Sitzung: 17.06.2021 Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz
Beschluss: Einstimmig zugestimmt
Vorlage: 12/0259
Beschluss:
Der Rat der Stadt Bergkamen fordert die RAG auf, unmittelbar den Bau einer effektiven PCB-Eliminierungsanlage auf Haus Aden auf Grundlage des „PCB Gutachtens“ aus Dezember 2016 (IWW/Spiekermann) und weitergehenden Erkenntnissen, z. B. aus der PCB-Pilotanlage und Grubenwasseranalysen, in Angriff zu nehmen. Diese Anlage soll bei der Fortsetzung der Einleitung von Grubenwasser in die Lippe im Jahr 2023 fertiggestellt sein, um das PCB weitestgehend aus dem Grubenwasser zu entfernen und den Salzgehalt drastisch zu senken.
Die Zeit bis zur möglichen Wiederaufnahme der
Grubenwassereinleitung sollte zudem genutzt werden, um sich einstellende
Veränderungen in der Lippe unterhalb der Einleitungsstelle in Folge der zurzeit
nicht stattfindenden Grubenwassereinleitung zu erfassen, zu dokumentieren und
entsprechende Schlüsse für das wasserrechtliche Verfahren zu ziehen.
Mit Bezugnahme auf den Antrag „Eliminierungsanlagen durch die RAG“ der Fraktion BergAUF vom 19.04.2021, erläutert Herr Engelhardt die Inhalte des Antrags wie folgt:
„Offenbar ist es in der Verwaltung und hoffentlich auch bei
den anwesenden Ausschussmitgliedern und im Rat angekommen: Das Problem mit dem
PCB im Grubenwasser ist nichts von BergAUF Erdachtes, um sich selbst zu
profilieren oder die RAG zu ärgern, es ist vielmehr ein dringend zu lösendes
Problem, das die Weltgesundheit gefährdet.
Trotzdem wurde es von RAG, Bezirks- und Landesregierungen
unterschiedlichster Couleur über viele Jahre hinweg trotz unserer Warnungen
ignoriert. Wir loben uns ja ungern selbst, aber man muss nüchtern feststellen:
Wären wir vor vielen Jahren nicht initiativ geworden und gegen alle Widerstände
und Diffamierungen hartnäckig am Ball geblieben, wären wir heute nicht so weit,
diesen gemeinsamen Antrag verabschieden zu können.
Aber werfen wir nochmal einen kritischen Blick darauf, wie
weit diese Gemeinsamkeit geht, wo es noch unterschiedliche Auffassungen gibt.
Einigkeit besteht offenbar darin, dass die RAG dafür
verantwortlich ist, die Voraussetzungen zu schaffen, das Ultragift PCB im Grubenwasser
bei Wiederaufnahme der Einleitung „weitestgehend“ zu entfernen und den
Salzgehalt drastisch zu senken. Das sehen wir als bedeutenden Fortschritt!
Unterschiedliche Auffassungen gibt es wohl in der
Einschätzung der RAG. Wir meinen, die Erkenntnisse aus der PCB-Pilotanlage auf
Haus Aden sind nicht „weitergehend“, wie die Stadtverwaltung meint. Es sind
Ergebnisse, die der RAG ursprünglich dazu dienen sollten, an den teuren, von
IWW/Spiekermann skizzierten Anlagen vorbeizukommen. Insofern sind es zwar „weitere“,
zusätzliche Erkenntnisse. Am weitestgehend ist aber bisher der Entwurf des
PCB-Gutachtens, auch wenn das Ingenieurbüro Spiekermann nicht mehr an dem
Projekt weiterarbeitet. Heißt konkret: ohne umfangreiche, großflächige
Aktivekohle-Filterbecken wird eine Entfernung des PCB nicht möglich sein.
Deshalb hätten wir gerne den Begriff „weitergehend“ durch „weitere“ ersetzt
werden, um nicht der RAG ein Hintertürchen zu öffnen.
