Sitzung: 19.09.2017 Ausschuss für Stadtentwicklung, Strukturwandel und Wirtschaftsförderung
Beschluss: Kenntnisnahme
Vorlage: 11/0990
Beschluss:
Das Gutachten wird zur Kenntnis genommen und zur weiteren Beratung an die Fraktionen verwiesen.
Herr
Batz stellt zunächst das Planungsbüro und die beauftragte Bearbeitungsgrundlage
vor. Anhand des Referenzbades CabrioLi in Lippstadt sollte eine Projektstudie
für Bergkamen erarbeitet werden, um die Übertragung dieses Familienbades 1:1
auf den Standort Häupenweg zu überprüfen. Betrachtet wird ein Bad mit den
Angeboten Kinderbecken, Erlebnisbecken mit zu öffnendem Dach, Lehrschwimmbecken
mit Hubboden, Schwimmerbecken mit sechs Bahnen, kleiner Textilsauna und
Gastronomie. Der Standort wird ergänzt durch einen Rutschenturm und
Beibehaltung des Sprungturms im Außenbereich.
Herr Dr.
Kuhn erläutert im Anschluss die Wirtschaftlichkeitsprognose und arbeitet anhand
langjähriger und umfassender Erfahrungen die Potentiale, Aufwendungen und
Erlöse eines Familienbades für die Stadt Bergkamen heraus.
Durch die
Referenten werden folgende Kernaussagen getroffen:
- Die Sportart Schwimmen werde von mehr
als 20 Millionen Sportlern betrieben und bleibe in den nächsten Jahren auch
unter Berücksichtigung des demografischen Wandels stabil.
- Der vorgestellten Analyse liegt das
Bad CabrioLi in Lippstadt zu Grunde. Dieses sei auf den Standort Bergkamen
projiziert ohne weitergehende Anpassungen an Betreiber spezifische Faktoren.
- Die Baukosten für den Neubau eines
Familienbades belaufen sich auf circa 15,5 Millionen Euro netto. Diese
Herstellungssumme mache etwa ein Viertel der im Folgenden zu erwartenden
Betriebskosten bezogen auf eine Betriebsdauer von 30 Jahren aus.
Die
Funktionsfähigkeit eines Bades und die Höhe seiner Betriebskosten seien
abhängig von der Qualität einer vorangehenden Analyse und könnten mit
fortschreitender Planungs- und Bauphase weniger stark beeinflusst werden. Daher
sei auf die Reduktion der Betriebskosten bereits während der ersten
Planungsphase besonderes Augenmerk zu legen.
- Der Zuschussbedarf für die Stadt
Bergkamen sei mit circa 755.000 Euro pro Jahr berechnet.
- Als Gesamtzeitrahmen sei mit einer
Projektdauer (Ratsbeschluss bis Eröffnung des Bades) von circa vier Jahren zu
rechnen. Bei der Entscheidung für ein zu errichtendes Familienbad in 2017 sei
die Aufnahme des Betriebs im Frühjahr 2021 möglich.
- Durch ein Cabrio-Dach steigerten sich
die Attraktivität wegen der erhöhten Nutzungsdauer als Freibad und
infolgedessen die Besucherzahlen und Erträge deutlich. Zugleich reduzierten
sich die Energiekosten im Sommer wegen Einsparung der aufwendigen
Luftentfeuchtung. Ferner könne auf Frühsommerphasen, anders als bei einem
Freibadbetrieb, sofort reagiert werden.
- Für den Betrieb eines Bades als
komplexes Wirtschaftsunternehmen sei eine professionelle Führung erforderlich.
Diese würde von der Stadt Bergkamen bzw. der GSW eingesetzt und führe
ausschließlich die Vorgaben des Auftraggebers aus. So seien die Kontrolle,
Verantwortung und Einflussnahme der Stadt/GSW gewahrt.
- Die Analyse habe ergeben, dass die
Stadt Bergkamen als Standort für ein Familienbad ein besonders hohes Potential
biete. In der Beurteilung seien bereits sowohl vorhandene, konkurrierende
Angebote im betrachteten Einzugsgebiet als auch bekannte geplante Projekte umliegender
Kommunen berücksichtigt worden.
Stadtverordneter
Schäfer erwartet aufgrund der größten Investition der Stadtgeschichte eine
intensive Auseinandersetzung in den Fraktionen und politischen Gremien. Als
Diskussionsgrundlage wird die Verwaltung gebeten, die Auswirkungen von
genannter Herstellungssumme und geschätzten Betriebskosten auf den städtischen
Haushalt vergleichbar aufzubereiten. Die Vereinbarkeit von Schulsport,
Vereinssport und öffentlichem Schwimmen wird anhand der Erfahrungen aus Lippstadt
erfragt.
