Beschluss: Kenntnisnahme

 

 

 


 

Prokuristin und Sachbereichsleiterin im Bereich Recht Frau Viola Wallbaum von der Kommunalagentur NRW GmbH erläutert anhand einer Power-Point-Präsentation die Prüfung einer gebührenfreien Sperrmüllabfuhr für alle Haushalte im Stadtgebiet. Dabei geht Frau Wallbaum zunächst auf den aktuellen Stand ein und präsentiert folgend drei Szenarien. Die Power-Point-Präsentation steht im Ratsinformationssystem für Mandatsträger zur Verfügung.

 

Das Gutachten und die Empfehlung Kommunalagentur NRW lautet die Sperrmüll-Gebühr zu halbieren und zunächst keine kostenlose Abfuhr einzuführen.

 

Derzeit müssen die Bürger der Stadt Bergkamen mindestens 20 Euro für den Sperrmüll entrichten. Die CDU-Fraktion fordert eine kostenlose Sperrmüllabfuhr in Bergkamen mit der erhofften Folge von weniger wilde Abfallstellen. Wirklich kostenfrei wäre die Sperrmüllabfuhr nicht da die Kosten, die dem Entsorgungsbetrieb Bergkamen (EBB) durch die kostenfreie Abfuhr entstehen, durch die Restmüllgebühr finanziert werden, die jeder Bergkamener Haushalt bezahlt. Das Gutachten prognostiziert, dass wenn jeder Bergkamener einmal pro Jahr seinen Sperrmüll zur Abfuhr bereitstellt oder zum Wertstoffhoff bringt, ohne eine Extragebühr zahlen zu müssen, stiegen die Müllmengen vermutlich. Die Problematik besteht besteht laut Frau Wallbusch darin, dass sich kaum prognostizieren lässt wie stark. Zunächst hatte Frau Wallbaum zwei Szenarien als unrealistisch verworfen. Bei der ersten Variante entfällt die Sperrmüllgebühr bei gleichbleibender Spermüllmenge. Dann stiege die Restmüllgebühr je Tonnenliter pro Jahr von 4,64 € auf 4,82 € (+3,88%). Bei der zweiten Variante entfällt ebenfalls die Gebühr und die Sperrmüllmenge verdoppelt sich. Dadurch steigt der Liter-Preis von 4,64 € auf 5,17 € (+11,42%).

 

Deshalb empfiehlt die Beraterin mit der dritten Variante, die Sperrmüllgebühr zunächst von derzeit 20 Euro pro drei Kubikmeter auf 10 Euro zu halbieren. Sie kalkuliert in der dieser Variante, dass bei einer Halbierung der Sperrmüllgebühren die Kosten um etwa fünfzig Prozent steigen. Das würde dazu führen, dass die Restmüllgebühr je Tonnenliter pro Jahr von 4,64 € auf 4,93 € steigt (+6,25%).

 

Die Gebühren am Wertstoffhof sollen ebenfalls um die Hälfte sinken. Dann könnte der EBB Erfahrungen damit sammeln, wie sich die Sperrmülltonnage entwickelt und hätte Zeit, z. B. einen kompletten Wegfall der Gebühr zu prüfen.

SPD-Ausschussmitglied Christoph Turk bedankt sich für den Vortrag und fragt, ob es Erhebungen oder Informationen gibt, dass sich mit dem Angebot von kostenlosen Sperrmüllabfuhren das Stadtbild verbessert hat oder die Mengen an wildem Müll spürbar reduziert haben. Frau Wallbaum sind keine Studien oder Erhebungen bekannt. Es ist aber bekannt, dass in Städten (wie Düsseldorf) und Gemeinden, wo die Sperrmüllabfuhr kostenlos ist, die wilden Müllablagerungen sich nicht spürbar reduziert haben bzw. verschwinden. Des Weiteren gibt Frau Wallbaum den Hinweis, dass diese wilden Müllkippen hauptsächlich nicht aus Sperrmüll bestehen.

 

Ausschussmitglied Hindemitt bedankt sich ebenfalls für die Präsentation und fragt nach Erfahrungswerten in anderen Kommunen und Städten, ob es wirklich, wie in der zweiten Variante beschreiben, zu so hohen Sperrmüllmengen gekommen ist und Herr Hindemitt erkundigt sich, ob ein Anmeldeystem den Mülltourismus reduziert, wie in der ersten Variante beschrieben. Frau Wallbaum antwortet, dass in den letzten zehn Jahren keine Stadt oder Kommune den Sperrmüll von gebührenpflichtig auf kostenfrei umgestellt hat. Daher gibt es hier keine empirischen Zahlen. Die Varianten eins und zwei sollen die Rahmen bzw. das Maximum und Minimum aufzeigen, sodass die Wahrheit vermutlich in der Mitte (Variante 3) liegt. In allen drei Varianten soll es ein Anmeldesystem geben, um den Mülltourismus und Sperrmüll-Beraubung zu reduzieren.

 

Ausschussmitglied Engelhardt führt an, dass bei einer Senkung der Gebühren die Sperrmüllmengen steigen werden. Daraus folgernd ist es anscheinend ein soziales Problem viel Geld für den Sperrmüll ausgeben zu können. Herr Engelhardt führt weiter aus, dass diese Varianten im Endeffekt dazu führen, dass die sozialschwachen Bürger der Stadt Bergkamen (mit wenigen Gütern) den Sperrmüll der besserverdienen Einwohner mitfinanzieren müssen. Frau Wallbaum versteht den Gedanken des sozialen Aspektes. Bei einer kostenlosen Sperrmüllgebühr und einer reinen Finanzierung über den Restmüll werden dann alle Gebührenzahler dieses Prinzip tragen müssen. Die These, dass sozialschwache Menschen nur ganz wenig Sperrmüll im Jahr anhäufen sei dagegen zu hinterfragen, denn gerade bei Menschen in prekären Situationen kann es zu schnellen Umorientierungen und Ortswechseln und damit zu höheren Sperrmüllmengen kommen.

