Beschluss: Kenntnisnahme

 

 


Beigeordnete Busch wirft zu Beginn einen Rückblick auf den letzten GPA-Bericht von 2009/2010. Damals waren die Kosten für die Hilfen zur Erziehung (HzE) stark angestiegen. Dies war im Wesentlichen auf die Kosten für Fremdunterbringung zurückzuführen. Seitdem sind die ambulanten und weniger kostenintensiven Angebote deutlich ausgebaut worden.

 

Ludger Kortendiek stellt die Rahmenbedingungen des aktuellen GPA-Berichts vor. Um die Arbeit der Jugendämter untereinander vergleichen zu können, ordnet die GPA die Jugendämter in verschiedene Jugendamtstypen und Belastungsklassen ein. Bergkamen gilt demnach als Jugendamtstyp 4 (kleines bis mittleres Jugendamt) und ist der Belastungsklasse 1 zugeordnet. Dies ergibt sich aus den Faktoren hohe Jugendarbeitslosigkeit, sehr hohe Kinderarmut sowie einem hohen Anteil alleinerziehender Bedarfsgemeinschaften mit SGB II-Bezug. Diese hohen Belastungsquoten einer Kommune wirken sich negativ auf die Fallzahlen und Kostenentwicklung der Hilfen zur Erziehung aus.

 

Andreas Reiß weist aus Sicht der Wirtschaftlichen Jugendhilfe auf die Unterschiede bei der Erhebung der Fallzahlen hin. So könne die Gesamtzahl der Fälle etwa zu einem bestimmten Stichtag betrachtet werden oder über einen definierten Zeitraum mit allen Zu- und Abgängen.

 

Von 2010 bis 2021 ist eine Steigerung der Gesamt-Fallzahlen von 418 auf 609 zu verzeichnen, wobei die Fallzahlen seit 2016 relativ konstant, aber durchaus abnehmend   zwischen 600 und 639 liegen. Bei den Inobhutnahmen sind in den Jahren 2015-2017 Sondereffekte durch die vermehrte Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Ausländern zur berücksichtigen. Die sog. 8a-Meldungen (Kindeswohlgefährdung) haben sich von 2011 (128) bis 2021 (294) mehr als verdoppelt.

 

Bei den Gesamtausgaben ist eine Entwicklung von rd. 6,5 Mio. € (2011) auf rd. 8,8 Mio. € in 2021 zu verzeichnen, liegen aber innerhalb des veranschlagten Budgets. Die GPA hat für das Jahr 2018 die Aufwendungen der HzE je Einwohner von 0-21 Jahre betrachtet. Hierbei liegt Bergkamen mit einem Wert von 693,00 € im unteren Viertel der vergleichbaren Kommunen. Auch in den Kennzahlen für die verschiedenen Hilfearten bewegen sich die Zahlen des Bergkamener Jugendamtes rund um den von der GPA ermittelten Median.

 

In der Folge erläutern Beigeordnete Busch, Ludger Kortendiek und Andreas Reiß weitere Erkenntnisse und Empfehlungen der GPA-Untersuchung. So ist es gelungen, die Anzahl der ambulanten Hilfsangebote ggü. den stationären Angeboten deutlich zu erhöhen. Im Bereich der Bereitschaftspflege ist zu beobachten, dass für die Aufnahme von herausfordernden Kindern und Jugendlichen vermehrt sog. Profifamilien, z.T. mit Anbindung an Jugendhilfeträger in Anspruch genommen werden. Weiterhin bewertet die GPA folgende Aspekte innerhalb des Bergkamener Jugendamtes als positiv:

 

       Sozialraumorientierung

       Präventive Angebote

       Kommunale Präventionsketten

       Interkommunale Zusammenarbeit für die Bereitschaftspflege, Adoptionsvermittlung und Erziehungsberatung

       Abstimmung mit freien Trägern

       Umbau der Strukturen im Jugendamt wird angegangen

 

Insgesamt stellt die GPA dem Bergkamener Jugendamt ein gutes Zeugnis aus und empfiehlt für die Zukunft folgende Handlungsschritte:

 

       Leitbildentwicklung, Kennzahlenvergleich, produktorientiertes Finanz- und Fachcontrolling

       Stärkung der WJH

       Verschriftlichung von Prozessbeschreibungen und Verfahrensstandards

       Beibehaltung der Rückführungs- und Verselbstständigungsarbeit

       Überprüfung der Eingliederungshilfen und der Hilfen für junge Volljährige

 

Beigeordnete Busch weist darauf hin, dass die heutige Präsentation von Kennzahlen und Kosten nicht die sozialarbeiterische Tätigkeit der HzE widerspiegeln kann. Eine gut aufgestellte und handlungsfähige Wirtschaftliche Jugendhilfe ermöglicht den pädagogisch Beschäftigten aber erst eine Konzentration auf die eigentliche Fallarbeit. Mit der Einrichtung einer Controllingstelle innerhalb der Wirtschaftlichen Jugendhilfe soll in Zukunft jährlich ein entsprechender Bericht erstellt werden, um hier rechtzeitig steuernd eingreifen zu können. Entwicklungspotentiale sieht die Beigeordnete bei der Umsetzung von digitalen Prozessen, die derzeit in Abstimmung mit anderen Jugendämtern im Kreis Unna erarbeitet werden.

 

Thomas Heinzel sieht die Arbeit des Jugendamtes auf einem guten Weg und bewertet die Schaffung zusätzlicher Stellen als positiv. Fraglich sei aber, ob bei steigenden Fallzahlen der   Personalschlüssel ausreiche und ob aktuell Fachkräfte am Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen würden.

Ludger Kortendiek erläutert, dass das Jugendamt im fortlaufenden Austausch mit dem Personalamt steht und die Fallbelastung kontinuierlich beobachtet wird. Sofern geeignete Bewerbungen vorliegen, können hier ggf. auch über den Stellenplan hinaus Einstellungen erfolgen, um Fachkräfte zu binden. Darüber hinaus gibt es durch kurz- und langfristige Personalausfälle faktisch immer einen Bedarf für eine gewisse Personalreserve.

 

Beigeordnete Busch weist ferner darauf hin, dass nicht jede Meldung über eine Kindeswohlgefährdung gleichzeitig tatsächlich eine Kindeswohlgefährdung darstellt. Hier hat sich die Achtsamkeit und Sensitivität in Schulen, Kitas und anderen Trägern in den letzten Jahren deutlich erhöht, so dass hier eine intensivere Kommunikation mit dem Jugendamt zu beobachten ist.

 

Abschließend fasst Beigeordnete Busch zusammen, dass die Schaffung einer Umgebung für gelingendes Aufwachsen eine kommunale Gesamtverantwortung ist, die sich durch alle Fachbereiche der Verwaltung zieht.