Herr Dr.
Kuhn berichtet, dass bei der Belegung des CabrioLi der Schulsport Vorrang
genieße. Die Interessen der Sportvereine und das öffentliche Schwimmen seien
gleichrangig bewertet. Abstimmungsgespräche mit den Vereinen haben stets zu
beidseitiger Zufriedenheit geführt.
Stadtverordneter
Engelhardt spricht sich für den Weiterbetrieb des bestehenden Freibadbeckens
aus und bittet um Angabe der Kosten für den Betrieb des öffenbaren Daches.
Herr Dr.
Kuhn erinnert an die Planungen der Stadt Kamen für den Neubau eines Sport- und
Freibades. Wegen dieser zu erwartenden Konkurrenzsituation sei vom Bau oder
Betrieb eines Freibades in Bergkamen dringend abzuraten. Die reinen
zusätzlichen Baukosten eines Cabriodaches beliefen sich auf circa 300.000 –
400.000 Euro bei erfahrungsgemäß circa 1.000 Euro Wartungskosten pro Jahr. Auf
die Einsparungen durch reduzierte Betriebskosten während des Offenbetriebs sei
erneut hingewiesen.
Stadtverordneter
Wehmann stellt ein Aufkünden des Konsortialvertrags mit Kamen und Bönen zur
Diskussion. Darüber hinaus müsse eine grundsätzliche Entscheidung zur Art eines
geplanten Bades getroffen werden. Hinsichtlich der in die Analyse
einzubeziehenden Entlohnung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bades sei
das Tarifrecht zwingend einzuhalten.
Stadtverordneter
Heinzel erinnert an die erforderlichen Investitionssummen für eine Erneuerung
von Hallenbad und Freibad. Aufgrund der Höhe der Sanierungs- und
Modernisierungskosten sei aus wirtschaftlicher Sicht ausschließlich ein Neubau
sinnvoll. Gebeten wird um Klarstellung, welche Nutzungsbausteine aus der
Modellstudie herausgelöst werden können und welche finanziellen Änderungen
hiermit bei den Baukosten und den Betriebskosten zu erwarten seien. Die
Belastbarkeit der genannten Zahlen solle beschrieben werden.
Beratendes
Mitglied Lohmann-Begander spricht sich für eine Kooperation mit den
Nachbarkommunen aus. Fraglich sei nach gescheiterter Kooperation, welche Art
von Bad sich die Stadt Bergkamen allein leisten könne.
Herr Batz
verweist für eine Betrachtung einzelner Bausteine auf den Inhalt der
Präsentation. Die Kosten für z.B. Cabrio-Dach oder Rutsche seien getrennt
ausgewiesen. Die Belastbarkeit dieser Werte sei durch zahlreiche
Vergleichsbauten und langjährige Erfahrungen gegeben und belegbar. Zu bedenken
sei, dass bei den drei vorgestellten Bädertypen Sportbad, Familienbad und
Freizeitbad der Zuschussbedarf stets gleich hoch sei; lediglich das Risiko für
den Betreiber steige linear mit dem Ausstattungsangebot. Die Entscheidung für
einen bestimmten Bädertyp dürfe daher nicht von der Frage abhängen, welche Art
sich die Stadt Bergkamen leisten könne.
Herr Dr.
Kuhn ergänzt, dass eine Unterteilung der Betriebskosten nach Bausteinen nicht
möglich sei. Jede Änderung der Badkonfiguration führe zu veränderten Parametern
in der Potentialanalyse und daher zu einer unterschiedlichen Wirtschaftlichkeit
des Projekts. Jegliche Entscheidung über diese Parameter bliebe während des
Betriebs dem Aufsichtsrat des Bades vorbehalten. Daher habe die Stadt Bergkamen
und nicht der eingesetzte Betriebsführer die Ausrichtung des Bades in eigener
Hand.
Vorsitzender
Weiß unterbricht die Sitzung um 18:10 Uhr für Fragen der anwesenden
Bürger/Vereinsvertreter:
Herr
Karsten Kaminski, Geschäftsführer Wasserfreunde TuRa Bergkamen, bittet, die
Belegung der Schwimmbahnen für Vereine zu erläutern, da ein privater Betreiber
im Interessenkonflikt mit Vereinssportlern stünde.
Herr Dr.
