Beschluss: Kenntnisnahme

 

 

 


Herr Dr. Dannebom (Leiter Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises Unna) berichtet über den aktuellen Sachstand zum Strukturstärkungsgesetz an Steinkohlekraftwerksstandorten (Präsentation siehe Anlage).

 

Ergänzend hierzu erläutert Dr. Dannebom, dass der Kreis Unna sowohl in Nordrhein-Westfalen als auch bundesweit die vom Steinkohleausstieg am stärksten betroffene Region mit Auswirkungen für beispielsweise rund 1.100 Beschäftigten oder 1,51 Millionen Euro Einkommensteuerfall sei. Als besonders betroffen werden Standorte definiert, die einen Wertschöpfungsverlust von mindestens 0,2% aufweisen. Dies treffe für insgesamt neun Standorte in Deutschland zu.

 

Für diese Regionen stehen eine Milliarde Euro an Strukturhilfen zur Verfügung (Vergleich: 40 Milliarden Euro für Kommunen, die durch Braunkohlereviere betroffen sind). Die Verteilung dieser Hilfe ist derzeit noch nicht abschließend geklärt. Analog zur Verteilung Bund / Land (90% / 10%) müsste also der Kreis Unna bei geschätzten 200 Millionen Euro an Hilfe einen Eigenanteil von 20 Millionen bereitstellen.

 

Ebenfalls noch nicht abschließend vereinbart ist die Möglichkeit, dass förderfähige Gemeinden und Gemeindeverbände Projekte mit Partnern im „regionalen Umfeld“ anmelden. Der Begriff des regionalen Umfelds ist im Gesetzgebungsverfahren weiter zu präzisieren. Nach heutigem Verständnis wären zum Beispiel Kooperationen des Kreises Unna mit Hochschulen in Dortmund oder Hamm denkbar.

Da das bisher lediglich als Referentenentwurf vorliegende Kohleausstiegsgesetz die Grundlage des Strukturstärkungsgesetzes bildet, werde der Abschluss noch Zeit in Anspruch nehmen. Auf die Entwicklungen der Großen Koalition und damit verbundenen Entscheidungen werde hingewiesen.

 

Dr. Dannebom erläutert das Verfahren des integrierten Handlungskonzeptes, das durch die Business Metropole Ruhr GmbH als Wirtschaftsförderung auf der Ebene des Landes Nordrhein-Westfalen moderiert werde. Dieses Gesamtkonzept werde nach dem bottom-up-Prinzip erstellt, setze sich also aus den einzelnen regionalen Entwicklungskonzepten der betroffenen Regionen zusammen, und entscheide unter Vorsitz einer zentralen Kommission abschließend über die eingebrachten Projektvorschläge. Zeitlich geplant sei die Umsetzung einzelner Projekte bereits ab Mitte des Jahres 2020.

 

Erster Beigeordneter Dr.-Ing. Peters ergänzt, dass ohne geeignete Flächen eine Wirtschaftsförderung nicht möglich sei. Daher sei bereits das Steag-Gelände als Kooperationsstandort ausgewiesen worden. Dies solle durch den Kreis Unna und die Wirtschaftsförderung auch so öffentlich kommuniziert werden, um die Stadt Bergkamen zu unterstützen.

Bereits gemeldete Projekte würden anhand der geänderten Zielsetzungen und aktuell definierten Rahmenbedingungen neu bewertet. Die Entwicklung förderfähiger Projekte würde selbstverständlich durch den zuständigen Ausschuss für Stadtentwicklung, Strukturwandel und Wirtschaftsförderung begleitet.

 

 

Herr Schäfer stellt folgenden Fragekatalog aus dem politischen Gremium vor, die Herr Dr. Dannebom beantwortet:

 

Was ist Ziel des REK (Regionales Entwicklungskonzept)?

 

Das Leitziel des Regionalen Entwicklungskonzeptes sei, die bestehende industrielle Struktur des Kreises Unna zu nutzen und weiterzuentwickeln, um den Kreis Unna zu einer Modellkommune für die Bewältigung des Strukturwandels im Einklang mit dem Klimaschutz zu transformieren.

 

 

Was legitimiert die WFG zur Entwicklung des Konzepts?

 

Die WFG ist der Motor der Region Kreis Unna. Eine politische Legitimation liege nicht ausdrücklich vor. Die derzeitige Chance werde als historisch einmalig beurteilt, so dass eine Legitimation aus der Sache heraus bereit bestehe. Hierbei sehe sich die WFG als Partner aller Betroffenen und Bündelungsstelle sämtlicher Interessen.

 

 

Was ist konkreter Anlass?

 

Ein Regionales Entwicklungskonzept werde per Gesetz und durch das Land Nordrhein-Westfalen bzw. die Business Metropole Ruhr GmbH (BMR) eingefordert.

 

 

Wie ist das REK eingebettet in die Entwicklung des Kreises insgesamt? Gibt es Rückgriffe auf frühere Entwicklungskonzepte wie z. B. den „Zukunftsdialog Kreis Unna“ aus 2007?

 

Bei der Erstellung seien sämtliche Erkenntnisse und Grundlagen berücksichtigt worden, die bisher im Kreis Unna vorliegen. Da das Konzept noch nicht beschlossen sei, könnten auch weitere Punkte eingearbeitet werden.

 

 

Es geht sehr stark um die wirtschaftliche Entwicklung. Wie korrespondiert das mit der Entwicklung in anderen wichtigen Themenbereichen wie z.B. Demografie, Wohnen, Verkehr, Freizeit, Tourismus?

