Beschluss: Mit Stimmenmehrheit zugestimmt

Abstimmung: Ja: 36, Nein: 5

Beschluss:

 

Der Rat der Stadt Bergkamen stimmt der Planung der Landesregierung NRW zu, eine

Zentrale Unterbringungseinrichtung - ZUE als Landeseinrichtung zur Aufnahme von

800 - 1000 Flüchtlingen auf Bergkamener Stadtgebiet zu betreiben.

 

Da der Aufbau und die Inbetriebnahme einer ZUE für einen längeren Nutzungszeitraum nicht zeitnah zu realisieren ist, stimmt der Rat der Stadt Bergkamen ebenfalls den Planungen des Landes NRW zu, kurzfristig auf Bergkamener Stadtgebiet eine temporäre Einrichtung in Leichtbauweise inkl. der notwendigen Infrastruktur zu errichten und zu betreiben. Der temporäre Betrieb wird voraussichtlich ein Jahr betragen.


Zu Beginn geht Bürgermeister Schäfer auf den enormen Anstieg von Flüchtlingen nach Deutschland mit der daraus verbundenen Zuweisungen nach Bergkamen ein. Seit Anfang August hat sich die Situation derart zugespitzt, dass eine dezentrale Unterbringung in Wohnungen wie bisher nicht mehr möglich ist. Daher musste nach Bewertung aller städtischen Liegenschaften die Turnhalle an der Lessingstraße in eine Unterkunft für Flüchtlinge umgewandelt werden. Zusätzliches städtisches Personal ist bereits jetzt erforderlich. Die heute vorgeschlagene Lösung ist aus Sicht der Verwaltung die bessere Entscheidung für die Bürgerschaft.

 

Beigeordnete Busch erläutert anhand von Folien, die der Niederschrift als Anlage beigefügt sind, die aktuelle Situation. Seit dem Jahr 2014 ist die Zahl der Zuweisungen stark angestiegen. Bereits im ersten Quartal des Jahres 2015 sind alle städtischen Liegenschaften bewertet worden, um notfalls kurzfristig Menschen unterbringen zu können. Erster geeigneter Standort ist nach dieser Bewertung die Turnhalle an der Lessingstraße. Hier können nach den Landesvorgaben 60 Menschen untergebracht werden. Zudem ist eine Versorgung durch das angrenzende DRK gewährleistet. Da die wöchentlichen Zuweisungen seit Anfang August so stark angestiegen sind, dass eine Unterbringung in angemietetem Wohnraum nicht mehr möglich war, musste diese Turnhalle zur Unterbringung benutzt werden. Dort sind derzeit 43 Flüchtlinge untergebracht. Vermutlich mit der nächsten Zuweisung ist die Kapazität dieser Turnhalle erschöpft. Zudem wurden weitere Zuweisungen im Wege der Amtshilfe von rund 150 Flüchtlingen angekündigt. Dies erfolgt mittlerweile nun auch für Kommunen in der Größe von 40.000 – 60.000 Einwohnern und wird nicht auf das Kontingent der normalen Zuweisungen angerechnet. Es erfolgt lediglich die Sachkostenerstattung durch das Land. Der personelle und organisatorische Mehraufwand bleibt bei der Kommune. Da die Zuweisungen im Wege der Amtshilfe innerhalb weniger Stunden erfolgen, müsste für diesen Fall eine der drei großen Turnhallen im Stadtgebiet umfunktioniert werden. Hier schildert Beigeordnete Busch die Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Betten, des Sicherheitsdienstes und des Caterings.

Sollte im Stadtgebiet allerdings eine Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) des Landes eingerichtet werden können, erfolgen mit Inbetriebnahme der ZUE keine weiteren Zuweisungen mehr. Dies gilt auch für Zuweisungen im Wege der Amtshilfe.