 

Des Weiteren erfragt Herr Engelhardt die Erkenntnisse über wieviel Prozent oder die Anzahl der Bevölkerung die Sperrmüllabholung bzw. Sperrmüllablieferung in Anspruch nehmen. Frau Wallbaum antwortet, dass es über das Anmeldesystem Zahlen und Daten gibt und somit wie viele Berechtigungsmarken im Umlauf sind. Des Weiteren sind die Sperrmüllmengen aus den Gebührenkalkulationen bzw. Betriebsabrechnungen bekannt und auch die Sperrmüllfälle können mit über 1.000 Fällen pro Jahr beziffert werden. Daraus resultierend kann Frau Wallbaum schon analysieren, dass nicht jeder Haushalt in Bergkamen jährlich einen Sperrmüllauftrag hat.

 

Ausschussmitglied Frau Lohmann-Begander zeigt auf, dass aus ihrer eigenen Erfahrung der Mülltourismus eigentlich von der näheren Umgebung ausgeht und gibt dann zu bedenken, dass es für Einwohner von Nachbarstädten einen hohen Aufwand erfordert den Sperrmüll erst in die Fahrzeuge einzuladen und dann später zu entladen. Der stellvertretende Betriebsleiter des EBB Herr Polplatz verweist dabei auf die Stadt Selm. Dort wurde als letzte Kommune im Kreis Unna von einer kostenfreien auf eine kostenpflichtige Sperrmüllentsorgung umgestellt. Es zeigte sich, dass nachweislich Sperrmüllmengen aus (kostenpflichtigen) Nachbar-kommunen dort entsorgt wurden.

 

Frau Lohmann-Begander fügt hinzu, dass gerade bei einer kostenlosen Sperrmüllabfuhr die Privatleute genauer in den Häusern nachschauen, was entsorgt werden kann und sich dadurch die Sperrmüllmengen erhöhen werden.

 

Auch Ausschussmitglied Silvana Weber von der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen bedankt sich für den Vortrag von Frau Wallbaum und erfragt, ob es Erkenntnisse gibt hinsichtlich eines kostenlosen Grünschnitts. Frau Wallbaum antwortet, dass es auch dafür verschiedene Auswertungsszenarien errechnet werden könnten, wenn dieser evtl. kostenfrei wäre. Hierbei ist aber auch auf die Rechtslage zu achten, da der Grünschnitt unter Biomüll fällt und hier vom Anschluss- und Benutzungszwang Ausnahmen möglich sind (z. B. Eigenkompostierung).

 

Ausschussmitglied Engelhardt kritisiert das Gutachten als zu monetär ausgerichtet. Es wäre eine sehr gute Möglichkeit gewesen in den Varianten Anreize für die Müllvermeidung zu berücksichtigen. Die Mitmenschen stellen nicht nur Sperrmüll dazu, sondern nehmen auch von den Sperrmüllanhäufungen was weg. Frau Wallbaum entgegnet, dass ihr keine Gemeinde oder Stadt in NRW bekannt ist, wo Sperrmüll an die Straße gestellt werden darf. Es wird ja als Grundrahmen des Gutachtens davon ausgegangen, dass es keine wilden Müllkippen mehr geben soll.

 

CDU-Ratsmitglied Heinzel erfragt den weiteren Umgang der Verwaltung mit diesen Informationen und gibt noch einmal zu bedenken, dass eine kostenfreie Sperrmüllabfuhr im Jahr kein großer Kostenaspekt in der Gebührenabrechnung ist. Herr Heinzel gibt außerdem zu Bedenken, dass jegliche Art von Müll kostet. Der stellvertretende Betriebsleiter des EBB Herr Polplatz gibt zu bedenken, dass die Dieselkosten gestiegen sind und die Energiekosten bzw. auch die Kosten des Kreises Unna (Verbrennung, Deponierung, Biomüll für entsprechende Kompostierung) ansteigen werden. Diese und noch andere Faktoren müssen dann auch in die Gebührenkalkulation eingebracht werden. Herr Polplatz sieht mit der dritten Variante eine gute Kompromisslösung, welche sich aus dem Gutachten ergibt. Es wird für die Ratssitzung nach der Sommerpause eine entsprechende Vorlage gefertigt, wo die Verwaltung einen Beschluss vorschlägt. Dann kann mit der Entscheidung die Gebührenkalkulation angepasst werden, welche dann im Dezember im Rat entschieden wird. Dabei werden die Zahlen aus dem Gutachten einfließen.

 

Ausschussmitglied Ulrich Wohlgemuth von der Fraktion DIE LINKE schlägt vor, jedem Bürger einmal im Jahr die Möglichkeit zu geben den angelieferten Sperrmüll am Wertstoffhof kostenlos zu entsorgen und das es einheitliche Preislisten am Wertstoffhoff (z.B. für Grünschnitt) geben sollte. Frau Wallbaum weist gerade bei dem ersten Vorschlag auf den sozialen Aspekt hin. Viele Einwohner der Stadt Bergkamen könnten da nicht motorisiert ihren Sperrmüll zum Wertstoffhof somit nicht bringen.