 

Der textliche Teil des REK zeige, dass selbstverständlich die angefragten und weitere Themenfelder neben dem wirtschaftlichen Aspekt berücksichtigt seien und dass gesamtheitlich und miteinander verzahnt gedacht werde.

 

 

Gibt es bereits Projektideen? Wer kann Projekte melden? Wie weit muss die Projektidee ausgearbeitet sein?

 

Derzeit liegen 84 Projektanmeldungen vor. Eine erste Sichtung habe gezeigt, dass diese Projekte jedoch inhaltlich noch nicht ausgearbeitet seien  und häufig auch keine Förderfähigkeit aufwiesen. Als Beispiel sei genannt, dass größtenteils Gewerbeflächenentwicklungen gemeldet worden seien, von denen jedoch nur der nicht-rentierliche Bereich förderfähig sei. Im Gegensatz hierzu stünden die Kraftwerksstandorte.

Entwickelt wurde daher das Muster eines Projektsteckbriefs, der die Meldung von Projekten vereinfache und Pflichtinformationen abfrage.

 

 

Wie werden einzelne Projekte qualifiziert? Wer entscheidet, welche Projekte aufgenommen werden?

 

Nach dem benannten bottom-up-Prinzip würden die eingereichten Projektanträge über den Kreis Unna in seiner beratenden und sichtenden Funktion an das Entscheidungsgremium weitergeleitet.

 

Wie stellt sich die Zusammenarbeit bzw. der Zusammenhang WFG und BMR dar?

 

Die BMR sei bisher von der WFG zu den vier Projektenwicklungsphasen eingeladen worden.

 

 

Wann, durch wen und mit welcher Verbindlichkeit finden politische Beschlussfassungen statt?

 

Das REK werde in die politischen Gremien der einzelnen Kommunen, in den Aufsichtsrat der WFG und in den Kreistag zur Beratung bzw. Beschlussfassung eingebracht.

 

 

Wie ist die Zeitschiene?

 

Derzeit arbeite die WFG hinsichtlich des REK inhaltlich vor, um für die politischen Prozesse mehr Zeit zur Verfügung zu haben.

 

 

Warum soll der gesamte Kreis von Mitteln aus dem Strukturstärkungsgesetz profitieren, wenn die aufzugebenden Kraftwerkstandorte bzw. geschlossenen Bergwerke, die Halden mit Ihren Vor- und Nachteilen sowie riesige Flotationsteiche, die eine erhebliche Restriktion für den Strukturwandel darstellen, alle im Nordkreis liegen?

 

Die kleinste Einheit ist nach den gesetzlichen Vorgaben der Kreis. Daher erfolge auch eine Unterstützung des Kreises in Gänze und nicht eine Stärkung ausschließlich einer Gemeinde.

 

Wo sehen Sie persönlich konkrete Fördermöglichkeiten / interessante Projekte in Bergkamen?

 

Dr. Dannebom warnt, die Kohleförderung nicht für Projekte einzusetzen, die auch durch andere Fördermöglichkeiten gestärkt werden könnten. Ein Beispiel in der Stadt Bergkamen könnte die Entwicklung von Flächen auf dem Chemiestandort sein.

 

 

Herr Weiß kritisiert das beabsichtigte Vorgehen. Das Strukturstärkungsgesetz solle an den Steinkohlestandorten wirken, und das seien im Kreis Unna lediglich die Städte Bergkamen, Lünen und Werne. Es bestehe die Gefahr, dass nun andere Kommunen innerhalb des Kreisgebietes aber auch angrenzend wie z.B. Dortmund allein aus ihrer stärkeren Ausgangslage heraus bessere Projekte meldeten. Es sei nicht sichergestellt, dass die Entscheidung auf Landesebene ungeachtet der besonderen Bedürftigkeit z.B. Bergkamens zugunsten dieser Projekte ausfiele.

 

Herr Heinzel hinterfragt die Art des Verfahrens. Unverständlich sei, warum nicht die im Kreis Unna betroffenen und genannten Kommunen eine Einheit für sich bildeten, da möglicherweise schon Bergkamen, Lünen und Werne für sich die Hürde von 0,2 % erreichten. Dies sei nie überprüft worden. Zudem sei paradox, wenn das Land Nordrhein-Westfalen einerseits die Ausweisung neuer Gewerbeflächen ablehne, zugleich aber nun eine Weiterentwicklung einfordere und fördere. So sei zu erwarten, dass die Fördergelder aus Bergkamen herausfließen.

 

Dr. Dannebom sichert zu, dass sich die WFG für faire Ziele und den größten Effekt von Fördergeldern einsetze. Hierbei können Maßstäbe wie Arbeitslosenquoten in Betracht gezogen werden. Die bisherige Diskussion im Aufsichtsrat habe gezeigt, dass kreisweit noch ein Wir-Gefühl fehle. Herauszustellen sei in diesem Zuge, dass z.B. die Stärkung des ÖPNV innerhalb des Kreisgebietes eine Stärkung aller Kommunen bedeute. Daher werbe die WFG für Solidarität untereinander. Zudem sei es nun an den Kommunen selbst, Projektvorschläge zu entwickeln und einzubringen, um bestmögliche Ergebnisse für sich zu generieren.

 

Erster Beigeordneter Dr.-Ing. Peters informiert, dass Herr Dammermann erklärt habe, Finanzierung von Kraftwerkabbruchkosten separat zu klären.