Die hochwertigen Anlagen sind zwar teuer, aber unendlich
viele teurer wäre die weitere Ruinierung der Gesundheit der Eisbären, der
Meeresbewohner und der Menschheit als Ende der Nahrungskette. Immerhin würde
die Menge des in den Bergwerken schlummernden PCB rein rechnerisch ausreichen,
um die gesamte Menschheit vieltausendfach tödlich zu vergiften.
Nun ist die RAG als Stiftung nicht irgendein
Wohltätigkeitsverein, wie der Begriff Stiftung vermuten ließe. Es ist eher ein
Versuch, „stiften zu gehen“, sich aus dem Staub zu machen, die Bergbau-Folgen
hinter sich zu lassen, nach dem Motto: „Nach mir die Sintflut“.
So stimmt es sehr bedenklich, wie Prof. Melchers, Leiter der
Abteilung „Nachbergbau“ an der Agricola-Uni Bochum sich zur Zukunft äußert.
Ewig zu pumpen, meint er, käme aus wirtschaftlicher Sicht nicht in Betracht,
ein völliges Aufstauen des Grubenwassers hielt er für eine Alternative, auch
wenn dann etwa 50% des heutigen Ruhrgebiets in einer Giftbrühe untergehen
würden.
(Quelle:
https://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/die-story/video-glueckauf-und-vorbei-das-ruhrgebiet-nach-der-kohle-100.html)
Und er legt sich fest, was für ihn Ewigkeit bedeutet: So
etwa 25 Jahre. Das ist blanker Zynismus, Bergkamen gäbe es demnach in 25 Jahren
zum größten Teil nicht mehr! Das könnte das eiskalte Kalkül eines nach
Höchstprofit strebenden Unternehmens sein, der RAG-Stiftung, der nicht nur
knapp 60% der EVONIK mit 32.000 Beschäftigten in über 100 Ländern gehören,
sondern auch die VIVAWEST mit 117.000 Wohnungen und 2.200 Mitarbeitern. Zudem
hat die Stiftung eine neue Holding gegründet, die Mehrheitsbeteiligungen an
über 10 High-Tech Unternehmen weltweit und etliche weitere
Minderheitsbeteiligungen hält. Das Kapital der Stiftung beträgt derzeit 18,4
Mrd. €. Es gibt also absolut keinen Grund, die RAG, die ihr Imperium auf dem
Rücken der Bergleute aufgebaut hat und uns nun die Scherbenhaufen hinterlassen
will, irgendwie in Schutz zu nehmen. Im Gegenteil. Wir sollten sogar fordern,
die Anhebung des Grubenwasserspiegels zu stoppen, weil dies weitere erhebliche
Probleme für uns als Bewohner der Stadt mit sich bringen wird. Zumal, wie man
hört, der Grubenwasserspiegel nun bis -320 m ansteigen soll, was eine
zusätzliche enorme Bedrohung unseres Trinkwassers bedeuten würde. Auch wenn ich
mich hier wiederhole: Wenn wir wirklich was erreichen wollen, müssen wir
gemeinsam der RAG konsequent die Stirn bieten!
Ich
bitte, diesen Beitrag zu Protokoll zu nehmen, damit später keine*r sagen kann,
niemand hätte vor den Gefahren gewarnt.“
Herr Engelhardt bat im Anschluss, seinen Redebeitrag vollumfänglich mit in das Protokoll aufzunehmen. Er beantragt den Beschussvorschlag der Verwaltung zu ändern. Das Wort ‚weitergehenden‘ im 1.Absatz 3. Zeile soll durch das Wort ‚weitere‘ ersetzt werden.
Der Beschlussvorschlag der Verwaltung wird inklusive des Änderungsvorschlags von Herrn Engelhardt seitens des Ausschussvorsitzenden zur Abstimmung gestellt.