Die Bezirksregierung hat, ohne dass die Stadt Bergkamen informiert war, Flächen der RAG im Stadtgebiet besichtigt, auf denen eine ZUE zur Aufnahme von 800 - 1000 Flüchtlingen betrieben werden sollen, besichtigt. Die Bewirtschaftung einer solchen Einrichtung erfolgt komplett durch das Land (Personal und Sachmittel). Sowohl ärztliche als auch pädagogische Betreuung ist dann sichergestellt. Diese Besichtigung sei nach Mitteilung der Bezirksregierung allerdings erfolglos verlaufen. Daher hat die Verwaltung selbst Standorte für eine ZUE überprüft. Da diese Überlegungen noch anstehen, hat die Bezirksregierung die Zuweisung im Wege der Amtshilfe derzeit ausgesetzt. Nach Betrachtung der Flächen im Stadtgebiet bleibt im Ergebnis eine Fläche auf dem Gelände von Grimberg 3/4 übrig. Die dort vorhandenen Gebäude müssten ertüchtigt werden. Zudem würden mobile Wohncontainer aufgestellt. Bis zum Bezug dieser Einrichtung würde allerdings ca. ein Jahr vergehen. So lange würde das Land eine Zeltstadt auf der Fläche des Wellenbad-Parkplatzes errichten. Sofern die Nutzung des Wellenbadparkplatzes in die nächste Badesaison geht, könnte östlich des Wellenbades ein Behelfsparkplatz durch das Land geschaffen werden. Seitens der Geschäftsführung der GSW wurde hierzu bereits Zustimmung gegeben.

Abschließend erklärt Beigeordnete Busch, dass man nun am Scheideweg steht. Ohne eine ZUE ist mit mindestens monatlichen Zuweisungen von 60 Flüchtlingen sowie den rund 150 Flüchtlingen im Zuge der Amtshilfe zu rechnen. Dann müsste unverzüglich auf eine der drei großen Sporthallen, die für 150 Personen nutzbar wäre, sowie den Schacht III – 70 Personen – zugegriffen werden.

 

Bürgermeister Schäfer rechnet damit, dass es durch diese ZUE in den nächsten zweieinhalb Jahren zu keinen weiteren Zuweisungen mehr kommt. In dieser Zeit können die Flüchtlinge, die auch in Ferienwohnungen oder Gaststätten untergebracht sind, dezentrale Wohnungen beziehen. Ebenso kann die Turnhalle an der Lessingstraße wieder für den Schul- und Vereinssport genutzt werden. In diesem Zusammenhang verdeutlicht er die Auswirkungen auf den Schul- und Vereinssport, sollte es zu einer Zuweisung im Wege der Amtshilfe kommen. Daher schlägt die Verwaltung die bessere Alternative vor, für einen begrenzten Zeitraum den Wellenbad-Parkplatz zu nutzen, damit die ZUE auf dem RAG-Gelände aufgebaut werden kann. Die Verweildauer in einer ZUE beträgt zwischen drei Wochen und drei Monaten.

 

Für SPD-Fraktionsvorsitzenden Schäfer geht es in erster Linie um Menschen, denen geholfen werden muss. Er geht auf die neusten Prognosen zu den Flüchtlingszahlen ein und verdeutlicht die Auswirkungen auf Bergkamen. Nach kontroverser Diskussion in seiner Fraktion sieht die SPD in einer zentralen Einrichtung die beste Lösung. Er fordert die Verwaltung auf in den Gesprächen mit der Bezirksregierung zu klären, dass bis zur Errichtung der ZUE keine Zuweisungen im Wege der Amtshilfe erfolgen. Außerdem ist die Nutzung des Wellenbad-Parkplatzes zeitlich zu begrenzen mit der entsprechenden Rückbauverpflichtung. Abschließend appelliert er an den Bund und die EU, ein Flüchtlingskonzept zu entwickeln.

