Beschluss: Kenntnisnahme

 

 


Die Leiterin der gemeinsamen Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern der Städte Bergkamen und Kamen, Andrea Brinkmann, stellt die Angebote und aktuellen Herausforderungen der Einrichtung vor. Die Beratungsstelle besteht derzeit aus einem zehnköpfigen, multidisziplinären Fachkräfteteam mit unterschiedlichen psychologischen und pädagogischen Qualifikationen und Themenschwerpunkten. Die Schwerpunkte der beratend-therapeutischen Arbeit sind Erziehungsfragen, Familien- und Erziehungsprobleme, Verhaltensauffälligkeiten, Lern- und Leistungsstörungen, psychosomatische Beschwerden, Ängste, sexueller Missbrauch sowie Trennungs- und Scheidungsberatung. 

In 2021 wurden 550 Familien betreut, bei 295 Familien wurde die Beratung in 2021 beendet. Ein Großteil der Familien (168 Fälle) kann nach max. 5 Gesprächen bzw. Terminen aus der Beratung entlassen werden.

 

Die Veränderungen der Arbeit der Erziehungsberatungsstelle während der Pandemie veranschaulicht Andrea Brinkmann anschließend mit Daten aus zwei aktuellen bundesweiten Studien, deren Ergebnisse sich mit den Erfahrungen vor Ort decken. Demnach ist der Unterstützungsbedarf bei Eltern bei den Themen „Umgang mit den schulischen Anforderungen des Kindes“, „Rückkehr des Kindes aus der Isolation“ sowie „Verhaltens- und Beziehungsveränderung“ am höchsten. Insbesondere das Homeschooling habe verdeutlicht, dass ein Großteil dieser Arbeit durch (berufstätige) Mütter erledigt wird, während bei Vätern tendenziell ein Rückzug aus der Sorgearbeit zu erkennen ist. Insgesamt 40% der Fälle in 2021 waren (auch) hierauf zurückzuführende Scheidungsangelegenheiten, in 2016 lag der Anteil noch bei 21 %.

 

In der Beratung werde deutlich, dass Jugendliche in Pandemiezeiten grundlegende Entwicklungsaufgaben (Wer kann ich sein? Wer will ich werden? Welche Rolle werde ich spielen? Wer kann mich lieben?) nicht mehr im erforderlichen Umfang bewältigen können. Verstärkend kommt die Stressbelastung der Eltern hinzu. Um diese Defizite zu überwinden, seien zunächst die konkrete Heilung der Situation und der anschließende Wiederaufbau von Beziehungen, Strukturen und Aktivitäten notwendig, bevor es um das Aufholen schulischer Lernstoffe geht.

 

Auf Nachfrage von Thomas Heinzel erläutert Andrea Brinkmann weiterhin, dass die Wartezeiten der Erziehungsberatungsstelle relativ kurz sind und ein Ersttermin i. d. R. innerhalb von zwei Wochen zu  Stande kommt. Die Erziehungsberatungsstelle arbeitet eng mit niedergelassenen Therapeuten zusammen, so dass hier eine Weitervermittlung möglich ist.

Rund 30% der Familien haben einen Migrationshintergrund, bei Bedarf greifen die Beschäftigten auf den Dolmetscherpool des KI zurück. Ferner ist die Erziehungsberatungsstelle regelmäßig in den Bergkamener Familienzentren zu Gast, um so durch  kontinuierliche Präsenz die Hemmschwelle für die Beratung bei den Familien zu senken.