Kuhn berichtet, dass ein Belegungsplan nicht Gegenstand des Auftrags und
Vortrags sei. Eine Abstimmung würde stets durch Kommunikation erreicht. Zudem
sei in Bergkamen kein privater Betreiber geplant. Mit sechs Bahnen stünde ein
ausreichend großes Angebot für alle Interessensgruppen zur Verfügung.
Bürgermeister
Schäfer erklärt das grundsätzliche Betriebsmodell. Das geplante Familienbad
werde nicht privatisiert, so dass die Stadt Bergkamen bzw. die GSW
alleinverantwortlich den Nutzungsrahmen festlege und dabei sowohl den
Schulsport als auch den Vereinssport im Blick habe. Eine deutliche Verbesserung
sei durch Erweiterung des Angebots auf sechs Bahnen und um ein Mehrzweckbecken
gegeben.
Herr
Tobias Jütte, sportlicher Leiter Wasserfreunde TuRa Bergkamen, sieht eine
Erweiterung des Raumprogramms um Lagerräume und Trockenübungsräume als
erforderlich.
Herr Batz
versichert, dass ein von der Stadt Bergkamen vorgegebenes Raumprogramm
realisiert werden könne. Ein Trockenübungsraum sei selbstverständlich möglich.
Herr
Kreuzer hinterfragt den Standort des geplanten Bades. Der Stadtteil Rünthe und
die dortige Marina seien aufgrund der Nähe zu Kanal und Beversee als
Wassersportstandort prädestiniert.
Erster
Beigeordneter Dr.-Ing. Peters stellt das Freizeitzentrum Häupenweg als
innerstädtisch und überregional durch vorhandene Schnellbuslinien und die Nähe
zur Bundesautobahn A2 hervorragend angebundenen und erreichbaren Standort
heraus. Auch die vorhandene Infrastruktur mit Parkmöglichkeiten, die Akzeptanz
als Badstandort und das bereits vorhandene Planungsrecht über die Ausweisung im
rechtskräftigen Flächennutzungsplan sprächen inhaltlich und zeitlich für das
Projekt. Auch Synergieeffekte mit den anderen Freizeiteinrichtungen am gleichen
Standort sprächen dafür.
Herr Jörg
Steube bittet um weitere Informationen zu den vorgestellten Eintrittspreisen,
insbesondere zu möglichen Vergünstigungen für Kurzzeitschwimmer.
Herr Dr.
Kuhn berichtet, dass die derzeit gültigen Eintrittspreise des Lippstädter Bades
in die Analyse eingeflossen sind. Eine Anpassung habe für ein zukünftiges
Projekt in Bergkamen nach Vorgaben der Stadt zu erfolgen.
Beigeordnete
Busch erinnert an die Grundsätze der vorgestellten Projektstudie. Die DSBG habe
keinen Auftrag, das geplante Familienbad in Bergkamen zu betreiben. Die
Modellanalyse auf Grundlage des CabrioLi trage zunächst lediglich zur besseren
Vorstellbarkeit für die Entscheidungsgremien bei und sei wegen der Spiegelung
des Lippstädter Bades auf Bergkamener Stadtgebiet beispielhaft zu bewerten. Zum
jetzigen Zeitpunkt werden keine Detailfragen geklärt sondern grundsätzliche
Entscheidung getroffen. Der Standort Häupenweg werde durch das Bad als
Familien- und Freizeitzentrum mit vielfältigen Angeboten und Interessen
gestärkt. Für diese Entwicklung liege zudem ein Ratsbeschluss vor.
Herr Jörg
Böttcher, Mitarbeiter und Personalvertreter der GSW, gibt zu bedenken, dass die
Zahlen nicht wertfrei seien, da die Vortragenden sowohl die Analyse betrieben
als auch zugleich Betriebsführer werden
wollten.
Bürgermeister
Schäfer hebt die große Erfahrung der beauftragten Planer hervor. Eine
vertrauensvolle Zusammenarbeit lasse sich unter anderem an der eingebrachten
Bonus-Malus-Regelung erkennen. Für die Stadt Bergkamen ergäbe sich daher nicht
das Risiko ausbleibender Besucher, da Fehlbeträge vom Geschäftspartner übernommen
würden. Sorgen von GSW-Mitarbeitern seien verständlich aber unbegründet, da
betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen seien.
Frau
Renate Hübsche regt an, ein künftiges Bad ohne die GSW zu betreiben.
Vorsitzender
Weiß beendet die Unterbrechung der Sitzung um 18:35 Uhr und verweist das
vorgestellte Gutachten zur weiteren Beratung an die Fraktionen.
Die beiden
Präsentationen werden den Fraktionen am 20.09.2017 zur Verfügung gestellt.