 

CDU-Fraktionsvorsitzender Heinzel lobt zunächst die Verwaltung, da die Fraktionen frühzeitig und jederzeit informiert worden sind. Er fragt sich, warum sich in der EU nur zwei Länder um die Flüchtlingsfrage kümmern. In NRW besteht ein dringender Bedarf an zentralen Einrichtungen. Für die CDU ist eine ZUE die beste Lösung. Seiner Fraktion ist die Belastung für den Ortsteil Weddinghofen bewusst. Trotzdem muss eine Stadt wie Bergkamen dies aushalten können. Er erklärt die Zustimmung seiner Fraktion zum Vorschlag der Verwaltung und den Ergänzungen der SPD-Fraktion. Für die Menschen in Weddinghofen ist die zeitliche Abfolge darzustellen.

 

Über Erfahrungen mit Flüchtlingskindern aus seiner Jugendeinrichtung berichtet Bündnis 90/Die Grünen-Vorsitzender Wehmann. Er fordert einen Flüchtlingsgipfel. Seiner Meinung nach sind die Aufnahmekapazitäten in Deutschland noch nicht erschöpft. Ein Mitglied seiner Fraktion ist Leiter einer zentralen Flüchtlingseinheit des Landes. Das dort vorhandene Personal kann von der Stadt Bergkamen nicht zur Verfügung gestellt werden. Seine Fraktion wird daher der Vorlage zustimmten. Wichtig ist nun, dass die Bergkamener Bevölkerung entsprechend mitgenommen wird.

 

BergAUF-Fraktionsvorsitzender Engelhardt kann sich vielen Punkten seiner Vorredner anschließen. Für seine Fraktion ist allerdings eine dezentrale Unterbringung die beste Lösung. Obwohl Flüchtlingsverbände seit 2013 auf die Lage hingewiesen haben, hat der Bund nicht gehandelt. Der Bund hat die komplette Finanzierung zu übernehmen. Massenunterkünfte müssen vermieden werden, Zeltstädte sind abzulehnen. Den Wellenbad-Parkplatz hält er wegen möglicher Übergriffe für ungeeignet, das RAG-Gelände ist aus seiner Sicht nicht ausreichend befestigt sowie sind die alten Hallen unbrauchbar. Seine Fraktion lehnt den Vorschlag der Verwaltung daher ab und appelliert stattdessen an die Bevölkerung, Flüchtlinge aufzunehmen.

 

FDP-Stadtverordnete Lohmann-Begander erklärt ihre Zustimmung zur ZUE als sinnvollste Lösung. Bergkamen ist gefordert, Solidarität zu zeigen.

 

Bürgermeister Schäfer erwidert zu den Äußerungen des BergAUF-Fraktionsvorsitzenden Engelhardt, dass es sich nicht um Zelte im eigentlichen Sinn handelt, sondern um klimatisierte und beheizte Leichtbauhallen. Eine Ablehnung des Beschlussvorschlags würde eine kurzfristige Zuweisung von rund 150 Flüchtlingen im Zuge der Amtshilfe bedeuten. Es müsste auf die Römerberg-Sporthalle zugegriffen werden. Da aufgrund der bundesweiten Flüchtlingsproblematik Betten schwierig zu beschaffen sind, müssten die Flüchtlinge zunächst auf Turnmatten schlafen. Ebenso ist man dann für die medizinische Versorgung zuständig.

Weiterhin berichtet er über das heutige Gespräch mit dem Innenminister sowie die zentralen Forderungen des Städte- und Gemeindebundes. Die von den Fraktionen geforderten Zusagen der Bezirksregierung wird er bei dem Gespräch am 25.08. vortragen. Sollte die Bezirksregierung diese Zusagen nicht treffen, wird er den Rat zu dem Thema nochmals einberufen. Ansonsten wird im Anschluss an die Gespräche zu einer Bürgerversammlung unter Beteiligung der Bezirksregierung und des Trägers der Einrichtung eingeladen.

Abschließend dankt er im Namen aller Fraktionen den ehrenamtlichen Helfern im Stadtgebiet.

Vor der Abstimmung verweist Bürgermeister Schäfer nochmals auf die SPD-Forderungen.