Bevölkerung bei ihren ökologischen Ansprüchen
  • Neuaufstellung des Gebietsentwicklungsplanes
  • Aufgabe des Bergbaus

Ein neuer FNP stellt die entsprechenden Nutzungsverteilungen neu dar und sichert dadurch die zukünftige Stadtentwicklung.


 

 

3.      Aufgaben, Funktionen und Wirkungen des FNP

 

Im FNP ist für das ganze Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen (§ 5 Abs. 1 BauGB). Er soll eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung gewährleisten. Der FNP soll so dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln, auch in Verantwortung für den Klimaschutz, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln (§ 1 Abs. 5 BauGB). Der FNP hat die Aufgabe, als integrierte Gesamtplanung die unterschiedlichen Flächenansprüche auf der Grundlage der verschiedenen fachlichen Belange zusammenzuführen.

Aus dem FNP sind nach § 8 Abs. 2 BauGB die Bebauungspläne zu entwickeln. Er hat damit die Funktion eines Zielrahmens, der sich an der von der Gemeinde beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung und an den voraussehbaren Bedürfnissen der Bevölkerung orientiert. Der FNP führt die übergeordneten Fachplanungen anderer Planungsträger sowie die kommunalen Planungen und Ziele im Gemeindegebiet zusammen. Insofern besitzt der FNP auch eine Koordinationsfunktion. Ferner konkretisiert der FNP in bestimmten Fällen übergeordnete Planungen auf einem genauen Standort in der Gemeinde und erfüllt damit eine Allokationsfunktion. Bei bereits parzellenscharfen Fachplanungen kommt ihm eine wichtige Informationsfunktion zu. Für die Fachplanungsträger kann der FNP eine Bindungswirkung entfalten. Nach § 7 BauGB haben die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange ihre Planungen dem FNP anzupassen, soweit sie diesem Plan bei der Behördenbeteiligung nicht widersprochen haben. Im Gegensatz zum Bebauungsplan entfaltet der FNP vorwiegend behördeninterne Rechtsbindungen. Er begründet keine Ansprüche auf die Aufstellung eines Bebauungsplans und die Nutzung der Grundstücke entsprechend den Darstellungen des FNP.

Die Gemeinde bindet der FNP vor allem in den folgenden Punkten:

-          durch das Entwicklungsgebot bei der Aufstellung von Bebauungsplänen (§ 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB)

-          beim Erlass von Entwicklungssatzungen (§ 34 Abs. 4 Nr. 2 BauGB) und von Ergänzungssatzungen (§ 34 Abs. 4 Nr. 3 BauGB)

-          beim allgemeinen Vorkaufsrecht (§ 24 Abs. 1 Nr. 5 BauGB)

4.      Organisation des Teilnahmeprozesses/Beteiligung der Öffentlichkeit und des Stadtrates

Die Stadt Bergkamen wird im Prozess zur Neuaufstellung des Flächennutzungsplans (FNP) einen neuen Weg gehen. Parallel zum FNP-Verfahren werden ein städtebauliches Leitbild und teilräumliche integrierte Stadtteilentwicklungskonzepte und Masterpläne als sektorale Entwicklungspläne für einzelne Themen erarbeitet. Der formale Prozess des neuen Flächennutzungsplans wird damit inhaltlich begleitet und die Mitwirkung der Bürger und Fachleute erhält eine neue Qualität.


Durch die Stadteilkonzepte, die sich auf die Siedlungsschwerpunkte

 

-          SSP I Bergkamen/Weddinghofen/Overberge,

-          SSP II Oberaden,

-          SSP III Rünthe

konzentrieren sollen, wird eine Zusammenschau der Entwicklung, ihrer Ziele und Perspektiven auf der Ebene der Stadtteile erarbeitet. Die Fokussierung auf die Stadtteilebene bietet die Chance, auf die Eigenständigkeit der Stadtteile in angemessener Weise einzugehen.

In Stadtteilforen soll über die Stadtteilentwicklungskonzepte ein ausgiebiger Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern, den politischen Vertretungen und der Fachöffentlichkeit geführt werden. Den Auftakt bildet jeweils die Vorstellung der Planung durch den Technischen Dezernenten in dem Stadtteil. Weitere öffentliche Veranstaltungen im Stadtbezirk und das Angebot der Nachbereitung in einem Planladen in der Stadtmitte mit reger Beteiligung der Bürgerschaft folgen. Die Statteilentwicklungskonzepte sollen den Ausgleich der Stadtteile untereinander, die Funktionsteilung der Stadtteile unter Berücksichtigung der Masterpläne Wohnen, Wirtschaftsflächen, Einzelhandel, Mobilität und dem Umweltbericht bieten.

Die Stadtteilentwicklungskonzepte enthalten neben einer teilräumlichen Strukturanalyse die ermittelten Entwicklungspotenziale und die Beschreibung der Entwicklungsvorhaben im Stadtbezirk. Die Integrierten Stadtteilkonzepte dienen neben dem Projekt Städtebauliches Leitbild und dem Stadtmarketingkonzept dazu, die lokale Identität zu stärken, Bürgerengagement zu fördern und Interessen zu mobilisieren.

 

Begleitet und gesteuert werden soll dieser Teilnahmeprozess durch eine interfraktionelle Arbeitsgruppe des Stadtrates zum FNP und durch eine verwaltungsinterne Arbeitsgruppe, die die Erarbeitung der Inhalte des Städtebaulichen Leitbildes und der Integrierten Stadtteilkonzepte fachlich begleiten soll.

 

 

 

 

 

Bestandteile dieser Vorlage sind:

1. Das Deckblatt

2. Die Sachdarstellung und der Beschlussvorschlag

 

Der Bürgermeister

In Vertretung

 

 

 

Dr.-Ing. Peters

Techn. Beigeordneter

 

 

 Stellv. Amtsleiter

 

 

 

 

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